VG München, Urteil vom 29.07.2008 - M 1 K 07.4395
Fundstelle
openJur 2012, 93293
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung der der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts Landsberg am Lech (Landratsamt) vom 9. August 2007 erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und Betrieb eines Biomasse-Heizwerks auf dem Grundstück Fl.Nr. 1278 Gemarkung ….

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 543/15 Gemarkung …. Das unbebaute Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 22. Dezember 2000 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplans der Gemeinde ... „… - An der ...straße“, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Südöstlich in einem Abstand von ca. 800 m befinden sich die Grundstücke des Beigeladenen. Das streitgegenständliche Vorhaben ist Teil einer geplanten Betriebserweiterung, bei der ein Starkholzsägewerk, eine Pelletieranlage, Trockenkammern sowie Holzlagerplätze auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen entstehen sollen. Die Pelletieranlage wurde mit bestandskräftigem Bescheid des Landratsamts vom 5. Juli 2007 baurechtlich genehmigt. Die Erweiterungsflächen liegen im Bereich des am 17. August 2007 öffentlich bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Sondergebiet Holzverarbeitung“ mit Grünordnungsplan, 1. Änderung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Biomasseheizkraftwerk“ der Gemeinde …. Unter Nummer 7.1 der Festsetzungen des Bebauungsplans wurde ein Emissionskontingent von tags 73 dB(A)/m² und von nachts 50 dB(A)/m² festgesetzt. Unter Nummer 7.2 wurde für den Fall, dass die entsprechenden Schallschutzmaßnahmen für das bestehende Holzwerk nicht oder nicht in vollem Umfang umgesetzt werden, ein Emissionskontingent von tags 66 dB(A)/m² und nachts 55 dB(A)/m² festgesetzt.

Mit Bescheid vom 9. August 2007 wurde der Beigeladenen die beantragte Genehmigung zur Errichtung und Betrieb eines Biomasse-Heizwerks erteilt. Der Bescheid und seine Begründung wurden durch Auslegung in der Zeit von 17. August 2007 bis 3. September 2007 öffentlich bekannt gemacht. Der Genehmigungsbescheid enthält unter Nummer 3.3 Auflagen zum Lärmschutz. Nummer 3.3.1 bestimmt, dass die schalltechnische Untersuchung der Fa. ... und Partner vom 29. Juni 2007 (Bericht-Nr. 050-2497) Bestandteil dieser Genehmigung ist. Gemäß Nummer 3.3.4 darf der Beurteilungspegel sämtlicher von dem Vorhaben ausgehender Lärmimmissionen am Immissionsort Fl.Nr. 184/3 einen Immissionsrichtwertanteil von tags 40 dB(A) und nachts 25 dB(A) nicht überschreiten. Nach Nummer 3.3.5 der Auflagen dürfen am Immissionsort Fl.Nr. 184/3 kurzzeitige Geräuschspitzen den Schallpegelwert von tags 85 dB(A) sowie nachts von 60 dB(A) nicht überschreiten. Die Tageszeit bezieht sich laut Bescheid auf die Stunden von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr sowie die Nachtzeit auf die Stunden von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Unter Nummer 3.3.15 wurden weitere Auflagen, die zur Einhaltung der unter Nummer 3.3.4 und 3.3.5 genannten Immissionsbeschränkungen bzw. zum Schutz der Nachbarschaft notwendig sind, vorbehalten. Der Beigeladenen wurde ferner unter Nummer 3.3.16 auferlegt, spätestens drei Monate nach Inbetriebnahme des Heizwerkes durch Messungen einer anerkannten, unabhängigen und bisher nicht am Verfahren beteiligten, nach § 26 BImSchG für das Gebiet des Lärmschutzes bekannt gegebenen Messstelle nachzuweisen, dass die festgesetzten Immissionsbeschränkungen eingehalten werden. Der Bescheid wurde damit begründet, dass unter Einhaltung der unter Nummer 3.3 enthaltenen Auflagen und Bedingungen zum Lärmschutz sichergestellt sei, dass die Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 BImSchG eingehalten würden. Grundlage für die Beurteilung des Lärmschutzes sei das im Laufe des Genehmigungsverfahrens erstellte schalltechnische Gutachten des Ing.-Büros ... und Partner vom 29. Juni 2007. Das Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass die auf der Grundlage des in Nummer 7.2 der Festsetzungen der 1. Änderung des Bebauungsplans „Biomasseheizkraftwerks“ enthaltenen, reduzierten Emissionskontingente von tags 66 dB(A)/m² und nachts 50 dB(A)/m² ermittelten Immissionskontingente am Immissionsort Fl.Nr. 184/3 von tags 43,1 dB(A) und nachts 27,1 dB(A) deutlich unterschritten würden. Zudem würden an den einzelnen Immissionsorten die Beurteilungspegel die jeweils maßgeblichen Immissionsrichtwerte um mehr als 15 dB(A) unterschreiten.

Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2007, eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

den Bescheid des Landratsamts Landsberg a. Lech vom 9. August 2007 aufzuheben.

Zur Begründung trägt er vor, dass sein Grundstück in einem Neubaugebiet zu liegen komme. Hierfür sei der Bebauungsplan „… - An der ...straße“ aufgestellt worden, welcher jedoch niemals in Kraft getreten sei. Des weiteren sei der Bebauungsplan, der ein Sondergebiet für das Biomasse-Heizwerk festsetze, nichtig. Im Bebauungsplanverfahren sei die Emissionskontingentierung fehlerhaft erfolgt, da zu Unrecht davon ausgegangen worden sei, das klägerische Grundstück befinde sich in einem allgemeinen Wohngebiet. Tatsächlich aber liege ein faktisches reines Wohngebiet vor, so dass sich die zulässige Gesamtbelastung nach Nr. 6.1 lit. e) der TA Lärm bestimme. Im Übrigen werde das aus der Emissionskontingentierung ermittelte Immissionskontingent durch den Betrieb der Anlage überschritten. Der Schutzanspruch des Klägers ergebe sich aus dem Emissionskontingent, das im Bebauungsplan festgesetzt worden sei. Die Vorschriften der TA Lärm kämen daneben nicht zur Anwendung. Die beauflagten Immissionsrichtwerte seien nicht einzuhalten. Insoweit fehle es an einem Nachweis dafür, dass der Immissionsrichtwertanteil von 25 dB(A) eingehalten werden könne. Durch den Betrieb der Pelletieranlage sei das Immissionskontingent bereits vollständig ausgeschöpft. Der Beurteilungspegel für das Pelletwerk betrage in der Nacht für sich gesehen bereits 27,1 dB(A). Aus der Addition der zulässigen Immissionsrichtwertanteile von 27,1 dB(A) für die Pelletieranlage und 25 dB(A) für das Biomasse-Heizwerk ergäbe sich ein Gesamtimmissionsrichtwertanteil von 29,2 dB(A). Eine Unterschreitung des Immissionskontingents am Immissionsort Fl.Nr. 184/3 könne daher nur bei gesonderter Betrachtung des Biomasse-Heizwerks gewährleistet werden, nicht jedoch bei der gebotenen Gesamtbetrachtung. Überdies sei die nach Abschnitt 5 der DIN 45691 bestimmte sogenannte Relevanzgrenze nicht wirksam Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans geworden. Hinsichtlich des Schallgutachtens seien folgende Bedenken gegeben: Für den Dämpfungsparameter der Luftabsorption seien falsche Werte angesetzt worden. Die Rechnung sei fehlerhaft nur mit Summenschallleistungspegeln erfolgt. Die Reflexionen seien unzureichend berücksichtigt worden. Das gesamte Heizwerk sei mit lediglich acht Schallquellen unzureichend modelliert worden. Der Schalldruckpegel innerhalb des Heizwerks sowie bezüglich der Schalldämmung der Raumbegrenzungsflächen sei nicht nachvollziehbar. Die Verbrennungsluftansaugung bzw. die Raumzuluftöffnung sei nicht berücksichtigt worden. Der Sonderbetriebszustand sei nicht in die Begutachtung miteinbezogen worden. Die schalltechnische Begutachtung sei schließlich im Hinblick auf die Pelletieranlage mangelhaft.

Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 21. November 2007

Klageabweisung.

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletze keine den Kläger schützenden Rechte, insbesondere liege kein Verstoß gegen die drittschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vor. Unter Bezugnahme auf die vorgelegten Gutachten sei durch die Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheids sichergestellt, dass bei bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage weder erhebliche Lärm- noch erhebliche Luftbeeinträchtigungen zu erwarten seien.

Die Beigeladene beantragt mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2007

Klageabweisung.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. November 2007 hat der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht München beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 4. Oktober 2007 gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamtes vom 9. August 2007 wiederherzustellen. Der Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 13. Dezember 2007 (Az. M 1 SN 07.5221) abgelehnt. Die hierauf eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 19. März 2008 (Az.: 22 CS 08.56) zurückgewiesen.

Mit Datum vom 22. November 2007 hat der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Antrag auf Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 VwGO verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gestellt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2008 (Az.: 1 N 07.2713) abgelehnt. Über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache ist bislang noch nicht entschieden.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2008, die Gerichts- sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Obschon im Hinblick auf die Klagebefugnis des Klägers gemäß § 42 Abs. 2 VwGO Bedenken gegen die Zulässigkeit bestehen, kann der Kläger zumindest die Möglichkeit einer Rechtsverletzung geltend machen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger Nachbar im immissionsschutzrechtlichen Sinne ist. Darunter sind jedenfalls Eigentümer von Grundstücken zu verstehen, die sich im Einwirkungsbereich der Anlage befinden, d.h. in einem Bereich, in dem die von der Anlage ausgehenden Emissionen nach Art, Ausmaß und Dauer noch einen relevanten, d.h. individualisierbaren Immissionsbeitrag liefern (vgl. Kutscheidt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 1.4.2008 RdNr. 6f). Zwar könnten in Anbetracht der Regelung in Nummer 2.2 der TA Lärm Zweifel daran aufkommen, ob das klägerische Grundstück noch in den Einwirkungsbereich der Anlage fällt. Im Hinblick darauf, dass der Begriff der Nachbarschaft eine taugliche Abgrenzung zum Begriff der Allgemeinheit ermöglichen soll und im Rahmen der Zulässigkeit die Möglichkeit einer Rechtsverletzung genügt, muss der Kläger, dessen Grundstück sich zumindest in der näheren Umgebung der Anlage befindet, als klagebefugt angesehen werden.

Die Klage bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger ist durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht in drittschützenden Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dritte können sich gegen eine Genehmigung nur insoweit zur Wehr setzen, als diese auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind.

Eine Verletzung der drittschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kommt vorliegend nicht in Betracht. Demnach hat der Nachbar ein Abwehrrecht gegenüber einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wenn hiervon schädliche Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteilen sowie erhebliche Belästigungen ausgehen. Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen ist in § 3 Abs. 1 BImSchG legaldefiniert. Darunter fallen alle Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Erheblichkeit im Hinblick auf die Nachteile oder Belästigungen liegt dann vor, wenn sie dem Nachbarn nicht zumutbar sind. In der Regel ist im Hinblick auf Lärmimmissionen dann nicht von unzumutbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auszugehen, wenn die Immissionsgrenzwerte der TA Lärm eingehalten werden. Die TA Lärm ist ein auf § 48 BImSchG als Rechtsverordnung erlassenes Regelwerk und stellt nach herrschender Auffassung eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift dar, die für die Gerichte grundsätzlich Bindungswirkung entfaltet.

Die Frage der Zumutbarkeit richtet sich in diesem Zusammenhang insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit. Nach Nummer 3.2.1 Abs. 1 der TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche - vorbehaltlich der Regelungen in Nummer 3.2.1 Abs. 2 bis 5 der TA Lärm - dann sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 unterschreitet. Nummer 6.1 der TA Lärm gibt für die verschiedenen Plangebiete entsprechende Immissionsrichtwerte vor. Die Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete betragen nach Nummer 6.1 lit. d) 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts.

Entgegen dem klägerischen Vorbringen ist nicht davon auszugehen, dass Immissionsrichtwerte für ein reines Wohngebiet entsprechend Nummer 6.1 lit. e) von 50 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts anzusetzen sind. Der Bebauungsplan „… - An der ...straße“, der hinsichtlich des klägerischen Grundstücks, ein allgemeines Wohngebiet festsetzt, ist wirksam. Bedenken an der ordnungsgemäßen Ausfertigung bestehen nicht. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 28. Februar 2008 (Az.: 1 NE 07.2946) sowie auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 19. März 2008 (Az.: 22 CS 08.56) Bezug genommen. Hinzuweisen ist noch darauf, dass für den Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans das klägerische Grundstück infolge seiner Ortsandlage im Außenbereich zu liegen kommen würde, und sich dann der Abwehranspruch des Klägers gegenüber dem privilegiertem Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB bestimmte, woraus sich in jedem Fall kein höherer Schutzanspruch ergäbe. Selbst wenn die strengeren Immissionsrichtwerte nach Nummer 6.1 lit. e) der TA Lärm von 50 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts herangezogen würden, würden im Übrigen die von der Anlage ausgehenden Beurteilungspegel die Immissionsrichtwerte unterschreiten.

Klarzustellen ist, dass dem Kläger durch die Festsetzung von Emissionskontingenten durch den Bebauungsplan „Sondergebiet Holzverarbeitung“ mit Grünordnungsplan, 1. Änderung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Biomasseheizkraftwerk“ der Gemeinde ... kein höherer Schutzanspruch als der durch die Regelungen der TA Lärm vermittelt werden soll. Das Gericht schließt sich dabei den Ausführungen in den Beschlüssen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 28. Februar 2008 und 19. März 2008 (a.a.O.) an. Es entsprach dem Willen des Gemeinderats, dass die „Beschränkung der maximal zulässigen Geräuschentwicklung derart festgesetzt wird, dass unter Berücksichtigung der Vorbelastung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte in der Nachbarschaft eingehalten oder zumindest nicht weiter überschritten werden“. Den im Plangebiet benachbarten Gebieten sollte ein Schutzanspruch entsprechend den Immissionsrichtwerten in Nummer 6.1 der TA Lärm eingeräumt werden. Die Frage, ob die auf der Grundlage der Emissionskontingentierung ermittelten Immissionskontingente eingehalten werden können, ist daher nicht von Relevanz.

Die unter Nummer 3.3 des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides hinsichtlich des Lärmschutzes gemachten Auflagen sind geeignet, schädliche Umwelteinwirkungen hinsichtlich des Nachbarn zu vermeiden. Die im Genehmigungsbescheid auferlegten Immissionsrichtwerte am Immissionsort Fl.Nr. 184/3 von tags 40 dB(A) und nachts 25 dB(A) unterschreiten die unter Nr. 6.1 der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete festgelegte Immissionsrichtwerte (55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts). Der Genehmigungsbescheid enthält insoweit eine gegenüber den Regelungen der TA Lärm strengere Auflage zum Schutz vor Lärmimmissionen.

An der Vollzugsfähigkeit der Auflagen bestehen keine Bedenken. Diese sind nur dann geeignet, Lärmimmissionen auf ein zumutbares Maß zu beschränken, wenn diese auch einen vollzugsfähigen Inhalt aufweisen. Das bedeutet, dass es möglich sein muss, die beauflagten Immissionsrichtwerte bei dem maximal zulässigen Betrieb der Anlage auch tatsächlich einzuhalten. Das im Rahmen des Genehmigungsverfahren erstellte schalltechnische Gutachten vom 29. Juni 2007 kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Schallimmissionspegel am Grundstück Fl.Nr. 184/3 nach einem Zuschlag für Ruhezeiten auf tags 20,5 dB(A) und nachts auf 16,9 dB(A) (Tabelle 11, Seite 23) belaufen. Mithin werden die Immissionrichtwerte am klägerischen Grundstück deutlich eingehalten. An der Vergleichbarkeit des klägerischen Grundstücks mit dem in dem Gutachten bestimmten Immissionsort am Grundstück Fl.Nr. 184/3 sind im Hinblick auf die Immissionsbelastung Bedenken weder ersichtlich noch vorgetragen.

Die von Seiten des Klägers gerügten Zweifel an der Richtigkeit des schalltechnischen Gutachtens vom 29.Juni 2007 bestehen nicht.

Fehlerhaft ist es nicht, nicht die von der (baurechtlich genehmigten) Pelletieranlage und dem Heizwerk ausgehende Gesamtimmissionsbelastung zu berücksichtigen. Bei der Prüfung des Bestehens schädlicher Umwelteinwirkung ist zwar grundsätzlich nach Nummer 3.2.1 Abs. 1 der TA Lärm die Gesamtbelastung am betreffenden Immissionsort maßgeblich. Nummer 2.4 der TA Lärm bestimmt, dass die Gesamtbelastung die Belastung eines Immissionsort darstellt, die von allen Anlagen ausgeht, für die diese Technische Anleitung gilt. Mithin kommt es prinzipiell auf die Vorbelastung, d.h. die Belastung eines Ortes mit Geräuschimmissionen in Verbindung mit der Zusatzbelastung, d.h. den Immissionsbeitrag, der an einem Immissionsort durch die zu beurteilende Anlage voraussichtlich oder tatsächlich hervorgerufen wird, an. Jedoch erfährt dieser Grundsatz der Gesamtsummenwirkung eine Ausnahme dergestalt, als die Vorschrift der Nummer 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm bestimmt, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage infolge der Vorbelastung wegen Überschreitens der Immissionsrichtwerte aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden darf, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Nach 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 der TA Lärm ist dies dann der Fall, wenn die von der Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Immissionsbeiträge, die lediglich rechnerisch zu ermitteln sind, die aber weder ein Schadensrisiko noch die Erheblichkeit einer Belästigung oder eines Nachteils verändern können, sind im Hinblick auf den Schutzzweck des Bundesimmissionsschutzgesetz nicht relevant (Hansmann in Landmann/Rohmer, a.a.O., RdNr. 14 zu Nr. 3). Die Immissionsrichtwerte werden durch die ermittelten Beurteilungspegel jeweils deutlich um mehr als 6 dB(A) unterschritten, so dass die Vorbelastung nicht einzustellen war. Zwar sind die bereits bestehenden Lärmimmissionen in einem solchen Fall „in der Regel“ unbeachtlich. Gleichwohl greift hier auch kein Ausnahmefall ein. Von klägerischer Seite weder vorgetragen, noch sonst wie erkennbar, handelt es sich vorliegend nicht um etwa besonders auffällige Geräusche, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung hinsichtlich der Vorbelastung rechtfertigten. Im Übrigen ist anerkannt, dass für den Fall, dass die Voraussetzungen der Nummer 2.2 der TA Lärm vorliegen, sich ein Abweichen von der Regelbeurteilung verbietet. Für den Fall, dass der Beurteilungspegel weniger als 10 dB(A) unter dem maßgebenden Immissionsrichtwert liegt, ist die Fläche schon nicht dem Einwirkungsbereich der Anlage zuzuordnen. In einem solchen Fall kann stets davon ausgegangen werden, dass das Grundstück keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist (Hansmann in Landmann/Rohmer, a.a. O., RdNr. 15 zu Nr.3). Vorliegend unterschreiten sowohl die nächtlichen als auch die Tageswerte die Immissionsrichtwerte um mehr als 10 dB(A), so dass das klägerische Grundstück nicht im Einwirkungsbereich gemäß TA Lärm zu liegen kommt.

Die übrigen gegen das schalltechnische Gutachten vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Soweit sie mögliche Fehler im Hinblick auf die Ermittlung der seitens der bereits bestehenden Anlagen ausgehenden Immissionen aufzeigen, sind diese - wie gezeigt - nach Nummer 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm ohnehin nicht zu berücksichtigen, da die betreffende Anlage bei Unterschreiten der Immissionsrichtwerte um weniger als 6 dB(A) keinen kausalen Immissionsbeitrag zu leisten vermag. Soweit sie die Ermittlung der Beurteilungspegel hinsichtlich der streitgegenständlichen Anlage selbst betreffen, kann die Prüfung der geltend gemachten Mängel dahinstehen. Jedenfalls kann nicht angenommen werden und wurde im Übrigen auch nicht entsprechend vom Kläger dargetan, dass sich hinsichtlich des klägerischen Grundstücks unter Berücksichtigung der gerügten Mängel, ein von der Anlage ausgehender Beurteilungspegel ergäbe, der den Immissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts überschreiten würde. Eine gerichtliche Überprüfung des klägerischen Vortrags in Form der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens war vorliegend nicht veranlasst und wurde im Übrigen auch nicht beantragt. Das Gericht ist im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nicht gehalten, jeden noch so entfernten Gesichtspunkt zu prüfen. Nur dann, wenn sich Aufklärungsmaßnahmen aufdrängen, besteht eine Verpflichtung in entsprechende Nachforschungen einzutreten.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 15 000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).