VG Würzburg, Urteil vom 12.06.2008 - W 5 K 08.316
Fundstelle
openJur 2012, 92441
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1. Mit Bescheid vom 21. Juni 2004 erteilte die Stadt Würzburg dem Kläger und seinem Vater die baurechtliche Genehmigung für die Herstellung von drei Pkw-Stellplätzen einschließlich Stützmauern und Toranlage sowie einer Treppenanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. 5149 der Gemarkung W..

2. Mit Bescheid vom 8. August 2005 verpflichtete die Stadt den Kläger und seinen Vater unter Anordnung des sofortigen Vollzugs und Androhung von Zwangsgeldern, die Bauarbeiten sofort einzustellen.

3. Mit Schreiben vom 27. September 2005 erklärte die Stadt Würzburg die mit Bescheid vom 8. August 2005 angedrohten Zwangsgelder für fällig. Einen dagegen gerichteten Sofortantrag wies das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 22. März 2006 Nr. W 5 E 06.214 ab.

4. Mit Bescheid vom 5. Juni 2007 stellte die Stadt Würzburg gegenüber dem Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500,00 EUR und Anordnung der sofortigen Vollziehung sämtliche Bauarbeiten auf dem Grundstück Fl.Nr. 5149 der Gemarkung W. mit sofortiger Wirkung ein.

5. Anlässlich einer Baukontrolle am 21. November 2007 ordnete die Stadt Würzburg gegenüber dem Kläger und seinem Vater die teilweise Versiegelung der auf die Errichtung der Stellplätze mit Stützmauer, Toranlage und Treppenanlage bezogenen Baustelle mündlich an und versiegelte die Baustelle im Bereich der dort noch nicht errichteten Treppenanlage.

Mit Bescheid vom 28. November 2007 bestätigte die Stadt Würzburg gegenüber dem Kläger und seinem Vater die vor Ort mündlich verfügte und tatsächlich vorgenommene Versiegelung der Baustelle im Bereich der noch nicht errichteten Treppenanlage und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an.

Die dagegen erhobene Klage wird unter dem Az. W 5 K 07.1526 geführt.

6. MitBescheid vom 10. Dezember 2007drohte die Stadt Würzburg gegenüber dem Kläger ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR an, falls dieser der in Nr. 1 des Bescheides vom 5. Juni 2007 festgesetzten Pflicht, mit sofortiger Wirkung sämtliche Bauarbeiten auf dem Grundstück Fl.Nr. 5149 einzustellen, weiterhin nicht nachkomme.

Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf eine zugleich ergangene Fälligkeitsmitteilung bezüglich des mit Bescheid vom 5. Juni 2007 angedrohten Zwangsgeldes (2.500,00 EUR) ausgeführt, der nunmehr vorgenommene Einbau der Toranlage über das mit der Baugenehmigung vom 21. Juni 2004 bewilligte Maß hinaus sowie der Einbau eines in der Genehmigung nicht enthaltenen Lastenaufzugs und die Errichtung einer weiteren Stützmauer seien entgegen der bestehenden Baueinstellung vorgenommen worden.

Die Voraussetzungen für eine erneute Zwangsmittelandrohung lägen vor. Bezüglich der im Bescheid vom 5. Juni 2007 auferlegten Verpflichtung zur Baueinstellung sei der sofortige Vollzug angeordnet worden. Der dagegen erhobene Widerspruch entfalte keine aufschiebende Wirkung. Zwangsmittel könnten so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt sei.

7. Gegen den Bescheid der ihm am 19. Dezember 2007 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden ist, erhob der Kläger am 15. Januar 2008 bei Gericht Klage mit dem Antrag,

„die Zwangsandrohung der Stadt Würzburg aufzuheben“.

Zur Begründung wurde unter Hinweis auf ein an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 11. Januar 2008 vorgetragen:

Über den gesamten Höhenverlauf der nördlichen Seitenwand seien in allen drei Eingabeplänen des Bauantrags keine Angaben gemacht. Lediglich die sichtbare Vorderkante der nördlichen Seitenwand sei mit 3 m angegeben. Da das Gelände von der Straßenseite Richtung Osten extrem steil ansteige und am Ende der Stellplätze (an der Ostwand) ca. 6,0 m über Straßenniveau reiche, müsse die Stützmauer unmittelbar auf 6,0 m ansteigen, zumal das Bauamt selbst richtig und fordernd festgestellt habe, dass in das Biotop nicht dauerhaft eingegriffen werden dürfe, also im Sinne einer dauerhaften Anböschung, wie vom Bauamt bereits mehrfach widersprüchlich gefordert.

Weil das Gelände an der nordöstlichen Ecke ca. 6,0 m über dem Straßenniveau sei und entlang der Rückwand Richtung Süden um ca. 0,1 m pro laufendem Meter falle, ergebe sich an der südöstlichen Ecke, wie im Eingabeplan E 3 des Bauantrags eingezeichnet sei, eine Stützmauerhöhe von 4,9 m. Diese Höhe, die auch eingehalten worden sei, ergebe sich aus dem Eingabeplan E 3, der als Geländeschnitt nur im Bereich der Südwand liegen könne, da der Treppenaufgang, der an der Ostwand liege, zeichnerisch voll sichtbar sei und der Treppenaufgang an der Südwand gestrichelt gezeichnet sei (also hinter = nördlich der Seitenwand liege). Somit lägen auch für den gesamten Verlauf der Ostwand in allen drei Eingabeplänen E 1 bis E 3 keine Höhenangaben vor.

Die südliche Seitenwand sei im Eingabeplan E 3 mit einer Höhe von 3 m an der Straßenseite angegeben. Im Eingabeplan E 2 sei die Höhe an der Straßenseite durch den Sichtschutz folgerichtig, wie auch an der Nordwand, nicht ersichtlich. Des Weiteren steige die Mauer geländebedingt in östlicher Richtung auf 4,9 m.

Bei der angebrachten Toranlage sei auf einer Länge von 6,5 m die genehmigte Durchfahrtshöhe von 2,5 m sogar um 0,05 m unterschritten. Die technisch bedingten Stütz-, Halte- und Aufrollvorrichtungen für die Tore sowie für den Holzzaun seien zwangsläufig durch den Sichtschutz im Plan E 2 verdeckt. Das Tormaß von 2,5 m könne sich also nur auf die lichte Durchfahrtshöhe beziehen. Auf einer Länge von 3,5 m sei das Tor auf 3,5 m Durchfahrtshöhe errichtet worden, weil nach Auskunft von Vertretern der Beklagten in der Besprechung vom 28. März 2007 festgestellt worden sei, der Bauherr solle die Möglichkeit erhalten, mit seinem Wohnmobil den Abstellplatz zu befahren. Im Übrigen handele es sich dabei um eine provisorische Sicherungsmaßnahme, eine Ausführung mit Betonpfeilern- und stürzen müsse noch erfolgen, sei aber infolge der derzeitigen Baueinstellung momentan nicht realisierbar. Die genauen Maßangaben bezüglich der Mauerhöhen seien der Baubehörde zugänglich gewesen. Eine Vorlage der Pläne sei trotz persönlicher Vorsprache und Vorlage als nicht nötig erachtet worden.

Die provisorischen Holzzäune (provisorische Absturzsicherung) auf dem Grundstück könnten erst entfernt werden, wenn nach Aufhebung der Baueinstellung die endgültigen Absturzsicherungsvorrichtungen angebracht werden könnten. Die Höhe der Sichtschutzzäune von 1,3 m sei von der Architektin fälschlicherweise in den Genehmigungsplan eingezeichnet worden, da es nur 1,8 m hohe standardisierte Sichtschutzelemente gebe und der bisherige, südlich an den Stellplätzen angrenzende Sichtschutz, 1,8 m hoch sei. Andernfalls würde sich eine unschöne Abstufung von 0,5 m zum anschließenden, bereits seit Jahrzehnten bestehenden Sichtschutzzaun ergeben. Auf die weiteren Ausführungen in diesem Schreiben wird Bezug genommen.

Darüber hinaus wurde vorgetragen, der gegen den Baueinstellungsbescheid vom 8. August 2005 erhobene Widerspruch sei entgegen den Darstellungen der Beklagten offensichtlich noch offen. Nichts anderes gelte für den „Widerspruch vom 21. Juni 2007“. Hingewiesen werde in diesem Zusammenhang auf die im Gerichtsverfahren W 5 E 06.214 gerügten Verfüllarbeiten. In der Baugenehmigung vom 21. Juni 2004 sei ausdrücklich erklärt worden, dass Eingriffe in die Biotopfläche unzulässig seien. Deshalb sei in einer – vor Beginn der Bauarbeiten vereinbarten – Besprechung mit dem Umweltamt und dem Gartenamt gemeinsam bestimmt worden, dass die zur Errichtung der Stützmauer erforderlichen Abgrabungen unmittelbar danach wieder zu unterfüllen seien. Ein Verstoß gegen die Baueinstellung liege deshalb nicht vor. Die Sachdarstellung der Beklagten zu Bezugsfällen in der Umgebung sei gleichfalls unzutreffend.

Demgegenüber beantragte die Stadt Würzburg,

die Klage abzuweisen.

Das mit dem Baueinstellungsbescheid vom 5. Juni 2007 angedrohte Zwangsgeld habe den Kläger nicht von der Durchführung weiterer Bauarbeiten abhalten können. Deshalb sei weiterhin Verwaltungszwang anzuwenden. Die Baueinstellung vom 5. Juni 2007 umfasse ein Verbot zur Ausführung von Bauarbeiten auf dem gesamten Grundstück Fl.Nr. 5149 und beziehe sich somit nicht nur auf das Bauvorhaben zur Herstellung der Stellplätze im westlichen Grundstücksteil, sondern solle weitere Bauausführungen bezüglich des von Amtswegen aufgegriffenen Bauvorhabens auf dem östlichen Grundstücksteil (eine ohne die erforderliche Genehmigung nach Geländeveränderungen errichtete Winkelstützmauer mit darauf aufgesetzter Bodenplatte einschließlich weiterer Stützmauern) wirkungsvoll verhindern. Dieser Schwarzbau werde in einem gesonderten bauaufsichtlichen Verfahren in absehbarer Zeit behandelt werden.

Auf die weitere Begründung des Abweisungsantrages wird Bezug genommen.

8. Den zugleich gestellten Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen, nahm der Kläger wieder zurück. Das Sofortverfahren wurde daraufhin mit Beschluss des Gerichts vom 28. Januar 2008 Nr. W 5 S 08.317 eingestellt.

9. In der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2008 stellte der Klägerbevollmächtigte folgenden Klageantrag:

Der Bescheid der Stadt Würzburg vom 10. Dezember 2007 wird aufgehoben.

Der Beklagtenvertreter wiederholte den bereits schriftsätzlich gestellten Klageabweisungsantrag.

Hinsichtlich des weiteren Fortgangs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

10. Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakten W 5 E 06.214, W 5 K 07.1526, W 5 S 07.1527, W 5 S 08.317, W 5 K 08.318, W 5 E 08.319, W 5 K 08.920, W 5 K 08.1355 und W 5 K 08.1356 wurden beigezogen. Auf die jeweilige Klage- und Antragsbegründung des Klägers in diesen Verfahren wird Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Behördenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger schon deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2. Streitgegenständlich ist der Bescheid der Stadt Würzburg vom 10. Dezember 2007, mit welchem dem Kläger ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR angedroht worden ist, falls er der in Nr. 1 des Baueinstellungsbescheides vom 5. Juni 2007 festgesetzten Pflicht, mit sofortiger Wirkung sämtliche Bauarbeiten auf dem Grundstück Fl.Nr. 5149 einzustellen, weiterhin nicht nachkomme.

3. Die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes gegenüber dem Kläger begegnet keinen Rechtsbedenken. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung aus dem Grundbescheid erfüllt ist. Gleiches gilt entsprechend für Verstöße gegen Unterlassungspflichten. Eine erneute Zwangsgeldandrohung ist zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung eines Zwangsgeldes erfolglos geblieben ist (Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG). So liegt der Fall hier.

Dem Kläger war mit Bescheid vom 5. Juni 2007 ein Zwangsgeld angedroht worden für den Fall, dass er nicht sämtliche Bauarbeiten auf dem Grundstück Fl.Nr. 5149 sofort einstellt. Die Baueinstellung wurde für sofort vollziehbar erklärt. Der Kläger hat die Baueinstellung nicht befolgt. Er hat gegen die mit dem sofort vollziehbaren Bescheid vom 5. Juni 2007 ihm gegenüber verfügte Unterlassungspflicht verstoßen. Die Beklagte hat im Einbau der Toranlage, im Einbau eines Lastenaufzugs und in der Errichtung einer weiteren Stützmauer zu Recht einen Verstoß gegen die Baueinstellungsverfügung gesehen.

Bei den festgestellten weiteren Baumaßnahmen handelt es sich auch ersichtlich nicht um Sicherungsmaßnahmen, die auch nach Ergehen einer Baueinstellung noch zulässig gewesen wären. Nach Erlass einer Baueinstellungsverfügung sind nur die vorhandenen Baumassen sichernde und erhaltende provisorische Maßnahmen zulässig, also lediglich sozusagen unerlässliche Baustellensicherungsmaßnahmen möglich. Darunter fallen nur solche Arbeiten, die zur Erhaltung der bereits geschaffenen Substanz erforderlich sind. Zulässig sind darüber hinaus nur unbedingt notwendige Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von Baugruben oder Nachbargrundstücken (vgl. VG Würzburg, B.v. 22.03.2006 Nr. W 5 E 06.214 in einem vorausgegangenem Sofortverfahren; Decker in Simon/Busse, BayBO, RdNr. 17 zu Art. 81 BayBO a.F.). Ausgeschlossen sind danach Maßnahmen, die zu einer Verfestigung des (formell) unrechtmäßigen Zustandes führen oder vollendete Tatsachen schaffen oder die letztlich ein weiteres Gebrauchmachen von der Baugenehmigung darstellen, weil es Ziel der Baueinstellung ist, die Schaffung unrechtmäßiger Zustände oder deren Verfestigung durch weitere Baumaßnahmen zu verhindern (Decker, a.a.O., m.w.N.). Weder die Einbringung der Toranlage noch die Aufbringung der Sichtschutzzäune, die jetzt das gesamte Vorhaben umschließen noch die im unmittelbaren Anschluss an die Außenwände der Stellplatzanlage erfolgten Baumaßnahmen, die auf den eingestellten Bauarbeiten aufbauen und diese fortsetzen, stellen solche Sicherungsmaßnahmen dar.

Die Klage war deshalb insgesamt abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertentscheidung folgt aus § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG. Nach Nr. 1.6.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 04 1327) entspricht in selbständigen Vollstreckungsverfahren der Streitwert der Zwangsgeldhöhe. Bei der Androhung von Zwangsmitteln ist die Hälfte des sich so ergebenden Betrages festzusetzen. Daraus ergibt sich ein Streitwert von 1.250,00 EUR.