AG Traunstein, Urteil vom 13.08.2008 - 311 C 1266/07
Fundstelle
openJur 2012, 94353
  • Rkr:
Tenor

I. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 20.07.2007 Aktenzeichen: 07-2948202-07-N wird aufrecht erhalten.

II. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 130% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadenersatz wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten.

Die Klägerin ist eine von den Erben der M D gegründete Gesellschaft, welche Persönlichkeits- und Verwertungsrechte von M D wahrnimmt.

Die Alleinerbin der M D hat sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten und die Klägerin ermächtigt, diese Rechte im eigenen Namen geltend zu machen.

Die Beklagte vertrieb im Jahre 2006 eine CD "..." u. a. auch über den Internet-Händler A.

Eines dieser Exemplare wurde am 10.09.2006 von einem Beauftragten der Klagepartei bei einem öffentlichen Markt in B am C erworben.

Auf dem CD-Cover ist M D abgebildet und u. a. das von ihr gesungene Lied "..." zu hören.

Die Beklagte besaß für die verwendeten Bild- und Tonaufnahmen keine Lizenz.

Die Beklagte gab nach Aufforderung durch die Klägerin am 05.10.2006 eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung von den Gläubigern festzusetzende, ggf. vom zuständigen Landgericht überprüfbare Vertragsstrafe zu unterlassen, das Bildnis und/oder den Namen von M D zur Illustration und/oder Kennzeichnung des Tonträgers "..." ohne Einwilligung der Gläubiger zu benutzen.

Die Klägerin nahm die Unterlassungserklärung ausdrücklich an und forderte die Beklagte auf, bis zum 18.10.2006 über den Nutzungsumfang Auskunft zu erteilen.

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 30.10.2006 der Klägerin mit, dass insgesamt 3.085 Exemplare der CD hergestellt und in den Handel gebracht worden waren. Auf die Aufforderung der Klägerin, diese Auskunft zu vervollständigen, bat die Beklagte durch ihren damaligen Rechtsanwalt anhand der bisher mitgeteilten Stückzahlen eine pauschale Abgeltung zu finden.

Am 27.11.2006 teilte die Klägerin dem Rechtsanwalt der Beklagten schriftlich mit, dass ein Betrag von 1.156,88 EUR als Schadenersatz errechnet worden sei.

Mit Schreiben vom 27.12.2006 teilte der Rechtsanwalt der Beklagten unter Bezugnahme auf das vorgenannte Schreiben mit, er werde seiner Mandantschaft dazu raten, den bereits berechneten Schadenersatzbetrag als Zeichen des Entgegenkommens zu begleichen.

In einem weiteren Schreiben vom 05.01.2007 führt er aus, dass in dieser Sache immer noch eine Kostennote hinsichtlich des errechneten Teilschadenersatzes von 1.156,88 EUR erwartet werde, welcher sodann von der Mandantschaft beglichen werde.

Mit Schreiben vom 15.01.2007 ließ die Klägerin der Beklagten eine Kostennote über 1.156,88 EUR zukommen und forderte zur Zahlung bis 22.01.2007 auf.

Die Beklagte zahlte am 21.02.2007 nur 129,32 EUR und verweigert weitergehende Zahlungen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Parteien hätten rechtswirksam vereinbart, dass die Beklagte sich verpflichte, den eingeforderten Betrag zu bezahlen. Im übrigen stehe ihr ein Schadenersatz wegen der Verletzung sowohl vermögenswerter als auch ideeller Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrecht der M D zu. Hierbei sei das Recht des US-Bundesstaates Kalifornien anzugeben, da dies maßgeblicher Erfolgsort der Rechtsverletzung sei.

Am 20.07.2007 erging gegen die Beklagte auf Antrag der Klägerin Vollstreckungsbescheid über 1.027,56 EUR nebst Zinsen und Verfahrenskosten.

Die Klägerin beantragt,

den Vollstreckungsbescheid aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt

– den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage

– abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadenersatz weder aus Vertrag, noch aus dem Gesetz.

Eine rechtsverbindliche Vereinbarung hinsichtlich des von der Klägerin ausgerechneten Schadenersatzes sei durch das Schreiben vom 05.01.2007 nicht zustande gekommen. Ein Rechtsbindungswille habe seitens der Beklagten nicht vorgelegen. Es sei lediglich die Bitte geäußert worden, eine Rechnung zu übersenden. Im übrigen seien so viele Jahre nach dem Tod der M D die von der Klagepartei beanspruchten Rechte erloschen.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Der Vollstreckungsbescheid entspricht der Sach- und Rechtslage; er muss daher aufrecht erhalten bleiben.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 1.027,56 EUR aus einem rechtswirksamen Vergleich.

Die Parteien haben einen Vergleich in der Weise geschlossen, dass die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 1.156,88 EUR an die Klägerin verpflichtet ist und die Klägerin im Gegenzug auf weitergehende Auskünfte verzichtet.

Die Klägerin hat der Beklagten auf deren Bitte hin im Schreiben vo 27.11.2006 einen Vergleichsvorschlag in Höhe von 1.156,88 EUR unterbreitet, den die Beklagte, durch ihren Rechtsanwalt vertreten, mit Schreiben vom 05.01.2007 angenommen hat.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, mit diesem Schreiben habe sie lediglich um Übersendung einer Rechnung bitten und damit keinen Rechtsbindungswillen für eine Annahme des gegnerischen Angebotes äußern wollen.

Das Schreiben ist nach §§ 13, 157 BGB unter Beachtung des objektiven Empfängerhorizontes nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen. Diese Auslegung lässt nur den Schluss zu, dass die Beklagte rechtsverbindlich das Angebot der Klägerin angenommen hat. Die Formulierung "wird sodann durch die Mandantin beglichen werden", lässt erkennen, dass die Mandantschaft die Zahlungsverpflichtungen anerkannt; Einschränkungen sind nicht damit verbunden.

Noch deutlicher wird das, wenn man dieses Schreiben mit dem vorangegangenen Schreiben der Beklagten vo 27.12.2006 vergleicht. Dort schreibt der Rechtsanwalt der Beklagten noch unverbindlich, er werde der Mandantschaft dazu raten, den Schadenersatzbetrag "als Zeichen des Entgegenkommens zu begleichen"

Die Formulierung im späteren Schreiben vom 05.01.2007 kann vor diesem Hintergrund nur als eine verbindliche Erklärung angesehen werden.

Im übrigen sind bei Vergleichsgesprächen zwischen Rechtsanwälten in der Regel verbindliche Erklärungen zu erwarten. Denn solche Gespräche dienen im Interesse der Mandantschaft dazu, ein für beide Seiten befriedigendes Vergleichsergebnis zu erzielen. Wenn in einem derartigen Verhältnis ein Rechtsbindungswille nicht erklärt werden soll, so muss dies deutlich hervortreten.

Nachdem das Schreiben vom 05.01.2007 keinerlei Vorbehalte enthält, ist davon auszugehen, dass das Angebot ohne Änderungen angenommen wurde.

Nach Abzug der vorprozessualen Teilleistung war somit noch der im Vollstreckungsbescheid titulierte Anspruch gegeben.

Damit entspricht der Vollstreckungsbescheid der Sach- und Rechtslage.

Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Ziff. 11, 709, 711 ZPO.

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