Bayerischer VGH, Beschluss vom 09.06.2008 - 3 CS 08.1106
Fundstelle
openJur 2012, 92330
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.657,40 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1980 geborene Antragsteller stand bis zu seiner Entlassung als Obersekretärsanwärter im Justizvollzugsdienst im Dienst des Antragsgegners.

Mit Wirkung vom 2. November 2007 wurde der Antragsteller in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2007 informierte das Bayer. Staatsministerium der Justiz (StMJ) den Antragsteller über die bevorstehende Ernennung und die Zulassung zum Vorbereitungsdienst „vorbehaltlich des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung“. Diese ergab am 12. Oktober 2007, dass der Antragsteller im Jahr 2000 wegen eines Bandscheibenvorfalls operiert worden war. Der daraufhin vom zuständigen Amtsarzt beim Landratsamt A.-S. - Gesundheitsamt - mit einer orthopädischen Begutachtung beauftragte Dr. H. kam in seinem Gutachten (Bl. 24 ff. d. Behördenakts) vom 30. November 2007 zu der Bewertung, dass substantiierte Einwände gegen die Verrichtung der dienstlichen Tätigkeit zum jetzigen Zeitpunkt anhand des jetzt ermittelten Funktionsbefundes nicht bestünden, „anders“ stelle sich dies im Hinblick auf die prognostischen Erwägungen im Hinblick auf den Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit (sh. S. 6 d. Gutachtens) dar. Ausgehend vom Krankheitsbeginn schon in jungen Jahren und einem schon mit 20 Jahren festgestellten sequestrierten Bandscheibenvorfall kam der Gutachter zu dem Ergebnis (S. 8 d. Gutachtens), dass nach seiner Auffassung keinesfalls ausgeschlossen werden könne, dass es in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten zu die Dienstfähigkeit beeinträchtigenden Beschwerden komme. Die vom Amtsarzt gestellte weitere Frage (vgl. S. 2 d. Schreibens vom 3.12.2007, Bl. 23 d. Behördenakts), ob die Operation in relativ jungen Jahren ein erhebliches Risiko für den Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit infolge von Rückenproblemen darstelle, wurde vom Gutachter bejaht (S. 8 d. Gutachtens).

Mit Bescheid vom 21. Februar 2008 entließ der Antragsgegner den Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf, da er die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht erfülle und auch keine Aussicht bestehe, dass diese bis zum Abschluss des Vorbereitungsdienstes oder später hergestellt werden könnten. Die Entlassungsverfügung wurde für sofort vollziehbar erklärt, da das Interesse des Antragstellers, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Entlassungsverfahrens nicht von dessen Folgen betroffen zu werden, hinter dem öffentlichen Interesse an einer baldigen Besetzung der Stelle mit einem in jeder Hinsicht den Anforderungen des Strafvollzugsdienstes entsprechenden Anwärter zurückzustehen habe. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil der Antragsteller unter dem Vorbehalt vollständiger gesundheitlicher Eignung eingestellt worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich um die Ausbildung für eine spezielle Laufbahn handle, die außerhalb des allgemeinen Vollzugsdienstes keine Beschäftigungsmöglichkeiten eröffne.

Der Hauptpersonalrat stimmt der Entlassung zu.

Am 11. März 2008 erhob der Antragsteller Klage gegen die Entlassungsverfügung (die beim Verwaltungsgericht unter dem Az. M 5 K 08.1121 anhängig ist).

Am 14. März 2008 beantragte der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 21. Februar 2008 wieder herzustellen, hilfsweise die sofortige Vollziehung aufzuheben.

Die Anordnung des sofortigen Vollzugs genüge nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da sie keine ausführliche und einzelfallbezogene Begründung enthalte. Der der Entlassung zu Grunde liegende Sachverhalt sei nicht ausreichend aufgeklärt worden. Der orthopädische Gutachter habe bei seiner Entscheidung kein bildtechnisches Material zu Grunde gelegt, er habe also nicht die Frage behandeln können, ob unabhängig von der im Jahr 2000 durchgeführten Bandscheibenoperation weitere Verschleißzeichen vorgelegen hätten. Nicht berücksichtigt habe der Gutachter auch, dass der Bandscheibenvorfall seine akute Ursache in der Notwendigkeit schweren Hebens im Verlauf der damaligen Ausbildung des Antragstellers zum Kfz-Mechaniker gehabt habe. Nach der Operation habe der Antragsteller als Lagerist gearbeitet, wobei ihm schweres Heben keinerlei Probleme mehr bereitet habe. Die im Gutachten vom 30. November 2007 angestellte Prognose genüge nicht, um die Entlassung des Antragstellers zu rechtfertigen.

Der Antragsgegner beantragte,

den Antrag abzuweisen.

Er bezog sich auf die Gründe der Entlassungsverfügung vom 21. Februar 2008. Die Anordnung des Sofortvollzugs liege angesichts der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung eines geordneten Strafvollzugs im öffentlichen Interesse. Die nächsten Einstellungen in die Laufbahn würden am 1. Oktober 2008 vorgenommen, wobei den Bewerbern bereits ab Ende März 2008 verbindliche Einstellungsangebote unterbreitet werden müssten, um die vollständige Besetzung aller Stellen gewährleisten zu können. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei erforderlich gewesen, um die durch die Entlassung des Antragstellers frei werdende Stelle zeitnah besetzen zu können. Ferner legte der Antragsgegner eine Stellungnahme des Gesundheitsamts vom 27. März 2008 vor, aus der sich ergibt, dass bei der Untersuchung des Antragstellers bewusst auf technische Untersuchungen, insbesondere auf Röntgenaufnahmen verzichtet worden sei, weil diese nach Einschätzung des Sachverständigen für seine prognostische Aussage nicht notwendig gewesen seien.

Mit Beschluss vom 2. April 2008 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab.

Voraussetzung für die Entlassung eines Beamten auf Widerruf gemäß Art. 43 BayBG sei das Vorliegen eines sachlichen Grundes. Fehlende gesundheitliche Eignung stelle einen solchen sachlichen Grund dar. Nach Einschätzung des Gutachters bilde die Operation des Bandscheibenvorfalls in jungen Jahren ein erhebliches Risiko für den Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit. Der streitbefangene Vorbereitungsdienst sei keine allgemeine Ausbildungsstätte, sondern diene allein dem Erwerb für die angestrebte Laufbahn. Der Dienstherr könne deshalb bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung auf die Anforderungen dieser Laufbahn abstellen.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

Der Sofortvollzug sei nicht entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen begründet worden. Auf die Interessen des Antragstellers werde gar nicht, auf das öffentliche Interesse lediglich formelhaft eingegangen. Wenn ein großer Mangel an Vollzugsbeamten bestehe, dann läge die Weiterbeschäftigung des Antragstellers schon deshalb auch im öffentlichen Interesse. Die sofortige Entlassung bedeute Nachteile für den Antragsteller, die nicht rückgängig gemacht werden könnten. Das Verwaltungsgericht habe ebenfalls auf eine Abwägung der Interessen vollständig verzichtet.

Bei summarischer Überprüfung der Erfolgsaussichten sei von der Rechtswidrigkeit des Entlassungsbescheides auszugehen. Die fehlende gesundheitliche Eignung des Antragstellers sei nicht nachgewiesen worden. Das zu Grunde gelegte orthopädische Gutachten vom 30. November 2007 werde in medizinisch inkorrekter Art und Weise gewertet. Das Gutachten besage, dass keinesfalls ausgeschlossen werden könne, dass es in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten zu die Dienstfähigkeit beeinträchtigenden Beschwerden komme. Der Gutachter habe die Voraussetzungen der Rechtsprechung, „dass ein deutlich höheres Risiko einer Erkrankung“ vorliegen müsste, als Prognose nicht gestellt. Wenn das Verwaltungsgericht erkläre, dass die Operation in jungen Jahren aus der Sicht des Gutachters ein „erhebliches“ Risiko für den Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit darstelle, so treffe dies nicht zu; im Gutachten sei lediglich von einem „nicht unerheblichen“ Risiko die Rede. „Nicht unerheblich“ sei jedoch bedeutend weniger als „erheblich“.

Der Sachverhalt sei nicht sorgfältig aufgeklärt worden. In den Behördenakten fehle die S. 3 des Gutachtens. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich dort Feststellungen fänden, die zu Gunsten des Antragstellers sprächen. Die Behörde habe sich offenbar nicht darum bemüht, die S. 3 zu beschaffen; deshalb könne nicht von sorgfältiger Sachverhaltsaufklärung gesprochen werden. Die Wertung des Verwaltungsgerichts, das die Aussagen des Gutachtens eindeutig, klar begründet und nachvollziehbar erachte, sei in Anbetracht der Tatsache, dass wohl auch dem Gericht nur ein unvollständiges Gutachten vorgelegen habe, verwunderlich.

Die ungenügende Personalplanung im Bereich des Justizvollzugs dürfe nicht zum Nachteil des Antragstellers gereichen. Dieser habe bereits bei seinem Einstellungsgespräch die Vorerkrankung wahrheitsgemäß geschildert. Die Behörde habe bereits zu diesem Zeitpunkt von der Operation des Klägers gewusst. Die Einstellung unter Vorbehalt sei unbeachtlich, weil dieser Vorbehalt floskelhaft jeder Einstellungsentscheidung beigefügt werde.

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Die Anordnung des Sofortvollzugs sei einzelfallbezogen und nicht formelhaft. Die angegriffene Entlassungsverfügung sei rechtmäßig. Das Gesundheitsamt habe mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 festgestellt, dass die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder der Eintritt dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Der Sachverhalt sei ausreichend aufgeklärt. S. 3 des Gutachtens sei vollständig bei den Akten und enthalte nur Angaben zur Anamnese, die Schlussfolgerungen des Gutachtens seien auf S. 6 ff. dargestellt.

Dem - bei dem Antragsteller erfolgten - Einstellungsvorbehalt hinsichtlich des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung unterlägen nur Bewerber, bei denen zum Zeitpunkt der Ernennung die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung noch nicht abschließend geklärt werden könne. Darüber hinaus habe der Antragsteller ausweislich des Vorstellungsprotokolls nicht seine Operation an der Bandscheibe offenbart, sondern erklärt, dass er wegen Nierenschäden mit Tauglichkeitsgrad 7 bei der Bundeswehr ausgemustert worden sei.

Anwärter leisteten keinen regulären Dienst in der Vollzugsanstalt; durch ihre Entlassung werde die Personalknappheit im Vollzugsdienst entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht verschärft. Bei den jeweiligen Einstellungsterminen werde jede zum Einstellungszeitpunkt freie Stelle mit einem Anwärter besetzt, um ausreichend Nachwuchsbeamte gewinnen zu können.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 2. Juni 2008 das bisherige Vorbringen vertieft. Die berufliche Zukunft des Antragstellers werde leichtfertig zerstört. Es sei richtig, dass sich die S. 3 des Gutachtens bei den Akten befunden habe, gefehlt habe jedoch die S. 4. Es sei unzutreffend, dass der Antragsteller bei der Bundeswehr wegen Nierenschäden ausgemustert worden sei. Der Antragsteller sei wehrdienstfähig mit Verwendungsgrad 7, jedoch wegen struktureller Veränderungen nicht zum Grundwehrdienst herangezogen worden.

Seite 4 des Gutachtens vom 30. November 2007 wurde daraufhin der Antragstellerseite per Fax mit der Gelegenheit zu kurzfristiger Äußerung übermittelt.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens und des Sachverhalts wird auf die Behörden- sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Bei der - im Rahmen des Eilverfahrens zwangsläufig summarischen - Überprüfung der Sach- und Rechtslage lässt die Entlassungsverfügung des StMJ vom 21. Februar 2008, auch hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung, keine rechtlichen Mängel erkennen.

Die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf wurde rechtsfehlerfrei auf Art. 43 BayBG gestützt; auf die Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses wird zunächst Bezug genommen.

Ergänzend ist zum Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) auf folgendes hinzuweisen:

Der Antragsgegner hat den Sofortvollzug ausreichend i.S. d. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, nämlich nicht nur formelhaft begründet. Er hat dem Interesse des Antragstellers, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Entlassungsverfahrens nicht von dessen Folgen betroffen zu werden - und damit auch dem Aspekt dessen beruflicher Zukunft - das öffentliche Interesse gegenüber gestellt, die Stelle alsbald besetzen zu können. In die Abwägung wurde ferner eingestellt, dass dem Antragsteller der Vorbehalt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung bekannt war und dass die Ausbildung für den allgemeinen Vollzugsdienst keine Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb dieses Dienstes, also beispielsweise in der freien Wirtschaft, eröffnet.

Die Argumentation des Antragsgegners hinsichtlich des erheblichen Mangels an Beamten im Vollzugsdienst ist - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht widersprüchlich. Die Anwärter leisten keinen regulären Dienst in der Vollzugsanstalt, so dass die Fortsetzung des Widerrufsbeamtenverhältnisses des Antragstellers eine aktuelle Personalknappheit im Vollzugsbereich nicht mindern würde. Ist jedoch - aufgrund des Sofortvollzugs - die bisherige Anwärterstelle des Antragstellers mit einem neuen Bewerber besetzbar, kann für den nächsten Einstellungstermin im Jahr 2008 bereits durch Abgabe eines verbindlichen Einstellungsangebots ein neuer Bewerber gewonnen und mit dessen Ausbildung begonnen werden.

Das Verwaltungsgericht hat - zutreffend - darauf hingewiesen, dass es im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Interessenabwägung vorzunehmen hat, wobei die Erfolgsaussichten der Klage, soweit absehbar, zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf die seitens des Verwaltungsgerichts bejahte voraussichtliche Erfolglosigkeit der Klage hat es rechtsfehlerfrei ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Aussetzung eines für rechtmäßig erachteten Verwaltungsakts verneint.

Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen seiner summarischen Prüfung den Entlassungsbescheid vom 21. Februar 2008 - nach Auffassung des Senats zutreffend - für rechtmäßig erachtet.

Die fehlende gesundheitliche Eignung ist ein sachlicher Grund für eine auf Art. 43 BayBG gestützte Entlassung. Maßgeblich hierfür ist nicht die aktuell bestehende (und auch vom Gutachter bejahte) Dienstfähigkeit, sondern die in die Zukunft gerichtete Prognose, die sich auf die Gesamtdauer eines späteren Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit erstreckt. Von der fehlenden gesundheitlichen Eignung des Antragstellers durfte hier ausgegangen werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller - wie sich aus dem Vermerk der JVA A. vom 5. Februar 2007 (Bl. 6/7 d. Behördenakts) ergibt - dort bei seiner persönlichen Vorstellung erklärt hat, er sei wegen Nierenschäden mit Tauglichkeitsgrad 7 ausgemustert worden und ob er die Bandscheibenoperation des Jahres 2000 erst bei der amtsärztlichen Untersuchung am 12. Oktober 2007 (Bl. 18 d. Behördenakts) oder bereits früher angegeben hat. Maßgeblich ist, dass die Zulassung zum Vorbereitungsdienst vorbehaltlich des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung erfolgt ist. Bei dieser Untersuchung wurde jedenfalls wegen des operierten Bandscheibenvorfalls eine orthopädische Begutachtung für unabdingbar erachtet. Daraufhin wurde das orthopädische Gutachten von Dr. H. vom 30. November 2007 erholt, dessen Ergebnis vom Amtsarzt (vgl. Schreiben d. Gesundheitsamts vom 3.12.2007, Bl. 22 f. d. Behördenakts) übernommen wurde. Der Amtsarzt kam auf der Basis dieses Gutachtens zu dem Resultat, dass die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder der Eintritt dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit also nicht vorlägen. Der Amtsarzt hat, wie - ihm folgend - das StMJ und das Verwaltungsgericht, das Gutachten des Orthopäden Dr. H. zu Grunde gelegt. In diesem wurde sowohl dargestellt, dass im Hinblick auf den im Alter von 20 Jahren festgestellten sequestrierten Bandscheibenvorfall nicht ausgeschlossen werden könne, dass es zu Beschwerden kommen werde, die die Dienstfähigkeit beeinträchtigten. Ferner war vom Sachverständigen Dr. H. auch die Frage, ob ein erhebliches Risiko für den Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit infolge von Rückenprobleme bestehe, auf S. 8 des Gutachtens - uneingeschränkt - bejaht worden. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen (S. 6 d. Gutachtens), wo er die aktuelle Dienstfähigkeit des Antragstellers bejaht, ausdrücklich „anders“ jedoch die Prognose hinsichtlich des Eintritts vorzeitiger Dienstunfähigkeit einschätzt. Dabei hat der Sachverständige auch - zutreffend - als Maßstab darauf abgestellt, dass die Möglichkeit häufigerer Erkrankungen oder vorzeitiger dauernder Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit (S. 7 d. Gutachtens) auszuschließen ist. In diesem Gesamtzusammenhang ist die Aussage im Gutachten vom 30. November 2007 (vgl. S. 7 unten), dass das Risiko, einschlägiges wieder zu erkranken, in mittleren und höheren Jahren „nicht unerheblich“ sei, nicht anders als im Sinn von „erheblich“ zu verstehen. Das Gutachten des Orthopäden Dr. H. ist nach Auffassung des Senats schlüssig und widerspruchsfrei. Sowohl das Gutachten selbst, wie die darauf basierende - für den Dienstherrn maßgebliche - Beurteilung der gesundheitlichen Eignung durch den Amtsarzt vom 3. Dezember 2007 gab keine Veranlassung zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts durch ein zusätzliches Gutachten. Darüber hinaus ist anzumerken, dass seitens des Antragstellers im bisherigen Verfahren auch nicht durch ein von ihm vorgelegtes fundiertes ärztliches Gegengutachten Anhaltspunkte dafür geliefert worden wären, dass die hier zu Grunde gelegten medizinischen Beurteilungen zu sachlich unzutreffenden Prognoseeinschätzungen gelangt sein könnten.

Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom 2. Juni 2008 klargestellt hat, dass im Gutachten vom 30. November 2007 zwar nicht die S. 3, aber die S. 4 gefehlt habe und nicht auszuschließen sei, dass sich gerade hier Feststellungen zu Gunsten des Antragstellers finden könnten, ist der Antragstellerseite zu konzedieren, dass die S. 4 des Gutachtens (Bl. 27 d. Behördenakts) auf anderem Papier abgedruckt ist als das restliche Gutachten, also nicht auszuschließen ist, dass diese Seite irgendwann gefehlt hat und später eingefügt worden ist. Dafür spricht auch, dass der ebenfalls vorgelegte Band „Ablichtungen des Personalakts“ das Gutachten vom 30. November ohne die S. 4 enthält. Es kann jedoch letztlich offen bleiben, zu welchem Zeitpunkt die fehlende S. 4 in den Behördenakt eingefügt worden ist. Maßgeblich ist, dass auf S. 4 nur die auf S. 3 begonnene „sachleitende Inspektion und Funktionsprüfung“ fortgesetzt wurde, auf deren Feststellungen sich die - für das Entlassungsverfahren relevante - Prognose nicht stützt. Außerdem lag das Gutachten zumindest beim Senat während des gesamten Beschwerdeverfahrens vollständig vor, so dass die Antragstellerseite auch jederzeit hätte Akteneinsicht nehmen können. Darüber hinaus wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers die fehlende S. 4 am 4. Juni 2008 per Fax mit Gelegenheit zu kurzfristiger Äußerung übermittelt.

Aus dem möglichen zeitweisen Fehlen der S. 4 des Gutachtens in den Akten ergibt sich nach Nachholung des rechtlichen Gehörs und weil die dort getroffenen Feststellungen nicht Grundlage der hier im Raum stehenden Prognose sind, kein Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

Die Beschwerde des Antragstellers war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Streitwerts der Hauptsache anzusetzen ist.

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