Bayerischer VGH, Urteil vom 31.01.2008 - 4 N 05.1854
Fundstelle
openJur 2012, 89395
  • Rkr:
Tenor

I. Die Normenkontrollanträge werden abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Eigentümer eines an der Vogtstraße gelegenen Grundstücks im Innenstadtbereich von Kempten. Er wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Zwölfte Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt Kempten (Allgäu) vom 15. Dezember 2003 und die Elfte Satzung zur Änderung der Gebührensatzung zur Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt Kempten (Allgäu) gleichen Datums, die beide vom Stadtrat der Antragsgegnerin am 11. Dezember 2003 beschlossen, im Amtsblatt der Nr. 31/03 vom 19. Dezember 2003 bekannt gemacht worden und am 1. Januar 2004 in Kraft getreten sind.

Mit seinem am 15. Juli 2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag rügt der Antragsteller, dass die Vogtstraße durch die Zwölfte Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung in die Reinigungsgruppe 3a hochgestuft worden sei (Art. 1 Nrn. 1 und 5) und damit nunmehr zur Gruppe derjenigen Straßen im Innenstadtbereich gehöre, die nach Bedarf, in der Regel bis zu siebenmal wöchentlich gereinigt werden. Zuvor sei die Vogtstraße lediglich der Reinigungsgruppe 1 mit einer einmal wöchentlich erfolgenden Reinigung zugeordnet gewesen. Die Hochstufung habe zur Folge, dass die Straßenreinigungsgebühren um mehr als 600% angestiegen seien, nämlich von bisher 2,77 € auf 19,40 € je laufenden Meter der Straßenfrontlänge; einen entsprechenden Gebührenbescheid für das Jahr 2004 habe er bereits erhalten und beim Verwaltungsgericht angefochten.

Die Hochstufung der Vogtstraße sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Es handele sich um eine völlig untergeordnete Nebenstraße, bei der Kfz-Durchgangsverkehr ohne wesentliche Einschränkung gestattet sei und die im Wesentlichen wegen ihrer untergeordneten Verkehrsbedeutung und Frequentierung durch Fußgänger in weiten Bereichen nicht einmal über Gehsteige verfüge. Sie sei weder Einkaufsstraße noch werde sie von Touristen in besonderer Weise aufgesucht. Es sei unangemessen und willkürlich, bei ihr dieselbe Reinigungsbedürftigkeit anzunehmen wie bei den ansonsten in die Reinigungsgruppe 3a aufgenommenen zentralen und stark frequentierten Straßen und Plätzen, die den Lebensmittelpunkt der Stadt bildeten. Auch dem Protokoll der Stadtratssitzung könnten keine sachlichen Argumente für die Einstufung der Straßen im Innenstadtbereich entnommen werden. So sei etwa die unmittelbar benachbarte Mehlstraße und auch weitere Straßen, die im Vergleich zur Vogtstraße deutlich stärker frequentiert und von größerer Verkehrsbedeutung seien, merkwürdigerweise in der Reinigungsgruppe 2 eingestuft mit der gebührenrechtlichen Folge, dass lediglich 6,93 € je Meter der Straßenfrontlänge anfielen. Es sei auch ansatzweise kein System für die Zuordnung der Straßen zu erkennen. Auch vor der Abstimmung des Stadtrats sei weder dargelegt noch erörtert worden, aus welchen Gründen welche Straße in welche Kategorie eingestuft werde. Darin liege ein evidentes und erhebliches Abwägungsdefizit. Der Reinigungsdienst würde in der Vogtstraße äußerst selten tätig. Zudem lägen in den Wintermonaten oft Schnee und Eis. In dieser Zeit würde keine Reinigung erfolgen. Der winterliche Sicherungsdienst werde bei den Straßen der Reinigungsgruppe 3a anders als bei den Fußgängergeschäftsstraßen der Reinigungsgruppe 3b von der Antragsgegnerin nicht erbracht.

Mit Schriftsatz vom 22. November 2005, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am 24. November 2005, hat der Antragsteller seinen Normenkontrollantrag erweitert und auch auf die Elfte Satzung zur Änderung der Gebührensatzung zur Satzung über die Straßenreinigung erstreckt. Durch die dort ausgesprochene Änderung des § 4 der Gebührensatzung sei die Straßenreinigungsgebühr je Meter der Straßenfrontlänge in der Reinigungsgruppe 3a ohne Winterdienst auf 19,40 € jährlich und in der Reinigungsgruppe 3b mit Winterdienst auf 20,01 € festgesetzt worden. Die Antragsgegnerin verlange demnach für die Straßenreinigung mit Winterdienst lediglich einen Aufpreis von 0,61 € oder 3,14%. Es liege nahe, dass der Aufwand für den Winterdienst an den hoch frequentierten Fußgängerbereichen und öffentlichen Plätzen, bei denen die Antragsgegnerin selbst betroffen sei, auf dem Umweg einer ungerechten Gebührenerhöhung auf die Anlieger weniger frequentierter Straßen ohne Winterreinigung umgelegt würde. Das stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte, willkürliche Benachteiligung dar und belege, dass es an einem durchdachten und gerechten Konzept fehle. Der von der Antragsgegnerin zu erbringende Winterdienst sei in den durchschnittlich sechs Monaten Winterzeit betriebswirtschaftlich eher teuer und verursache mindestens ebenso hohe Kosten wie eine normale Straßenreinigung.

Der Antragsteller beantragt (zuletzt),

1. die Zwölfte Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt Kempten (Allgäu) vom 15. Dezember 2003 insoweit für unwirksam zu erklären, als in Art. 1 Nrn. 1 und 5 die Vogtstraße der Reinigungsgruppe 3a zugeordnet wird und

2. die Elfte Satzung zur Änderung der Gebührensatzung zur Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt Kempten (Allgäu) vom 15. Dezember 2003 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Normenkontrollanträge abzulehnen.

Sie trägt vor, dass sie im Rahmen eines „Projekts zur Stärkung der Attraktivität und Zentralität der Innenstadt“ im Jahre 2001 eine tägliche Reinigung des Innenstadtbereichs, zu dem auch die Vogtstraße gehöre, eingeführt habe. Hierzu sei unter anderem ein Wochenenddienst eingerichtet und die Anzahl der Wegmacher, die eine manuelle Reinigung durchführten, erhöht worden. Nachdem sich die tägliche Reinigung der Innenstadt bewährt habe, sei durch die vom Antragsteller angegriffene Zwölfte Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung die Eingruppierung der einzelnen Straßen an die bereits seit 2001 tatsächlich durchgeführte Reinigungshäufigkeit angepasst worden. Der Satzungsanpassung habe eine im Jahr 2003 vom städtischen Betriebshof durchgeführte Überprüfung zu Grunde gelegen, wonach einige Straßen öfter gereinigt worden seien als durch die Straßenreinigungsatzung bislang vorgesehen. Dazu habe auch die Vogtstraße gehört. Die Eingruppierung halte sich innerhalb des dem Satzungsgeber zustehenden Gestaltungsspielraums. Entgegen der Behauptung des Antragstellers werde die Vogtstraße täglich, auch an Wochenenden, gereinigt. Das sei mit Blick auf ihre Verkehrsbedeutung, die Lage in der Altstadt in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Vielzahl von Baudenkmälern und den dazugehörenden Sigmund-Ullmann-Platz auch sachgerecht. Darüber hinaus sei die Vogtstraße im Unterschied etwa zu der vom Antragsteller angesprochenen Mehlstraße ein verkehrsberuhigter Bereich, in dem Fußgänger die gesamte Breite der Straße nutzen könnten und entsprechende Verunreinigungen vorkämen.

Auch die weiter angegriffene Elfte Satzung zur Änderung der Gebührensatzung zur Satzung über die Straßenreinigung sei nicht zu beanstanden. Die gebührenmäßige Differenzierung zwischen den Reinigungsgruppe 3a und 3b entspreche dem unterschiedlichen Leistungsumfang der Straßenreinigungsanstalt, die für die Reinigungsgruppe 3a nur die Reinigungspflicht, in der Reinigungsgruppe 3b dagegen auch die den Anliegern obliegende Gehwegsicherungspflicht übernehme. Entgegen der Behauptung des Antragstellers seien in der Gebührenkalkulation indes keinerlei Kosten für den Winterdienst enthalten. Dementsprechend sei die Höhe der Gebühren in beiden Reinigungsgruppen identisch und allein nach den Kosten für die Straßenreinigung kalkuliert. Für die Reinigungsgruppe 3b werde wegen der dort zusätzlich übernommenen Sicherungspflicht bei Schnee oder Glatteis auf die kalkulierte Gebühren noch eine Pauschale von 0,61 € aufaddiert. Dies werde seit Jahrzehnten praktiziert und sei nicht annähernd kostendeckend. Der Grund für diese Pauschalierung liege darin, dass eine exakte Feststellung der Kosten für den Winterdienst an den öffentlichen Straßen einerseits und an den Gehwegen andererseits mit einem verhältnismäßigen Verwaltungsaufwand nicht möglich sei.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt, aber keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die übergebenen Unterlagen und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Normenkontrollanträge sind zulässig, aber unbegründet.

1. Die Einstufung der Vogtstraße in die Reinigungsgruppe 3a durch Art. 1 Nrn. 1 und 5 der Zwölften Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt Kempten (Allgäu) vom 15. Dezember 2003 ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

Den Gemeinden obliegt nach Maßgabe des Art. 51 Abs. 1 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) die Aufgabe, innerhalb der geschlossenen Ortslagen die öffentlichen Straßen zu reinigen, von Schnee zu räumen und alle gefährlichen Fahrbahnstellen, die Fußgängerüberwege und die Gehbahnen bei Glätte zu streuen. Nach Art. 51 Abs. 4 BayStrWG können die Gemeinden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Reinlichkeit Rechtsverordnungen über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen erlassen und darin die Eigentümer von Grundstücken, die innerhalb der geschlossenen Ortslagen an öffentliche Straßen angrenzen oder über sie erschlossen werden, und die zur Nutzung dinglich Berechtigten auch zu Leistungen auf eigene Kosten verpflichten. Nach Art. 51 Abs. 5 BayStrWG können die Gemeinden zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz die genannten Personen durch Rechtsverordnung weiter verpflichten, die Gehwege der an ihr Grundstück angrenzenden oder ihr Grundstück erschließenden öffentlichen Straßen oder, wenn kein solcher Gehweg besteht, diese öffentlichen Straßen in der für den Fußgängerverkehr erforderlichen Breite bei Schnee oder Glatteis auf eigene Kosten während der üblichen Verkehrszeiten in sicherem Zustand zu erhalten. Die Antragsgegnerin hat von beiden Ermächtigungen durch ihre Verordnung über das Reinhalten und Reinigen der öffentlichen Straßen und die Sicherung der Gehwege bei Schnee und Glatteis in der Stadt Kempten (Allgäu) vom 13. August 1991 (zuletzt geändert durch Verordnung vom 9.11.2007) umfassend Gebrauch gemacht und den Anliegern sowohl die Straßenreinigungspflicht als auch die Gehwegsicherungspflicht auferlegt (vgl. § 9 der Verordnung). Die Gemeinde ist nicht gehindert, die durch Rechtsverordnung auf die Anlieger abgewälzte Reinigungs- und Sicherungspflicht durch eine gemeindliche Einrichtung zu erfüllen, wobei sie im Wege der Satzung (Art. 23 Satz 1 GO) die Benutzung dieser Einrichtung regeln und aus Gründen des öffentlichen Wohls den Anschluss an die Straßenreinigung vorschreiben und die Benutzung dieser Einrichtung zur Pflicht machen kann (Art. 24 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GO). Die Aufwendungen für die Straßenreinigung kann die Gemeinde in diesem Fall nach Maßgabe des Kommunalabgabenrechts auf die sonst reinigungspflichtigen Anlieger als Benutzer dieser Einrichtung umlegen.

Die Antragsgegnerin betreibt auf der Grundlage ihrer Satzung über die Straßenreinigung vom 1. März 1976 (zuletzt geändert durch Satzung vom 14.12.2004) eine Straßenreinigungsanstalt, für die sie aus Gründen des öffentlichen Wohls die Pflicht zum Anschluss und zur Benutzung angeordnet hat. Nach § 3 dieser Satzung in Verbindung mit dem Straßenverzeichnis sind die öffentlichen Straßen im Reinigungsgebiet in fünf Reinigungsgruppen aufgeteilt, in denen der Leistungsumfang (Reinigung nur der Fahrbahn, auch der Gehwege, einschließlich Sicherung der Gehwege bei Schnee und Eis) und die Reinigungshäufigkeit (von einmal bis siebenmal wöchentlich) unterschiedlich ausgestaltet sind. Mit den vom Antragsteller angegriffenen Vorschriften der Zwölften Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung vom 15. Dezember 2003 wurde die Vogtstraße von der Reinigungsgruppe 1 („Straßen, die nach Bedarf, in der Regel nicht öfter als einmal wöchentlich gereinigt werden“) in die neugebildete Reinigungsgruppe 3a („Straßen im Innenstadtbereich, die nach Bedarf, in der Regel bis zu siebenmal wöchentlich gereinigt werden“) hochgestuft. Unmittelbar ist damit neben der höheren Reinigungshäufigkeit auch ein größerer Leistungsumfang verbunden: Während sich in den Reinigungsgruppen 1 und 2 die Leistung der Straßenreinigungsanstalt auf das Reinigen der Fahrbahnen beschränkt, umfasst sie in der Reinigungsgruppe 3a auch das Reinigen der Gehwege, nicht jedoch – anders als bei den Reinigungsgruppen 3b und 4 – zudem die Sicherungspflicht für die Gehwege im Winter. Mittelbar führt die Hochstufung der Vogtstraße zu einer Versiebenfachung der Straßenreinigungsgebühr. Die Zuordnung der Vogtstraße zur Reinigungsgruppe 3a ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Gemeinde hat bei der Schaffung und Ausgestaltung von kommunalen Einrichtungen einen weiten – und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren – Gestaltungsspielraum. Hierzu bedarf es nicht nur einer Abwägung der Bedürfnisse des öffentlichen Wohls mit den Interessen der einzelnen Bürger unter Berücksichtigung der Aufgaben und Zielsetzungen der kommunalen Einrichtung, sondern darüber hinaus einer Prüfung der finanziellen Leistungskraft der Gemeinde und der vertretbaren Kapazität derartiger öffentlicher Einrichtungen (VerfGH 30, 28/34 f.). Bei der Bestimmung des Reinigungsgebietes, der Festlegung von Reinigungsgruppen (Reinigungsklassen) mit unterschiedlicher Reinigungshäufigkeit und verschiedenem Leistungsumfang sowie der Einstufung der Straßen des Reinigungsgebietes in eine dieser Reinigungsgruppen handelt es sich um Entscheidungen, die der Satzungsgeber innerhalb dieses weiten Gestaltungsspielraums trifft. Er hat sich bei diesen Entscheidungen neben den genannten allgemeinen Kriterien an dem typischerweise zu erwartenden Verschmutzungsgrad und an dem hieraus folgenden Reinigungsbedürfnis zu orientieren. Gerade in größeren Städten mit einem umfangreichen Straßennetz ist es ihm nicht verwehrt, im Interesse der Praktikabilität zu pauschalieren. Das aber bedeutet, dass er den Leistungsumfang und die Reinigungshäufigkeit nicht notwendig nach dem individuellen Verschmutzungsgrad jeder einzelnen Straße festzulegen braucht, sondern auf deren Zugehörigkeit zu einem Gebiet abstellen darf, für das von einem bestimmten "typischen" Umfang der Straßenverschmutzung und des daraus folgenden Reinigungsbedürfnisses auszugehen ist. Ein solches Vorgehen erleichtert sowohl die Einstufung als auch die tatsächliche Durchführung der öffentlichen Straßenreinigung, bei der dann zusammenhängende Gebiete nach einem einheitlichen Rhythmus gereinigt werden können (vgl. HessVGH, B.v. 13.5.1996 – 5 N 1664/92, NVwZ-RR 1998, 131).

Gemessen an diesem Maßstab hält sich die Zuordnung der Vogtstraße zur Reinigungsgruppe 3a innerhalb des Gestaltungsspielraums; sie verstößt insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Antragsgegnerin hat unter Vorlage eines Auszugs aus der Niederschrift über die Sitzung ihres Stadtrates vom 11. Dezember 2003, verschiedener Lagepläne und mehrerer Lichtbilder erläutert, dass infolge der Innenstadtentwicklung, der erweiterten Ladenöffnungszeiten und des geänderten Einkaufsverhalten in weiten Bereichen der Innenstadt eine tägliche Reinigung notwendig geworden sei und in vielen Fällen bereits seit 2001 vom städtischen Betriebshof tatsächlich durchgeführt werde. Der Satzungsgeber habe diese Entwicklung lediglich nachvollzogen und die Straßen im Innenstadtbereich entsprechend der bereits praktizierten Verfahrensweise weitgehend in die Reinigungsgruppe 3 mit täglicher Straßenreinigung eingeordnet. Allerdings habe die städtische Reinigungsanstalt aufgrund ihrer beschränkten Kapazitäten nur bei den Fußgängergeschäftsstraßen (Reinigungsgruppe 3b), nicht aber bei den übrigen Straßen (Reinigungsgruppe 3a) die Sicherungspflicht für die Gehwege bei Schnee und Eis übernehmen können. Die Vogtstraße zähle aufgrund ihrer Lage, Verkehrsbedeutung und Beschaffenheit zu den Straßen mit täglichem Reinigungsbedarf. Diese Erwägungen sind nachvollziehbar und halten sich im Rahmen der zulässigen und allein dem Satzungsgeber vorbehaltenen Typisierung und Pauschalierung, die zwangsläufig nicht allen Besonderheiten der konkreten Straße und ihrer „individuellen Verschmutzung“ Rechnung tragen kann.

Die Vogtstraße liegt im Innenstadtbereich und hat angesichts ihrer Lage zwischen der Kronenstraße, dem Rathausplatz und dem St.-Mang-Platz als zentralen Bereichen sowie mit Blick auf den sich anschließenden Sigmund-Ullmann-Platz eine jedenfalls nicht zu vernachlässigende Verbindungsfunktion für den innerstädtischen (Fußgänger-)Verkehr. Da sie zudem in wesentlichen Teilen verkehrsberuhigt ist und die Fahrbahn vom Gehweg nur durch eine Pflastersteinreihe getrennt wird, kann die Einschätzung der Antragsgegnerin nicht von der Hand gewiesen werden, es sei verstärkt mit Fußgängern auf der gesamten Straßenbreite und folglich auch den damit erfahrungsgemäß einhergehenden Verschmutzungen zurechnen. Zwar weist der Antragsteller zutreffend daraufhin, dass nicht alle Straßen im fraglichen Bereich der Reinigungsgruppe 3a oder 3b zugeordnet seien. Indes erweist sich die Zuordnung der Vogtstraße auch im Vergleich insbesondere mit der unmittelbar einmündenden Mehlstraße (Reinigungsgruppe 2) oder der benachbarten Grünbaumgasse (Reinigungsgruppe 1) nicht als willkürlich. Erstere hat ausweislich der vorgelegten Lichtbilder den Charakter einer Fahrstraße mit asphaltierter Fahrbahn und selbstständigen, abgegrenzten Gehwegen, was die Einschätzung der Antragsgegnerin trägt, es sei hier eine geringere Verschmutzung zu erwarten als in der eher einer Fußgängerzone ähnelnden Vogtstraße; letztere ist schon wegen ihrer geringen Ausmaße nicht vergleichbar. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn der Satzungsgeber für die Vogtstraße in pauschalierender Betrachtung einen hohen Verschmutzungsgrad, wie er für die innerstädtischen Fußgängerbereiche typisch ist, und einen entsprechenden täglichen Reinigungsbedarf annimmt. Ebenfalls keinen Bedenken begegnet die Entscheidung, den winterlichen Sicherungsdienst der Gehwege aufgrund der beschränkten Kapazitäten auf die Fußgängergeschäftsstraßen im Innenstadtbereich zu beschränken, zu denen die Vogtstraße zweifellos nicht zählt.

Dem Einwand des Antragstellers, die Vogtstraße werde entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin bislang nicht täglich gereinigt, braucht im Rahmen der Normenkontrolle nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn eine – unterstellte – geringere als in der Satzung vorgesehene Reinigungshäufigkeit würde nicht die abstrakte Einstufung in die Reinigungsgruppe 3a in Frage stellen. Sollte allerdings tatsächlich die Reinigungsfläche vor dem klägerischen Grundstück von der Straßenreinigungsanstalt der Antragsgegnerin über einen längeren Zeitraum hinweg nicht oder nur völlig unzureichend gereinigt werden, dann dürfte der Antragsteller insoweit nicht zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen werden, weil es an einer Benutzung der Straßenreinigungsanstalt fehlen würde (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.1986 – 4 B 84 A.1995, GK 1986 RdNr. 227; U.v. 12.12.1995 – 4 B 93.3363).

2. Die vom Antragsteller weiter angegriffene Elfte Satzung zur Änderung der Gebührensatzung zur Satzung über die Straßenreinigung vom 15. Dezember 2003 ist ebenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar.

Der Einwand des Antragstellers, die Differenz der Straßenreinigungsgebühr je laufendem Meter der Straßenfrontlänge zwischen der Reinigungsgruppe 3a ohne Winterdienst (19,40 €) und der Reinigungsgruppe 3b mit Winterdienst (20,01 €) sei mit lediglich 0,61 € zu gering und lasse eine Quersubventionierung vermuten, greift nicht durch.

Die Gebühren sind gemäß Art. 8 Abs. 4 KAG nach dem Ausmaß zu bemessen, in dem die Gebührenschuldner die öffentliche Einrichtung benutzen (Äquivalenzprinzip); sonstige Merkmale können zusätzlich berücksichtigt werden, wenn öffentliche Belange das rechtfertigen. Das verlangt, wovon der Antragsteller zu Recht ausgeht, dass wesentlichen Leistungsunterschieden der öffentlichen Einrichtung durch eine differenzierte Gebührenstruktur Rechnung getragen wird. Mit dem Äquivalenzprinzip wäre es nicht vereinbar, eine einheitliche Straßenreinigungsgebühr zu erheben, wenn die kommunale Straßenreinigungsanstalt die Gehwegsicherung im Winter nicht im gesamten Reinigungsgebiet, sondern nur in ausgewählten Bereichen erbringen würde. Dem trägt die Gebührensatzung der Antragsgegnerin in der hier in Streit stehenden Fassung ausreichend Rechnung, indem sie für die verschiedenen Reinigungsgruppen gestaffelt nach Reinigungshäufigkeit und Übernahme der Gehwegsicherung unterschiedliche Gebührensätze vorsieht. Entgegen der Vermutung des Antragstellers wurden in die Kalkulation der Gebühren für die Reinigungsgruppen 1, 2 und 3a, in denen keine winterliche Gehwegsicherung erbracht wird, auch keine Kosten für diese Leistung eingestellt. Das ergibt sich aus den Kalkulationsunterlagen, die die Antragstellerin vorgelegt hat. Danach ist bei sämtlichen Reinigungsgruppen lediglich der Personal- und Sachaufwand für die Straßenreinigung angesetzt. Auf den danach errechneten Gebührensatz wurde nur für die Reinigungsgruppen 3b und 4 ein pauschalierter Zuschlag aufgeschlagen, um damit die zusätzliche Leistung der Gehwegsicherung abzubilden. Das begegnet auch mit Blick auf das Verhältnis von zusätzlicher Leistung und Höhe des Zuschlags keinen Bedenken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der von der städtischen Straßenreinigungsanstalt für die Anlieger durchgeführte Winterdienst nur die Sicherung der Gehwege umfasst, während die Reinigungsleistung auch die Fahrbahn umfasst.

Bei der Bemessung der Gebühren hat die Antragsgegnerin auch, wie in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurde, den auf das Allgemeininteresse an sauberen Straßen dienenden Kostenanteil in ausreichendem Umfang vorweg abgezogen und nicht auf die Anlieger umgelegt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 7.4.1989 – 8 C 90.87BverwGE 81, 371 ff.; BayVGH, U.v. 27.11.1996 – 4 B 95.3257 – GK 1997 RdNr. 178; U.v. 4.8.2005 – 4 BV 03.1932 <juris RdNr. 26>)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).