Bayerisches LSG, Urteil vom 29.04.2008 - L 8 AL 304/07
Fundstelle
openJur 2012, 91360
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. August 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) vom 01.05.2001 bis 23.07.2001 und die Minderung der Anspruchsdauer; die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit.

Der Kläger war vom 01.01.2000 bis 30.04.2001 als System - und Netzwerkadministrator bei der Firma N. (N.) zuletzt zu einem Monatsgehalt von 10.833,33 DM brutto beschäftigt. Er hatte laut Arbeitsvertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden ohne festgelegte Arbeitszeiten abzuleisten. Am 01.03.2001 trat Herr T. Q. (Q) als Geschäftsführer bei N ein und war Vorgesetzter eines Teams von 10 bis 12 Mitarbeitern, dem auch der Kläger zugeteilt war. Der Kläger war für die Administration der E-mail-Server und die Sicherheit des Netzwerkes zuständig. Nachdem es zu Spannungen aufgrund angeblich fehlender Arbeitsleistung des Klägers, unentschuldigten Fehlens und Nichteinhaltung der vertraglich festgehaltenen Arbeitszeit zwischen dem Kläger und Q gekommen war, wurde das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag vom 29.03.2001 zum 30.04.2001 beendet. N gab als Beendigungsgrund in der Arbeitsbescheinigung an, dass vertragswidriges Verhalten des Klägers (unentschuldigtes Fehlen, Arbeitsverweigerung) zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag geführt habe.

Mit Bescheid vom 03.09.2001 stellte die Beklagte eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Zeitraum vom 01.05.2001 bis 23.07.2001 sowie die Minderung des Alg Anspruchs um 84 Tage fest. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis bei N zum 30.04.2001 durch Aufhebungsvertrag vom 29.03.2001 beendet. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2002 zurück, nachdem sie dem Kläger Alg ab 24.07.2001 bewilligt und die Leistung am 07.09.2001 wegen Arbeitsaufnahme eingestellt hatte.

Gegen den Bescheid vom 03.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2002 erhob der Kläger am 02.04.2002 Klage zum Sozialgericht München - SG -, das Q als Zeugen vernahm. Wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.08.2007 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 17.08.2007 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Abschluss eines Aufhebungsvertrages löse den Eintritt einer Sperrzeit aus, wenn kein wichtiger Grund vorliege. Einen solchen habe das Gericht nicht ermitteln können (zum Beispiel unberechtigte Vorwürfe durch den Arbeitgeber, Nichtzahlung oder unpünktliche Zahlung von Lohn, Nichtgewährung von Urlaub usw.). Der Kläger hätte die arbeitgeberseitige Kündigung abwarten und dagegen vorgehen müssen. Der Kläger habe den Aufhebungsvertrag drei Tage, nachdem er ihm von N übergeben worden sei, unterschrieben zurückgegeben.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und im Erörterungstermin vom 17.01.2008 ausgeführt, das Original des Aufhebungsvertrages sei auch am 29.03.2001 unterzeichnet worden. Der Senat hat die Personalakte des Klägers von der Firma N beigezogen. In diesem Zusammenhang hat Q mit Schreiben vom 05.03.2008 nochmals zu angeblichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen Stellung genommen. Der Kläger habe ganz klare Arbeitsverweigerung begangen und nicht korrekt gearbeitet, so dass ein Ausscheiden aus dem Unternehmen angezeigt gewesen sei, was er aus freien Stücken mit der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages dokumentiert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. August 2007 sowie den Bescheid vom 3. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2002 aufzuheben bzw. abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 30. April 2001 bis zum 23. Juli 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und der den Kläger betreffenden Personalakten der N Bezug genommen.

Gründe

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2002, mit dem die Beklagte das Vorliegen einer Sperrzeit vom 01.05.2001 bis 23.07.2001 und eine Minderung des Alg-Anspruchs um 84 Tage festgestellt hat, ist rechtmäßig.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, nachdem der Kläger diesen im Erörterungstermin vom 17.01.2008 entsprechend begrenzt hat, nur noch die von der Beklagten festgestellte Sperrzeit samt Minderung seines Anspruchs auf Alg. Der Kläger begehrt einerseits die Aufhebung des Sperrzeit- und Minderungsbescheids (Anfechtung), daneben aber auch die ungeminderte Bewilligung bereits ab 01.05.2001 (Leistung), auf die bei Wegfall des genannten Bescheids ein Anspruch bestünde. Damit ist zugleich streitgegenständlich der Bescheid betreffend die Bewilligung von Alg (erst) ab 24.07.2001, der mit dem Sperrzeitbescheid eine rechtliche Einheit bildet (vgl. ua BSG 17.10.2007 B 11a AL 51/06 R, BSGE 84, 270, 271 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 19; BSG, Urteil vom 09.02.2006, B 7a/7 AL 48/04 R; BSGE 96, 64 = SozR 4-4300 § 143a Nr. 1, RdNr. 12; ferner Eicher in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 Rn. 9 mwN). Aus diesem Klageziel ergibt sich die Statthaftigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.

Das SG hat die Aufhebung bzw. Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide zu Recht abgelehnt, weil die Beklagte zutreffender Weise vom Eintritt einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgegangen ist und demzufolge zu Recht unter Annahme einer Minderung der Anspruchsdauer um ein Viertel (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III) die Gewährung von Alg für die Zeit vom 01.05.2001 bis 23.07.2001 abgelehnt hat.

In Betracht kommt nur eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997, BGBl I 594); insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine Arbeitgeberkündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens ausgesprochen wurde (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. SGB III). Eine Sperrzeit im Sinne der 1. Alternative des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III tritt ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginnt nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift mit dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, also in Anwendung des Abs. 1 Nr. 1 mit dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit. Während der Sperrzeit ruht der Alg-Anspruch (Abs. 2 Satz 2). Nach § 144 Abs. 3 SGB III beträgt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 die Dauer der Sperrzeit zwölf Wochen (Regelsperrzeit), wenn keine Härte (Abs. 3) vorliegt.

Diese gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen, beginnend ab 01.05.2001, sind erfüllt. Der Kläger hat sein Beschäftigungsverhältnis mit N durch Aufhebungsvertrag gelöst. Der Arbeitnehmer löst das Beschäftigungsverhältnis im Sinne der vorgenannten Vorschrift, wenn er einen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Vertrag schließt (BSGE 77, 48, 50 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 9; BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 24 mwN). Dies ist hier nach den abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen eindeutig der Fall und im Übrigen zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Abschluss des Aufhebungsvertrages steht zur vollen Überzeugung fest aufgrund der Aussage des Zeugen Q vor dem SG und aufgrund seiner schriftlichen Angaben, an deren diesbezüglicher Richtigkeit der Senat keinen Zweifel hat, und aufgrund der Einlassungen des Klägers selbst, soweit ihnen gefolgt werden kann. Zwar divergieren die Angaben bezüglich des Datums der Vertragsunterzeichnung - der Kläger geht von einem Aufhebungsvertrag vom 29.03.2001 aus, Q gibt an, dass der Kläger den Vertrag am 09.04.2001 unterschrieben zurückgegeben hat. Übereinstimmend ergibt sich jedoch - was für das Tatbestandsmerkmal der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses allein von Relevanz ist - die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei N zum 30.04.2001. Dabei ist nicht entscheidend, von wem die Initiative zur einverständlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen ist und in wessen Interesse sie liegt. Wesentlich ist, dass der Arbeitslose - wie vorliegend der Kläger - seine Zustimmung zu der ihm angetragenen Vereinbarung gegeben und damit eine Ursache für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gesetzt hat (vgl. BSG 12.04.1984 - 7 RAr 28/83 - SozSich 84, 388). Der Abschluss des Aufhebungsvertrages stellt auch den "tatsächlichen Grund" für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Der Kläger hat durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag eine wesentliche Ursache zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gesetzt (vgl. dazu BSG vom 18.12.2003, B 11 AL 35/03 R juris Rn. 18 f; BSGE 89, 243, 245 = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8), was die Annahme der zweiten Alternative des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III ausschließt.

Das SG ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag die spätere Arbeitslosigkeit wenigstens grob fahrlässig herbeigeführt hat (vgl. dazu BSGE 91, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 3 RdNr. 7). Denn der Kläger hat den fraglichen Aufhebungsvertrag abgeschlossen, ohne konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz zu haben. Dadurch hat der Kläger grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Es hätte ihm ohne weiteres einleuchten müssen, dass mangels Anschlussarbeitsverhältnis Arbeitslosigkeit eintreten könnte.

Der Kläger kann sich für sein Verhalten, einen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses führenden Vertrag zu schließen, auch nicht mit Erfolg auf einen wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitregelung berufen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Risikofällen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. ua BSGE 90, 90, 93 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 9 RdNr. 10; SozR 4-4300 § 144 Nr. 14 RdNr. 19; jeweils mwN). Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss vielmehr objektiv gegeben sein (vgl. ua SozR 4-4300 § 144 Nr. 14 RdNr. 19 mwN). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt es bei Arbeitsaufgabe darauf an, ob Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst sein Interesse in unbilliger Weise geschädigt würde (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 17 S. 80 f).

Hier konnte dem Kläger ein anderes Verhalten, nämlich die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zugemutet werden. Der Kläger hatte kein für einen wichtigen Grund ausreichendes Interesse am Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Umgekehrt hätte es dem überwiegenden Interesse der Versichertengemeinschaft und auch des Klägers selbst entsprochen, das Beschäftigungsverhältnis bei N fortzusetzen. Insbesondere sind keine Umstände erkennbar, aus denen sich eine Unzumutbarkeit des Abwartens einer - noch gar nicht konkret drohenden - arbeitgeberseitigen Kündigung ergeben könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Arbeitnehmer grundsätzlich zuzumuten ist, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (BSG Urteil vom 25.04.2002, B 11 AL 100/01 R = DBlR 4759 a § 144 SGB III, SozR 3-4300 § 144 Nr. 12).

Solche besonderen Umstände können zum Beispiel gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer eine nach Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und er durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des ArbGeb für sein berufliches Fortkommen ergeben (dazu BSG vom 25.04.2002, B 11 AL 65/01 R). Dem Kläger drohte vorliegend zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages keine Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grunde. Dass dem Kläger eine personen- oder betriebsbedingte Kündigung gedroht hätte, ergibt sich weder aus den Akten der Beklagten noch aus den beigezogenen Personalakten der Fa. N. Auch das Vorbringen des Klägers selbst bietet für eine solche Annahme - wie die folgenden Ausführungen zum Inhalt der Personalakte belegen - keinerlei Anhaltspunkte. Die Rechtsprechung zum Drohen einer objektiv rechtmäßigen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung (dazu BSG vom 18.12.2003, B 11 AL 35/03 juris Rn. 25) lässt sich nach alledem auf den vorliegenden Fall nicht anwenden.

Auch sonstige Gründe, die eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bei N begründen könnten, sind nicht gegeben. Insofern können zwar alle Gründe, die die Weiterbeschäftigung unzumutbar machen, wichtige Gründe im Sinne des Sperrzeitrechts sein (Gagel, SGB III, Kommentar, Stand 2007, § 144 Rn. 43). Für das Vorliegen solcher Gründe sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Insbesondere steht - wie schon ausgeführt - zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages - aus anderen als personen- oder betriebsbedingten Gründen - keine Kündigung drohte. Die entsprechende volle Überzeugung des Senats gründet auf den Angaben des Q und des Klägers selbst sowie auf dem Inhalt der beigezogenen Personalakten des Klägers. Nach dem im Aufhebungsvertrag ausgewiesenen Datum und nach den glaubhaften Angaben des Klägers selbst wurde das Original des Aufhebungsvertrages bereits am 29.03.2001 unterzeichnet. Die - vom SG insofern unzutreffender Weise zugrunde gelegten - Angaben des Q, nach denen der Aufhebungsvertrag erst später vom Kläger zurückgegeben wurde, stehen hierzu im Widerspruch; diese Angabe kann den Beweiswert der eindeutigen Datierung des Vertrages und der glaubhaften Angaben des Klägers jedoch nicht in einem die volle Überzeugung ausschließenden Maße erschüttern. Zu dem für die Beurteilung des wichtigen Grundes maßgeblichen Zeitpunkt der Auflösung des Vertrags am 29.03.2001 lagen keine Umstände vor, die die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses unzumutbar gemacht hätten. Umgekehrt war eine Fortsetzung möglich, wie sich zur vollen Überzeugung insbesondere aus den Ausführungen des Q zur Fortsetzungsmöglichkeit des Beschäftigungsverhältnisses ergibt. An der Richtigkeit dieser Angaben hat der Senat keine Zweifel. Auch der Inhalt des in ausgedruckter Form in den Personalakten befindlichen Schriftverkehrs zwischen Q und dem Kläger belegt die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Zwar hatte Q den Kläger mit e-mail vom 24.03.2001 sinngemäß zu einer Änderung seiner Arbeitseinstellung aufgefordert. Dann vereinbarten die Genannten jedoch auf Bitte des Klägers ein Personalgespräch für den 29.03.2001 (e-mail des Klägers vom selben Tage, 00.23 Uhr), der Q mit den Worten "ich würde mich freuen, wenn wir uns heute noch sehen könnten ich denke wir haben einiges zu besprechen.. auf ein gutes Gespräch" nachkam. (e-mail des Q vom 29.03.2001, 10.40 Uhr). Der Inhalt dieser e-mail-Schreiben zeigt, dass am 29.03.2001 keine Kündigung, insbesondere keine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen drohte und dass die Angaben des Q zu einer Möglichkeit der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zutreffen. Auch wenn zum Ausdruck kommt, dass der damals neu bei N eingetretene Geschäftsführer Q mit den Leistungen des Klägers nicht zufrieden war, ergeben sich aus dem sonstigen in den Personalakten enthaltenen e-mail-Verkehr aus dem hier relevanten Zeitrum keine objektivierbaren Aspekte, die auf eine konkret bevorstehende Kündigung oder eine aus sonstigen Gründen gegebene Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei N schließen lassen. Insbesondere war noch nicht einmal eine für eine verhaltensbedingte Kündigung erforderliche Abmahnung ausgesprochen worden.

Auch aus den angeblichen Abwesenheitszeiten ergeben sich keine objektivierbaren Aspekte bezüglich einer vor dem 29.03.2001 bevorstehenden Kündigung. Insofern ist hier zu berücksichtigen, dass den Kläger laut Arbeitsvertrag keine Pflicht zur Anwesenheit zu bestimmten Zeiten traf. Geregelt war lediglich der zeitliche Umfang der Arbeitsleistung, ohne dass die Lage der Arbeitszeit konkret feststand. Hätte N also auf "Abwesenheitszeiten" eine Kündigung stützen oder auch nur konkret androhen wollen, wäre zunächst eine Konkretisierung der Arbeitszeiten geboten gewesen, um arbeitsvertragliche Konsequenzen ziehen zu können. Auch aus dem Vorbringen des Klägers selbst ergibt sich nichts anderes; er vertritt ja gerade die Meinung, dass ein Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung nicht gegeben war. Auch insofern erscheint das Verhalten des Klägers hinsichtlich des Abschlusses des Aufhebungsvertrages als nicht verständlich oder nachvollziehbar. In den Personalakten wird ein angebliches unerlaubtes Fehlen zudem erst nach dem Abschluss des Aufhebungsvertrages thematisiert, und zwar in einer so allgemein gehaltenen Weise, dass sich hierauf eine volle Überzeugung von dem Vorliegen arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen keinesfalls gründen lässt. Entsprechendes gilt für die allgemein gehaltenen sonstigen Ausführungen des Q zu einem angeblichen Fehlverhalten des Klägers.

Der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit war nach alledem durch die zumutbare Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei N zu vermeiden. Der Kläger hätte das Beschäftigungsverhältnis über den 30.04.2001 hinaus fortsetzen müssen. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Sperrzeit überwiegt das Interesse der Versichertengemeinschaft, ein wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger liegt nicht vor.

Das gefundene Ergebnis entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung des § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte - wie hier - selbst zu vertreten hat (BSG vom 18.12.2003, B 11 AL 35/03 juris Rn. 21; BSGE 67, 26, 29 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 3; BSGE 69, 108, 112 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 6; BSGE 84, 225, 230 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 17). Denn die Vorschrift begrenzt das versicherte Risiko, wenn der Versicherungsfall durch den Leistungsempfänger herbeigeführt wird (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15 S. 65; BSGE 84, 270, 275 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 19; Eicher, SGb 2005, 553); sie normiert - ähnlich den Vorschriften in anderen Sozialversicherungsbereichen - einen Leistungsausschlusstatbestand trotz Eintritts des Versicherungsfalls (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15 S. 65; BSG vom 15.12.2005, B 7a AL 46/05 R juris Rn. 20).

Die vom Kläger angeregte Einvernahme des Dr. M. war zur Aufklärung des Sachverhalts nicht geboten, da die damit sinngemäß angesprochene Beweisfrage einer seitens des Klägers nicht durchgeführten Datenspionage als wahr unterstellt werden konnte. Eine andere Beurteilung der Rechtslage ergibt sich daraus, insbesondere was die vorstehenden Ausführungen zum wichtigen Grund z.B. in Bezug auf betriebsbezogene Aspekte für eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses betrifft, nicht. Auch der Kläger hat Dr. M. insofern nicht als Zeugen angeboten, etwa dafür, dass es sich um eine betriebsbezogene Kündigung handelt.

Ein für den Kläger günstigeres Ergebnis würde sich im vorliegenden Rechtsstreit auch dann nicht ergeben, wenn - wovon der Senat nicht ausgeht - ein schwerwiegendes vertragswidriges Fehlverhalten des Klägers im Sinne der von Q geäußerten unentschuldigten Fehlzeiten gegeben wäre. Wäre ein solcher Fall anzunehmen, könnte sich der Kläger von vornherein nicht darauf berufen, dass ihm eine Arbeitgeberkündigung gedroht hätte, da er dieser durch seine Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag zuvorgekommen ist und keine Gründe ersichtlich sind, die die Hinnahme einer solchen Kündigung als unzumutbar erscheinen lassen. Wird nämlich mit dem Aufhebungsvertrag eine rechtmäßige Kündigung wegen einer Arbeitsvertragsverletzung abgewendet, ergibt sich hieraus kein wichtiger Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (Gagel, SGB III, Kommentar, Stand 2007, § 144 Rn. 43); ein wichtiger Grund liegt nicht vor, wenn arbeitsvertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geführt hat (Niesel, SGB III, Kommentar, 3. Aufl. 2005, § 144 Rn. 128). Denn ein schwerwiegendes vertragswidriges Fehlverhalten, das eine Sperrzeit nach Nr. 1 begründen kann, kann nicht durch andere Umstände gerechtfertigt werden, so dass ein vorwerfbares Fehlverhalten entfallen würde (Kunze VSSR 1997, 259, 294).

Rechtmäßig ist schließlich auch die im Bescheid vom 03.09.2001 erfolgte deklaratorische Feststellung einer Minderung des Alg-Anspruchs um 84 Tage. Gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe, in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht. Der die Anspruchsminderung regelnde § 128 Abs 1 Nr. 4 SGB III knüpft ausschließlich an den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III an. Diese tritt kraft Gesetzes ein und bedarf deshalb eines entsprechenden Ausspruchs durch Verwaltungsakt, der durch die Beklagte in deklaratorischer Weise dennoch erfolgt ist, nicht (BSG vom 06.03.2003, B 11 AL 69/02 R vom 09.09.1999 - B 11 AL 17/99 R = SozR 3-4100 § 119 Nr. 18, vom 05.11.1998 - B 11 AL 29/98 R = BSGE 83, 95, 98 = SozR 3-4100 § 120 Nr. 2 und vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R = BSGE 89, 243, 249 = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8). Im Falle des Klägers, der einen Leistungsanspruch von 336 Tagen gehabt hätte, mindert sich der Anspruch auf Alg um 84 Tage (ein Viertel von 336 Tagen), wie dies im angefochtenen Bescheid zutreffend bestimmt ist.

Im Hinblick auf die rechtsirrigen Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 29.04.2008 weist der Senat schließlich darauf hin, dass auch der Beginn der Sperrzeit von der Beklagten in zutreffender Weise festgesetzt wurde. Denn die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beginnt mit der durch die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführten Beschäftigungslosigkeit (BSG, Urteil vom 25.04.2002, B 11 AL 65/01 R juris Leitsatz 1), das ist hier der 01.05.2001.

Auch Umstände, aus denen sich - ohne den abgeschlossenen Aufhebungsvertrag - ein Ende des Beschäftigungsverhältnisses bei N während der eingetretenen Sperrzeit ergäbe, sind nicht ersichtlich.

Aus denselben Gründen, aus denen ein wichtiger Grund zu verneinen ist, liegt auch keine Härte (§ 144 Abs. 3 ) vor (BSG vom 15.12.2005, B 7a AL 46/05 R juris Rn. 11). Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass sich der Kläger über das Vorliegen eines wichtigen Grundes geirrt hätte.

Aufgrund des Unterliegens des Klägers sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten, § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die in § 160 Abs. 2 SGG genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

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