Bayerischer VGH, Beschluss vom 27.02.2008 - 4 CS 07.3354
Fundstelle
openJur 2012, 90042
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. November 2007, Az. Au 6 S 07.1305, wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und für das erstinstanzliche Verfahren (insoweit unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts) auf jeweils 148,28 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 15. Januar 2000 verstorbene S.G., ein österreichischer Staatsangehöriger, war Eigentümer des Grundstücks K.-Straße 41 in Augsburg. Nach dem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts München vom 2. Mai 2007 wurde er, beschränkt auf den inländischen Nachlass in Anwendung österreichischen Rechts, beerbt von seiner inzwischen verstorbenen Mutter und den Antragstellern.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2004 setzte die Antragsgegnerin die Grundsteuer für die Jahre 2000 bis 2004 gegenüber den Antragstellern als Gesamtschuldnern fest. Diese erhoben dagegen Widerspruch und trugen vor, dass ihre Erbenstellung allein nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Sie hätten als gesetzliche Erben lediglich eine bedingte Erbserklärung gemäß § 802 ABGB (Österreich) abgegeben, mit der Folge, dass die Haftung nach dem maßgeblichen österreichischen Recht auf den Nachlass beschränkt sei. Die Haftungsbeschränkung erfasse auch das im Bundesgebiet gelegene Immobiliarvermögen des Erblassers. Wegen der Überschuldung des Nachlasses würden sie daher nicht für die Grundsteuer haften.

Am 21. Mai 2007 wurde das Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert. Aus dem Erlös konnten zwar die noch offenen Grundsteuerforderungen der Antragsgegnerin für die Jahre 2003 und 2004 befriedigt werden, nicht aber die für die Jahre 2000 und 2001 in Höhe von insgesamt 593,12 €, die die Antragsgegnerin nunmehr von den Antragstellern beizutreiben versucht.

Den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Grundsteuerbescheid vom 13. Oktober 2004 anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. November 2007 für unbegründet erachtet und abgelehnt.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Antragsteller, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die von der Antragsgegnerin vorgelegte Aktenheftung verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Grundsteuerbescheid vom 13. Oktober 2004 anzuordnen, zu Recht abgelehnt. Denn der angefochtene Bescheid begegnet auch für die noch in Streit stehenden Jahre 2000 und 2001 keinen ernstlichen Zweifeln im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO; er erweist sich vielmehr bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, sodass der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die Einwände, die von den Antragstellern in der Beschwerdebegründung innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt worden sind und die den Prüfungsrahmen im Beschwerdeverfahren bilden (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.

Für das Erhebungsjahr 2001 (und die Folgejahre) hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Zurechnungsfortschreibung zum 1. Januar 2001 im bestandskräftigen Einheitswertbescheid des Finanzamtes Augsburg-Stadt vom 8. November 2005 zutreffend ausgeführt, dass das Grundstück als Steuergegenstand zum maßgeblichen Zeitpunkt infolge des – insoweit unstreitig – nach deutschem Recht zu beurteilenden Vonselbsterwerbs mit dem Erbfall (§§ 1922, 1942 BGB) bereits im Miteigentum der Antragsteller stand und diese gemäß § 10 Abs. 3 GrStG Gesamtschuldner der Grundsteuer sind. Es handelt sich demnach um eigene Steuerschulden der Antragsteller in Bezug auf das zum Nachlass gehörende Grundstück, für die sie nach allgemeinen Regeln aus ihrem Vermögen einzustehen haben und sich nicht auf etwaige erbrechtliche Haftungsbeschränkungen – sei es nach deutschem, sei es nach österreichischem Recht – berufen können (vgl. auch OVG NRW, B.v. 27.2.2001, NVwZ-RR 2001, 596 f.). Dem hält die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegen.

Für das Erhebungsjahr 2000 handelt es sich um eine Grundsteuerschuld des Erblassers, die auf die Antragsteller als Gesamtrechtsnachfolger übergegangen ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, § 45 Abs. 1 Satz 1 AO). Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat bei der im Eilverfahren allein möglichen überschlägigen Prüfung davon aus, dass die Antragsteller dem angefochtenen Grundsteuerbescheid nicht eine Haftungsbeschränkung auf den Überschuss des Nachlasses aufgrund einer sog. bedingten Erbserklärung nach österreichischem Recht (§ 802 ABGB) entgegenhalten können. Das Landgericht München I hat im Erbscheinverfahren mit Beschluss vom 26. März 2007, Az. 16 T 7666/06, darauf hingewiesen, dass die Erben hinsichtlich des in Deutschland gelegenen Grundstücks unbeschränkt haften (vgl. S. 12 des Umdrucks). Zwar richtet sich das Erbstatut einschließlich der Haftungsregelungen für Nachlassverbindlichkeiten gemäß Art. 25 EGBGB nach österreichischem Recht. Dieses verweist jedoch in den Kollisionsvorschriften der §§ 31, 32 IPRG (Österreich) für die Art und Weise – den „Modus“ – des Erbschaftserwerbs auf das Recht des Staates, in dem sich die Sachen bei Vollendung des dem Erwerb zu Grunde liegenden Sachverhalts befinden. Da das mithin anwendbare deutsche Recht, anders als das österreichische, die Möglichkeit einer bedingten Erbserklärung nicht vorsieht, besteht auch keine Möglichkeit, eine Haftungsbeschränkung hinsichtlich der im Bundesgebiet belegenen Grundstücke herbeizuführen. Diese Erwägungen dürften entgegen der Ansicht der Beschwerde auch für die Grundsteuer gelten, die als öffentliche Last auf dem jeweiligen Grundstück ruht (vgl. § 12 GrStG). Denn das Sachenrechtstatut des § 31 IPRG (Österreich) erfasst nach der von den Antragstellern vorgelegten Literatur (Verschraegen in Rummel, Kommentar zum IPRG, RdNr. 5 zu § 31) neben dem Eigentumsrecht auch beschränkt dingliche Rechte, wie etwa die – mit der Grundsteuer insoweit durchaus vergleichbaren – Reallasten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 GKG. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Regelfall und so auch hier nur ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Wertes anzusetzen (593,12 € : 4 = 148,28 €).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).