Bayerischer VGH, Beschluss vom 06.03.2008 - 11 CS 07.3451
Fundstelle
openJur 2012, 90663
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.400,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Nach den Aufzeichnungen einer Verkehrsüberwachungsanlage überschritt der Fahrer des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen A – RF 152, dessen Halter damals der Antragsteller war, am 5. April 2007 auf der im B 2 in der Nähe von Röttenbach die wegen einer Baustelle dort auf 50 km/h beschränkte Höchstgeschwindigkeit (nach Abzug eines Messabschlags) um 55 km/h. Auf die von der Verkehrsüberwachungsanlage aus diesem Anlass gefertigten Lichtbilder (Bl. 7 des beigezogenen Verwaltungsvorgangs) wird verwiesen.

Am 25. April 2007 hielt ein Beamter des Bayerischen Polizeiverwaltungsamtes in den Akten fest, der Antragsteller habe bei dieser Behörde angerufen und um Übersendung des Lichtbildes gebeten; der Anhörungsbogen werde dem Polizeiverwaltungsamt nicht mehr zugehen. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 2. Mai 2007 teilte der Antragsteller dem Polizeiverwaltungsamt seine Personalien mit und führte aus, er werde derzeit keine (weiteren) Angaben machen.

Die Polizeiinspektion Augsburg merkte am 12. Mai 2007 gegenüber dem Polizeiverwaltungsamt an, der Antragsteller sei zu einer Aussage nicht bereit gewesen. Ein bei der Führerscheinstelle der Antragsgegnerin eingeholtes Vergleichslichtbild habe ergeben, dass er nach Auffassung der Polizeiinspektion als Fahrer ausgeschlossen werden könne.

Auf Ersuchen des Polizeiverwaltungsamtes vernahm das Amtsgericht Augsburg den Antragsteller am 14. Juni 2007 als Zeugen über die am 5. April 2007 begangene Verkehrsordnungswidrigkeit ein. Nachdem das Polizeiverwaltungsamt dem Amtsgericht am 14. Juni 2007 ein Schreiben übermittelt hatte, demzufolge das wegen dieses Vorfalls durchgeführte Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei, sagte der Antragsteller aus, er kenne den auf dem Lichtbild dargestellten Fahrer nicht. Das Tatfahrzeug habe seinerzeit ihm gehört. Da es habe verkauft werden sollen, habe er im Mai 2007 durch einen Dritten eine Verkaufsanzeige in das Internet einstellen lassen. Auf den Vorhalt hin, dass die fragliche Tat bereits am 5. April 2007 begangen worden sei, erklärte der Antragsteller ausweislich des richterlichen Protokolls über seine Einvernahme: "Dann habe ich es halt schon früher einmal eingestellt." Die Verkaufsverhandlungen seien über seine Freundin gelaufen, deren Namen und Anschrift er benannte; dort hätten sich die Interessenten gemeldet. Er selbst habe sich am 5. April 2007 in Gelsenkirchen, Dortmund und Köln aufgehalten und bei seinem Bruder in der Nähe von Venlo übernachtet, dessen genaue Anschrift ihm allerdings nicht bekannt sei. Seine Freundin habe die Namen der Personen, die eine Probefahrt unternommen hätten, notiert, diese Aufzeichnungen aber nach einiger Zeit vernichtet, da sich keiner der Interessenten mehr gemeldet habe. Am 9. Juni 2007 sei das Tatfahrzeug verkauft worden. Das Protokoll über die Zeugeneinvernahme des Antragstellers enthält den Vermerk, die Person, die auf dem am 5. April 2007 entstandenen Lichtbild hinter dem Fahrer abgebildet ist, könnte der Antragsteller sein. Dieser Vermerk wurde mit dem gleichen Schreibgerät zu Papier gebracht, mit dem der die Einvernahme durchführende Richter die Ladung für den 14. Juni 2007 erstellt und das Protokoll unterzeichnet hat.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2007 bat das Polizeiverwaltungsamt die Antragsgegnerin um Prüfung, ob dem Antragsteller die Führung eines Fahrtenbuches auferlegt werden könne, da der Fahrer, der am 5. April 2007 damit eine Ordnungswidrigkeit begangen habe, nicht habe ermittelt werden können. Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 19. Juli 2007 Gelegenheit eingeräumt hatte, sich zu einer solchen Maßnahme zu äußern, erklärte dieser, er werde hierzu derzeit keine Erklärung abgeben.

Durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 4. Oktober 2007 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf, für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen A – AF 108 sowie für an dessen Stelle tretende, auf den Antragsteller zugelassene Ersatzfahrzeuge für die Dauer von zwölf Monaten, beginnend ab dem 16. November 2007, ein Fahrtenbuch zu führen, es sechs Monate nach dem Ablauf der Zeit, für die es geführt werden müsse, aufzubewahren und es zuständigen Personen jederzeit auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen. In den Bescheidsgründen kommt zum Ausdruck, bei dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen A – AF 108 handele es sich um ein Nachfolgefahrzeug des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen A - RF 152.

Am 8. November 2007 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Augsburg, die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 4. Oktober 2007 auszusetzen und die aufschiebende Wirkung der von ihm gleichzeitig erhobenen Anfechtungsklage herzustellen. Dieses Begehren lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 5. Dezember 2007 ab.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller, unter Abänderung des Beschlusses vom 5. Dezember 2007 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 8. November 2007 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2007 wiederherzustellen und so die sofortige Vollziehung dieses Bescheids auszusetzen. Eingangs der Beschwerdebegründungsschrift seines Bevollmächtigten vom 7. Januar 2008 wird der Schriftsatz wiedergegeben, mit dem im ersten Rechtszug das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eingeleitet wurde; die darin enthaltenen Ausführungen macht der Antragsteller zum Gegenstand seines Vortrags in der Beschwerdeinstanz. Darüber hinaus wurde in der Zuschrift vom 7. Januar 2008 vorgetragen, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Halter eines Fahrzeugs müsse auch bei Probefahrten, die im Rahmen von Vertragsverhandlungen unter Privaten mit Kaufinteressenten stattfänden, stets wissen, wem er sein Fahrzeug überlasse, gehe zu weit. Richtig sei, dass sich der Halter zum Schutz seines Eigentums die Personalien der Kaufinteressenten notiere. Zu Unrecht fordere das Verwaltungsgericht jedoch, ein sorgfältiger Halter müsse auch nach der Rückgabe des zu einer Probefahrt benutzten Fahrzeugs Angaben über Personen machen können, denen er das Fahrzeug zu diesem Zweck überlassen habe. Denn ein privater Verkäufer müsse nicht damit rechnen, dass während einer Probefahrt Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen werden. Einschlägige Aufzeichnungen würden nach der Lebenserfahrung vielmehr vernichtet, nachdem der Kaufinteressent sein Interesse aufgegeben habe. Das Verwaltungsgericht habe zudem nicht zu erkennen gegeben, wie lange solche Notizen aufbewahrt werden müssten.

Soweit im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen werde, dass der Antragsteller im Anhörungsbogen nicht geltend gemacht habe, er könne sich nicht daran erinnern, wem er sein Auto zur Tatzeit überlassen habe, komme es hierauf nicht an. Als Betroffener sei es vielmehr sein gutes Recht, sich nicht zur Sache zu äußern. Nachdem das Verfahren gegen ihn als Betroffenen eingestellt worden sei, habe er als Zeuge unverzüglich vollständige Angaben gemacht, insbesondere die entscheidende Zeugin - nämlich seine Lebensgefährtin - mit vollständiger Anschrift benannt. Es treffe deshalb nicht zu, dass er bei der Aufklärung nicht mitgewirkt habe.

Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht ferner davon aus, die Polizei sei im Anschluss an seine Aussage vor Gericht nicht verpflichtet gewesen, seine Freundin einzuvernehmen. Die hierfür gegebene Begründung, die Freundin werde sich an den Namen des Fahrers nicht mehr erinnern können, da sie die Notizen über die Kaufinteressenten vernichtet habe und seit dem Verkehrsverstoß mehr als sechs Wochen vergangen gewesen seien, stelle eine reine Fiktion dar. Auch erschließe es sich nicht, warum die Polizei nicht den Antragsteller selbst einvernommen habe, nachdem aufgrund eines Lichtbildvergleichs festgestanden habe, dass seine Erscheinung nicht mit derjenigen des Fahrers übereinstimme.

Die mit Schreiben vom 19. Juli 2007 erfolgte Anhörung sei verspätet gewesen, da die Ordnungswidrigkeit bereits am 7. Juli 2007 verjährt sei und am 14. Juni 2007 eine richterliche Vernehmung stattgefunden habe. Beruhe die Nichtfeststellung des verantwortlichen Fahrers auf einer verspäteten Anhörung, sei eine Fahrtenbuchauflage unzulässig.

Die Interessenabwägung habe die Antragsgegnerin standardisiert vorgenommen, ohne hierbei auf den Einzelfall einzugehen. Da der Antragsteller vor dem Eintritt der Verfolgungsverjährung gegenüber dem Ermittlungsrichter umfangreiche Angaben gemacht habe, liege eine besondere Sachverhaltsgestaltung vor, angesichts derer auf die sofortige Vollziehung verzichtet werden könne.

Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im ersten Rechtszug, die Beschwerde zurückzuweisen. Ergänzend macht sie geltend, die Stelle, an der die Verkehrsordnungswidrigkeit begangen worden sei, liege für eine Probefahrt erstaunlich weit vom Wohnort der Lebensgefährtin des Antragstellers entfernt, die den Verkauf des Tatfahrzeugs angeblich organisiert habe.

Wegen der Replik des Antragstellers auf die Beschwerdeerwiderung wird auf den Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22. Januar 2008, wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Da der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung der Begründetheit dieses Rechtsmittels gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht geltend gemachten Gesichtspunkte beschränkt ist, haben bei der Entscheidungsfindung diejenigen Teile des Schriftsatzes vom 7. Januar 2008 außer Betracht zu bleiben, in denen der Bevollmächtigte des Antragstellers sein Vorbringen im ersten Rechtszug wiedergibt. Das in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO normierte Darlegungserfordernis dient dem Zweck, die Oberverwaltungsgerichte durch ein strukturiertes, auf den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts aufbauendes Beschwerdevorbringen zu entlasten und so eine beschleunigte Abwicklung einstweiliger Rechtsschutzverfahren zu ermöglichen (vgl. OVG Hamburg vom 2.10.2002 NVwZ 2003, 1529). Diese Intention des Gesetzgebers liefe leer, würde es zur Wahrung des Begründungserfordernisses ausreichen, Vorbringen aus dem ersten Rechtszug lediglich zu wiederholen. Auch von der Sache her kann die in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO geforderte "Auseinandersetzung" mit der angefochtenen Entscheidung nicht in der Weise stattfinden, dass eine Argumentation unverändert übernommen wird, die noch vor dem Erlass des angegriffenen Beschlusses - und damit notwendig in Unkenntnis seiner Begründung - vorgetragen wurde (vgl. zur mangelnden Eignung einer bloßen Wiedergabe des Vortrags aus der ersten Instanz, die formellen Erfordernisse des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu erfüllen, VGH BW vom 11.4.2002 NVwZ-RR 2002, 797; Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 13 c zu § 146; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 41 zu § 146; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, RdNr. 21 zu § 146). Im vorliegenden Beschwerdeverfahren berücksichtigungsfähig sind deshalb allein die Ausführungen, die sich in der Beschwerdebegründungsschrift ab der Seite 14 Mitte im Anschluss an die dortige Zwischenüberschrift finden. Sie rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1. Zu Unrecht rügt der Antragsteller, die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids vom 4. Oktober 2007 sei unzureichend, da ihr standardisierte Wendungen zugrunde lägen und in ihr nicht auf - aus seiner Sicht bestehende - Besonderheiten des Einzelfalles eingegangen worden sei. Durch eine Fahrtenbuchauflage soll nicht nur sichergestellt werden, dass künftig mit dem Kraftfahrzeug begangene Verkehrsverstöße während der Dauer der Fahrtenbuchauflage geahndet werden können. Die Führung eines Fahrtenbuchs soll vielmehr auch dazu beitragen, dass derartige Verstöße künftig unterbleiben, weil es sich positiv auf die Verkehrsdisziplin eines Fahrzeugführers auswirkt, wenn er damit rechnen muss, dass er wegen der aufgrund des Fahrtenbuchs feststellbaren Fahreridentität für jeden Verkehrsverstoß zur Verantwortung gezogen werden kann (VGH BW vom 17.11.1997 DÖV 1998, 298; BayVGH vom 15.4.1999 Az. 11 ZS 98.3283). Zumindest unter letzterem, im Hinblick auf die Verkehrssicherheit besonders wichtigen Gesichtspunkt ist es aber nicht unerheblich, ob das Fahrtenbuch tatsächlich bereits unmittelbar nach Erlass des entsprechenden Bescheids oder erst nach dessen Bestandskraft - und damit möglicherweise erst nach Jahren - zu führen ist (BayVGH vom 15.4.1999, ebenda). § 31 a StVZO gehört somit zu den Vorschriften, bei denen zur Abwehr von Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter - nämlich die Ordnung und Sicherheit im Straßenverkehr - das besondere öffentliche Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts selbst zusammenfällt (VGH BW vom 17.11.1997, a.a.O., S. 298 f.; BayVGH vom 15.4.1999, ebenda). Dadurch wird zwar im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten nicht entbehrlich (BVerfG vom 19.2.1991 NVwZ-RR 1991, 365). Diese darf sich im Wesentlichen jedoch auf die Prüfung beschränken, ob nicht wegen der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung ausnahmsweise weniger dringlich als im Normalfall ist (VGH BW vom 17.11.1997, a.a.O., S. 299; BayVGH vom 15.4.1999, ebenda). Da sich § 31 a StVZO mit einer abstrakten Wiederholungsgefahr begnügt, die daran anknüpft, dass der verantwortliche Fahrer bei Begehung des Verkehrsverstoßes anonym geblieben ist (vgl. VGH BW vom 17.11.1997, a.a.O., S. 298), genügt es für die Annahme eines Ausnahmefalles nicht bereits, dass keine Hinweise auf eine konkrete Wiederholungsgefahr vorliegen (BayVGH vom 15.4.1999, ebenda).

Auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren wurden keine Umstände vorgetragen, die ein vom Regelfall abweichendes Ergebnis der Interessenabwägung zumindest nahelegen könnten. Die Angaben, die der Antragsteller bei seiner richterlichen Vernehmung gemacht hat, haben in keiner Weise dazu beigetragen, den Täter der am 5. April 2007 begangenen Ordnungswidrigkeit feststellen zu können. Soweit in der Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang außerdem gerügt wird, der Antragsteller sei erst nach dem Eintritt der Verfolgungsverjährung - und damit zu spät - angehört worden, geht dieser Einwand augenscheinlich fehl. Die behördliche Obliegenheit, den Halter eines Fahrzeugs, mit dem eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr begangen wurde, alsbald (in der Regel innerhalb von zwei Wochen) nach der Tat zu befragen, betrifft das Kriterium, bis wann er im straf- bzw. bußgeldrechtlichen Ermittlungsverfahren spätestens mit der aufzuklärenden Tat konfrontiert werden muss. Aus dem Anruf des Antragstellers beim Polizeiverwaltungsamt am 25. April 2007 kann erschlossen werden, dass er zuvor unter Übersendung eines Anhörungsbogens aufgefordert wurde, zu der am 5. April 2007 begangenen Ordnungswidrigkeit Stellung zu nehmen. Dass der Anhörungsbogen dem Antragsteller erst mehr als zwei Wochen nach dem aufzuklärenden Vorfall zugegangen sei, wurde in der Beschwerdebegründung nicht behauptet. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2007 diente demgegenüber nicht mehr der Aufklärung der begangenen Ordnungswidrigkeit; es handelte sich vielmehr um die Anhörung, die nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vor dem Erlass einer Fahrtenbuchauflage nochmals erforderlich ist.

Die Antragsgegnerin durfte sich deshalb - wie unter der Gliederungsziffer 2 der Gründe des Bescheids vom 4. Oktober 2007 geschehen - darauf beschränken, zur Rechtfertigung des Ausspruchs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das hinter der Fahrtenbuchauflage und ihrer sofortigen Vollziehbarkeit regelmäßig stehende öffentliche Interesse und sein Überwiegen gegenüber den Belangen des Betroffenen aufzuzeigen und darauf zu verweisen, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die ausnahmsweise einen Verzicht auf die sofortige Durchsetzbarkeit der auferlegten Verpflichtung erfordern würden.

2. Der Bescheid vom 4. Oktober 2007 ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Polizei nicht versucht hat, durch eine Einvernahme der Freundin bzw. Lebensgefährtin des Antragstellers als Zeugin den Namen der Person in Erfahrung zu bringen, die das Tatfahrzeug bei der Begehung der aufzuklärenden Ordnungswidrigkeit geführt hat. Die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage hängt davon ab, dass die Polizei in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden, und die erfahrungsgemäß Erfolg haben können (vgl. z.B. BVerwG vom 17.12.1982 BayVBl 1983, 310). Von einer Zeugeneinvernahme der Freundin des Antragstellers durfte vorliegend deshalb ermessensfehlerfrei abgesehen werden, weil keine nennenswerte Wahrscheinlichkeit dafür sprach, dass hierdurch die Identität des Täters aufgedeckt werden würde. Wenn der Antragsteller bei seiner am 14. Juni 2007 abgegebenen Zeugenaussage erklärte, seine Freundin habe die Namen von Kaufinteressenten, die das Tatfahrzeug zur Probe gefahren hätten, zwar notiert, diese Aufzeichnungen zwischenzeitlich jedoch vernichtet, so waren ihm diese Angaben nur möglich, wenn zuvor zwischen ihm und seiner Freundin ein Informationsaustausch über jene Vorgänge stattgefunden hatte. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass seine Freundin, hätte sie sich trotz der Vernichtung ihrer Notizen noch an die Person des Fahrers erinnern können, ihm das aus Anlass der Erörterung der Thematik ebenfalls mitgeteilt hätte. Angesichts der Wahrheitspflicht, die den Antragsteller bei seiner Zeugenaussage traf (sie erstreckt sich auf das gesamte Beweisthema, ohne dass es darauf ankommt, ob der Zeuge ausdrücklich nach einem bestimmten Aspekt gefragt wird), hätte er unter dieser Voraussetzung entweder einen ihm von seiner Freundin mitgeteilten Namen offenlegen oder jedenfalls angeben müssen, dass diese zur Namhaftmachung des Täters in der Lage sei. Wenn der Antragsteller weder die eine noch die andere Erklärung abgegeben, sondern nur auf die auch bei seiner Freundin nicht mehr vorhandenen Unterlagen verwiesen hat, so kann das nur so verstanden werden, dass auch sie die Personalien des Betroffenen entweder nicht angeben könne oder wolle.

Die Prognose, dass auch eine Zeugeneinvernahme der Freundin des Antragstellers nicht zu einer Aufklärung der am 5. April 2007 begangenen Ordnungswidrigkeit geführt hätte, ist umso mehr gerechtfertigt, als Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Antragsteller daran gelegen sein könnte, den Täter zu decken. Nach Auffassung des Ermittlungsrichters, der ihn am 14. Juni 2007 einvernommen hat, erscheint es möglich, dass es sich beim Antragsteller um den Mann handelt, der auf den am 5. April 2007 entstandenen Lichtbildern als Mitfahrer des Täters abgebildet ist. Vergleicht man die aus Blatt 15 des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ersichtliche Erscheinung des Antragstellers mit den am 5. April 2007 gefertigten Fotografien, ist dieser Verdacht nicht von der Hand zu weisen. Verstärkt werden die Indizien, die auf die Absicht des Antragstellers hindeuten, den Täter der damaligen Ordnungswidrigkeit zu decken, dadurch, dass er bei seiner Zeugenaussage angab, die Anschrift des Bruders nicht zu kennen, bei dem er sich am Tattag aufgehalten haben will, obwohl zwischen dem behaupteten Besuch bei diesem und der Zeugenaussage nur wenige Wochen lagen. Das legt den Schluss nahe, dass er auf diese Weise eine Überprüfung seines Alibis erschweren wollte. Gegen die Glaubwürdigkeit seiner Zeugenaussage, am 5. April 2007 habe ein Unbekannter eine Probefahrt mit dem Tatfahrzeug unternommen, spricht ferner, dass zwischen dem Tatort und dem Wohnsitz der behauptetermaßen mit Verkaufsverhandlungen betrauten Freundin eine Entfernung liegt, die die Distanz, die für die Erprobung eines zum Kauf angebotenen Gebrauchtwagens benötigt und die Interessenten üblicherweise eingeräumt wird, bei weitem übersteigt. Die Wahrheitsliebe des Antragstellers und die Verlässlichkeit seiner als Zeuge gemachten Angaben sind schließlich auch deshalb in Zweifel zu ziehen, weil er am 14. Juni 2007 eine Angabe (nämlich hinsichtlich des Zeitpunkts der Einstellung einer Verkaufsanzeige in das Internet) gemacht hat, die eine Benutzung des Tatfahrzeugs im Rahmen einer Probefahrt am 5. April 2007 nicht erklären konnte. Seine von Gleichgültigkeit geprägte Reaktion auf den richterlichen Hinweis, dass der von ihm genannte Zeitpunkt des Inserats nach dem Tattag lag, legt zusätzlich den Schluss nahe, dass das für einen Zeugen geltende Gebot, uneingeschränkt wahrheitsgemäß auszusagen, für ihn kein ethisches Postulat darstellt, dem er sich nachhaltig verpflichtet weiß.

Besteht nach alledem aber hinreichender Grund zu der Annahme, dass der Antragsteller auch im Rahmen seiner Zeugenaussage versucht hat, die Feststellung des Täters der am 5. April 2007 begangenen Ordnungswidrigkeit zu vereiteln, so durfte die Polizei davon ausgehen, dass eine ihm nahestehende Person wie seine Freundin bzw. Lebensgefährtin sich bei dem Versuch, sie als Zeugin einzuvernehmen, von dem gleichen Beweggrund leiten lassen würde. Das gilt umso mehr, als sie sich unwiderlegbar auf mangelndes Erinnerungsvermögen hätte berufen können. Zudem hätte die Polizei eine an die Lebensgefährtin gerichtete Aufforderung, als Zeugin auszusagen, nicht selbst durchsetzen können; gemäß § 46 Abs. 5 Satz 1 OWiG hätte es zu diesem Zweck vielmehr erneut der Einschaltung des Richters bedurft.

3. Soweit in der Beschwerdebegründung außerdem gerügt wird, die Polizei habe es versäumt, den Antragsteller selbst als Zeugen einzuvernehmen, ist dieses Vorbringen schon deshalb nicht geeignet, ungenügende Bemühungen um eine Aufklärung des Sachverhalts darzutun, weil sich die Polizei im vorliegenden Fall nicht mit dem Versuch begnügt hat, den Antragsteller durch eigene Vollzugskräfte als Zeuge zu befragen, sondern sie ihn sogar richterlich hat vernehmen lassen.

4. Dahinstehen kann, ob der in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung zu folgen ist, den Halter eines Fahrzeugs treffe eine "Pflicht", Notizen über die Identität der Person, der er das Fahrzeug zum Zwecke einer Probefahrt überlassen hat, auch noch nach dem Ende einer solchen Fahrt aufzubewahren (so Seite 7 des Beschlusses vom 5.12.2007), oder ob insoweit nicht von einer bloßen "Obliegenheit" auszugehen ist. Jedenfalls eine solche Obliegenheit aber ist zu bejahen. Denn ein verständiger Halter ist bereits im Eigeninteresse darauf bedacht, auch noch während einer gewissen Zeitspanne nach der Gebrauchsüberlassung seines Fahrzeugs an einen Dritten dartun zu können, wer innerhalb welchen Zeitraums die tatsächliche Gewalt über diese Sache ausgeübt hat, um seine Belange dann wahren zu können, wenn die öffentliche Gewalt oder private Dritte wegen unerlaubter Handlungen, die während der Probefahrt begangen wurden, auf ihn zukommen. Aus Anlass des vorliegenden Falles kann auf sich beruhen, für welche Zeitspanne eine solche Obliegenheit besteht. Denn jedenfalls am 25. April 2007 (spätestens an diesem Tag wusste der Antragsteller, dass mit seinem Fahrzeug eine Ordnungswidrigkeit begangen worden war und dass auf ihn deshalb rechtliche Weiterungen zukommen könnten) war diese Frist noch nicht abgelaufen. Jeder Fahrzeughalter muss nämlich damit rechnen, dass einige Wochen verstreichen, ehe insbesondere Privatpersonen, die durch Fahrzeugbenutzung geschädigt wurden, in Erfahrung gebracht haben, wer Halter des Fahrzeugs ist. Vernichtet der Halter Aufzeichnungen vorher (die Notwendigkeit ihrer Anfertigung wird in der Beschwerdebegründung ausdrücklich eingeräumt), so fällt ihm deshalb ein "Verschulden gegen sich selbst" zur Last. Erst recht gilt das dann, wenn einschlägige Notizen erst nach dem Zeitpunkt vernichtet werden, in dem der Halter davon Kenntnis erlangt hat, dass die Fahrzeugbenutzung durch den Dritten u. U. rechtliche Folgen auch für ihn selbst nach sich ziehen wird.

Da der Antragsteller (bzw. seine Freundin als die Person, die er mit der Wahrnehmung seiner Belange in Zusammenhang mit dem Verkauf des Tatfahrzeugs betraut hat) diese Obliegenheit vernachlässigt haben, kann er nicht - wie das in der Beschwerdebegründung der Sache nach offenbar versucht wird - mit Erfolg geltend machen, die an ihn gerichtete Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, sei deshalb rechtswidrig, weil er alles ihm Zumutbare getan habe, um die Feststellung des verantwortlichen Fahrers zu ermöglichen. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. BayVGH vom 10.4.2006 Az. 11 CS 05.1980; BayVGH vom 5.7.2007 Az. 11 ZB 05.3290; BayVGH vom 29.1.2008 Az. 11 CS 07.2923) bisher offen gelassene Rechtsfrage, ob ein Bescheid nach § 31 a StVZO dann nicht ergehen darf, wenn der Halter nach besten Kräften - wenn auch im Ergebnis erfolglos - an der Aufklärung einer mit seinem Fahrzeug begangenen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr mitgewirkt hat (so VGH BW vom 17.7.1990 VBlBW 1991, 147), bedarf deshalb auch aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Beantwortung.

Der Kostenausspruch beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II.1.5 Satz 1 und II.46.13 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).