OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.08.2012 - 1 A 916/11
Fundstelle
openJur 2012, 87679
  • Rkr:

§ 8 Abs. 4 BVO NRW, nach welchem Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung nur bei Eheleuten beihilfefähig sind, findet eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in § 77 LBG NRW, nach dessen Absatz 3, vierter Spiegelstrich ein Anspruch auf Beihilfen für diese Maßnahmen nur in Ausnahmefällen besteht.

Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung für nicht verheiratete Paare ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

Das Kostenteilungsprinzip des § 8 Abs. 4 Satz 5 BVO NRW, nach welchem die bei einer künstlichen Befruchtung getroffenen medizinischen Maßnahmen je nach ihrer Art dem Mann oder der Frau zugeordnet werden, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Tenor

Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 3.632,53 Euro festgesetzt.

Gründe

Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO sind zum Teil schon nicht hinreichend im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt. Im Übrigen liegen sie auf der Grundlage der maßgeblichen Darlegungen des Klägers nicht vor.

1.

Es bestehen zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.

Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 - 1 A 185/09 -, juris, Rn. 16 f. = NRWE, Rn. 17 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 186, 194.

Solche Zweifel bestehen nicht.

a)

Dem Verwaltungsgericht ist zunächst darin zuzustimmen, dass § 8 Abs. 4 BVO NRW in § 77 LBG NRW eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage findet. Weder hebelt die Regelung des § 8 Abs. 4 BVO NRW, wie der Kläger meint, die grundsätzlich durch § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW vorgesehene Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für die Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung wieder aus, noch hat der Verordnungsgeber den durch § 77 Abs. 8 LBG NRW vorgegebenen Regelungsrahmen verlassen. Denn anders als etwa bei der Linderung von Krankheiten sieht § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW die Erstattung von Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen bei künstlicher Befruchtung nur "in Ausnahmefällen" vor. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, dass solche Maßnahmen nicht ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Erst durch eine positive Regelung in der Beihilfeverordnung kann der konkrete Beihilfeanspruch abschließend entstehen. Deswegen kommt es insoweit auch nicht auf den die Befugnisse des Verordnungsgebers begrenzenden § 77 Abs. 8 Satz 2 LBG NRW an. Durch diese Vorschrift wird der genauere Umfang der Ermächtigung des Verordnungsgebers, ansonsten nicht weiter beschränkte Leistungspflichten gegenüber Beihilfeberechtigten - etwa bei Maßnahmen zur Linderung einer Erkrankung - zu begrenzen, geregelt. Die Ermächtigung des Verordnungsgebers zur Beschränkung von Beihilfeansprüchen wird hierdurch auf bestimmte Tatbestände begrenzt. Aus der Regelung des § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW, welche Leistungen ohnehin nur im Ausnahmefall vorsieht, folgt demgegenüber, dass eine nähere Ausgestaltung dieses Ausnahmefalls und seiner Voraussetzungen erst durch den Verordnungsgeber vorgenommen werden muss, damit ein Anspruch abschließend entstehen kann. Die danach vom Verordnungsgeber ausgestaltete Eingrenzung der Maßnahmen auf verheiratete Paare - wie im Übrigen auch die weitere Einengung der Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen durch § 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BVO NRW - vollzieht bzw. konkretisiert die bereits gesetzgeberisch vorgesehene Begrenzung auf den Ausnahmefall und ist - wie im Folgenden aufzuzeigen ist - mit höherrangigem Recht im Übrigen zu vereinbaren.

b) Soweit der Kläger des Weiteren ausführt, § 8 Abs. 4 BVO NRW sei mit höherrangigem Recht unvereinbar, weil er gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG verstoße, genügt das Zulassungsvorbringen nicht den eingangs geschilderten Darlegungsanforderungen. Das Verwaltungsgericht hat unter ausführlicher Wiedergabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Verfassungsgemäßheit der Vorschrift des § 27a SGB V, welche einen vergleichbaren Leistungsausschluss für unverheiratete Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, betont, dass und warum nach seiner Auffassung weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 6 Abs. 1 GG vorliegt. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander. Stattdessen stellt es unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg,

Urteil vom 29. Juni 2009 - 4 S 1028/07 -, juris,

und des Bundesfinanzhofs,

Urteile vom 10. Mai 2007 - III R 47/05 -, BFHE 218, 141 = juris, und vom 16. Dezember 2010 - VI R 43/10 -, BFHE 232, 179 = juris,

darauf ab, dass der Kinderwunsch auch für unverheiratete Paare eine zentrale Sinngebung ihres Lebens sei, dass die Zeugungsunfähigkeit auch bei einem unverheiratetem Mann eine Krankheit sei und dass die ungewollte Kinderlosigkeit auch bei Unverheirateten eine Zwangslage schaffe, die es rechtfertige, Aufwendungen zu deren Beseitigung steuerrechtlich als außergewöhnliche Belastung anzusehen. Inwieweit vor diesem Hintergrund die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und damit die von ihm herangezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts falsch sein soll, wird nicht erörtert.

Auch der Sache nach kann keiner der drei genannten Aspekte einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder gegen Art. 6 Abs. 1 GG begründen. Soweit der Kläger betont, dass der Kinderwunsch auch für unverheiratete Paare eine zentrale Sinngebung ihres Lebens sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu bestreiten ist, dass auch das Zusammenleben eines nicht verheirateten Paares mit einem Kind dem grundgesetzlichen Familienbegriff unterfällt. Allerdings ist hieraus nicht abzuleiten, dass Art. 6 Abs. 1 GG eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetz- und Verordnungsgebers beinhaltet, die Entstehung einer Familie durch medizinische Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu fördern.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316 = juris, Rn. 40, zur Förderung mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung.

Soweit der Kläger des Weiteren hervorhebt, dass sich seine Zeugungsunfähigkeit als Erkrankung darstellt, ist dies ein Aspekt, der vor dem Hintergrund der hier maßgeblichen beihilferechtlichen Regelungen des Landes Nordrhein-Westfalen keine Bedeutung entfaltet. Denn der nordrheinwestfälische Gesetzgeber hat in § 77 Abs. 3 LGB NRW medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern diese Maßnahmen im Rahmen einer speziellen Regelung den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit gleichgestellt.

Vgl. zu § 27a SGB V BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316 = juris, Rn. 4. Vgl. im Übrigen hierzu auch unten, c).

Dies folgt aus der expliziten und gesonderten Aufführung von medizinisch notwendigen Maßnahmen "bei künstlicher Befruchtung" im vierten Spiegelstrich der genannten Vorschrift, während Maßnahmen "zur Vorbeugung und Linderung von Erkrankungen" im ersten Spiegelstrich dieser Vorschrift aufgeführt sind. Eine solche Aufteilung sah das badenwürttembergische Landesrecht welches der VGH BW in der vom Kläger benannten Entscheidung anzuwenden hatte, gerade nicht vor.

Vgl. VGH BW, Urteil vom 29. Juni 2009 - 4 S 1028/07 -, juris, Rn. 26.

Die entsprechende gesetzgeberische Differenzierung ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316 = juris, Rn. 35.

Soweit der Kläger schließlich die steuerrechtliche Einstufung der Aufwendungen zur Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastung heranzieht, handelt es sich hierbei um eine Rechtsfrage des Steuerrechts, die mit dem hier in Rede stehenden Beihilfeanspruch nichts zu tun hat. Es ist auch nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen nicht erläutert, inwieweit eine Übertragung der steuerrechtlichen Grundsätze auf das Beihilferecht aus Rechtsgründen geboten sein soll.

c)

Soweit der Kläger unter Buchstabe c) (S. 6 ff. des Zulassungsbegründungsschriftsatzes vom 16. Mai 2011) beanstandet, dass § 8 Abs. 4 BVO NRW lediglich auf § 27a SGB V verweise und dieser eine Regelung für die gesetzliche Krankenversicherung enthalte, ist dies sachlich schon falsch. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht betont, dass § 8 Abs. 4 BVO NRW eine eigenständige Regelung enthalte. Diese ist zwar § 27a SGB V nachgebildet. Mit der landesrechtlichen Regelung hat der Verordnungsgeber - in Umsetzung der gesetzlichen Regelung (s. o., a)) - jedoch eine beihilferechtliche Regelung geschaffen, die unabhängig von § 27a SGB V Geltung beansprucht und die Materie selbst umfassend regelt.

Des Weiteren moniert der Kläger, dass auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts der Ausschluss von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung dann nicht zu rechtfertigen sei, wenn die medizinischen Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit dienten. Dies sei bei dem Kläger der Fall. Hierbei verkennt der Kläger, dass das Bundesverfassungsgericht,

Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03 -, BVerfGE 117, 316 = juris, Rn. 34,

zum einen hervorgehoben hat, dass der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 27a SBG V - wie im Übrigen auch der Verordnungsgeber bei der Abfassung des § 8 Abs. 4 BVO NRW - die entsprechenden, hier in Rede stehenden Maßnahmen gerade nicht als solche zur Behandlung einer Krankheit angesehen hat. Außerdem hat es diese Regelung als mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen (s.o., b)). Im Übrigen ergibt sich aus dem vom Kläger auf S. 6 des Schriftsatzes vom 16. Mai 2011 angeführten Zitat, dass das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang Maßnahmen im Blick hatte, die der Herstellung der Zeugungsfähigkeit dienten, wie etwa "chirurgische Eingriffe, die Verordnung von Medikamenten oder eine psychotherapeutische Behandlung". Genau hierum geht es bei den streitgegenständlichen Maßnahmen aber nicht.

Auf die weitere Argumentation des Klägers, dass auch die hier durchgeführte Invitro-Fertilisation letztlich der Linderung einer Krankheit diene, kommt es allein deswegen nicht an, weil der Gesetz- und Verordnungsgeber - in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (s.o.) - die Regelung der Beihilfefähigkeit der entsprechenden Aufwendungen einer spezielleren Regelung unterworfen hat, bei deren Anwendung es gerade nicht auf die Eignung zur Linderung einer Erkrankung ankommt.

Ohne dass es demnach darauf ankommt, sei in diesem Zusammenhang noch auf Folgendes hingewiesen: Diese spezielle Regelung enthält gegenüber der allgemeinen Regelung des § 77 Abs. 3 1. Spiegelstrich LBG NRW nicht nur Einschränkungen. Vielmehr werden von ihr darüber hinaus etwa auch solche Fälle erfasst, in denen der Grund für die Kinderlosigkeit eines Paares nicht bekannt ist, Leistungen mithin nicht für eine Linderung einer Erkrankung des einen oder des anderen Partners gewährt werden könnten.

d)

Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht betont, dass die Leistungen, welche nicht unmittelbar für den Kläger, sondern für seine Partnerin erbracht worden sind, schon nach dem Kostenteilungsprinzip des § 8 Abs. 4 Satz 5 BVO NRW nicht erstattungsfähig sind. Danach ist bei künstlichen Befruchtungen zu unterscheiden zwischen den Maßnahmen, welche unmittelbar am Körper der Frau vorgenommen werden, solchen, welche unmittelbar am Körper des Mannes vorgenommen werden, und sog. extrakorporalen Maßnahmen. Nach der Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 5 BVO NRW i. V. m. Nr. 8.4.3 der hierzu ergangenen Verwaltungsvorschrift sind Maßnahmen im Zusammenhang mit der Gewinnung, Untersuchung und Aufbereitung des männlichen Samens dem Mann und die Kosten der Invitro-Fertilisation einschließlich aller extrakorporalen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Ei- und Samenzellen, der Hormonbehandlung sowie der Beratung der Frau zuzuordnen. Die Aufwendungen, welche außerhalb der Rechnungen des Zentrums für interdisziplinäre Kinderwunschbehandlung E. vom 27. Oktober 2009 und der Gemeinschaftspraxis X. aus N. vom 30. Juni 2009 geltend gemacht werden, sind daher bereits aus diesem Grunde nicht erstattungsfähig. Da die seinerzeit mit dem Kläger nicht verheiratete Partnerin auch nicht zu dem Personenkreis gehört, für den der Beamte im Rahmen des § 77 Abs. 2 LBG NRW Beihilfe erlangen kann, sind dessen Ansprüche ausgeschlossen.

Dagegen dringt das gegenteilige Zulassungsvorbringen des Klägers nicht durch. Der Kläger führt insoweit unter Berufung auf die

Urteile des VGH BW vom 29. Juni 2009 - 4 S 1028/07 -, FamRZ 2010, 406 = juris, Rn. 21, und des BGH vom 3. März 2004 - IV ZR 25/03 -, BGHZ 158, 166 = juris, Rn. 13 ff.,

aus, dass sämtliche medizinischen Maßnahmen dazu dienten, die bei dem Beamten durch Krankheit behinderte Zeugungsfähigkeit durch eine künstliche Befruchtung zu ersetzen. Deswegen seien sämtliche streitgegenständlichen Maßnahmen auch ihm zuzuordnen. Mit dieser Argumentation verkennt der Kläger, dass es bei der Frage der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen nach dem anzuwendenden Recht nicht darum geht, ob der Grund für die Kinderlosigkeit eines Paares beim Mann oder bei der Frau zu finden ist. Vielmehr trifft § 8 Abs. 4 Satz 5 BVO NRW gerade für den Fall einer künstlichen Befruchtung eine spezielle Regelung, die die entstehenden Aufwendungen einem der beiden an der künstlichen Befruchtung beteiligten Partner zuordnet. Mit dieser landesrechtlichen Regelung befassen sich die vom Kläger genannten Urteile nicht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts lassen sich auch nicht auf den Einwand des Klägers stützen, das Kostenteilungsprinzip verstoße gegen höherrangiges Recht. Soweit er einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG darin sieht, dass gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c BVO NRW Aufwendungen für die Geburt eines nichtehelichen Kindes über den beihilfeberechtigten Vater beihilfefähig sind, genügt das Zulassungsvorbringen schon nicht den Darlegungsanforderungen. Denn der Kläger erläutert nicht, inwieweit hier eine Vergleichbarkeit zu medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung besteht. Gleiches gilt für die Annahme eines Gleichheitsverstoßes im Vergleich zu einer bestehenden Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Im Übrigen werden Eheleute im Hinblick auf das Kostenteilungsprinzip auch der Sache nach nicht anders behandelt als ein nicht verheiratetes Paar. Dass der beamtete Mann ggf. die seiner Ehefrau zugeordneten Aufwendungen im Rahmen des § 77 Abs. 2 LBG NRW geltend machen kann, was bei nicht verheirateten Paaren nicht möglich ist, folgt aus der letztgenannten gesetzlichen Regelung, nicht aber aus dem mit dem Zulassungsvorbringen angegriffenen Kostenteilungsprinzip. Bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften scheidet eine - hier nur in Rede stehende - homologe künstliche Befruchtung und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ohnehin aus.

Auch der behauptete Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Der Kläger begründet diesen damit, dass durch die Kostenverteilung der beamtete Mann deswegen daran gehindert werde, eine anerkannte Krankheit - die Unfruchtbarkeit - durch eine Invitro-Fertilisation zu lindern, weil auf seine Person nur Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung entfielen; nach der vorgesehenen Kostenteilung umfassten hingegen die der Frau zugeordneten Aufwendungen fast alle Maßnahmen.

Dies ist jedenfalls im konkreten Fall schon im Hinblick auf die Tatsachengrundlage nicht zutreffend. Denn die den Kläger betreffenden Aufwendungen umfassen etwa drei Siebtel der Gesamtaufwendungen und damit einen Anteil von fast der Hälfte.

Sollte das Zulassungsvorbringen auch sonstige Verstöße gegen das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG im Blick haben, fehlen insoweit jegliche Darlegungen. Im Übrigen hat der Senat bereits ausgeführt (s.o., b)), dass Art. 6 Abs. 1 GG keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetz- und Verordnungsgebers beinhaltet, die Entstehung einer Familie durch medizinische Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu fördern.

Soweit der Kläger einen Systemunterschied zur privaten Krankenversicherung moniert, der darin bestehe, dass dort die Maßnahmen vollständig dem jeweiligen "Verursacher" zugeordnet würden, hat das Bundesverwaltungsgericht mit

Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40.09 -, NVwZ-RR 2011, 567 = juris, Rn. 14 f.,

bereits entschieden, dass jedenfalls im Hinblick auf das Kostenteilungsprinzip ein hinreichender sachlicher Grund für eine etwaige Ungleichbehandlung besteht. So ermögliche das Kostenteilungsprinzip eine Lösung, die dem Leistungsniveau der gesetzlichen Krankenversicherung mindestens entspreche. Es vermöge zudem die Fälle einer in ihren Ursachen ungeklärten Sterilität befriedigender zu lösen als dies in einem auf dem Verursachungsgrundsatz beruhenden System der Fall wäre. Der Normgeber sei weder verpflichtet, Fertilitätsstörungen einer Krankheit im beihilferechtlichen Sinne vollständig gleichzustellen, noch Leistungsdefizite anderer Beihilfesysteme in jedem Fall vollständig aufzufangen. Das gilt gleichermaßen auch für etwaige Inkongruenzen zum System der privaten Krankenversicherung.

2.

Die Berufung kann auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung des Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden und auf der Basis der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt.

Vgl. Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2011 - 1 A 1925/09 -, juris, Rn. 31 m. w. N. = NRWE, Rn. 32.

a)

Der zunächst durch den Kläger aufgeworfenen Frage,

ob § 77 Abs. 8 LBG NRW es gestattet, durch § 8 Abs. 4 BVO NRW die Beihilfefähigkeit künstlicher Befruchtungen auf die Fälle zu beschränken, in denen die Voraussetzungen des § 27a SGBG V erfüllt sind und damit unverheiratete Beamte von der Gewährung von Beihilfe auszuschließen,

kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sich ihre Beantwortung klar aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm des § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW ergibt. Hier ist bereits durch den Gesetzgeber vorgesehen, dass entsprechende Aufwendungen nur im Ausnahmefall beihilfefähig sind; die Norm ist im Übrigen so konzipiert, dass sie der näheren Ausgestaltung durch den Verordnungsgeber bedarf (vgl. oben, 1. a)); auf die Begrenzungen des § 77 Abs. 8 LBG NRW kommt es dabei nicht an.

b)

Die ebenfalls für grundsätzlich erachtete Frage,

ob die unterschiedliche Behandlung von Eheleuten und nicht ehelichen Lebensgemeinschaften sachlich gerechtfertigt ist, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, in der der unfruchtbare Mann Beamter ist, eine Invitro-Fertilisation bei der Frau vornehmen lassen wollen und ob § 8 Abs. 4 BVO NRW mit höherrangigem Recht vereinbar ist,

ist bereits hinreichend durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. oben, 1. b) und c)). Die Ausführungen des Klägers enthalten im Übrigen keine Darlegungen, die sich mit dieser Rechtsprechung hinreichend auseinandersetzen.

c) Auch der Frage,

ob die in § 27a SBG V geregelten medizinischen Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit dienen und § 27a SBG V deshalb vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand hat,

kommt schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil § 27a SGB V als Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Beihilfeanspruch des Klägers keine Anwendung findet. Im Übrigen kommt es auf diese Frage auch im Rahmen der Anwendung des hier einschlägigen § 8 Abs. 4 BVO NRW nicht an, weil diese Vorschrift eine - mit höherrangigem Recht vereinbare (s. o., 1. b) und c)) - Spezialregelung für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen zur Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung enthält, in deren Rahmen es gerade nicht auf die Beseitigung einer Krankheit ankommt.

d)

Der weiteren, vom Kläger aufgeworfenen Frage,

ob durch das Kostenteilungsprinzip im Wesentlichen gleiche Sachverhalte ungleich behandelt werden, ohne dass dafür eine Rechtfertigung ersichtlich wäre und § 8 Abs. 4 Satz 5 BVO NRW deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt,

deren Grundsätzlichkeit er damit begründet, dass bei einer beamteten Frau die "naturgemäß höheren entstehenden Kosten" anders als bei einem beamteten Mann beihilfefähig seien, kommt eine grundsätzliche Bedeutung ebenfalls nicht zu. Diese Frage ist für das vorliegende Verfahren deswegen schon nicht von Bedeutung, weil eine bedeutende Differenz zwischen den Aufwendungen für den Kläger und denjenigen für seine Partnerin tatsächlich nicht besteht (vgl. oben, 1. d)). Auch ist sie deswegen nicht von Bedeutung, weil Ansprüche bei einer künstlichen Befruchtung bei nicht verheirateten Paaren - wie gezeigt - ohnehin ausgeschlossen sind.

Schließlich lässt sich diese Frage klar auf Grundlage des Gesetzeswortlauts sowie bestehender ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung dahingehend beantworten, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht besteht.

Der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Betrifft die zu prüfende Maßnahme oder Regelung - wie im Beihilfenrecht - ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Dies kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Normgeber die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt, etwa wenn er sich durch Leistungseinschränkungen zu seiner grundsätzlichen Entscheidung, Beihilfe zu gewähren, ohne einen derartigen Grund in Widerspruch setzt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40.09 -, NVwZ-RR 2011, 567 = juris, Rn. 11, m. w. N.

Schon an der vom Kläger behaupteten Ungleichbehandlung bestehen erhebliche Zweifel. Denn die durch das Kostenteilungsprinzip auf Mann und Frau aufgeteilten medizinischen Maßnahmen können aufgrund ihrer Art sowie der menschlichen Natur nicht als wesentlich gleich angesehen werden. Jedenfalls ist diese Aufteilung aber sachlich gerechtfertigt, ohne dass ein Widerspruch zu der Grundentscheidung, Beihilfe zu gewähren, besteht. Ein sachlicher Grund ist zunächst darin zu sehen, dass Aufwendungen für medizinische Maßnahmen immer "für" eine bestimmte Person entstehen; bei dieser Person handelt es sich regelmäßig um diejenige, "an der" die medizinische Maßnahme durchgeführt wird.

Vgl. hierzu umfänglich Urteil des Senats vom 12. November 2007 - 1 A 2537/06 -, juris, Rn. 37 ff. = NRWE, Rn. 39 ff.

Es kommt hinzu, dass die Partnerin des beamteten Mannes regelmäßig auch in den Genuss von Leistungen für die entsprechenden - ggf. kostenaufwändigeren - Maßnahmen kommen wird. Dies kann sich im System der Beihilfe aus einem eigenen Beihilfeanspruch oder in Ermangelung desselben aus einem Anspruch des Mannes für Leistungen gegenüber berücksichtigungsfähigen Personen im Sinne des § 77 Abs. 2 LBG NRW ergeben. Im System der gesetzlichen Krankenversicherung sind entsprechende Ansprüche - übrigens ebenfalls unter Anwendung des Kostenteilungsprinzips - in § 27a SGB V vorgesehen. Sollten im Einzelfall Inkongruenzen zu Systemen bestehen, die nicht dem Kostenteilungsprinzip, sondern dem Verursacherprinzip folgen, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass dies hinzunehmen ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40.09 -, NVwZ-RR 2011, 567 = juris, Rn. 14.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO und - betreffend die Streitwertfestsetzung - gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.