FG Münster, Urteil vom 25.05.2012 - 4 K 511/11 E
Fundstelle
openJur 2012, 86625
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 23.09.2005 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 11.05.2010 und der hierauf ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011 abzuändern und die Einkommensteuer für 2004 auf EUR Null herabzusetzen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Höhe eines Veräußerungsverlustes noch nachträglich zu Gunsten des Klägers änderbar ist.

Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer der im April 2003 gegründeten, inzwischen insolventen V-GmbH mit Sitz in W-Stadt. Vom ursprünglichen Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 200.000 hielt er einen Anteil von EUR 80.000. Nachdem er mit Wirkung zum 01.07.2003 sein Einzelunternehmen zu Buchwerten in die GmbH eingebracht und diese ihr Stammkapital auf EUR 400.000 erhöht hatte, war der Kläger mit einem Geschäftsanteil von EUR 160.000 (40 v.H.) an der GmbH beteiligt. Auf den notariellen Verschmelzungs- und Einbringungsvertrag vom 18.10.2003 wird insoweit Bezug genommen.

Die Kläger hielt die Beteiligung an der V-GmbH im Privatvermögen.

Der Jahresfehlbetrag der GmbH für das Rumpf-Wirtschaftsjahr 2003 betrug ca. EUR 426.000, derjenige für das Wirtschaftjahr 2004 ca. EUR 1.335.000. Anfang des Jahres 2005 fiel die GmbH in die Insolvenz. Der Kläger hatte sich für diverse Verbindlichkeiten der GmbH verbürgt.

Mit notariellen Verträgen jeweils vom 29.12.2004 veräußerte der Kläger seinen Gesellschaftsanteil, der zuvor in zwei Teilanteile von EUR 136.000 und EUR 24.000 geteilt worden war, zu Kaufpreisen von EUR 4.000 und EUR 500 an den Gründungsgesellschafter Q. sowie dessen Sohn. Übertragungsstichtag war der 30.12.2004. Ferner veräußerte der Kläger an den Gründungsgesellschafter Q. eine ihm zustehende Forderung aus einem eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen in Höhe von EUR 17.288,41 zum Kaufpreis von EUR 4.144,21. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge vom 29.12.2004 verwiesen.

In seiner im Februar 2005 abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 erklärte der Kläger neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Geschäftsführergehalt) und negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Verlust aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung in Höhe von EUR 168.644,20. Hierbei stellte er dem Verkaufspreis von insgesamt EUR 8.644,21 seine gesamten Anschaffungskosten auf die Beteiligung in Höhe von EUR 177.288,41 gegenüber.

Der Beklagte erkannte den Verlust im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 27.04.2005 dem Grunde und der Höhe nach an, vertrat aber die Auffassung, dass dieser dem Halbeinkünfteverfahren unterliege (EUR 84.322). Die Steuerfestsetzung belief sich bei einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte von EUR xxxxx auf EUR Null. Im Tenor heißt es, der Bescheid sei nach § 165 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufig. In den Erläuterungen ist hierzu angeführt, dass die Steuerfestsetzung im Hinblick von Verfassungsbeschwerden bzw. Revisionen bezüglich dort näher benannter Streitfragen nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig erfolge.

Der Kläger erhob gegen die Steuerfestsetzung Einspruch und beanstandete die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens hinsichtlich seines Veräußerungsverlustes. Das Einspruchsverfahren wurde auf Anregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Änderungsbescheid vom 07.09.2005 einvernehmlich beendet, indem die Steuerfestsetzung für das Streitjahr 2004 im Hinblick auf die durch drohende Bürgschaftsinanspruchnahmen bestehende Ungewissheit über die endgültige Höhe des Veräußerungsverlustes, der weiterhin mit EUR 84.322 berücksichtigt wurde, vorläufig gemäß § 165 AO erfolgte. Im Erläuterungsteil des Bescheides vom 07.09.2005 findet sich dementsprechend folgender Vermerk:

„Der Bescheid ergeht vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, weil z.Z. die Höhe des Verlustes aus der Anteilsveräußerung an der V-GmbH nicht abschließend beurteilt werden kann.“

Im Übrigen erging die Steuerfestsetzung - wie auch im vorangegangen Bescheid vom 27.04.2005 - vorläufig aus den in § 165 Abs. 1 Satz 2 AO genannten, im Einzelnen im Erläuterungsteil aufgeführten Gründen. Im Tenor heißt es wiederum, dass der Bescheid nach § 165 Abs.               1 Satz 2 AO teilweise vorläufig sei. Die Einkommensteuer 2004 wurde aus vorliegend nicht streitigen Gründen auf EUR 123 heraufgesetzt.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 09.09.2005 Einspruch ein und führte an, die Kürzung des Vorwegabzugs bei den Vorsorgeaufwendungen sei mangels bestehender Rentenversicherungspflicht rechtswidrig. Der Beklagte half dem Einspruchsbegehren mit Änderungsbescheid vom 23.09.2005 ab und setzte die Einkommensteuer für 2004 auf EUR 91 herab. Im Erläuterungsteil des Bescheides heißt es: „Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag vom 09.09.2005. Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 07.09.2005.“ Der Vorläufigkeitsvermerk zur Höhe des Veräußerungsverlustes wurde im Änderungsbescheid - ohne dass hierfür nach Aktenlage Gründe erkennbar wären - nicht mehr aufgenommen. Aus dem Tenor ergibt sich wiederum, dass die Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig erfolge. Der Umfang der Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO ergab sich auch insoweit aus dem Erläuterungsteil des Bescheides.

Gegen den Bescheid vom 23.09.2005 erhob der Kläger keinen Einspruch.

Mit Schreiben vom 30.12.2009, beim Beklagten nach Lage der Akten erstmals per Telefax am 18.03.2010 eingegangen, beantragte der Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2004 nach § 165 AO. Er berief sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.06.2009, IX R 42/08 (BFH/NV 2009, 1696) und begehrte eine vollständige Anerkennung des Veräußerungsverlustes, da er - der Kläger - keine durch die GmbH-Beteiligung vermittelten Einnahmen (Ausschüttungen) erzielt habe und daher das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) keine Anwendung finden könne. Ferner sei er zwischenzeitlich aus diversen Bürgschaften in Höhe von insgesamt EUR 761.364,57 in Anspruch genommen worden. Dies erhöhe den Veräußerungsverlust zusätzlich.

Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 11.05.2010 aus formellen Gründen ab. Die Voraussetzungen der Änderungsvorschrift des § 165 AO lägen nicht vor. Zwar sei die Einkommensteuerfestsetzung 2004 in der Fassung des Bescheides vom 07.09.2005 vorläufig erfolgt, nicht aber mehr diejenige in der Fassung des letzten Änderungsbescheides vom 23.09.2005.

Das Einspruchsverfahren gegen den Ablehnungsbescheid blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011 führte der Beklagte an, der ursprüngliche Vorläufigkeitsvermerk habe dadurch, dass er im Änderungsbescheid vom 23.09.2005 nicht mehr wiederholt worden sei, seine Wirkung verloren. Der Änderungsbescheid sei hinsichtlich des Umfangs der Vorläufigkeit - nämlich solche nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO - eindeutig und insoweit keiner Auslegung zugänglich. Der Kläger müsse gegen sich gel­ten lassen, dass er den Änderungsbescheid vom 23.09.2005 hinsichtlich der Nebenbestimmung nicht hinreichend überprüft habe. Selbst wenn die fehlende Wiederaufnahme des Vorläufigkeitsvermerks in den Änderungsbescheid als offenbare Unrichtigkeit des Veranlagungssachbearbeiters zu werten wäre, könnte der Kläger keine für ihn günstige Änderung nach § 129 AO erreichen; insofern sei bereits Festsetzungsverjährung einge­treten.

Mit seiner am 14.02.2011 erhobenen Klage trägt der Kläger vor:

Der ursprüngliche Vorläufigkeitsvermerk gelte auch ohne ausdrückliche Wiederholung im Änderungsbescheid vom 23.09.2005 fort. Eine andere Auslegung widerspräche der ursprünglichen Vereinbarung im Rahmen der Beendigung des seinerzeitigen Einspruchsverfahrens und damit auch dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Änderungsbescheid vom 23.09.2005 aus anderen - nicht den Veräußerungsverlust betreffenden - Gründen erlassen worden sei. Es entspreche den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung, dass ein Vorläufigkeitsvermerk nicht zwingend in einem nachfolgenden Bescheid wiederholt werden müsse, um Gültigkeit zu behalten. Zwar könne die Finanzbehörde in einem nachfolgenden Bescheid den Umfang der Vorläufigkeit neu festlegen. Entscheidend sei aber auch insoweit, wie der Adressat des Verwaltungsaktes den materiellen Gehalt des Vorläufigkeitsvermerks nach den ihm bekannten Umständen - d.h. nach seinem objektiven Verständnishoriziont - unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben habe verstehen können. Im Streitfall habe die Steuerfestsetzung nach dem übereinstimmenden Willen des Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde solange „offengehalten“ werden sollen, bis die Höhe des tatsächlich entstandenen Verlustes aus Gewerbebetrieb endgültig konkretisiert worden sei.

Zur Höhe der bei der Ermittlung des Veräußerungsverlustes zu berücksichtigenden Bürgschaftsinanspruchnahmen bezieht sich der Kläger auf sein außergerichtliches Vorbringen. Konkretisierend hierzu wies er folgende Bürgschaftsinanspruchnahmen nach:

A-Bank              21.02.2005              EUR  25.565,00

B-Bank              01.06.2005              EUR 108.053,59

C-Bank              21.02.2005              EUR 100.000,00

D-Bank              17.02.2005              EUR 177.500,00

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 11.05.2010 und der hierauf ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011 zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 23.09.2005 abzuändern und die Einkommensteuer für 2004 auf EUR Null herabzusetzen.

Ferner beantragt der Kläger,

die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren festzu­stellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hilfsweise - für den Unterliegensfall - beantragt der Beklagte,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte führt ergänzend zu seiner im außergerichtlichen Verfahren vertretenen Auffassung an, der Kläger habe den im Änderungsbescheid vom 23.09.2005 neu gefassten Umfang des Vorläufigkeitsvermerks so verstehen müssen wie er dort aufgeführt worden sei. Er dürfe nicht die aus dem vorangehenden Festsetzungsverfahren erhaltenen Informationen und Willensäußerungen für den nachfolgenden Bescheid als gegeben unterstellen und dementsprechend den Vorläufigkeitsvermerk auslegen. Die im Änderungsbescheid vom 23.09.2005 angegebene Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO sei klar, abschließend und hinreichend bestimmt. Es sei nicht mit § 124 Abs. 1 Satz 2 AO vereinbar, dem Steuerpflichtigen die Spekulation darüber zuzumuten, ob die Einengung des Vorläufigkeitsvermerks auf erneuter Prüfung oder aber auf einem Versehen beruhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Unterlagen, die Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011 und die den Streitfall betreffenden Verwaltungsvorgänge.

Der Senat hat in dieser Sache am 25.05.2012 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll vom selben Tag wird verwiesen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 23.09.2005 nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO zu ändern und die vom Kläger geltend gemachten Bürgschaftsinanspruchnahmen für Verbindlichkeiten der insolventen V-GmbH in dem Umfang bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb steuermindernd zu berücksichtigen, dass die Einkommensteuerfestsetzung von bislang EUR 91 auf EUR Null herabgesetzt wird. Die Ablehnung des Änderungsantrages vom 30.12.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO).

1. Der Einkommensteuerbescheid 2004 vom 23.09.2005 ist nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb (Veräußerungsverlust aus der Beteiligung an der V-GmbH) zu ändern.

a. Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde eine Steuerfestsetzung aufheben oder ändern, soweit sie die Steuer vorläufig festgesetzt hat. Stellt der Steuerpflichtige einen begründeten Änderungsantrag, muss geändert werden. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist bei vorläufiger Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO bis zum Ablauf eines Jahres nach Beseitigung der Ungewissheit und nach Kenntniserlangung durch die Finanzbehörde gehemmt (§ 171 Abs. 8 Satz 1 AO).

Die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers für 2004 erfolgte hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsverlustes aus der Beteiligung an der V-GmbH im ersten Änderungsbescheid vom 07.09.2005 vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO. Grund und Umfang der Vorläufigkeit gab der Beklagte im Erläuterungsteil des Bescheides an (§ 165 Abs. 1 Satz 3 AO). Hierneben war die Steuerfestsetzung - wie sich sowohl aus dem Tenor des Bescheides als auch aus dem Erläuterungsteil ergibt - vorläufig nach § 165 Abs.1 Satz 2 AO im Hinblick auf anhängige Revisions- und Verfassungsbeschwerdeverfahren; jener Vorläufigkeitsvermerk wurde vom Rechenzentrum des Beklagten maschinell gesetzt.

b. Durch die fehlende Wiederholung des Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO im nachfolgenden Änderungsbescheid vom 23.09.2005 hob der Beklagte jene Vorläufigkeit nicht auf. Vielmehr wirkte die Vorläufigkeit fort.

aa. Vorläufige Steuerfestsetzungen können durch weitere vorläufige Festsetzungen ersetzt oder geändert werden. Ein Vorläufigkeitsvermerk bleibt als Nebenbestimmung i.S. von § 120 AO - auch in nachfolgenden Änderungsbescheiden - so lange wirksam, bis er ausdrücklich durch eine selbständige Verfügung aufgehoben wird. Die Aufhebung kann nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO nur erfolgen, wenn die Ungewissheit über die Voraussetzungen für die Entstehung des Steueranspruchs beseitigt ist. Dieses Erfordernis schließt die Möglichkeit einer stillschweigenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks im Rahmen einer ausdrücklich auf eine andere Korrekturvorschrift gestützten Änderungsveranlagung aus (vgl. BFH-Urteile vom 09.09.1988 III R 191/84, BStBl II 1989, 9; vom 15.07.1987 X R 19/80, BStBl II 1987, 746; Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 165 Rdnr. 49).

Wird allerdings in einem Änderungsbescheid ein neu gefasster Vorläufigkeitsvermerk aufgenommen, so kann darin die Aufhebung des in dem vorangegangenen Bescheid - ggf. weitergehenden - Vorläufigkeitsvermerks zu sehen sein. Denn durch den in einem Änderungsbescheid enthaltenen (neuen) Vorläufigkeitsvermerk, der an die Stelle eines im vorangegangenen Bescheid enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks tritt, kann die Finanzbehörde den Umfang der Vorläufigkeit neu bestimmen (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1999 IX R 23/98, BStBl II 2000, 282).

bb. Im Streitfall erging zwar auch die Steuerfestsetzung im Änderungsbescheid vom 23.09.2005 vorläufig. Hierdurch wurde aber die Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung nicht in vollem Umfang neu geregelt. Denn sowohl der Tenor als auch der Erläuterungsteil des Bescheides belegen, dass der „neue“ Vorläufigkeitsvermerk ausschließlich auf Gründe des Vorläufigkeitskataloges nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO gestützt wurde. Der Beklagte differenzierte - wie im Übrigen das Gesetz in § 165 AO auch - sowohl im ur­sprünglichen Bescheid vom 07.09.2005 als auch im Änderungsbescheid vom 23.09.2005 hinsichtlich der allgemeinen Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO und der speziellen - maschinell gesetzten - Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO. Wird der Vorläufigkeitsvermerk nach Satz 1 der Vorschrift ohne erkennbaren Grund in einem nachfolgenden Bescheid nicht mehr aufgenommen, sondern bleibt nur die Vorläufigkeit nach Satz 2 der Vorschrift erhalten, kann hierin keine Aufhebung des erstgenannten Vermerks anzusehen sein, wenn - wie im Streitfall - bereits im ursprünglichen Bescheid die beiden Vorläufigkeitsvermerke im Bescheid nicht miteinander verbunden waren.

Anders als in dem - ansonsten durchaus vergleichbaren - Sachverhalt, der der Entscheidung des BFH vom 19.10.1999 (IX R 23/98, BStBl II 2000, 282) zugrunde lag, fasste der Beklagte die Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung weder im ursprünglichen noch im nachfolgenden Bescheid einheitlich im Tenor zusammen. Während es in der Konstellation der genannten BFH-Entscheidung in den Bescheiden im Tenor jeweils hieß: „Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig, soweit dies im Erläuterungsteil ausgeführt ist.“, benennen im vorliegenden Streitfall die Bescheide vom 07.09. und 23.09.2005 im Tenor jeweils nur die Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO („Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig.“). Die Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO zur Höhe des Veräußerungsverlustes wurde im ursprünglichen Bescheid dagegen nur im Erläuterungsteil vermerkt.

Bereits die inhaltliche und aufbautechnische Differenzierung zwischen den beiden Arten der Vorläufigkeit steht der Annahme einer änderungsbedingten Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO entgegen. Hinzu kommt, dass der Beklagte rechtlich auch gar nicht in der Lage war, die Vorläufigkeit aufzuheben. Denn die Ungewissheit über die Höhe des Verlustes aus der Veräußerung der Beteiligung an der V-GmbH bestand im September 2005 noch fort. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Beteiligten erst im kurz vorher abgeschlossenen Einspruchsverfahren die Vereinbarung getroffen hatten, dass der Beklagte die Einkommensteuer für 2004 insoweit vorläufig festsetzt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte beabsichtigte, mit dem Änderungsbescheid vom 23.09.2005 die Vorläufigkeit insoweit aufzuheben. Denn die Änderung erfolgte aus nicht streitbefangenen Gründen. Selbst wenn der Beklagte - was fernliegt - im Änderungsbescheid vom 23.09.2005 den Umfang der Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung hätte neu festlegen wollen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn bei der Auslegung des Inhalts eines Verwaltungsaktes sowie einer dazu gehörenden Nebenbestimmung kommt es nicht auf dasjenige an, was die Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern darauf, wie der Steuerpflichtige nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung nach Treu und Glauben verstehen konnte (Brockmeyer/Ratschow in Klein, AO, 11. Aufl., § 124 Rdnr. 3 m.w.N.). Sowohl die deutliche inhaltliche Trennung der Vorläufigkeit(en) nach Satz 1 und Satz 2 des § 165 Abs. 1 AO als auch die gemeinsame „Geschäftsgrundlage“ des kurze Zeit vorher beendeten Einspruchsverfahrens gegen den Ursprungsbescheid vom 27.04.2005 führten dazu, dass der Kläger nach seinem objektiven Verständnishorizont von einer Fortwirkung der Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgehen konnte.

c. Durch die inzwischen erfolgten Bürgschaftsinanspruchnahmen ist die Ungewissheit hinsichtlich der Steuerentstehung für das Streitjahr 2004 beseitigt, so dass insoweit ein Änderungsanspruch des Klägers nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO besteht.

2. Im Rahmen der Änderung der Steuerfestsetzung für 2004 ist der ursprünglich erklärte Verlust in Höhe von 168.644,20 ebenso wie die nachträglich anzuerkennenden Bürgschaftsaufwendungen nicht in voller Höhe, sondern nur zur Hälfte zu berücksichtigen (Halbeinkünfteverfahren/Halbabzugsverbot).

Insofern ist wie folgt zu differenzieren:

a. Soweit der Kläger die am 29.12.2004 veräußerten Anteile an der V-GmbH im Rahmen der Bargründung erwarb (Hälfte seiner Beteiligung), führt die verlustbehaftete Veräußerung zu nach § 17 EStG zu berücksichtigenden negativen Einkünften. Denn der Kläger war innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unmittelbar zu mindestens 1 v.H. am Kapital der V-GmbH beteiligt. Ausnahmen von der Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes finden keine Anwendung (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2 EStG). Vom Veräußerungspreis in Abzug zu bringen sind sowohl die Anschaffungskosten für die Beteiligung selbst als auch nachträgliche Anschaffungskosten.

Das im Streitjahr 2004 geltende Halbeinkünfteverfahren führt dazu, dass der Veräußerungspreis zur Hälfte steuerfrei gestellt wird (§ 3 Nr. 40 Buchst. c EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). Korrespondierend hierzu sind Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nur zur Hälfte abzuziehen, sog. Halbabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).

Entgegen der Auffassung des Klägers findet das Halbabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG auch im Streitfall Anwendung. Der Hinweis des Klägers auf die BFH-Entscheidung vom 25.06.2009 IX R 42/08, BStBl II 2010, 220 greift vorliegend nicht. Denn nach Ansicht des BFH, der der erkennende Senat folgt, ist das Halbabzugsverbot nur dann nicht anwendbar, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielte. Nur in diesem Fall fehlt es an dem nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit den zum Teil nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei gestellten Einnahmen. Im Streitfall bezog der Kläger zwar keine laufenden Gewinnausschüttungen (Dividenden), wohl aber ein Entgelt für die Veräußerung der Beteiligung, für das die teilweise Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 40 EStG gilt. In diesem Fall ist das Halbabzugsverbot - zumal es sich nicht um einen nur symbolischen Kaufpreis handelt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 06.04.2011 IX R 61/10, BStBl II 2012, 8) - auch dann anzuwenden, wenn der Veräußerungspreis nur von geringer Höhe ist und der Veräußerer insgesamt einen Verlust erleidet (BFH-Urteile vom 06.04.2011 IX R 40/10, BStBl II 2011, 785; vom 20.04.2011 I R 97/10, BStBl II 2011, 815 unter II. 2. f. der Gründe).

b. Soweit der Kläger die veräußerten Anteile durch Einbringung seines Einzelunternehmens zu Buchwerten im Wege der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG) erwarb (ebenfalls Hälfte der Beteiligung), handelt es sich um sog. einbringungsgeborene Anteile. Die Veräußerung jener Anteile führt nicht zu Einkünften nach § 17 EStG, sondern zu solchen nach § 16 EStG (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG a.F.). Vom Veräußerungspreis in Abzug zu bringen sind auch insoweit die Anschaffungskosten, die in der Höhe zu berücksichtigen sind, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt hat (§ 20 Abs. 4 UmwStG a.F.). Nachträgliche Anschaffungskosten sind bei der Veräußerung - wie bei § 17 EStG - in Abzug zu bringen (vgl. BFH-Urteil vom 29.03.2000 I R 22/99, BStBl II 2000, 508).

Veräußerungen von einbringungsgeborenen Anteilen innerhalb einer Sperrfrist von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt unterliegen - anders als Veräußerungen nach § 17 EStG - nicht der hälftigen Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG (vgl. § 3 Nr. 40 Satz 3 i.V.m. Satz 4 Buchst. a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung; zum zeitlichen Anwendungsbereich vgl. § 52 Abs. 4d Satz 2 EStG). Der hierauf entfallende Veräußerungspreis ist voll anzusetzen. Grund hierfür ist (war), dass insoweit noch keine Gewinnbesteuerung im zu Buchwerten eingebrachten Betriebsvermögen erfolgte und durch eine kurzfristig spätere Veräußerung die teilweise Steuerfreistellung zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führen könnte; es soll(te) die volle Besteuerung der stillen Reserven gesichert werden (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, 27. Aufl., § 3 Stichwort „Halbeinkünfteverfahren“). Nach § 3c Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG a.F. ist trotz voller Steuerpflicht der Einnahmen aus einer Veräußerung einbringungsgeborener Anteile das Halbabzugsverbot für die wirtschaftlich hiermit im Zusammenhang stehenden Ausgaben jedenfalls insoweit anzuwenden als ein Veräußerungsverlust entsteht (vgl. zum zeitlichen Anwendungsbereich § 52 Abs. 8a Satz 2 EStG). Grund hierfür war die Überlegung des Gesetzgebers, dass ein Verlust aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren nicht zu einer größeren steuerlichen Entlastung führen soll als ein Verlust aus der Veräußerung „normaler“ Anteile, der nur zur Hälfte zu berücksichtigen war (vgl. hierzu v. Beckerath in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 3c Rdnr. 60 m.w.N.).

c. Ohne Berücksichtigung der nachträglichen Anschaffungskosten im Hinblick auf die im Jahr 2005 erfolgten Bürgschaftsinanspruchnahmen ergibt sich daher - wie vom Beklagten auch bislang ermittelt - ein Veräußerungsverlust nach § 17 EStG und § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG a.F. i.V.m. § 16 EStG in Höhe von EUR 84.322.

Der Veräußerungspreis von EUR 8.644 (inklusive des Erlöses aus der Veräußerung der eigenkapitalersetzenden Forderung) ist je zur Hälfte auf die im Wege der Bargründung ausgegebenen Anteile und die einbringungsgeborenen Anteile zu verteilen. Der anteilige Preis für die Veräußerung der Baranteile ist nach § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG zur Hälfte steuerfrei (EUR 2.161), der auf die veräußerten einbringungsgeborenen Anteile entfallende Preis nicht. Die Anschaffungskosten auf die Beteiligung in Höhe von EUR 160.000 zuzüglich des Nominalbetrags des abgetretenen Gesellschafterdarlehens in Höhe von EUR 17.288 (= EUR 177.288) sind nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG bzw. nach § 3c Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG a.F. anteilig jeweils zur Hälfte in Abzug zu bringen.

Auf dieser Grundlage ergaben sich im Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 23.09.2005 für den Kläger ein zu versteuerndes Einkommen von EUR 8.220 und eine festgesetzte Einkommensteuer von EUR 91.

3. Der Kläger hat durch Vorlage entsprechender Schreiben von Kreditinstituten nachgewiesen, dass er nach der Veräußerung seiner Anteile an der V-GmbH im Jahr 2005 aufgrund diverser Bürgschaftserklärungen für die Verbindlichkeiten der GmbH wie folgt als Bürge in Anspruch genommen wurde:

A-Bank              21.02.2005              EUR  25.565,00

B-Bank              01.06.2005              EUR 108.053,59

C-Bank              21.02.2005              EUR 100.000,00

D-Bank              17.02.2005              EUR 177.500,00

Diese - unabhängig vom tatsächlichen Zahlungszeitpunkt - zu berücksichtigenden Bürgenhaftungen sind als nachträgliche Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsverlustes i.S. von § 17 EStG (vgl. hierzu Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 17 Rdnr. 175, 178) sowie i.S. von § 16 EStG i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG a.F. unter Anwendung des Halbabzugsverbots im Jahr der Veräußerung der Kapitalbeteiligung in Abzug zu bringen. Hinsichtlich der grundsätzlichen Berücksichtigungsfähigkeit der vorgenannten Aufwendungen besteht - soweit ersichtlich - zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Für die im vorliegenden Verfahren maximal zu erreichende Herabsetzung der Einkommensteuer für 2004 von EUR 91 auf EUR Null ist das zu versteuernde Einkommen des Klägers um lediglich EUR 550 auf EUR 7.670 herabzusetzen. Die nachgewiesene Höhe der Bürgschaftsverpflichtungen genügt hierfür.

4. Soweit der Kläger die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes begehrt, der zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte für das Streitjahr 2004 und damit zu einem möglichen Verlustrücktrag ins Jahr 2003 nach § 10d EStG führt, kann er dies nicht im vorliegenden Verfahren erreichen. Ohne dass es für die vorliegende Entscheidung erheblich wäre, ist nach Auffassung des Senats die Durchführung eines gesonderten Verlustfeststellungsverfahrens auf den 31.12.2004 verfahrensrechtlich noch möglich. Denn zum einen kann der Einspruch des Klägers vom 23.05.2005 gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2004 vom 27.04.2005 unter Beachtung des Grundsatzes rechtsschutzgewährender Auslegung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 31.10.2000 VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589) zugleich auch als Antrag auf Durchführung eines gesonderten Verlustfeststellungsverfahrens nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG qualifiziert werden, über den der Beklagte jedenfalls nach Lage der Akten noch nicht befunden hat. Grund für eine solche Auslegung kann insbesondere sein, dass der Kläger im drittletzten Absatz seines Einspruchsschreibens in offensichtlicher Kenntnis der Nullfestsetzung für das Streitjahr 2004 darum bat, „...die erklärten Veräußerungsverluste nicht nur zur Hälfte, sondern vollumfänglich steuerlich zu berücksichtigen...“. Ersichtliche Zielsetzung des Schreibens vom 23.05.2005 dürfte daher ein Verlustrücktrag ins Vorjahr gewesen sein.

Selbst wenn die vorgenannte rechtsschutzgewährende Auslegung vom Beklagten nicht geteilt würde, könnte ein gesondertes Verlustfeststellungsverfahren auf den 31.12.2004 deshalb noch durchgeführt werden, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf gesonderte Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG zu Protokoll erklärt hat. Feststellungsverjährung war noch nicht eingetreten. Denn nach § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG endet die Feststellungsfrist nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist. Infolge der nach wie vor vorläufigen Steuerfestsetzung im Hinblick auf die Höhe des Veräußerungsverlustes ist die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2004 noch nicht abgelaufen.

In dem somit noch durchzuführenden gesonderten Verlustfeststellungsverfahren auf den 31.12.2004 wird sich der Kläger auch zur genauen Höhe seiner Bürgschaftsverpflichtungen (ggf. unter Berücksichtigung von Sanierungsvereinbarungen mit den Kreditinstituten) äußern müssen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Feststellung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ergibt sich aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

6. Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat zum einen grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Ferner erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Dem BFH ist Gelegenheit zu geben, darüber zu befinden, ob in Fortentwicklung der Entscheidung vom 19.10.1999 IX R 23/98, BStBl II 2000, 282 ein zuvor manuell gesetzter Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO trotz fehlender Wiederholung in einem nachfolgenden Änderungsbescheid weiterhin Gültigkeit hat, wenn die Finanzbehörde sowohl im Tenor als auch in den Erläuterungen der Steuerbescheide äußerlich und inhaltlich zwischen einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO und einer solchen nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO differenziert.

Haferkamp Dr. Reddig Dr. Kister

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