Bayerischer VGH, Urteil vom 22.04.2008 - 1 B 04.3320
Fundstelle
openJur 2012, 91686
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2, zu 3 und zu 4 zu tragen. Die Beigeladenen zu 1 und zu 5 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger möchte erreichen, dass der Beklagte gegen die Nutzung der Grundstücke Fl.Nrn. 127/4 und 128/2 Gemarkung ... als Stellplatz für Kraftfahrzeuge einschreitet.

1. Der Kläger ist Erbbauberechtigter am Grundstück Fl.Nr. 122/1. Dem Kläger und einer weiteren Berechtigten gehört seit 1998 je zur Hälfte das Einfamilienhaus im nordwestlichen Teil des Grundstücks. Im südwestlichen Teil des Grundstücks befindet sich ein weiteres Wohnhaus. Die Errichtung der beiden Gebäude wurde mit Bescheid des Landratsamts ... vom 8. Juli 1980 baurechtlich genehmigt; für das Gebäude des Klägers wurde mit Bescheid vom 22. März 1989 eine Erhöhung des Dachs genehmigt. An das Grundstück Fl.Nr. 122/1 grenzen nördlich die zusammen etwa 900 qm großen unbebauten Grundstücke Fl.Nrn. 127/4 und 128/2, die unter der Bezeichnung „…“ bekannt sind. Entlang der Nordseite der „…“ verläuft ein schmaler, beschränkt-öffentlicher Fußweg („…“, Fl.Nr. 128/3), der von der Hauptstraße zum See führt. Die Grundstücke Fl.Nrn. 127/4 und 128/2 stehen, ebenso wie das seeseitige Grundstück Fl.Nr. 127/2, im Eigentum der Beigeladenen. Die „…“, auf der die Fischer früher ihre Netze getrocknet haben, wird von den Beigeladenen zum Abstellen von Pkws genutzt.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2001 und mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 14. Juni 2002 beantragte der Kläger beim Landratsamt, die Nutzung der Grundstücke Fl.Nrn. 127/4 und 128/2 als Stellplatzfläche für Kraftfahrzeuge bauaufsichtlich zu untersagen. Das Wohnhaus des Klägers (mit Terrasse und Freisitzfläche) befinde sich nur 3 m von der „…“ entfernt, die insbesondere in den Sommermonaten nicht nur von Anliegern, sondern auch von Ausflüglern und Touristen als Parkplatz genutzt werde. Auch gestatte die Eigentümergemeinschaft Dritten gegen Jahresentgelt das Parken. Fahrgeräusche - verstärkt durch den Kiesboden -, Türenschlagen, Hupen, Autoradio und laute Unterhaltungen führten zu unzumutbaren Lärmbelästigungen; eigene Messungen des Klägers hätten erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte nach der TA Lärm ergeben. Die Parkplatznutzung sei formell und materiell illegal. Aufgrund der Schwere des Nachbarrechtsverstoßes und der hohen Intensität der Störungen sei ein Einschreiten gegen die rechtswidrige Nutzung die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2002 teilte das Landratsamt (untere Bauaufsichtsbehörde) dem Kläger mit, dass nach einer Information durch den ersten Bürgermeister der Beigeladenen zu 5 auf den Grundstücken Fl.Nrn. 127/4 und 128/2 bereits vor 1960 ein Parkplatz errichtet worden und dass die heutige Nutzung in ihrem Bestand geschützt sei. Eine Nutzungsuntersagung komme nicht in Betracht. Am Sonntag, den 28. Juli 2002 führte das Landratsamt in Abstimmung mit dem Kläger eine Schallpegelmessung durch. Das Ergebnis wurde in einer Stellungnahme des „Umweltingenieurs“ vom 12. September 2002 zusammengefasst. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2002 teilte das Landratsamt (untere Immissionsschutzbehörde) dem Kläger mit, dass - ausgehend von einer Einstufung der Umgebung als Allgemeines Wohngebiet - der am Wohnhaus nach der TA Lärm zulässige Immissionsrichtwert (tags) von 55 dB(A) durch den Betrieb des Parkplatzes mit Beurteilungspegeln für die Tageszeit an Sonn- und Feiertagen von 52,1 dB(A) und an Werktagen von 51,4 dB(A) sicher unterschritten werde; Entsprechendes gelte für den Maximalpegel von 85 dB(A). Immissionsschutzrechtliche Auflagen zum Schutze des Klägers seien deshalb nicht veranlasst.

Im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens für die nördlich des „…“ gelegenen Grundstücke FlNrn. 129 und 130 wies das Landratsamt die Beigeladene zu 5 mit Schreiben vom 18. Juni 2004 darauf hin, dass ein im Plangebiet vorgesehenes Wohnhaus einen Abstand von 30 m von den Stellplätzen auf der „…“ einhalten müsste, um während der Nachzeit den Spitzenpegelwert einzuhalten.

Am 9. Oktober 2006 stellte ein vom Kläger mit Bauarbeiten an dessen Wohnhaus beauftragtes Bauunternehmen auf der „…“ einen Kran auf. Die hinzu gekommenen Beigeladenen zu 3 und 4 verwahrten sich gegen die Nutzung ihres Grundstücks. Die folgende Auseinandersetzung wurde damit beendet, dass der Kläger folgende „Erklärung“ unterschrieb:

„Auf Wunsch der Eigentümer der ... Herrn Greinwald und Herrn Müller wird hiermit vereinbart, dass die Renovierungsarbeiten an meinem Haus fortgesetzt werden können unter Bedingung, dass

1. das Verwaltungsstreitverfahren sofort eingestellt wird

2. ich die Kosten des Verfahrens trage.

Diesen Bedingungen wird hiermit zugestimmt.

…, 9.10.2006“

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15. November 2006 hat der Kläger die „Erklärung“ wegen widerrechtlicher Drohung angefochten. Die Beigeladenen zu 3 und 4 hätten die Zwangslage ausgenutzt, in die sie den Kläger am 9. Oktober 2006 gebracht hätten, indem sie entgegen vorher mündlich erteilten Zusagen die Zustimmung zu einer Nutzung der „…“ für die Bauarbeiten verweigert hätten.

2. Bereits unter dem 3. März 2003 hatte der Kläger beim Verwaltungsgericht München Untätigkeitsklage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten zu verpflichten, die Stellplatznutzung zu untersagen, hilfsweise, über seinen Antrag auf Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, sowie weiter hilfsweise, eine Anordnung gegenüber den Stellplatzbetreibern zu erlassen, die die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der TA Lärm sicherstellt. Zur Begründung legte der Kläger - unter anderem - die Ergebnisse eigener Lärmmessungen vor, nach denen sich sowohl zur Tag- als auch zur Nachtzeit eine Überschreitung der in einem Allgemeinen Wohngebiet zulässigen Immissionsrichtwerte ergebe. Im Übrigen habe sich die Nutzungsänderung auf der „…“ in der Vergangenheit „schleichend“ vollzogen; aus dem Umstand, dass dort bereits in den 1960er Jahren vereinzelt geparkt worden sei, könne kein Bestandsschutz für eine Parkplatzfläche hergeleitet werden, auf der heute bis zu 50 Fahrzeuge abgestellt würden.

Mit Urteil vom 9. September 2004 wies das Verwaltungsgericht die Klage im Hauptantrag und in den Hilfsanträgen ab. Zweifelhaft sei bereits die formelle Illegalität der spätestens seit 1960 bestehenden und nach Art. 84 Nr. 1 Buchst. t BayBO 1962 genehmigungs- und anzeigefreien Stellplatznutzung; auch Verstöße der seinerzeitigen Nutzungsänderung gegen materielles Recht seien nicht erkennbar. Ob die Parkplatznutzung Bestandsschutz genieße oder ob die in den letzten Jahren eingetretene Intensivierung zu einer nicht mehr vom Bestandsschutz gedeckten „neuen Qualität“ geführt habe, könne jedoch dahinstehen, weil jedenfalls kein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften vorliege. Von der Stellplatznutzung gingen keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen aus. Nach der Schallpegelmessung des Landratsamts seien die Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet eingehalten. Die Messung sei nach den Bestimmungen der TA Lärm erfolgt, ihre Ergebnisse seien – im Gegensatz zu den vom Kläger vorgelegten Messergebnissen – nachvollziehbar und schlüssig. Nicht zu beanstanden sei auch, dass nur eine Messung durchgeführt worden sei, weil diese nach den Umständen als repräsentativ angesehen werden könne. Anhaltspunkte für unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen während der Nachtzeit fehlten. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass das Grundstück des Klägers durch seine Umgebung (seit langem als Stellplatz genutzte „…“, angrenzende Bootsliegeplätze und Segelschule, naher Hotelbetrieb mit Parkplatz, generell intensive Freizeitnutzung in diesem Bereich des ...er Sees) geprägt und vorbelastet sei. Auch andere nachbarschützende Vorschriften, insbesondere Art. 52 Abs. 6 Satz 1 BayBO a. F., seien nicht verletzt. Die Voraussetzungen für ein behördliches Einschreiten nach Art. 60 Abs. 5 BayBO a. F. oder § 24 Satz 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG lägen nicht vor.

3. Zur Begründung der mit Beschluss vom 20. Februar 2006 zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Die „Erklärung“ vom 9. Oktober 2006 sei unbeachtlich, weil er sie wirksam angefochten habe. Die Lärmmessung des Landratsamts vom 28. Juli 2002 stelle keine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung und damit keine tragfähige Grundlage für die Entscheidung dar. Die erst am 12. September 2002 zu den Akten gegebene Stellungnahme des Umweltingenieurs genüge nicht den Anforderungen an einen Messbericht. Eine einzige Messung an einem Vormittag sei auch nicht repräsentativ. Ein „regulärer“ Parkbetrieb sei nicht gegeben, weil die Mehrzahl der Fahrzeuge - unter Missachtung des Zufahrtsverbots - von Personen geparkt würde, die keine Anlieger seien; die Messdauer sei zu kurz, weil der von dem Parkplatz ausgehende Lärm nicht konstant, sondern impulsartiger Natur sei und in Häufigkeit und Lärmpegel erheblichen zufälligen Schwankungen unterliege; auch sei die Annahme, dass die stärkste Lärmbelastung vormittags auftrete, durch nichts belegt. Dem Verwaltungsgericht seien darüber hinaus weitere – im Einzelnen dargelegte – Fehler bei der Einschätzung und Bewertung der Messung des Landratsamts und der vom Kläger vorgelegten Messungen unterlaufen. Das Gericht hätte zumindest erkennen müssen, dass für die von ihm angenommene Einhaltung der Richtwerte in allen Immissionssituationen keine gesicherte Datengrundlage vorgelegen habe; diese lasse sich nur durch eine Vielzahl von Langzeitmessungen gewinnen. Zulasten des Klägers falsch eingeschätzt seien ferner die Lärmbelastung zur Nachtzeit sowie die Vorbelastung des Grundstücks durch Lärm erzeugende Nutzungen in der Nachbarschaft. Der Kläger verweist auf zwei bereits dem Verwaltungsgericht übergebene Luftbildaufnahmen aus Jahre 1962, auf denen auf der „…“ keine parkenden Fahrzeuge zu erkennen seien. Ferner legt der Kläger am 23. Juli 2006 aufgenommene Fotografien, die ein Bild von dem tatsächlichen Umfang der Nutzung der „…“ als Parkplatz geben sollen, sowie die Ergebnisse weiterer eigener Lärmmessungen vor, die eindeutig belegten, dass sein Anwesen durch die Parkplatznutzung auch während der Tagzeit unzumutbar gestört und belästigt werde. Die vom Beklagten mitgeteilten Lärmberechnungen des Landratsamts entsprächen nicht der TA Lärm.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9. September 2004 zu ändern und

den Beklagten zu verpflichten, die Stellplatznutzung auf den Grundstücken Fl.Nrn. 127/4 und 128/2 Gemarkung ... zu untersagen,

hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Stellplatznutzung auf den Grundstücken Fl.Nrn. 127/4 und 128/2 Gemarkung ... zu entscheiden,

weiter hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, eine Anordnung gegenüber dem (jeweiligen) Betreiber des privaten Parkplatzes auf den Grundstücken Fl.Nrn. 127/4 und 128/2 Gemarkung ... zu erlassen, die sicherstellt, dass die für das Grundstück Fl.Nr. 122/1 einschlägigen Immissionsgrenzwerte der TA Lärm von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) eingehalten werden.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 2, 3 und 4 beantragen jeweils,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte legt Stellungnahmen des Landratsamts vor, welche die schalltechnische Messung vom 28. Juli 2004 erläutern und gegen die Einwände des Klägers verteidigen; vorgelegt werden ferner die Ergebnisse überschlägiger Berechnungen der Immissionsbelastung des Anwesens des Klägers durch die Parkplatzgeräusche. Nach der 6. Auflage der „Parkplatzlärmstudie“ müsste ein herkömmlicher Parkplatz von dem Wohnhaus des Klägers 28 m entfernt sein, um die Nachtwerte einzuhalten. Fraglich sei jedoch, ob bei einer privaten Parkplatznutzung, wie sie teilweise auch auf der „…“ stattfinde, das Spitzenpegelkriterium zu berücksichtigen sei.

Der Beigeladene zu 4 betont, dass er sich zu keinem Zeitpunkt mit einer Nutzung der „…“ für die Bauarbeiten einverstanden erklärt habe, sondern auf den laufenden Prozess verwiesen und zum Ausdruck gebracht habe, dass dieser vorrangig beendet werden müsse. Eine „Zwangslage“ habe nicht bestanden, weil der Kläger die Bauarbeiten auch von seinem Grundstück aus hätte durchführen können; jedenfalls aber hätten nicht die Beigeladenen zu 3 und 4, sondern der Kläger selbst die „Zwangslage“ herbeigeführt. Der Beigeladene zu 3 bestätigt diese Darstellung. Auch er habe dem Kläger gegenüber nur geäußert, dass man über eine Nutzung der „…“ reden könne, wenn es zu einer Einigung in der Parkplatzfrage komme. Die Beigeladenen zu 2 und 3 teilen mit, dass die Schlösser- und Seenverwaltung den Berufsfischern schon in den Fünfzigerjahren des letzen Jahrhunderts die Vermietung von Bojen gestattet habe, um den Rückgang der Einnahmen aus der Fischerei ausgleichen zu können. Die „…“ werde seit 1957/58 nicht mehr zum Trocknen von Netzen, sondern als Stellplatz für Kraftfahrzeuge genutzt. Im Übrigen verteidigen die Beigeladenen zu 2, 3 und 4 das angefochtene Urteil.

Die Beigeladenen zu 1 und 5 stellen keinen Antrag. Sie haben sich nur zu den Vergleichsvorschlägen geäußert.

4. Der Senat hat am 19. Juli 2006 einen Augenschein durchgeführt und am 19. Juni 2007 sowie am 15. April 2008 mündlich verhandelt. Mit Beschluss vom 27. Juni 2007 hat der Senat den Beteiligten einen Vergleich vorgeschlagen. Der Kläger, der Beklagte und die Beigeladene zu 5 stimmten zu; die Beigeladenen zu 1 bis 4 äußerten Änderungswünsche. Den darauf ausgearbeiteten Entwurf für einen geänderten Vergleichsvorschlag lehnte der Kläger ab.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die vom Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das die Klage hinsichtlich des Hauptantrages und der Hilfsanträge abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ist schon deswegen in vollem Umfang zu bestätigen, weil die Klage während des Berufungsverfahrens unzulässig geworden ist.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren ein Klagerücknahmeversprechen abgegeben (1.). Die gegen dessen Wirksamkeit ins Feld geführten Gründe greifen nicht durch (2.). Die Fortführung des Prozesses trotz des wirksamen Klagerücknahmeversprechens verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die hierauf gestützte Einrede der Beigeladenen zu 3 und 4 hat die Unzulässigkeit der Klage zur Folge (3.).

1. Der Kläger hat mit der am 9. Oktober 2007 unterzeichneten „Erklärung“ gegenüber den Beigeladenen zu 3 und 4 ein „Klagerücknahmeversprechen“ (vgl. Clausing in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 92 RdNr. 9 mit weiteren Nachweisen) abgegeben. Das in seiner Wirkung einem Verzicht auf Rechtsschutz gleichkommende Klagerücknahmeversprechen ist Teil einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen dem Kläger und den Beigeladenen zu 3 und zu 4. Das (mündlich erklärte) Einverständnis dieser Beigeladenen mit einer Nutzung der „…“ für die Bauarbeiten am Haus des Klägers stellt die Gegenleistung für das Versprechen, die Klage zurückzunehmen, dar.

31Ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Klagerücknahmeversprechen ist, ebenso wie ein rechtsgeschäftlich vereinbarter Verzicht auf Rechtsschutz, statthaft. Der Senat folgt der (herrschenden) Auffassung, dass auch im Verwaltungsprozess - neben einem dem Gericht oder dem Gegner gegenüber durch Prozesshandlung erklärten Klage- bzw. Rechtsmittelverzicht - ein rechtsgeschäftlich vereinbarter Verzicht zulässig ist. Dieser ist - wie ein dem Gegner gegenüber durch Prozesshandlung erklärter Verzicht - auf dessen Einrede hin zu berücksichtigten (vgl. Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 74 RdNr. 47 ff.; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 40 RdNr. 110 ff.; Meissner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 74 RdNr. 46; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 74 RdNr. 24; vgl. BGH vom 6.3.1985 NJW 1985, 2335; vom 19.3.1991 NJW-RR 1991, 1213 [jeweils zu einem durch Prozesshandlung erklärten Verzicht]). Entsprechendes gilt für ein Klagerücknahmeversprechen, das, wenn die Klage abredewidrig aufrechterhalten wird, auf Einrede des Gegners zur Abweisung der Klage als unzulässig führt (HambOVG vom 30.5.1988 NJW 1989, 604; Clausing, a. a. O., jeweils mit weiteren Nachweisen). Dass die Zulässigkeit der Klage oder eines Rechtsmittels in diesen Fällen von einer nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede hin zu berücksichtigenden Voraussetzung abhängt, steht dem nicht entgegen. Diese Konstellation ist im Verwaltungsprozess zwar nicht die Regel; sie ist ihm aber nicht völlig fremd (Brenner, a. a. O.).

Unerheblich ist nach Auffassung des Senats, dass die Vereinbarung nicht zwischen den Hauptbeteiligten geschlossen wurde, sondern zwischen dem Kläger und zwei - notwendig (§ 65 Abs. 2 VwGO) - Beigeladenen. Der Kläger kann im Rahmen von § 92 VwGO über den Prozess verfügen. Diese Befugnis schließt das Recht zu einer außergerichtlichen Vereinbarung über eine Beendigung des Rechtstreits ein. Unter der Voraussetzung, dass das Mitwirkungsrecht des Beklagten (sowie eines Vertreter des öffentlichen Interesses) gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO gewahrt wird (dazu im Folgenden unter 3.), ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund es dem Kläger verwehrt sein sollte, eine solche Vereinbarung mit einem Beigeladenen zu treffen und diesem damit die Befugnis einzuräumen, der abredewidrig aufrecht erhaltenen Klage - als Verteidigungsmittel im Sinne von § 66 Satz 1 VwGO - die Einrede entgegenzuhalten, dass sich der Kläger treuwidrig (§ 242 BGB) verhält.

Die „Erklärung“ vom 9. Oktober 2006 entspricht den inhaltlichen Anforderungen an ein Klagerücknahmeversprechen. Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr aber nicht zu.

Die inhaltlichen Anforderungen an ein Klagerücknahmeversprechen entsprechen denen an einen Verzicht auf Rechtsschutz. Eine Erklärung darf nur dann als Klage- oder Rechtsmittelverzicht angesehen kann, wenn der Wille, keine Klage zu erheben bzw. eine erhobene Klage nicht aufrechtzuerhalten, klar und deutlich zum Ausdruck kommt. Dies gilt nicht nur für einen durch Prozesshandlung erklärten Verzicht (hierzu: BGH vom 6.3.1985 NJW 1985, 2335), sondern auch für den rechtsgeschäftlich vereinbarten. Diesen Anforderungen entspricht die „Erklärung“. Um das Einverständnis der am 9. Oktober 2006 anwesenden Beigeladenen zu 3 bis 4 (und damit offenbar auch das Einverständnis der Beigeladenen zu 1 und 2) mit einer Nutzung der „…“ im Rahmen der ab dem 9. Oktober 2006 geplanten Bauarbeiten an seinem Haus zu erreichen, hat der Kläger den „Bedingungen“, dass das Verwaltungsstreitverfahren sofort eingestellt wird und dass er die Kosten des Verfahrens trägt, „zugestimmt“. Da diese „Bedingungen“ genau den Folgen entsprechen, die im Fall einer Klagerücknahme kraft Gesetzes eintreten (vgl. § 92 Abs. 3 Satz 1, § 155 Abs. 2 VwGO), eine Auslegung als Klagerücknahme aber nicht in Betracht kommt, weil eine Rücknahme gegenüber dem Gericht erklärt werden muss, liegt es nahe, in der Erklärung ein Klagerücknahmeversprechen zu sehen. Indem der Kläger dem Eintritt der in § 92 Abs. 3 Satz 1, § 155 Abs. 2 VwGO normierten Rechtsfolgen „zugestimmt“ hat, hat er sich verpflichtet, die Prozesshandlung vorzunehmen, die diese Folgen auslöst.

Eine andere Auslegung der „Erklärung“ kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Es handelt sich nicht um einen außergerichtlichen Klageverzicht entsprechend § 173 VwGO in Verbindung mit § 306 ZPO. Der Kläger hat nicht erklärt, dass der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Einschreiten gegen den Parkplatz nicht bestehe (vgl. Clausing, a. a. O., § 92 RdNr. 10), sondern sich nur verpflichtet, die Klage nicht aufrecht zu erhalten. Erst recht hat der Kläger nicht auf materielle Abwehrrechte gegen die Nutzung der „…“ als Parkplatz verzichtet.

2. Das Klagerücknahmeversprechen ist wirksam.

Ein Klagerücknahmeversprechen muss - wie ein rechtsgeschäftlich vereinbarter Klageverzicht - den Vorschriften des materiellen Rechts entsprechen (Brenner in Sodan/ Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 74 RdNr. 50; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 40 RdNr. 114 jeweils mit weiteren Nachweisen [zum Klageverzicht]). Dem genügt die Erklärung vom 9. Oktober 2006. Die Einwände des Klägers gegen ihre Wirksamkeit greifen nicht durch.

a) Die „Erklärung“ vom 9. Oktober 2006 ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig.

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Nach § 138 Abs. 2 BGB gilt dies insbesondere für ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. Vergegenwärtigt man sich die Situation, aus der heraus die Erklärung abgegeben wurde (1), dann ist weder der Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB erfüllt (2) noch liegt ein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB vor (3).

(1) Um die Erklärung vom 9. Oktober 2006 im Hinblick auf § 138 BGB sachgerecht bewerten zu können, muss man sich die Ausgangslage und die Folgen, die eingetreten wären, wenn der Kläger die strittige Erklärung nicht abgegeben hätte, vergegenwärtigen.

Die Ausgangslage war zum einen dadurch geprägt, dass sich der Kläger wegen der Nutzung der „…“ als Parkplatz damals bereits seit rund dreieinhalb Jahren in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit den Beigeladenen zu 1 bis 4 befand, und zum anderen dadurch, dass das Einverständnis der Beigeladenen zu 1 bis 4 mit der vom Kläger gewünschten vorübergehenden Nutzung der „…“ nicht vorlag. Der Kläger hatte zwar jedenfalls mit den Beigeladenen zu 3 und 4 über die an seinem Haus geplanten Bauarbeiten und eine Nutzung der „…“ für diesen Zweck (Aufstellen eines Krans, Lagerung von Baumaterialien) gesprochen; er hatte aber nicht das Einverständnis der Miteigentümer mit dieser Nutzung erhalten. Es kann offen bleiben, welchen Inhalt das hierüber mit dem Beigeladenen zu 3 und dessen Sohn geführte Vorgespräch im Einzelnen hatte. Feststeht jedenfalls, dass der Beigeladene zu 4 den Kläger an seinen Bevollmächtigten verwiesen hatte und dass das mit diesem geplante Gespräch - aus welchen Gründen auch immer - vor dem 9. Oktober 2006 nicht zustande gekommen war. Letzteres hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 15. April 2008 bestätigt. Hinzukommt, dass der Beigeladene zu 2 nach seinem nicht bestrittenen Vorbringen (Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4.6.2007, Seite 3) in einem kurz vor dem 9. Oktober 2008 geführten Telefongespräch mit dem Kläger die Zustimmung verweigert und auf die vorrangig beizulegende Auseinandersetzung wegen der Parkplatznutzung verwiesen hatte. Schließlich lag auch das Einverständnis des Beigeladenen zu 1 nicht vor. Dass sich dieser an dem Verfahren nur beteiligt hat, soweit seine Interessen als Miteigentümer unmittelbar berührt waren (vgl. das Schreiben vom 15.7.2007), ließ nicht den Schluss zu, dass der Beigeladene zu 1 gegen eine vorübergehende Nutzung seines Miteigentums durch den Kläger nichts einzuwenden haben würde.

Wenn sich die Beigeladenen zu 3 und 4 am 9. Oktober 2006 nicht (offenbar auch im Namen der Beigeladenen zu 1 und 2) damit einverstanden erklärt hätten, dass der Kran auf der „…“ aufgestellt werden darf, hätte dies vor allem zur Folge gehabt, dass der Kläger die Baustelle vollständig auf seinem Grundstück hätte einrichten müssen. Dass dies möglich gewesen wäre, stellt der Kläger nicht in Abrede. Zu den hiermit verbundenen weiteren Beeinträchtigungen des Grundstücks und sonstigen Unannehmlichkeiten, die der Kläger durch die Nutzung der „…“ vermeiden wollte, wäre ein finanzieller Schaden gekommen. Dieser wäre dadurch entstanden, dass die Baufirma den Zeitaufwand für die Umorganisation der Baustelle gesondert in Rechnung gestellt hätte. Dass sich dieser Schaden in einer – jedenfalls in Relation zu den Kosten, die üblicherweise bei einer, wie die vorgelegten Fotografien zeigen, umfangreichen Dachsanierung anfallen – überschaubaren Größenordnung gehalten hätte, ergibt sich aus der Rechnung vom 27. Dezember 2007, die der Kläger zum Nachweis des Schadens vorgelegt hat, der ihm „durch die anfängliche Blockade“ (Schriftsatz der Bevollmächtigten des Klägers vom 8.3.2007) der Beigeladenen zu 3 und 4 entstanden sei. Danach hat die Zimmerei für die Wartezeit am 9. Oktober 2006 insgesamt 928,20 Euro in Rechnung gestellt.

(2) Vor diesem Hintergrund betrachtet verstößt die Vereinbarung nicht gegen § 138 Abs. 2 BGB.

Der „Wuchertatbestand“ des § 138 Abs. 2 BGB setzt ein Austauschverhältnis, ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, eine Zwangslage und deren Ausbeutung durch den Partner des Rechtsgeschäfts voraus (Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 138 RdNr. 143). Danach liegt jedenfalls kein Verstoß gegen § 138 Abs. 2 BGB vor, weil die Beigeladenen zu 3 und 4 den Kläger nicht unter Ausnutzung einer Zwangslage zu der strittigen Erklärung veranlasst haben; vielmehr haben sie eine mit überschaubaren finanziellen Nachteilen verbundene Verlegenheit, in die sich der Kläger selbst gebracht hatte, genutzt, um eine Beendigung des Prozess herbeizuführen.

Zwar setzt eine Zwangslage nicht voraus, dass der Betroffene in seiner Existenz bedroht ist; es genügt jede ernsthafte Bedrängnis, die schwere Nachteile wirtschaftlicher Art oder für wichtige immaterielle Werte erwarten lässt. Diese Dimension hatte die Situation, aus der heraus der Kläger die „Erklärung“ abgeben hat, aber nicht. Der Kläger befand sich nur insofern in Bedrängnis, als der Eintritt des bereits angesprochenen überschaubaren „Verzögerungsschadens“ drohte. Die Durchführung der Bauarbeiten war nicht in Frage gestellt. Hinzu kommt - dies darf unter den gegebenen Umständen nicht außer Acht gelassen werden -, dass sich der Kläger den Eintritt der „Zwangslage“ selbst zuzuschreiben hatte. Die Vorgeschichte lässt nur den Schluss zu, dass der Kläger darauf vertraut hatte, dass die Beigeladenen zu 1 bis 4, vor allem der in der Nachbarschaft wohnende und seine Segelschule betreibende Beigeladene zu 3 und der Beigeladene zu 4, letztlich nicht auf ihren Eigentumsrechten beharren würden, wenn die Baumaschinen anrücken. Dieses Vertrauen war jedoch vor dem Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Parkplatznutzung nicht schutzwürdig. Aus demselben Grund erscheint es lebensfremd, wenn sich der Kläger davon überrascht zeigt, dass die Beigeladenen zu 1 bis 4 „die Handhabung, die sie sonst gegenüber allen anderen Grundstücksanliegern gewähren, im Fall des Klägers ablehnen“ (Schriftsatz der Bevollmächtigten des Kläger vom 26.3.2008, Seite 6). Selbst wenn es eine solche „Handhabung“ gegenüber anderen Anliegern gegeben haben sollte - die Beigeladenen zu 2 bis 4 bestreiten dies -, durfte der Kläger angesichts des laufenden Verwaltungsprozesses nicht darauf vertrauen, dass die Beigeladenen ihm gegenüber stillschweigend dasselbe Entgegenkommen zeigen würden.

(3) Die Vereinbarung vom 9. Oktober 2006 verstößt auch nicht aus anderen Gründen gegen die guten Sitten.

Ob ein Rechtsgeschäft den Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB erfüllt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung zu entscheiden. Ausschlaggebend ist der „aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmende Gesamtcharakter“ (BGH vom 19.1.1989 BGHZ 106, 269 = NJW 1989, 830 [ständige Rechtsprechung; weitere Nachweise bei Armbrüster, a. a. O.; § 138 RdNr. 30]). Bei den Kriterien, im Hinblick auf die ein Rechtsgeschäft sittenwidrig sein kann, werden bestimmte Fallgruppen unterschieden (Überblick bei Armbürster, a. a. O., RdNrn. 33 ff.). Bei der Vereinbarung zwischen dem Kläger und den Beigeladenen zu 3 und 4 kommt das Kriterium einer „schweren Äquivalenzstörung“, also eines groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, in Betracht. Ein solches Missverhältnis besteht nach Auffassung des Senats jedoch nicht.

Zwar sind die Leistung des Klägers, das Klagerücknahmeversprechen, und die Gegenleistung der Beigeladenen zu 1 bis 4, das Einverständnis mit einer Nutzung der „…“, insofern nicht gleichgewichtig, als es in dem Klageverfahren aus der Sicht des Klägers um ein Einschreiten gegen langfristig wirkende Störungen und Belästigungen durch die Nutzung der „…“ als Parkplatz ging, während das Zugeständnis der Beigeladenen zu 1 bis 4, das sich der Kläger mit dem Klagerücknahmeversprechen „erkauft“ hat, nur eine zeitlich begrenzte Inanspruchnahme fremden Eigentums betraf. Die Bedeutung dieses Unterschieds zwischen den beiden nicht unmittelbar miteinander vergleichbaren Leistungen relativiert sich jedoch, wenn man sich die rechtlichen Auswirkungen des Klagerücknahmeversprechens vor Augen hält. Diese entsprechen denen, die sich ergeben hätten, wenn der Kläger die Klage vereinbarungsgemäß zurückgenommen hätte. Das bedeutet vor allem, dass die materiellrechtliche Lage nicht berührt wird. Der Kläger hat nicht auf einen Anspruch auf bauaufsichtliches oder immissionsschutzrechtliches Einschreiten verzichtet (ob und in welchem Umfang ihm ein solcher Anspruch zusteht, bleibt allerdings offen, weil über die Begründetheit der Klage nicht zu entscheiden ist). Da mit einer Verpflichtung zur Klagerücknahme nicht im Sinn von § 173 VwGO in Verbindung mit § 306 ZPO auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch verzichtet wird (vgl. auch § 87 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO), wäre der Kläger – soweit nicht andere Zulässigkeitsvoraussetzungen entgegenstehen – auch nicht gehindert, erneut Klage zu erheben.Nicht berührt wird im Übrigen auch die Verpflichtung des Landratsamts, von Amts wegen einzuschreiten, soweit dies bei pflichtgemäßer Ermessensausübung wegen der mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmenden formellen (Genehmigungspflicht der nach den Angaben der Beigeladenen zu 3 und 5 etwa Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts durchgeführten Befestigung der „…“ für die Parkplatznutzung?) und der für die Nachtzeit auch vom Beklagten eingeräumten materiellen Illegalität der Nutzung angezeigt erscheint.

b) Auch die vom Kläger vorsorglich gegenüber dem Gericht und damit – mittelbar – auch gegenüber den Beigeladenen zu 3 und 4 – erklärte Anfechtung des Klagerücknahmeversprechens wegen widerrechtlicher Drohung greift nicht durch. Der Tatbestand des § 123 Abs. 1 Alternative 2 BGB ist nicht erfüllt.

Mit der „Drohung“, dass der Kläger die „…“ nicht für seine Baustelle nutzen darf, haben die Beigeladenen zu 3 und 4 kein widerrechtliches Mittel eingesetzt. Wer als Eigentümer einem nichtberechtigten Dritten die Nutzung seines Eigentums verwehrt, verhält sich nicht illegal, sondern beruft sich auf das ihm nach § 903 BGB zustehende Recht. Dasselbe gilt für den Zweck, den die Beigeladenen zu 3 und 4 mit ihrer Drohung erreichen wollten. Der Kläger sollte nicht zu einer verbotenen Handlung veranlasst werden, sondern zur Rücknahme der die Beigeladenen zu 1 bis 4 belastenden Klage auf Verpflichtung des Freistaates Bayern zu einem Einschreiten gegen die Nutzung der „…“ als Parkplatz.

Die Drohung ist auch nicht deswegen widerrechtlich, weil es unter den gegebenen Umständen unangemessen erscheint, das an sich erlaubte Mittel (Ausübung der Eigentümerbefugnisse) für den für sich gesehen nicht verbotenen Zweck (Beendigung des Prozesses) einzusetzen. Ob die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 Alternative 2 BGB wegen eines Missverhältnisses zwischen Mittel und Zweck erfüllt sind, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach den Kriterien von Treu und Glauben zu entscheiden (Krämer in Münchner Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 123 RdNr. 43 mit weiteren Nachweisen). Nach diesem Maßstab hält es der Senat vor allem im Hinblick auf die vorstehend im Zusammenhang mit § 138 Abs. 1 BGB im Einzelnen dargelegten begrenzten Folgen, die eine Klagerücknahme bzw. ein Klagerücknahmeversprechen hat, nicht für - im Sinne einer „Verletzung des Anstandsgefühls aller gerecht und billig Denkenden“ (BGH vom 06.05.1982 NJW 1982, 2301) - widerrechtlich, dass die Beigeladenen zu 3 und 4 ihr Einverständnis mit einer Nutzung ihres Eigentums von einer Rücknahme der Klage abhängig gemacht haben.

3. Die trotz des wirksamen Klagerücknahmeversprechens aufrechterhaltene Klage ist unzulässig geworden.

Wird eine außergerichtlich vereinbarte Verpflichtung zur Klagerücknahme nicht eingehalten, so ist die Weiterverfolgung der Klage als dem Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende Ausübung des Prozessrechts unzulässig, wenn sich der Gegner auf die Verpflichtung beruft (BVerwG vom 13.01.1982 Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 6; HambOVG vom 30.5.1988 a. a. O.). Letzteres ist der Fall. Der Beigeladene zu 4 hat die Einrede, dass der Kläger im Rahmen einer Vereinbarung auf die Fortführung der Klage verzichtet habe, mit einem Schriftsatz seines Bevollmächtigten sinngemäß noch an dem Tag erhoben, an dem die „Erklärung“ unterzeichnet wurde. Der Beigeladene zu 3 hat die Einrede zwar nicht ausdrücklich erhoben. Er hat aber keinen Zweifel daran gelassen, dass er die Einwände des Klägers gegen die Wirksamkeit der „Erklärung“ für unbegründet hält (Schriftsatz der Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 2 und 3 vom 14.12.2006), und in den mündlichen Verhandlungen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich der Kläger seine „Erklärung“ entgegenhalten lassen müsse. Die Beigeladenen zu 3 und 4 durften die Einrede auch unabhängig von den anderen Miteigentümern (= Beigeladenen zu 1 und 2) erheben (vgl. § 1011 BGB). Abgesehen davon ist anzunehmen, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 das Vorgehen der Beigeladenen zu 3 und 4 gebilligt haben.

Es kann dahinstehen, ob die Rechtsfolge der Einrede, nämlich die Unzulässigkeit der Klage, bei einem Klagerücknahmeversprechen, das nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung bzw. - wie hier - in der Rechtsmittelinstanz gegenüber einem Beigeladenen abgegeben wurde, in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur eintritt, wenn der Beklagte einwilligt. Auch wenn man dies annimmt, wäre die Klage unzulässig geworden. Es ist anerkannt, das die Einwilligung gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch konkludent erteilt werden kann (Schmid in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 92 RdNr. 18; Clausing, a. a. O., § 92 RdNr. 30; jeweils mit weiteren Nachweisen). Eine konkludente Einwilligung liegt vor. Der Beklagte hat am Ende der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2008, in der auch mögliche Folgen der „Erklärung“ vom 9. Oktober 2006 für die Zulässigkeit der Klage erörtert wurden, ohne Einschränkung die Zurückweisung der Berufung beantragt. Das lässt den Schluss zu, dass der Beklagte nichts einzuwenden hat, wenn die Berufung - ohne sachliche Prüfung des Begehrens des Klägers - deswegen zurückgewiesen wird, weil die Klage unzulässig geworden ist.

4. Der Kläger hat die Kosten zu tragen, weil sein Rechtsmittel keinen Erfolg hat (154 Abs. 2 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2, 3 und 4 werden für erstattungsfähig erklärt (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil diese Beigeladenen einen Antrag gestellt haben und sich damit dem Risiko ausgesetzt haben, Kosten auferlegt zu bekommen (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladenen zu 1 und 5 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil sie keinen Antrag gestellt haben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).