OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.07.2012 - 13 B 649/12
Fundstelle
openJur 2012, 87315
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 27. April 2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO aus den im angegriffenen Beschluss genannten Gründen zu Recht abgelehnt. Auf diese Gründe nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gibt keine Veranlassung, den angefochtenen Beschluss zu ändern.

Grundlage der rechtlichen Erörterung ist § 15 VergabeVO Stiftung. Nach dessen Satz 1 werden die Studienplätze der Härtequote auf Antrag an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie für den genannten Studiengang keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt nach Satz 2 vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums oder einen sofortigen Studienortwechsel zwingend erfordern. Das Verwaltungsgericht hat geprüft, ob eine außergewöhnliche Härte gegeben ist. Diese Frage hat es verneint. Rechtlichen Bedenken begegnet diese Wertung nicht.

Im Hinblick auf eine Zulassung im Härtewege nach dem System des § 6 der VergabeVO Stiftung ist eine strenge Betrachtungsweise geboten, da diese Zulassung zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt. Aus dem zum Härtefallantrag vorzulegenden fachärztlichen Gutachten muss sich - im Hinblick auf das erfolgreiche Absolvieren des Studiums - die Notwendigkeit einer sofortigen Zulassung in der Quote für Fälle außergewöhnlicher Härte ergeben. Es ist konkret darzulegen ist, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, das Studium im Fall der Ablehnung der Zulassung zum gewünschten Semester aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr beenden zu können.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Mai 2010 13 B 469/10 -, vom 17. Mai 2010 13 B 504/10 -, und vom 27. Mai 2011 13 B 523/11 , jeweils juris.

Diese Prognose lässt sich den fachärztlichen Gutachten über den Gesundheitszustand der Antragstellerin nicht entnehmen. Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend dargetan, dass besondere soziale oder familiäre Gründe eine sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderten. Sie nimmt erneut Bezug auf die der Antragsgegnerin vorgelegten ärztlichen Befundberichte, nach denen bei ihr seit dem Jahr 2009 eine undifferenzierte Kollagenose mit Athralgien, Myalgien und Beteiligung der inneren Organe vorliegt. So heißt es beispielsweise gemäß der ärztlichen Begutachtung der Dres. K. L. und I. L. vom 18. November 2011, dass die Antragstellerin an einer Autoimmunerkrankung, einer Colitis, an Asthma bronchiale, an einer Eisenmangelanämie, an einem "Faktor 8-Mangel", an einer Bursitis und Tendovaginitis sowie an chronischen Schmerzen leide. Seit dem 8. Februar 2012 beträgt ihr Grad der Behinderung (GdB) 50 (Merkzeichen G). Des Weiteren wurde die Antragstellerin im Jahr 2009 wegen Koliken und Myalgien und wegen rheumatologischer Entzündungswerte stationär aufgenommen und im Jahr 2010 erneut stationär behandelt. In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht erkennt der Senat aber nicht eine Tendenz zur Verschlimmerung des körperlichen Zustands der Antragstellerin, die eine sofortige Zulassung zum Studium der Humanmedizin erforderlich macht, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums in dem Studium Medizin nicht wird durchstehen können (vgl. 1.1 der Härtefallrichtlinien zum "Sonderantrag D"). Eine solche Verschlimmerungstendenz attestieren die fachärztlichen Stellungnahmen nicht. Auch die Prognose der Dres. L. zeigt eine solche Entwicklung nicht auf. So heißt es unter Ziff. 6 (Behandlungsmöglichkeiten und Prognose) lediglich: "Prognostisch wird es immer wieder zu Krankheitsschüben kommen, welche die Verschlimmerung des Zustandes der beteiligten Organe zur Folge haben werden. … Eine Verbesserung ist leider bei diesem Krankheitsbild nicht zu erwarten. Ein Aufschub der Aufnahme des Studiums ist aus medizinischer Sicht nicht gut, da ja eine Verschlechterung des körperlichen Zustandes auftreten wird und die Patientin aus psychologischer Sicht dringend durch das Studium positiv seelisch rehabilitiert werden kann. Eine sinnvolle Überbrückung der Wartezeit ist somit nicht möglich." Die Ausführungen (auch) dieser ärztlichen Stellungnahme begründen zudem nicht einen Härtefall unter dem Gesichtspunkt der Fallgruppe D 1.2 (… aufgrund der Behinderung eine sinnvolle Überbrückung der Wartezeit nicht möglich ist). Die ärztliche Stellungnahme kommt nur aufgrund allgemeiner Ausführungen zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin die Wartezeit nicht sinnvoll überbrücken könne. Dies steht im Übrigen im Gegensatz zu dem von der Antragstellerin Anfang September 2011 begonnenen Freiwilligen Sozialen Jahr, welches sie mittlerweile aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen habe, ohne indessen diese Gründe schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht zu haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.