LAG München, Beschluss vom 17.07.2008 - 4 TaBV 20/08
Fundstelle
openJur 2012, 93605
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 6. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 16. Januar 2008 - 4a BV 516/07 - abgeändert.

Der Antrag der Antragstellerinnen und Beteiligten zu 1. bis 3. wird als unzulässig verworfen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

In dem von den beiden Unternehmen und Beteiligten zu 4. und zu 5. gebildeten Gemeinschaftsbetrieb in M. fand am 25.10.2007 eine Betriebsratswahl statt. Das Wahlausschreiben hierzu vom 11.09.2007 (Anl. K1, Bl. 4 bis 6 d. A.) legte fest, dass Wahlvorschläge bis 26.09.2007, 15.00 Uhr, beim Wahlvorstand eingereicht werden konnten. Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1., Frau H., übergab am 25.09.2007 gegen 15.00 Uhr der Vorsitzenden des aus drei Personen bestehenden Wahlvorstandes vier getrennte „Vorschlagsliste(n) (Wahlvorschlag)“ für eine Liste „Das Kollegenteam“ mit ihr als Listenvertreterin, wobei zwei dieser vier Listen (Bl. 19 bis 26 d. A.) handschriftlich ergänzt, übereinstimmend, eine weitere (elfte) Wahlbewerberin enthielten, ohne dass des weiteren eine Unterschrift als Zustimmung zu dieser Bewerbung aufgeführt war. Nach Behauptung der Antragstellerinnen und Beteiligten zu 1. bis 3. habe die Listenführerin und hiesige Antragstellerin und Beteiligte zu 1. bereits etwa eine halbe Stunde nach Übergabe dieses Wahlvorschlags bei der Vorsitzenden des Wahlvorstandes telefonisch nachgefragt, ob alles in Ordnung sei, woraufhin diese lediglich gesagt habe, dass die Liste unübersichtlich sei. Erst nach Ablauf der gesetzten Einreichungsfrist sei der Listenvertreterin dieser Liste, der  Antragstellerin und Beteiligten zu 1., seitens des Wahlvorstandes mitgeteilt worden, dass die vorgelegte(n) Liste(n) einen unheilbaren Mangel aufweise/aufwiesen und zurückgewiesen werden müsste(n).

Mit Antrag eines Rechtssekretärs der DGB Rechtsschutz GmbH, Büro M., vom 08.11.2007, am selben Tag beim Arbeitsgericht München eingegangen, wurde „namens und in Auftrag der Antragstellerinnen“ und Beteiligten zu 1. bis 3., die im Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 4. und 5. beschäftigte wahlberechtigte Arbeitnehmerinnen sind, die Betriebsratswahl vom 25.10.2007 angefochten. Erstmals im Beschwerdeverfahren wurde seitens des Betriebsrats und Beteiligten zu 6., unbestritten, ausgeführt, dass die Antragstellerin und Beteiligte zu 3., Frau K., nicht Mitglied einer Gewerkschaft war und ist.

Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluss vom 16.01.2008, der dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 28.01.2008 zugestellt wurde und auf den wegen des materiellrechtlichen Vorbringens der Beteiligten im Übrigen und deren Anträge im Ersten Rechtszug Bezug genommen wird, die Betriebsratswahl vom 25.10.2007 mit der Begründung für unwirksam erklärt, dass die Vorschlagsliste „Das Kollegenteam“ ungültig gewesen sei, da nicht erkennbar gewesen sei, ob sich die auf diesem Wahlvorschlag befindlichen Stützunterschriften auch auf die dort teilweise weiter eingetragene Bewerberin bezogen hätten oder nicht und eine nachträgliche Änderung eines Wahlvorschlages zu seiner Ungültigkeit führe, ein Wahlvorschlag auch nur in Form einer einheitlichen Liste eingereicht werden könne, und der Wahlvorstand durch die unterlassene unverzügliche Prüfung und sodann unverzügliche schriftliche Benachrichtigung der Listenvertreterin dieses Wahlvorschlages gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO-BetrVG verstoßen habe. Die dort normierte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste diene dazu, es den Einreichern der Liste zu ermöglichen, noch innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen, weshalb der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen habe, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können, dem der Wahlvorstand hier nicht nachgekommen sei. Auch bei Unterstellung des Sachvortrags des Betriebsrats hierzu habe der Wahlvorstand hier lediglich einen gewissen Aktionismus entfaltet, jedoch eine sorgfältige Prüfung dieses Wahlvorschlages erst so spät vorgenommen, dass die Abgabefrist bereits abgelaufen gewesen sei und eine gültige Vorschlagsliste nicht mehr nachgereicht habe werden können. Die damit gegebene Verletzung der nach § 7 Abs. 2 Satz WO-BetrVG bestehenden Prüfungs- und Unterrichtungspflicht durch den Wahlvorstand sei geeignet gewesen, das Wahlergebnis zu beeinflussen und deshalb anfechtungsrelevant.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 6. mit Schriftsatz vom 20.02.2008, am 22.02.2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung er fristgerecht zunächst vorgetragen hat, dass die Antragstellerin und Beteiligte zu 3. bei Antragseinreichung mangels Gewerkschaftsmitgliedschaft durch die DGB Rechtsschutz GmbH, Büro M., nicht rechtswirksam vertreten worden sei, da ein Gewerkschaftssekretär im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen keinen Arbeitnehmer vertreten könne, der nicht Mitglied der Gewerkschaft sei, für die der Gewerkschaftssekretär nach § 11 ArbGG allein vertretungsbefugt sei. Die Beteiligte zu 3., wohnhaft in H., sei während des streitgegenständlichen Verfahrens zu keiner Zeit Mitglied der zuständigen Branchengewerkschaft ver.di gewesen. Die fehlende Vertretungsbefugnis könne auch nicht rückwirkend geheilt werden. Es bestehe die Vermutung des Betriebsrats und Beteiligten zu 6., dass die Beteiligte zu 3. in dieses Verfahren eher hineingezogen worden sei als dass für sie ein subjektives oder gar objektives Interesse hieran vorgelegen hätte. Mangels unwirksamer prozessualer Vertretung der Beteiligten zu 3. sei somit nur von zwei Antragstellerinnen auszugehen, weshalb das Arbeitsgericht den Antrag bereits aus diesem Grund zurückweisen hätte müssen.

Im Übrigen stünde die Entscheidung des Arbeitsgerichts auch nicht im Einklang mit der BAG-Rechtsprechung, auf die sie sich beziehe, da der Beteiligte zu 6. entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts sehr wohl sorgfältig und unverzüglich im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung die Überprüfung des streitgegenständlichen Wahlvorschlages vorgenommen gehabt habe. Die Ungültigkeit der Vorschlagsliste „Das Kollegenteam“ sei nicht ohne weiteres, als heilbarer oder unheilbarer Mangel, erkennbar gewesen, wie erstinstanzlich unter detaillierter Darstellung des Ablaufs ausführlich dargelegt.

Der Betriebsrat und Beteiligte zu 6. beantragt:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts München, Geschäftszeichen 4a BV 516/07 vom 16. Januar 2008 wird abgeändert. Der Antrag der Beteiligten zu 1., 2. und 3. wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen und Beteiligten zu 1. und 2., die unverändert durch die Rechtssekretäre der DGB Rechtsschutz GmbH, Büro M., vertreten werden, tragen zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Beschwerde vor, dass die fehlende Vertretungsbefugnis der DGB Rechtsschutz GmbH für die Antragstellerin und Beteiligte zu 3. nicht die Wirksamkeit auch deren Antragstellung berühre, da diese die Rechtssekretäre der DGB Rechtsschutz GmbH zur Erhebung der Anfechtung bevollmächtigt gehabt habe und, da in der ersten Instanz kein Vertretungszwang herrsche, die Antragstellung damit wirksam erfolgen habe können. Die Antragstellerin K. sei tatsächlich nicht Mitglied der Gewerkschaft ver.di, was bislang unbekannt gewesen sei.

Inhaltlich verteidigen diese Antragstellerinnen die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Verweis darauf, dass hier eindeutig und auf den ersten Blick erkennbare Mängel der von der Antragstellerin und Beteiligten zu 1. als Listenführerin eingereichten Listen zum Wahlvorschlag „Das Kollegenteam“ vorgelegen hätten und, ohne dass das Vorliegen eines heilbaren oder eines unheilbaren Mangels erheblich sei, unverändert nicht erkennbar sei, warum bei diesem Sachverhalt die am 25.09.2007 gegen 15.00 Uhr übergebene Liste nicht noch am selben oder jedenfalls am folgenden Tag vormittags überprüft werden und eine von § 7 Abs. 2 Satz WO vorgesehene Unterrichtung der Listenvertreterin stattfinden habe können. Stattdessen habe der Wahlvorstand, wie der Betriebsrat und Beteiligte zu 6. selbst ausführe, noch am 25.09.2007 die Unterlagen per Fax in die Kanzlei seines Verfahrensbevollmächtigten geschickt, woraufhin dieser selbst den Schluss auf das Vorliegen eines unheilbaren Mangels dieser Wahlvorschlagsliste ziehen hätte können. Der Wahlvorstand habe jedenfalls nicht alle Vorkehrungen zur unverzüglichen Durchführung einer Prüfung getroffen.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 3. hat durch ihre nunmehrige anwaltschaftliche Vertreterin zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung der Beschwerde ausführen lassen, dass das Vertretungsverbot nach § 11 ArbGG nur für das Auftreten in der mündlichen Verhandlung gelte, was sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 Satz 1 ArbGG ergebe - weshalb der Rechtssekretär der DGB Rechtsschutz GmbH außerhalb der mündlichen Verhandlung rechtswirksam für die Beteiligte zu 3. tätig werden und insbesondere eine wirksame Antragstellung vornehmen habe können. Eine ordnungsgemäße Beauftragung und Bevollmächtigung habe vorgelegen.

Auch die Antragstellerin und Beteiligte zu 3. verteidigt die materiellrechtlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Verweis darauf, dass der Wahlvorstand gegen seine in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO normierte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung und Benachrichtigung hinsichtlich eines Mangels einer eingereichten Vorschlagsliste verstoßen habe, ohne dass es auf die Erkennbarkeit oder Nichterkennbarkeit eines unheilbaren Mangels ankommen könne. Die dem Wahlvorstand obliegende Rechtspflicht der gebotenen Sorgfalt einer Prüfung sei verletzt worden. Die Wahlvorstandsvorsitzende wäre verpflichtet gewesen, jedenfalls genügend Zeit einzuplanen, um eine äußerst sorgfältige Überprüfung vornehmen zu können.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 20.03.2008, vom 14.04.2008, vom 02.06.2008 und vom 09.06.2008, nebst der jeweiligen Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Anhörung vom 26.06.2008 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 6. hat in der Sache Erfolg.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 6. ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 1 und Abs. 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG, 516, 518 ZPO) und damit zulässig.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 6. ist begründet.

Der Wahlanfechtungsantrag der Antragstellerinnen und Beteiligten zu 1. bis 3. ist als unzulässig zu verwerfen, da er nicht, wie erforderlich, in allen Fällen innerhalb der Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG wirksam eingereicht wurde, weil eine der drei erforderlichen anfechtungsberechtigten Antragstellerinnen (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) bei Einreichung des Anfechtungsantrags im vorliegenden Fall nicht durch einen postulationsfähigen Vertreter ordnungsgemäß vertreten war.

1. Nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG kann eine Betriebsratswahl innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses u. a. durch mindestens drei Wahlberechtigte angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt war, es sei denn, dass hierdurch das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst hätte werden können.

2. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 2 ArbGG in der bis 30.06.2008 geltenden, hier maßgeblichen, Fassung können sich die Beteiligten eines Beschlussverfahrens durch, hier, Vertreter von Gewerkschaften oder deren Zusammenschlüssen vertreten lassen, wenn diese Personen kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt und das Gewerkschaftsmitglied Beteiligter ist, also der vom Gewerkschafts-/Rechtssekretär vertretene Beteiligte Gewerkschaftsmitglied ist.

Der Gewerkschaftsvertreter ist somit nur insoweit postulationsfähig - kann also für die von ihm vertretene Person insoweit prozessual rechtswirksam handeln -, als er ein Gewerkschaftsmitglied vertritt. § 11 ArbGG (aF und ebenso nF) beschränkt somit die Prozessvertretungsbefugnis eines Vertreters einer Gewerkschaft auf/für ein Gewerkschaftsmitglied. Keine Vertretungsbefugnis steht einem Gewerkschaftsvertreter für Parteien/Beteiligte zu, die weder eine Gewerkschaft noch ein Zusammenschluss von Gewerkschaften noch deren Mitglieder sind.

21§ 11 ArbGG will in dem dort vorgesehenen Rahmen eine gegenüber den Vorschriften der ZPO erleichterte Vertretungsmöglichkeit für die an Arbeitsrechtsstreitigkeiten beteiligten Parteien schaffen. Es soll die Möglichkeit gewährleistet sein, dass die Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberinteressen durch Vertreter der beiderseitigen Organisationen wahrgenommen werden können, ohne dass diese Vertreter der Beschränkung des § 157 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO unterliegen. Fehlt diese Postulationsfähigkeit als Prozesshandlungsvoraussetzung, ist die von einer nicht-postulationsfähigen Person vorgenommene prozessuale Rechtshandlung unwirksam (BAG, B. v. 29.01.1992, 7 ABR 29/91, AP Nr. 14 zu § 11 ArbGG 1979 Prozessvertreter; vgl. auch BAG, U. v. 24.04.2004, 10 AZR 469/03, AP Nr. 18 zu § 11 ArbGG 1979 Prozessvertreter; BAG, U. v. 20.02.1986, 6 AZR 236/84, AP Nr. 8 zu 11 ArbGG 1979 Prozessvertreter; siehe auch LAG Rheinland-Pfalz, U. v. 21.10.2003, 2 Sa 622/03, AuR 2004, S. 119 - LS, Volltext in juris -).

3. a)

aa) Hier war die anfechtende Antragstellerin und Beteiligte zu 3., Frau K., unstreitig zu keinem Zeitpunkt - weder bei Einreichung des Anfechtungsantrages mit Schriftsatz der DGB Rechtsschutz GmbH vom 08.11.2007 auch für sie noch zwischenzeitlich noch jetzt - Mitglied einer Gewerkschaft (zumal einer solchen, die durch die Rechtssekretäre der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten würde: § 11 Abs. 1 Satz 4 ArbGG in der bis 30.06.2008 geltenden Fassung).

Dies war der Antragstellerin und Beteiligten zu 3. offensichtlich auch bewusst: In ihrem Schreiben an die DGB Rechtsschutz GmbH vom 18.04.2008, das deren Vertreter in der mündlichen Anhörung im Beschwerdeverfahren vom 26.06.2008 vorgelegt hat (Bl. 126 d. A.), führt die Antragstellerin und Beteiligte zu 3., unter Äußerung dezidierten Befremdens, ausdrücklich aus, dass es „von Anfang an ein Thema“ gewesen sei, dass sie nicht Gewerkschaftsmitglied (gewesen) sei.

bb) Die Beteiligte zu 3. als eine der drei nach der gesetzlichen Regelung zwingend erforderlichen anfechtungsberechtigten Wahlberechtigten des Betriebes (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG) war damit bei Einreichung des Anfechtungsantrages nicht ordnungsgemäß, weil durch einen für sie nicht postulationsfähigen Gewerkschaftsvertreter,  „vertreten“, weshalb der Wahlanfechtungsantrag wirksam nur durch zwei - und damit zu wenige - Anfechtungsberechtigte eingereicht wurde und dieser damit insgesamt unzulässig ist. Wie vorstehend ausgeführt können Verbandsvertreter, hier Gewerkschaftsvertreter, wirksam - postulationsbefugt - allein Gewerkschaftsmitglieder vertreten.

b) Der Unwirksamkeit des Anfechtungsantrages der Antragstellerin und Beteiligten zu 3. aufgrund „Vertretung“ durch einen für sie nicht postulationsfähigen Gewerkschaftsvertreter steht nicht entgegen, dass die nach dem Anfechtungsquorum des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG für eine Wahlanfechtung erforderlichen drei wahlberechtigten Arbeitnehmer als „Gruppe“ anzusehen wären und deshalb etwa die Gewerkschaftsmitgliedschaft nur eines Teils der Anfechtenden genügen würde.

26Das Anfechtungsrecht steht jedem einzelnen wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebes individuell als subjektive Rechtsposition und nicht lediglich gemeinschaftlich einer Gruppe von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern zu. Diese müssen sich auch nicht von vornherein zu einer Gruppe mit dem Ziel der Wahlanfechtung zusammenschließen. Es genügt, wenn innerhalb der Anfechtungsfrist mindestens drei Wahlberechtigte unabhängig voneinander die Betriebsratswahl beim Arbeitsgericht anfechten, selbst wenn sie jeweils unterschiedliche Wahlrechtsverstöße geltend machen (geschweige denn mit ihrer Wahlanfechtung unterschiedliche Intentionen verfolgen sollten). Jeder Anfechtungsberechtigte handelt aus eigenem Recht (vgl. nur BAG, B. v. 15.02.1989, 7 ABR 9/88, AP Nr. 17 zu § 19 BetrVG 1972; BAG, B. v. 04.12.1986, 6 ABR 48/85, AP Nr. 13 zu 19 BetrVG 1972 - II. 4. b aE der Gründe -; BAG, B. v. 15.02.1985, 1 ABR 11/84, AP Nr. 27 zu § 76 BetrVG (1952) - II. 2. b der Gründe -).

27Damit muss jeder einzelne anfechtende Arbeitnehmer auch ordnungsgemäß durch einen postulationsfähigen Vertreter vertreten sein, andernfalls ist sein Anfechtungsantrag individuell unwirksam (siehe GK-BetrVG-Kreutz, Bd. I, 8. Aufl. 2005,      § 19 Rz. 67 aE).

c) Die Antragstellerin und Beteiligte zu 3. kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Einreichung des Anfechtungsantrages durch die Rechtssekretäre der DGB Rechtsschutz GmbH auch in ihrer Vertretung wirksam erfolgt sei, weil dies (jedenfalls) durch § 11 Abs. 3 ArbGG in der bis 30.06.2008 geltenden Fassung gedeckt gewesen sei:

Hiernach sind mit Ausnahme der Rechtsanwälte sowie der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verbandsvertreter, unter den dortigen näheren Maßgaben, Personen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, als Bevollmächtigte und Beistände „in der mündlichen Verhandlung“ ausgeschlossen.

Diese Regelung betrifft jedoch nur Rechtsbeistände in diesem Sinn (und insoweit nur bezogen auf die mündliche Verhandlung: siehe das von der Antragstellerin und Beteiligten zu 3. im Beschwerdeverfahren hierzu angezogene Urteil des BAG vom 26.09.1996, 2 AZR 661/95, AP Nr. 2 zu § 11 ArbGG 1979), während in § 11 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG (aF) Vertreter von Gewerkschaften als Prozessvertreter gesondert - als postulationsbefugt allein für deren Mitglieder, in diesem Fall jedoch in einer den Rechtsanwälten angenäherten Stellung - geregelt/erfasst sind (wie sich auch im Umkehrschluss aus § 11 Abs. 3 Satz 3 ArbGG unzweifelhaft ergibt). Diese können von vornherein sowohl außerhalb der mündlichen Verhandlung, also durch Einreichung von Klagen, Anträgen, bestimmenden und vorbereitenden Schriftsätzen etc., als auch in der mündlichen Verhandlung/Anhörung Verbands-/Gewerkschaftsmitglieder vertreten, aber eben nur diese. Verbands-/Gewerkschaftsvertreter in diesem Sinn können nicht etwa hilfsweise als fremde Rechtsangelegenheiten (zulässig) geschäftsmäßig betreibende Rechtsbeistände angesehen werden.

d) Auch eine Genehmigung des Handelns des für sie nicht postulationsbefugten Gewerkschaftsvertreters durch die Antragstellerin und Beteiligte zu 3. - wie auch immer denkbar (- konkludent - durch anwaltliche Vertretung im Beschwerdeverfahren und die Ausführungen in der dortigen Begründung ?, durch zuletzt vorgelegte „Erklärung“ der Antragstellerin und Beteiligten zu 3. (seitens des nunmehr allein die Antragstellerinnen und Beteiligten zu 1. und 2. vertretenden Rechtssekretärs der DGB Rechtsschutz GmbH !) mit Schreiben vom 21.04.2008 (undatiert (!), Eingang bei der DGB Rechtsschutz GmbH am 20.(?)04.2008, Bl. 197 d. A.) ? - scheidet aus.

Zwar kann die von einem nicht postulationsfähigen Bevollmächtigten vorgenommene Prozesshandlung später durch einen postulationsfähigen Bevollmächtigten - insbesondere Rechtsanwalt - nachträglich heilend genehmigt werden. Bei fristgebundenen Prozesshandlungen muss die Genehmigung jedoch vor Fristablauf erfolgen, da andernfalls die Anfechtungsfrist hier des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG umgangen werden könnte. Eine rückwirkende Heilung durch nachträgliche Genehmigung kommt nach Fristablauf nicht mehr in Betracht (BGH, ständ. Rspr., etwa U. v. 07.06.1990, III ZR 42/89, NJW 1990, S. 3085 f - II. 3. a der Gründe, m. w. N. -; Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 78 Rz. 3, m. w. N.).

4. Damit war die Wahlanfechtung durch die Antragstellerin und Beteiligte zu 3. mangels ihrer wirksamen Vertretung bei Antragstellung durch den Rechtssekretär der DGB Rechtsschutz GmbH, dessen fehlender Postulationsbefugnis für sie als Nicht-Gewerkschaftsmitglied, unwirksam, weshalb die Betriebsratswahl vom 25.10.2007 nicht, wie gesetzlich zwingend erforderlich (§ 19 Abs .2 Satz 2 BetrVG), innerhalb der Anfechtungsfrist durch mindestens drei Wahlberechtigte wirksam angefochten wurde. Der Anfechtungsantrag war damit unzulässig.

Deshalb war der Anfechtungsantrag auf die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 6. unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses allein aufgrund dieses Vorbringens erstmals im Beschwerdeverfahren als unzulässig zu verwerfen.

III.

Da dem Verfahren über die Klärung der konkreten Problemstellung hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen diesen Beschluss ist deshalb die Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gem. § 92 a ArbGG die Beteiligten zu 1. bis 3. hingewiesen werden, zulassen sollte.

Burger                Lindner          Eisenacker