Bayerischer VGH, Beschluss vom 07.01.2008 - 11 CS 07.1812
Fundstelle
openJur 2012, 89158
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 31. Mai 1956 im Libanon geborene Antragsteller hatte nach Aktenlage eine deutsche Fahrerlaubnis der ehemaligen Klasse 3 inne.

1. Am 23. Juni 2002 unterzog ihn die Landespolizei um 10.15 Uhr einer Verkehrskontrolle. In einer ihm am gleichen Tag um 11.08 Uhr entnommenen Blutprobe wurden Benzoylecgonin in einer Konzentration 0,29 mg/L und Methylecgonin in einer Konzentration von 0,014 mg/L sowie THC-Carbonsäure in einer Konzentration von 8,5 µg/L vorgefunden. Das mit der Auswertung der Blutprobe beauftragte Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München merkt dazu an, die erhobenen Befunde würden zeigen, dass der Antragsteller vor der Entnahme der Blutprobe Kokain und Cannabis-Inhaltsstoffe aufgenommen habe. Wegen der Nichtauffindbarkeit unveränderten THC's sei allerdings davon auszugehen, dass zumindest für den Zeitpunkt der Blutentnahme eine verkehrsrelevante Wirkung von Cannabis-Inhaltsstoffen nicht mehr mit Sicherheit nachgewiesen werden könne.

Am 1. März 2004 traf die Polizei den Antragsteller um 9.00 Uhr beim Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr an. In einer ihm an diesem Tag um 10.43 Uhr entnommenen Blutprobe wurden THC in einer Konzentration von 0,9 µg/L und THC-Carbonsäure in einer Konzentration von 7,3 µg/L festgestellt. Durch unanfechtbar gewordenen Bußgeldbescheid vom 17. Mai 2004 wurde gegen ihn wegen dieses Sachverhalts eine Geldbuße in Höhe von 250,-- € verhängt.

2. Auf Verlangen der Antragsgegnerin legte der Antragsteller ihr am 22. November 2004 ein am 18. November 2004 versandtes medizinisch-psychologisches Gutachten der ... GmbH vor, das zu der Frage Stellung nehmen sollte, ob er trotz bestehender Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie der bekannten Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1/2 sicher führen könne, ob insbesondere nicht zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder deren Nachwirkungen führen werde.

Nach Darstellung in diesem Gutachten gab der Antragsteller bei den dieser Ausarbeitung zugrunde liegenden Untersuchungen an, er habe niemals Kokain bewusst eingenommen; 2002 sei es ihm wohl über Tabletten verabreicht worden. Cannabis habe er einmal im Jahr 1996 geraucht. 2002 habe er unwissentlich "wohl irgendwie mitgeraucht". 2004 habe er von einem Mann eine Zigarette bekommen, die wohl Cannabis enthalten habe. Im psychologischen Untersuchungsgespräch habe er die Frage, ob er wegen des Betäubungsmittelkonsums jemals einen Kurs oder eine Therapie absolviert habe, mit der Begründung verneint, er habe das nicht gebraucht. Zu dem Vorfall am 23. Juni 2002 habe er zunächst angegeben, von einer Frau eine Tablette mit dem Bemerken erhalten zu haben, dass es sich hierbei um Viagra handele; diese Tablette habe er nicht genommen. Danach sei er gefahren; ein Test auf Cannabis und Kokain sei positiv ausgefallen. Im weiteren Fortgang des Untersuchungsgesprächs habe er angegeben, von jener Frau zwei Tabletten erhalten zu haben, die sie als Potenzmittel bezeichnet habe; diese Tabletten habe er genommen. Zu dem Cannabiskonsum am 1. März 2004 sei es deshalb gekommen, da er sich mit Personen am Bahnhof getroffen und er dort ein oder zwei Joints mitgeraucht habe, die reihum gegangen seien. Auf Nachfrage, warum er Betäubungsmittel genommen habe, stellte er nach Aktenlage in Abrede, Drogen konsumiert zu haben, und gab an, eine Frau, die bei ihm die Nacht vor dem 1. März 2004 verbracht habe, habe - im Gegensatz zu ihm - "geraucht". Aufgefordert, seine früheren Konsumgewohnheiten zu schildern, behauptete der Antragsteller, Haschisch erstmals 1996 im Englischen Garten geraucht zu haben. Außerdem habe er 1999 Haschisch konsumiert, als er eine Beziehung zu einer strafentlassenen Frau aufgenommen habe. Die Einnahme anderer Drogen stellte er in diesem Teil des Gesprächs in Abrede. Zu seinen aktuellen Umgang mit Betäubungsmitteln befragt, gab er nach Aktenlage an: "Ich nehme absolut nichts mehr"; sein letzter Drogenkonsum habe im März 2004 stattgefunden. Auf die Frage, welche Wirkungen er sich von dem Betäubungsmittelkonsum erhofft habe, gab er nach Darstellung in dem Gutachten an: "Ich sitze mit der Frau da und dann habe ich mitgemacht. Es war nicht mein Ziel, Haschisch zu rauchen. Ich habe das nicht gemacht."

Das Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, beim Antragsteller seien die Voraussetzungen für eine positive Prognose noch nicht erfüllt. Es hätten sich Widersprüche zu aktenkundigen Informationen gefunden; die Schilderung über den Verlauf des Konsumverhaltens könne die Annahme einer offenen Darstellung noch nicht begründen. Der Antragsteller habe sich mit seinem Konsummotiv bisher nur sehr oberflächlich beschäftigt und ziehe jeweils außenstehende Personen für seine Problematik zur Verantwortung. Da der behauptete Drogenverzicht nicht das Ergebnis einer nachvollziehbaren inhaltlichen Auseinandersetzung mit den für das Entstehen und Aufrechterhalten einer Betäubungsmittelproblematik ursächlichen persönlichen Faktoren sei, könne noch nicht begründet werden, dass die angegebene Verhaltensänderung stabil sei. Aus den bei der Begutachtung erhobenen diagnostischen Daten könne auf das Bestehen einer noch nicht hinreichend aufgelösten, verfestigten Betäubungsmittelproblematik geschlossen werden. Würde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis belassen, wären erneute Fahrten unter Drogeneinfluss überwiegend wahrscheinlich. Auf die weiteren Darlegungen im Gutachten vom 18. November 2004 wird Bezug genommen.

3. Mit Schreiben vom 10. Juni 2005 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, ein weiteres medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vorzulegen. Dessen Bevollmächtigter machte daraufhin geltend, der Antragsteller habe sich bereits vor Monaten bei einer "… ... (…)" in psychosoziale Betreuung begeben.

Am 4. November 2005 ging der Antragsgegnerin eine vom 28. Oktober 2005 datierende, von einer Diplom-Psychologin der ... im Auftrag des Bevollmächtigten des Antragstellers gefertigte "Stellungnahme zur psychosozialen Betreuung" des Antragstellers zu. Dieser Ausarbeitung zufolge hat der Antragsteller acht Betreuungsstunden bei der ... absolviert. Im Verlauf der Betreuung habe er sein Verhalten, das Anlass für die Überprüfung seiner "Fahrtauglichkeit" gewesen sei, zunehmend selbstkritischer betrachtet. Er habe Angaben gemacht, die eine Verhaltensänderung aufzeigen würden. Ferner habe sich im Verlauf der Betreuung gezeigt, dass der Antragsteller seine eigene Verantwortung "in den fraglichen Situationen" zunehmend klarer wahrnehme. Er habe bestehende Unklarheiten bezüglich der gefundenen Drogenwerte ausreichend und erstmals wirklich nachvollziehbar erklären können; offensichtliche Verdeckungstendenzen bezüglich seiner Drogengewohnheiten hätten sich im Verlauf der Betreuung nicht mehr gezeigt. In seiner jetzigen Lebenssituation seien "sich deutliche reduzierende Rückfall-Wahrscheinlichkeiten" für erneuten Drogenkonsum erkennbar. Er habe sich in den Gesprächen der möglichen Faktoren und Risiken, die zu erneutem Konsum führen könnten, bewusst gezeigt. Im Laufe der Betreuung sei deutlich geworden, dass der Antragsteller vor dem Hintergrund seiner kulturellen und religiösen Wertvorstellungen Schwierigkeiten gehabt habe, Bereiche wie "Drogenkonsum" und "Beziehungssituationen" offen zu besprechen. Er habe über mehrere Jahre hinweg eine Beziehung zu einer Frau unterhalten, die regelmäßig Haschisch geraucht habe. In "gemeinsamen Situationen" habe er häufiger mit ihr mitgeraucht. Seit dem letzten Vorfall im März 2004 habe er den Kontakt zu dieser Frau abgebrochen. Er habe ferner eingeräumt, einmal bewusst Kokain eingenommen zu haben, das ihm von einer Prostituierten angeboten worden sei. Das sei der Grund dafür, warum er den Konsum früher nicht habe einräumen wollen. Er habe sich nach der Einnahme äußerst "aufgekratzt" und unwohl gefühlt, weswegen er fast sofort danach Haschisch geraucht habe. Auf die weiteren Darlegungen in der Ausarbeitung vom 28. Oktober 2005 wird Bezug genommen.

Am 24. November 2005 ging der Antragsgegnerin ein am 17. November 2005 versandtes Schreiben der ... GmbH zu, in dem diese über die Ergebnisse einer im Auftrag des Antragstellers am 31. Oktober 2005 durchgeführten Haaranalyse berichtete. Eingangs dieses Schreibens wird ausgeführt, der Antragsteller habe angegeben, "von April 2002 bis Februar 2003 ausschließlich und gelegentlich Cannabis und Kokain konsumiert zu haben"; seit Februar 2003 seien keine Drogen mehr konsumiert worden. Die Analyse einer 7 cm langen Haarprobe auf Kokain und Metabolite, Cannabis, Methadon, Opiate (Morphin, Heroin, Codein) sowie Amphetamine und Amphetaminderivate sei negativ ausgefallen. Auf der Grundlage einer mittleren Wachstumsrate von einem Zentimeter je Monat erfasse die Untersuchung der Haarprobe ein Zeitintervall von circa Mitte März 2005 bis Mitte Oktober 2005. Für diesen Zeitraum könne ein relevanter Konsum von Drogen des vorgenannten Untersuchungsspektrums weitgehend ausgeschlossen werden.

4. Mit Schreiben vom 28. November 2005 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller erneut auf, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten beizubringen.

Am 17. Juli 2006 ging der Antragsgegnerin ein am 2. Februar 2006 versandtes Gutachten der ... GmbH zu. Nach Darstellung in dieser Ausarbeitung gab der Antragsteller bei der der Gutachtenserstellung vorausgehenden, am 19. Januar 2006 durchgeführten Untersuchung an, zweimal Cannabis probiert und im Jahr 2002 einmal Kokain eingenommen zu haben. Am 25. Juli 2005, 19. September 2005, 26. Oktober 2005 und 13. Januar 2006 habe er bei der ... GmbH Urin-Drogenscreenings durchführen lassen, die in Bezug auf Opiate, Cannabinoide, Kokain, Methadon, Benzodiazepine, Amphetamine und Ecstasy negativ ausgefallen seien. Die Einbestellung zu diesen Testungen sei kurzfristig erfolgt; die Identität sei kontrolliert und der Urin, dessen Kreatininwert im Normbereich gelegen habe, unter direkter Sicht gewonnen worden. Über den Beginn und die Häufigkeit seines Betäubungsmittelkonsums befragt, habe der Antragsteller angegeben, er habe Drogen erst durch eine Frau kennengelernt, zu der er im Jahr 2004 eine Beziehung aufgenommen habe. Auf die wiederholte Frage, wann er zum ersten Mal Drogen konsumiert habe, reagierte er mit der Erklärung, aktuell keine Betäubungsmittel einzunehmen. Auf nochmalige Nachfrage zu diesem Punkt stellte er einen Betäubungsmittelkonsum vor der Aufnahme der Beziehung zu der vorerwähnten Frau in Abrede. Auf wiederholtes Insistieren gab er sodann an, sich nicht erinnern zu können. Die Frage nach der Häufigkeit seines Drogenkonsums beantwortete der Antragsteller zunächst damit, dass er angab, die vorerwähnte Frau habe nur Haschisch geraucht. Auf eine Wiederholung dieser Frage hin erklärte er u. a., "nie geraucht" zu haben; er habe jedoch Zigaretten, die ihm jene Frau gegeben habe, konsumieren müssen, um von ihr Geld zu erhalten. Eine erneute Nachfrage nach der Häufigkeit seines Cannabiskonsums nahm er zum Anlass, um zu bekunden, er habe eigentlich "kein Interessen an dieser Sache" gehabt. Nachdem der Gutachter ihn ein viertes Mal aufgefordert hatte, die Häufigkeit seines Cannabiskonsums offenzulegen, behauptete er erneut, dieses Betäubungsmittel vor der im Februar 2004 erfolgten Kontaktaufnahme mit der letztgenannten Frau nicht konsumiert zu haben. Dieser Äußerung schloss sich die nach Aktenlage unmittelbar nachfolgende Erklärung an, nie im Leben "geraucht" zu haben. Kokain sei am 23. Juni 2002 deshalb in seinem Körper vorgefunden worden, weil Frauen, die sich am Vortag in seiner Wohnung aufgehalten hätten, ihm dieses Betäubungsmittel mit dem Bemerken verabreicht hätten, es handele sich um eine Kopfschmerztablette. Außerdem habe er damals ein bis zwei Mal an einer Haschischzigarette gezogen.

Das Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, beim Antragsteller lägen zwar keine körperlichen Leistungseinschränkungen vor; er könne jedoch wegen des früheren Drogenmissbrauchs ein Kraftfahrzeug nicht sicher führen. Es sei insbesondere noch zu erwarten, dass er ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen oder deren Nachwirkungen führen werde. Zur Begründung verwies die ... GmbH auf die Widersprüche zwischen den Darstellungen des Antragstellers und den sich aus den Akten ergebenden Informationen sowie darauf, dass er seinen Drogenkonsum sehr stark bagatellisiert und in einer "schuldabweisenden" Art geschildert habe. Der Antragsteller sei sich seiner Rückfallgefährdung noch keineswegs bewusst; er überschätze seine diesbezüglichen Kontrollmöglichkeiten, und habe keine geeigneten Strategien zur Verhinderung erneuten Drogenkonsums erarbeitet. Die fachliche Unterstützung, die er auf Anraten seines anwaltlichen Bevollmächtigten in Anspruch genommen habe, habe noch nicht zu einer ausreichend realistischen Selbsteinschätzung und Bearbeitung der Hintergründe seiner Drogenproblematik beigetragen; die in der Stellungnahme der ... formulierte Einschätzung sei entweder deutlich zu positiv, oder die damals gezeigte Einsicht des Antragstellers sei nicht stabil gewesen. Es sei vielmehr von einer sehr starken Verdrängung der Problematik auszugehen, die einer wesentlich intensiveren Aufarbeitung bedürfe.

5. Mit Schreiben vom 18. September 2006 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, ein weiteres medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten beizubringen. Dieser Forderung trat der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 2. Februar 2007 entgegen.

6. Durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 23. April 2007 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen und gab ihm unter Zwangsgeldandrohung auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab der Zustellung des Bescheids, bei der Führerscheinstelle oder bei einer näher bezeichneten Polizeiinspektion abzugeben. Sollte dieses Dokument nicht auffindbar sein, habe der Antragsteller innerhalb der gleichen Frist eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. Auf die Bescheidsgründe wird Bezug genommen.

Über den hiergegen eingelegten Widerspruch wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden.

7. Den Antrag, die aufschiebende Wirkung dieses Rechtsbehelfs und einer ggf. nachfolgenden Anfechtungsklage wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht München durch Beschluss vom 3. Juli 2007, auf dessen Begründung verwiesen wird, ab.

8. Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller, den Beschluss vom 3. Juli 2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sowie einer ggf. nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 23. April 2007 wiederherzustellen. Zur Begründung trägt er vor, die Aufforderung vom 18. September 2006 sei nicht rechtens gewesen.

Wegen des Vorfalls am 23. Juni 2002 habe das Amtsgericht München einen rechtskräftig gewordenen Strafbefehl erlassen, durch den gegen ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen verhängt und ihm die Fahrerlaubnis "für acht Monate entzogen" worden sei. Der Betäubungsmittelkonsum im Jahr 2002 liege u. a. deshalb "zu lange zurück", weil die Antragsgegnerin trotz positiver Kenntnis aller Tatsachen davon abgesehen habe, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen. Angesichts seiner intensiven Bemühungen, sich mit der Drogenproblematik auseinanderzusetzen, sei das auch angemessen gewesen.

Dem Vorfall am 1. März 2004 könne keine Bedeutung mehr zukommen, da angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Dezember 2004 (NJW 2005, 349) insoweit nicht einmal eine bußgeldrechtliche Ahndung in Betracht gekommen wäre, und ein Tätigwerden der Antragsgegnerin erst bei einem THC-Wert von 1,0 mg/L angezeigt gewesen wäre.

Während der letzten Jahre habe der Antragsteller beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen; soweit seinem Bevollmächtigten bekannt, lägen keine weiteren Eintragungen im Verkehrszentralregister vor. Die Psychologin, die ihn bei der ... GmbH betreut habe, habe ihm am 28. Oktober 2005 den erfolgreichen Abschluss der Behandlung bescheinigt. Im Hinblick hierauf und angesichts des Ergebnisses der von der ... GmbH durchgeführten Haar- und Urinuntersuchungen seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, die gegenwärtig eine Entziehung der Fahrerlaubnis - zumal in sofort vollziehbarer Weise - rechtfertigen könnten. Auch die erneute Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung sei nicht statthaft gewesen.

Zudem sei das Gutachten der ... GmbH vom 2. Februar 2006 fehlerhaft, da es sich nicht mit dem soziokulturellen Hintergrund des Antragstellers auseinandergesetzt bzw. diesen verkannt habe. Nach Darstellung der Psychologin, die den Antragsteller bei der ... GmbH betreut habe, sei es ihm anfänglich nur schwer möglich gewesen, selbstkritisch zu einzelnen Themen Angaben zu machen. Aufgrund kultureller und religiöser Wertvorstellungen habe es ihm Schwierigkeiten bereitet, Bereiche wie Drogenkonsum und Beziehungssituationen offen zu besprechen. Im Übrigen habe auch das Gutachten vom 2. Februar 2006 lediglich vorgeschlagen, weitere Drogenscreenings anzuordnen.

Mit Schriftsatz vom 17. September 2007 machte der Bevollmächtigte des Antragstellers geltend, der Vorfall vom 23. Juni 2002 habe nur eine Ahndung als Verkehrsordnungswidrigkeit nach sich gezogen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den beigezogenen Vorgang der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das vorliegende Beschwerdeverfahren erfordert und erlaubt keine umfassende Prüfung der Frage, ob der Bescheid vom 23. April 2007 der Nachprüfung im anhängigen Widerspruchs- und in einem sich ggf. anschließenden Klageverfahren standhalten wird. Denn nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Behandlung dieses Rechtsmittels auf die form- und fristgerecht geltend gemachten Beschwerdegründe beschränkt. Aus ihnen ergeben sich weder Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Ausgangsverwaltungsakts, noch kann angesichts des Beschwerdevorbringens davon gesprochen werden, das Aufschubinteresse des Antragstellers überwiege aus anderen Gründen das öffentliche Interesse daran, ungeeignete Personen von der motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr fernzuhalten.

1. Der Antragsteller hat die Fahreignung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV in Verbindung mit der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung dadurch verloren, dass er am 23. Juni 2002 oder kurz zuvor Kokain konsumiert hat. Die Verwertbarkeit dieser Tatsache wurde in der Beschwerdebegründung - abgesehen von dem im nachstehenden Abschnitt II.2 zu erörternden Argument der zwischenzeitlich behauptetermaßen wiedererlangten Fahreignung - zum einen deswegen bezweifelt, weil seit jener Betäubungsmitteleinnahme nunmehr bereits mehrere Jahre verstrichen sind (dazu nachfolgend unter II.1.a); zum anderen hat der Antragsteller geltend gemacht, die Antragsgegnerin habe trotz positiver Kenntnis aller Tatsachen lange Zeit davon abgesehen, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen (dazu unter II.1.b).

a) Der vorliegende Fall erfordert keine Entscheidung der Frage, ob in der Vergangenheit liegende Sachverhalte fahrerlaubnisrechtlich so lange berücksichtigungsfähig sind, als sie keinem gesetzlichen Verwertungsverbot unterliegen, wie es sich - abgesehen von den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes - im Straßenverkehrsrecht namentlich aus § 2 Abs. 9 und § 29 Abs. 8 StVG ergibt (vgl. dazu auch BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11). Denn selbst wenn aus der weiteren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 2005 (Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12) herzuleiten sein sollte, dass die Berücksichtigung einer länger zurückliegenden Tatsache über das Nichteingreifen eines explizit normierten Verwertungsverbots hinaus voraussetzt, dass die Heranziehung dieser "Alttatsache" verhältnismäßig ist, so wäre diese Voraussetzung vorliegend zu bejahen.

Verhältnismäßig ist der Rückgriff auf einen länger zurückliegenden Betäubungsmittelkonsum dann, wenn er nach seinem Gewicht und unter zeitlichen Gesichtspunkten noch geeignet ist, die Fahreignung in Zweifel zu ziehen (BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12, RdNr. 22 im Juris-Ausdruck). Das ist dann der Fall, wenn die Heranziehung eines solchen Sachverhalts zur Abwehr einer bei realistischer Einschätzung tatsächlich bestehenden Gefahr notwendig ist (BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12, RdNr. 22 im Juris-Ausdruck). Letzteres wiederum ist dann zu bejahen, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Betroffene noch Drogen einnimmt oder jedenfalls rückfallgefährdet ist und sich dies auf sein Verhalten im Straßenverkehr auswirken kann (BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12, RdNr. 22 im Juris-Ausdruck). Erforderlich ist eine Einzelfallbetrachtung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände (BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12, RdNr. 23 im Juris-Ausdruck), wobei die Art und das Ausmaß des früheren Drogenkonsums, ferner die Art des eingenommenen Betäubungsmittels und seine Eignung, Abhängigkeit zu erzeugen, ins Gewicht fallen können (BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12, RdNr. 24 im Juris-Ausdruck).

Gemessen hieran ist es der Antragsgegnerin und den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht verwehrt, zu Lasten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er im Juni 2002 nachweislich Kokain eingenommen hat. Kokain ist ein Betäubungsmittel mit hohem Suchtpotential. Im Fall des Antragstellers kam als gefahrerhöhendes Moment hinzu, dass er unter dem Einfluss dieses Betäubungsmittels ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat. Denn nach dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 19. August 2002 lag sowohl im Zeitpunkt der Blutentnahme als auch - erst recht - während der Verkehrsteilnahme eine Wirkung von Kokain vor; die im Blut des Antragstellers festgestellte Konzentration von Abbauprodukten dieser Droge habe im "typischen Wirkbereich" gelegen.

Der Annahme, der Vorfall vom 23. Juni 2002 müsse wegen der seither verstrichenen Zeit außer Betracht bleiben, steht ferner entgegen, dass beim Antragsteller ausweislich des ...-Gutachtens vom 18. November 2004 damals eine noch nicht hinreichend aufgelöste, verfestigte Betäubungsmittelproblematik vorlag, bei ihm außerdem die Fähigkeit, zwischen dem Drogenkonsum und der Verkehrsteilnahme zu trennen, nicht mehr gegeben war, und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür sprach, dass er erneut auffällig werden würde. Auch das Gutachten vom 2. Februar 2006 gelangte zu dem Ergebnis, es sei noch zu erwarten, dass er ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln bzw. anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen oder deren Nachwirkungen führen werde. Gegen die Überzeugungskraft der Ausarbeitung der ... GmbH vom 18. November 2004 hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren keine Einwände erhoben; mit den gegen das Gutachten vom 2. Februar 2006 vorgebrachten Angriffen kann er aus den im Abschnitt II.2.b dieses Beschlusses dargelegten Gründen nicht durchdringen.

Ein Verwertungsverbot nach § 29 Abs. 8 StVG lässt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht bejahen, da nicht in rechtlich beachtlicher Weise vorgetragen wurde, dass der Vorfall vom 23. Juni 2002 eine Eintragung in das Verkehrszentralregister nach sich gezogen hat, hinsichtlich derer es ggf. zu einer Tilgung (und zu einem daraus resultierenden Verwertungsverbot) gekommen sein könnte. Das gegen den Antragsteller seinerzeit eingeleitete Strafverfahren wurde nach Aktenlage (vgl. Bl. 34 - 36 des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin) vielmehr gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Die im Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 17. September 2007 aufgestellte Behauptung, das Vorkommnis vom 23. Juni 2002 habe eine Verurteilung wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach sich gezogen, muss im anhängigen Beschwerdeverfahren nicht nur deshalb gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO außer Betracht bleiben, weil dieser Vortrag dem Gericht erst nach dem Ablauf der am 9. August 2007 endenden Beschwerdebegründungsfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) zuging; sie findet auch in den Akten keine Stütze.

Mangels einschlägiger Rügen des Antragstellers hat der Senat vorliegend ferner nicht der Frage nachzugehen, ob ein Verwertungsverbot u. U. dann anzunehmen wäre, wenn die am 23. Juni 2002 begangene Tat den Erlass eines Bußgeldbescheids (z.B. wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 2 StVG) nach sich gezogen hätte, dieser jedoch versehentlich nicht in das Verkehrszentralregister eingetragen worden wäre. Gleiches gilt für die Frage, ob ein Verwertungsverbot in analoger Anwendung des § 29 Abs. 8 StVO dann anzunehmen wäre, wenn das Verhalten des Antragstellers am 23. Juni 2002 eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit erlaubt (bzw. sie ggf. sogar erfordert) hätte, es dazu - aus welchen Gründen auch immer - jedoch nicht gekommen ist.

b) Mit dem sinngemäßen Einwand, die Antragsgegnerin habe ihre Befugnis, dem Antragsteller die Fahreignung wegen des Vorfalls vom 23. Juni 2002 zu entziehen, deshalb "verwirkt", weil sie trotz positiver Kenntnis der Umstände, die zum Verlust seiner Fahreignung führten, mehrere Jahre verstreichen ließ, ehe sie ihm die Fahrerlaubnis entzog, könnte der Antragsteller auch dann nicht durchdringen, wenn die Möglichkeit einer Verwirkung sicherheitsrechtlicher Befugnisse, deren Wahrnehmung - wie vorliegend der Fall - nicht im Ermessen der zuständigen Behörde steht, dem Grunde nach überhaupt anzuerkennen sein sollte (verneinend Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. I, 10. Aufl. 1994, § 37, RdNr. 17; verneinend für den Bereich des Disziplinarrechts ferner BVerwG vom 6.7.1984 BVerwGE 76, 176/180). Zwar ist die Antragsgegnerin - was auch der Verwaltungsgerichtshof mit Befremden zur Kenntnis genommen hat - zunächst praktisch über zwei volle Jahre hinweg gänzlich untätig geblieben, nachdem sie schon in der ersten Julihälfte 2002 davon erfahren hatte, dass der Antragsteller nicht nur Konsument einer "harten" Droge war (das zieht im Regelfall bereits für sich genommen den Verlust der Fahreignung nach sich), sondern dass er unter dem Einfluss eines solchen Betäubungsmittels auch motorisiert am Straßenverkehr teilgenommen hatte. Die Zeitspanne, die bis zur ersten, vom 30. Juni 2004 datierenden Aufforderung verstrichen ist, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, war indes nicht so groß, dass der Antragsteller hieraus schutzwürdig herleiten durfte, die Antragsgegnerin werde von ihrem Recht, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen oder zumindest seine Fahreignung zu überprüfen, keinen Gebrauch mehr machen. Zudem setzt das Institut der Verwirkung auch im öffentlichen Recht stets voraus, dass zum Verstreichen einer langen Zeitspanne, während derer eine Befugnis nicht ausgeübt wurde, weitere Umstände hinzukommen, die beim Dritten die Annahme rechtfertigen, der Berechtigte werde von den Möglichkeiten, die ihm die Rechtsordnung eröffnet, keinen Gebrauch mehr machen (vgl. zu diesem Erfordernis Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, RdNr. 95 zu § 242). Ein über ihre anfängliche Inaktivität hinausgehendes Verhalten, kraft dessen beim Antragsteller ein rechtlich ggf. anerkennenswertes Vertrauen entstehen durfte, der Vorfall vom 23. Juni 2002 werde für ihn fahrerlaubnisrechtlich keine Konsequenzen mehr zeitigen, hat die Antragsgegnerin jedoch zu keiner Zeit an den Tag gelegt.

Als sie ab der Jahresmitte 2004 sodann die Sachbearbeitung aufnahm, hat sie zu Recht davon abgesehen, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aufgrund des Vorfalls vom 23. Juni 2002 gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Sachverhaltsaufklärung zu entziehen. Denn da seither mehr als ein Jahr verstrichen war, musste sie damit rechnen, dass der Antragsteller die Fahreignung wiedererlangt haben könnte; bereits die bloße Nichtausschließbarkeit einer solchen Entwicklung steht nach dem Ablauf der "verfahrensrechtlichen Einjahresfrist" (vgl. zu dieser Begrifflichkeit BayVGH vom 9.5.2005 BayVBl 2006, 18) einem Vorgehen nach § 11 Abs. 7 FeV entgegen.

Der Umstand, dass der Antragsteller zwischenzeitlich wegen einer am 1. März 2004 begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 2 StVG belangt worden war, rechtfertigte es nicht, die Möglichkeit einer Wiedererlangung der Fahreignung ohne weiteres zu verneinen. Denn da er damals nur mit einer Konzentration von 0,9 µg THC je Liter Blut als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilgenommen hatte, fiel ihm insoweit kein Verstoß gegen das in der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung verankerte Trennungsgebot zur Last. Dieses Gebot wird nach Auffassung des beschließenden Senats (vgl. BayVGH vom 25.1.2006 DAR 2006, 407) erst dann missachtet, wenn ein Kraftfahrzeug mit mehr als 2,0 µg THC je Liter Blut im Straßenverkehr geführt wird. Da eine Wiedergewinnung der Fahreignung auch dann in Betracht kommt, wenn eine Person Haschisch oder Marihuana in einer Weise einnimmt, die die Fahreignung unberührt lässt, der Antragsteller zudem bis zum 30. Juni 2004 nicht behauptet hatte, sich des Cannabiskonsums gänzlich zu enthalten (wird eine solche Behauptung aufgestellt und kann sie widerlegt werden, steht das einer Wiedererlangung der Fahreignung entgegen), musste die Antragsgegnerin im Verwaltungsverfahren der Möglichkeit einer Wiedergewinnung der Fahreignung durch den Antragsteller nachgehen.

Diesen Gesichtspunkt hat sie durch die Anforderung medizinisch-psychologischer Gutachten aufzuklären versucht. Zwar hat die Antragsgegnerin dadurch gegen die sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG ergebende Amtspflicht verstoßen, ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern die motorisierte Teilnahme am Straßenverkehr zu verwehren, dass sie dem Antragsteller nicht alsbald nach dem Eingang der in ihrer Aussagekraft eindeutigen Ausarbeitung vom 18. November 2004 die Fahrerlaubnis entzogen hat. Diese Säumnis wirkte sich indes allein zugunsten des Antragstellers aus, dem durch die Schreiben der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2005, vom 28. November 2005 und vom 18. September 2006 weitere Gelegenheiten geboten wurden, die Wiedererlangung der am 23. Juni 2002 verlorenen Fahreignung nachzuweisen.

2. Da der Antragsteller der letztgenannten Anordnung nicht nachgekommen ist und diese rechtmäßig - insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig - war, durfte die Antragsgegnerin gemäß § 11 Abs. 8 FeV von seiner fortbestehenden Fahrungeeignetheit ausgehen.

a) Der Antragsteller hatte bis zum 18. September 2006 nicht nachgewiesen, dass er sich ein Jahr lang des Konsums von Betäubungsmitteln enthalten hatte, wie das nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung u. a. notwendig ist, um die Wiedererlangung einer verlorenen Fahreignung darzutun.

Zu belegen hatte der Antragsteller jedenfalls den durchgängigen Verzicht auf Kokain und Cannabis, da er diese Drogen in der Vergangenheit konsumiert hatte; die Frage, ob von Rechts wegen auch weitere Betäubungsmittel in den Abstinenznachweis einbezogen werden durften, bedarf mangels einschlägigen Beschwerdevorbringens vorliegend keiner Erörterung. Zwar würde - wie bereits erwähnt - bei Cannabis auch der Übergang zu einem fahrerlaubnisrechtlich unbedenklichen Konsumverhalten bzw. die Beibehaltung eines solchen Konsumverhaltens genügen, damit eine Person als (wiederum) fahrgeeignet angesehen werden kann. Da der Antragsteller bei der dem Gutachten vom 18. November 2004 zugrunde liegenden Untersuchung jedoch behauptet hatte, nach dem 1. März 2004 sich auch des Gebrauchs dieses Betäubungsmittels vollständig enthalten zu haben, durfte er an dieser Einlassung festgehalten werden.

Da Kokain in Haaren von allen Betäubungsmitteln am empfindlichsten nachweisbar ist (Möller, in: Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2005, § 3, RdNr. 162), insbesondere bereits nach einem einmaligen Konsum dieses Betäubungsmittels bei Haaranalysen positive Ergebnisse erzielt wurden (Möller, ebenda), kann der Beweis des Verzichts auf die Einnahme dieser Droge in rechtsgültiger Weise durch eine lege artis durchgeführte Haaruntersuchung erbracht werden (vgl. zuletzt BayVGH vom 20.11.2007 Az. 11 C 07.2783, RdNrn. 28 - 30 im Juris-Ausdruck). Die Haaranalyse, die der Antragsteller hat durchführen lassen, deckt, wie im Schreiben der ... GmbH vom 17. November 2005 zutreffend ausgeführt wurde, den Zeitraum von etwa Mitte März bis Mitte Oktober 2005 ab. Die vom Antragsteller außerdem veranlassten Urinscreenings erbringen den Nachweis von Drogenfreiheit für die Zeitspanne von etwa Mitte Juli 2005 bis Mitte Januar 2006. Damit stehen hinsichtlich des Betäubungsmittels "Kokain" Abstinenzbelege zur Verfügung, die insgesamt ein diagnostisches Fenster von nur ca. zehn Monaten abdecken.

In Bezug auf Cannabis ist der Antragsteller seiner Nachweislast sogar nur für die Spanne von etwa Mitte Juli 2005 bis Mitte Januar 2006 nachgekommen. Denn da sich Cannabis in Haaren nur bei einem häufigeren Konsum niederschlägt, kann der Nachweis des Verzichts auf die Einnahme dieses Betäubungsmittels nicht durch eine Haaranalyse, sondern nur durch ausreichend engmaschige, unter Beachtung der einschlägigen Kautelen durchgeführte Urinuntersuchungen erbracht werden (BayVGH vom 25.1.2006 ZfS 2006, 294/298 f.). Auch das Schreiben der ... GmbH vom 17. November 2005 spricht bezeichnenderweise nur davon, aufgrund der Ergebnisse der Haaranalyse könne ein Drogenkonsum innerhalb des Zeitraums, auf den sich diese Untersuchung erstrecke, "weitgehend" ausgeschlossen werden.

b) Fehlt es aber bereits am erforderlichen Nachweis einer ausreichend langen Drogenabstinenz, so ist nur ergänzend - und ohne dass es für die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanforderung vom 18. September 2006 hierauf noch ausschlaggebend ankäme - anzumerken, dass der Antragsteller auch nicht dargetan hat, dass es bei ihm zu dem erforderlichen tiefgreifenden und dauerhaften Einstellungswandel im Umgang mit Betäubungsmitteln gekommen ist. Aus den Gutachten vom 18. November 2004 und vom 2. Februar 2006 ergibt sich vielmehr in zweifelsfreier Deutlichkeit, dass er jedenfalls der Begutachtungsstelle für Fahreignung, möglicherweise aber auch sich selbst gegenüber die Dauer und die Intensität seines Drogenkonsums sowie die hierfür maßgeblichen Beweggründe konsequent verschleiert hat; von einer offenen Auseinandersetzung mit dieser Problematik kann bei ihm nicht einmal ansatzweise gesprochen werden.

Die Stellungnahme der ... vom 28. Oktober 2005 vermag den negativen Befund, der sich aus den vorgenannten Gutachten ergibt, schon deshalb nicht zu entkräften, weil der Verordnungsgeber die Kompetenz, Feststellungen psychologischer Art über fahreignungsrelevante Gegebenheiten zu treffen, die im Rahmen von Verwaltungsverfahren verwendet werden sollen, allein den amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung zugewiesen hat. Unabhängig davon ist die Ausarbeitung der ... vom 28. Oktober 2005 auch deshalb nicht geeignet, die inhaltlich überzeugenden, sorgfältig dokumentierten Befunde zu widerlegen, die die Mitarbeiter der ... GmbH in Bezug auf den Antragsteller wiederholt gewonnen haben, weil sich die Darstellungen der ... jeder Nachprüfung entziehen. Die Ausführungen in Abschnitt II.2 der Stellungnahme vom 28. Oktober 2005 beschränken sich darauf, apodiktische, dem Antragsteller günstige Behauptungen aufzustellen, ohne dass auch nur ansatzweise offengelegt wurde, auf welche tatsächlichen Umstände sich diese Aussagen stützen. Die Richtigkeit der Einlassung, dem Antragsteller seien aufgrund kultureller und religiöser Vorbehalte anfangs wahrheitsgemäße Angaben nicht möglich gewesen, widerlegt sich bereits daraus, dass er die sexuellen Bezüge, in dessen Rahmen es sowohl zum Kokain- als auch zum Cannabiskonsum gekommen sei, keineswegs erst gegenüber der Psychologin der ..., sondern bereits bei dem Untersuchungsgespräch geschildert hat, das dem Gutachten vom 18. November 2004 vorausging. Das Gericht kann die Ausarbeitung der ... deshalb nicht anders denn als Gefälligkeitsgutachten werten, das einzig dem Ziel dienen sollte, einem Drogenkonsumenten den Fortbesitz der Fahrerlaubnis zu ermöglichen, der aufgrund seiner Persönlichkeitsdefizite, insbesondere wegen seiner von Grund auf fehlenden Wahrheitsliebe und seiner ausgeprägten Verdrängungstendenzen, schwerlich erwarten darf, eine lege artis durchgeführte medizinisch-psychologische Überprüfung erfolgreich zu absolvieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II.1.5 Satz 1, II.46.5 und II.46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).