LAG Hamm, Urteil vom 24.05.2012 - 11 Sa 1750/11
Fundstelle
openJur 2012, 86451
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Berufungsklägerin und Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 12.10.2011 - 3 Ca 487/11 - wird auf Kosten der Berufungsklägerin und Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Ausgleich für dienstplanmäßig ausgefallene Stunden an einem Feiertag, der auf einen Werktag fällt. Es handelt sich um den Ostermontag des Jahres 2010 (05.04.2010).

Der Kläger wurde am 16.06.1989 bei der Standortverwaltung R1 als Diensthundeführer eingestellt. Zurzeit ist er im Wachdienst auf dem Kasernengelände in R1-B1 eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Bund (TVöD) Anwendung. Der Kläger erhält eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 4, Stufe 6.

Für die Arbeitszeit des Wachpersonals bei der Beklagten bestand bis zum 30.11.2010 eine Dienstplangestaltung, die unter Berücksichtigung eines erheblichen Umfanges an Bereitschaftsdiensten jeweils 24-Stunden-Schichten vorsah. Der Kläger arbeitete nach dem Dienstplan an wechselnden Wochentagen, der Dienste an 7 Tagen pro Woche vorsah. Bis zum 30.11.2010 wurde der Kläger zu (maximal) 12 Schichten im Monat zu einem 24-Stunden-Dienst eingeteilt. Die einzelnen Schichten dauerten dabei jeweils von 08:00 Uhr bis 08:00 Uhr. Es ergab sich eine monatliche Arbeitszeit von (maximal) 288 Stunden. Die Einteilung erfolgte entweder für die Tage eines Monats mit "geradem" Datum oder für Tage mit "ungeradem" Datum. Damit die höchst zulässige Arbeitszeit nicht überschritten wurde, wurden von den 15 oder 16 denkbaren Arbeitstagen drei oder vier dienstfrei gehalten. Bei einem monatlichen Einsatz mit 288 Stunden entfielen 168 Stunden auf die tarifvertraglich vorgesehene regelmäßige Arbeitszeit. Die darüber hinaus gehenden 120 Stunden wurden bei der Bemessung des Entgelts entsprechend § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V mit 50 v. H. als Arbeitszeit gewertet und mit dem Überstundenentgelt von 16,48 € (Bl.12 GA) vergütet (60 x 16,48 €). Nach der Schichtplangestaltung ergaben und ergeben sich in jedem Monate beträchtliche vergütungspflichtige Überstunden.

Im April 2010 war der Kläger zu den "ungeraden" Tagen des Monats zur Schicht eingeteilt. Am Ostermontag 2010 (05.04.2010) wurde der Kläger mit der Bemerkung "WOF" (= Wochenfeiertag) nicht zum Dienst herangezogen. Darüber hinaus hatte der Kläger nach dem Dienstplan am 03., 09. und 21.04.2010 dienstfrei. Insgesamt ergaben sich - ohne den 05.04.2010 - elf zu berücksichtigende Schichten (= 264 Stunden [168 + 96]). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Dienstpläne Bl. 51 und 65 GA verwiesen.

Für April 2010 erhielt der Kläger das reguläre Tarifgehalt. Die Überstunden aus dem April 2010 wurden mit der Abrechnung für Juni 2010 vergütet. Auf die Kopie der Abrechnung wird Bezug genommen (Bl. 5 GA). Dort sind 51,90 Überstunden a´ 16,48 € ausgewiesen ("Entgelt für Überstunden 51,90 Std. a 12,78 €" / "Entgelt für Überstunden 51,90 Std. a 3,70 €"). Darin enthalten sind 3,9 Stunden für den Ostermontag (05.04.2010). Die Beklagte vergütete die 3,9 Stunden mit insgesamt 64,27 € brutto. Sie setzte als zu berücksichtigende Arbeitszeit nicht 16 Stunden an sondern 7,8 Stunden als Durchschnitt der regelmäßigen Arbeitszeit bei einer 39-Stunden-Woche und 5 Arbeitstagen gemäß § 6 Abs. 1 a) TVöD. Hiervon wurden gemäß der Bestimmungen des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V 50 % als Arbeitszeit gewertet und mit dem Überstundenentgelt berechnet (3,9 Stunden x 16,48 € = 64,27 €).

Die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagte mit Schreiben vom 26.08.2010 auf, den Kläger tarifgerecht zu vergüten. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 22.09.2010, mehr als die Vergütung für 3,9 Stunden könne der Kläger für den 05.04.2010 nicht beanspruchen (Bl. 10, 11 GA).

Der Kläger hat geltend gemacht, dass er für den 05.04.2010 Anspruch auf Zahlung weiterer 67,57 € brutto nebst Zinsen gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD i. V. m. § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V habe. Er habe bis zum 30.11.2010 eine regelmäßige monatliche Arbeitszeit von 288 Stunden gehabt. Er sei regelmäßig an 12 Schichten im Monat zu einem 24-Stunden-Dienst eingesetzt worden. Am Ostermontag 2010 sei er aufgrund der Dienstplangestaltung - und nicht wegen des Wochenfeiertages - von der Arbeit freigestellt worden. Die Schichten an Wochenfeiertagen würden aufgrund des geringeren Arbeitsanfalls "ausgedünnt". Demzufolge habe der Dienstplangestalter im Rahmen seines Ermessens festzulegen, wer an diesem Tage nicht zur Arbeit vorgesehen werde. Hierbei seien auch die bereits geleisteten und die voraussichtlich zu leistenden Schichten nach dem Dienstplan zu berücksichtigen. Dies habe zur Folge gehabt, dass er, obwohl er normalerweise am Ostermontag 2010 gearbeitet hätte, nach dem Dienstplan von der Arbeit freigestellt worden sei. Mit § 6 Abs. 3 Satz3 TVöD hätten die Tarifvertragsparteien eine Tariflücke geschlossen mit dem Ziel, Beschäftigte, die an dem Feiertag nach dem Dienstplan nicht zur Arbeit eingeteilt worden seien, mit denjenigen Beschäftigten gleichzustellen, die in Folge des Feiertags frei hätten. Wenn es diese Regelung nicht gäbe, müssten Beschäftigte, die wegen des Dienstplans nicht an einem Wochenfeiertag zur Arbeit eingeteilt würden, diese Zeit nacharbeiten. Diese Rechtsauffassung werde durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 08.12.2010 gestützt (5 AZR 667/09). Wenn der dort entschiedene Sachverhalt auch nicht mit dem hiesigen vergleichbar sei, so folge aus der Entscheidung doch, dass der betroffene Arbeitnehmer einen Anspruch auf Verminderung der Sollarbeitszeit habe, wenn die dienstplanmäßige Freistellung am Feiertag die Ursache für den Arbeitsausfall sei. Durch das Verhalten der Beklagten sei die nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD geforderte Gleichstellung jedoch nicht mehr gegeben. Es bestehe deshalb ein weiterer Zahlungsanspruch in Höhe von 67,57 € brutto. Dabei sei zu berücksichtigen, dass er am 05.04.2010 (Ostermontag 2010) mit Schichtbeginn um 08:00 Uhr bis zum Ende des Feiertages um 24:00 Uhr 16 Stunden hätte tätig sein müssen. Diese 16 Stunden würden gemäß § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V bei der Entgeltberechnung nur mit 50 % als Arbeitszeit berücksichtigt, da es sich um eine Arbeitszeit handele, die über 168 Stunden hinausgehe. Dementsprechend hätten bei der Entgeltberechnung 8 Stunden berücksichtigt werden müssen. Bei einer Stundenvergütung von 16,48 € brutto stehe ihm für die dienstplanmäßige Freistellung am Wochenfeiertag eine Vergütung in Höhe von 131,84 € brutto (8 x 16,48 € brutto) zu. Abzüglich der vergüteten 64,27 € brutto verbleibe eine Restforderung in Höhe von 67,57 € brutto.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 67,57 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Diskontsatz seit dem 18.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Klage für unbegründet gehalten. Bis zum 30.11.2010 sei eine monatliche Höchstarbeitszeit von 288 Stunden zu leisten gewesen. Dies habe durchschnittlich zwölf 24-Stunden-Schichten im Monat entsprochen. Da der Kläger grundsätzlich an jedem zweiten Tag im Monat habe Dienst leisten müssen, hätten durchschnittlich drei sogenannte schichtfreie Tage in den Schichtplan eingearbeitet werden müssen. Dies habe allein der Sicherstellung der durch Arbeitszeitgesetz und TVöD vorgegebenen höchstzulässigen Arbeitszeiten gedient. Im April 2010 sei es so gewesen, dass der Kläger nach dem Dienstplan am Ostermontag zur Arbeit eingeteilt gewesen sei. Tatsächlich sei er aber dienstplanmäßig nicht zur Arbeit herangezogen worden, um die höchstzulässigen Arbeitszeiten nicht zu überschreiben. Der "dienstfreie" Ostermontag sei für den Kläger dabei Folge einer gerechten Schichtverteilung gewesen, wonach jeder Wachmann im Jahresrahmen an einzelnen Feiertagen nicht zum Dienst eingeteilt werde. Die Diensteinteilung sei letztlich feiertagsunabhängig erfolgt. Auch aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 08.12.2010 (5 AZR 667/09) ergebe sich, dass eine dienstplanmäßige Freistellung des Arbeitnehmers am Feiertag den Anspruch auf Entgeltfortzahlung für diesen Feiertag ausschließe, wenn sich die Arbeitsbefreiung - wie vorliegend - aus einem Schema ergebe, das von der Feiertagsruhe an bestimmten Tagen unabhängig sei. Wenn eine weitere Zahlung an den Kläger erfolge, stehe dieser besser als derjenige, der am Wochenfeiertag tatsächlich gearbeitet habe.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 12.10.2011 zur Zahlung von 67,57 € nebst Zinsen verurteilt. Es hat für die Beklagte die Berufung zugelassen. Anspruchsgrundlage für die Zahlung von 67,57 € sei § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD in Verbindung mit § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V. Der Kläger sei unstreitig wegen der Dienstplangestaltung und damit feiertagsunabhängig am 05.04.2010 (Ostermontag) nicht zur Arbeitsleistung herangezogen worden. Nach den genannten Vorschriften vermindere sich deshalb die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers für den April 2010. Die Anspruchshöhe sei individuell danach festzustellen, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Dementsprechend sei nicht ein Durchschnitt von 7,8 Stunden, wie es die Beklagte berechnet habe, sondern die ansonsten geleistete Schicht von 8.00 Uhr bis 24.00 Uhr, dementsprechend 16 Stunden, zugrunde zu legen. Hiervon seien gemäß § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V 50 % zu berücksichtigen. Es errechne sich der der Höhe nach unstreitige noch zu zahlende Betrag von 67,57 €.

Das Urteil ist der Beklagten am 08.11.2011 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 25.11.2011 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 08.02.2012 am 08.02.2012 begründet.

Die Beklagte wendet ein, zu Unrecht habe das Arbeitsgericht § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD als Rechtsgrundlage für einen Zahlungsanspruch behandelt. Am Ostermontag, dem 05.04.2010, sei der Kläger nach seinem Dienstplan nicht zur Arbeitsleistung eingeteilt gewesen, weil sein Dienst sonst die höchst zulässige Arbeitszeit überschritten hätte. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD sei dort lediglich die Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit angesprochen, so dass sich ein eigenständiger Vergütungsanspruch nicht ergebe. Nach dem Urteil des BAG vom 08.12.2010 folge aus § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD kein Anspruch auf Gutschrift von Stunden nach Art eines Arbeitszeitkontos. Da mithin § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD weder selbst einen Vergütungsanspruch gebe noch zu einer "Zeitgutschrift" über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus führe, könne der Klageanspruch nicht aus dieser Vorschrift abgeleitet werden. In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 08.12.2010 sei nachvollziehbar dargelegt, dass die Rechtsfolge des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD nicht durch eine über das "normale" Gehalt hinausgehende Zusatzzahlung realisiert werde sondern durch Zahlung des "normalen" Gehalts bei verringerter tatsächlicher Arbeitsleistung. Ausweislich der vorgelegten Dienstpläne sei der Kläger der einzige Arbeitnehmer, der nicht zu 12 Arbeitsschichten herangezogen worden sei. Gleichwohl habe der Kläger am Ende des Monats April 2010 sein reguläres Gehalt bekommen, und zwar in der gleichen Höhe wie auch in den übrigen Monaten. Die erstinstanzliche Entscheidung könne deshalb keinen Bestand haben.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Bei der Berechnung der Überstundenentgelte habe die Beklagte nicht auf die an sich zu leistende 24-Stunden-Schicht Bezug genommen, von der 16 Stunden auf den Feiertag entfallen wären. Statt 8 Stunden habe die Beklagte unberechtigt lediglich 3,9 Stunden für die Überstundenvergütung berechnet und ausgezahlt. Bei richtiger Handhabung wären für den Ostermontag die Stunden in Ansatz zu bringen, die er tatsächlich dienstplanmäßig hätte arbeiten müssen, wenn er zum Dienst eingeteilt gewesen wäre. Das wären 16 Stunden gewesen, die nach Anwendung des § 46 Nr. 4 Absatz 3 Satz 6 TVöD-BT-V zur Hälfte anzurechnen gewesen wären. Anspruchsgrundlage für die Bezahlung der Differenz von 4,1 Stunden für den Ostermontag 2010 seien weder § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD allein noch § 21 TVöD. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD stelle klar, dass sich die regelmäßige Arbeitszeit für Feiertage um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden mindere. Diese Regelung stelle die Einbeziehung des Entgeltausfallprinzips des § 2 EFZG in den Tarifvertrag dar. Wäre die Arbeit für ihn nicht ausgefallen, hätte er am 05.04.2010 von 8.00 Uhr bis 0.00 Uhr gearbeitet. Diese Gesamtarbeitszeit wäre nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V abzurechnen gewesen. Damit wäre er 4,1 Stunden früher als nach der Berechnung der Beklagten oberhalb der 168-Stunden-Grenze angelangt und könne mithin für weitere 4,1 Stunden die Überstundenvergütung beanspruchen (4,1 Stunden x 16,48 € = 67,57 €).

Wegen weiterer Einzelheiten des Tatsachenvorbringens der Parteien und wegen weiterer Einzelheiten ihrer rechtlichen Argumentation wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 a) ArbGG. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet. Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Beklagte wegen der geschuldeten Berücksichtigung des Wochenfeiertages Ostermontag 2010 (05.04.2010) zugunsten des Klägers zur Zahlung weiterer 67,57 € für April 2010 verurteilt.

Grundlage des Zahlungsanspruchs ist § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD i. V. m. § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V. Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD vermindert sich die regelmäßige Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag sowie für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Entsprechend der zugehörigen Protokollerklärung betrifft die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit die Beschäftigten, die wegen des Dienstplans am Feiertag freihaben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten. Aus § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V folgt, dass im Fall des Klägers die über 168 Stunden hinausgehende Arbeitszeit bei der Bemessung des Entgelts mit 50 v.H. als Arbeitszeit gewertet und mit dem Überstundenentgelt vergütet wird. Dienstplanmäßig ausgefallene Stunden im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD liegen vor, wenn der Dienstplan die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall am Feiertag ist, nicht aber, wenn der Arbeitgeber die Feiertage bei der Dienstplangestaltung gezielt ausspart. Letzterer Fall ist durch § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD nicht regelungsbedürftig, weil diese Fälle bereits von § 2 Abs. 1 EFZG erfasst werden (= gesetzliche Entgelt(fort)zahlung an Feiertagen / BAG 08.12.2010 AP TVöD § 6 Nr. 2).

Im Fall des Klägers sind die Arbeitsstunden am Ostermontag 2010 (05.04.2010) unstreitig dienstplanmäßig und feiertagsunabhängig ausgefallen. Die am Wochenfeiertag Ostermontag ausgefallenen Stunden unterfallen mithin der Regeleung des § 6 Abs.3 Satz 3 TVöD.

Bei dem Verständnis der tarifvertraglichen Regelung folgt die Berufungskammer der Auslegung des BAG (BAG 08.12.2010 AP TVöD § 6 Nr. 2). § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD erhält eine Regelung zugunsten der Beschäftigten, bei denen der Dienstplan die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall am Feiertag ist. Beschäftigte, die feiertagsunabhängig allein wegen der Dienstplangestaltung an einem Wochenfeiertag freihaben, müssen ihre regelmäßige Arbeitszeit stets an den anderen Tagen der Woche erbringen. Ob diese Arbeitszeit vor dem Feiertag oder danach abgeleistet wird, ist unerheblich. Diese Arbeitnehmer sollen ersatzweise in den Genuss einer dem Feiertag gleichwertigen bezahlten Freizeit kommen. Sie sollen den Beschäftigten, die infolge des Feiertags freihaben und Entgeltfortzahlung erhalten, gleichgestellt werden (BAG aaO Rn. 14). Diese Gleichstellung erfolgt in der Weise, dass sich die regelmäßige Arbeitszeit für diese Arbeitnehmer vermindert. Dabei muss nach § 6 Abs. 3 TVöD individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Diese Stundenzahl ist von der Sollarbeitszeit abzusetzen. Insofern enthält § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD eine andere Regelung, als sie in § 49 Abs. 2 TVöD-BT-K (Pflege- und Betreuungseinrichtungen) vorgesehen ist. Während sich nach § 49 Abs. 2 TVöD-BT-K die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, generell um 1/5 der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit verringert, muss nach § 6 Abs. 3 TVöD individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre (BAG aaO Rn. 16).

Für den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies:

Unstrittig ist der Kläger im April 2010 nach dem Dienstplan und feiertagsunabhängig am Wochenfeiertag Ostermontag (05.04.2010) nicht zur Arbeitsleistung eingeteilt worden. Der Dienstplan für April 2010 weist für den Kläger 11 Schichten a´ 24 Stunden aus. Diese 11 Schichten bedeuten 264 Arbeitsstunden. 168 dieser Stunden füllen die tarifvertragliche regelmäßige Arbeitszeit aus (§ 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V), die weiteren 96 Stunden sind gemäß § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD mit 50 v. H. als Arbeitszeit zu werten und mit dem Überstundenentgelt zu vergüten (48 x 16,48 €). Die durch den Tarifvertrag vorgeschriebene Berücksichtigung des feiertagsunabhängigen dienstfreien Wochenfeiertages am 05.04.2010 führt dazu, dass sich die für den Kläger für April 2010 maßgebliche regelmäßige Arbeitszeit um die dienstplanmäßig am 05.04.2010 ausgefallenen 16 Stunden vermindert. Dieser Verminderung hat die Beklagte bei der Dienstplangestaltung nicht in der Weise Rechnung getragen, dass sie den Kläger zu einer geringeren Arbeitszeit als der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit von 168 Stunden im Monat eingeteilt hätte. Die Beklagte hat den Kläger vielmehr gleichwohl auch im April 2010 im Dienstplan zu insgesamt 264 Stunden Wachdienst eingeteilt.

Ein Zeitausgleich in den Monaten vor dem April 2010 oder nach dem April 2010 scheidet bei der von der Beklagten geübten Dienstplangestaltung aus. Für den Kläger werden ausnahmslos in jedem Kalendermonat Überstunden angeordnet. Die von der Beklagten nach dem Tarifvertrag geschuldete Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit für den April 2010 führt bei dieser Sachlage dazu, dass sich die regelmäßige tarifliche Sollarbeitszeit von monatlich 168 Stunden um die am 05.04.2010 dienstplanmäßig ausgefallenen 16 Stunden auf ein Soll von 152 Stunden reduziert hat. Damit sind im April 2010 - anders als sonst - die Stunden ab der 153. Stunde Überstunden. Bei 264 geleisteten Stunden und einer reduzierten Sollarbeitszeit von 152 Stunden errechnen sich 112 Überstunden. Diese sind gemäß § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 TVöD-BT-V mit 50 v. H. als Arbeitszeit zu werten und zu vergüten.

Statt für 51,9 Stunden hat die Beklagte für 56 Stunden das Überstundenentgelt zu zahlen. Die Differenz von 4,1 Stunden ergibt die eingeklagten und ausgeurteilten 67,57 €.

Da der Kläger seinen Anspruch mit dem Schreiben vom 26.08.2010 innerhalb der sechsmonatigen tarifvertraglichen Ausschlussfrist des § 37 TVöD geltend gemacht hat, hat das Arbeitsgericht die Beklagte zu Recht zur Zahlung verurteilt.

Verzinsung schuldet die Beklagte gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB.

Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten des von ihr erfolglos betriebenen Berufungsverfahrens zu tragen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat die Kammer gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Berufung zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.