VG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2012 - 6 K 1141/11
Fundstelle
openJur 2012, 85607
  • Rkr:

Befestigt die örtliche Ordnungsbehörde in ihrem Zuständigkeitsbereich ein Uferstück, damit im Boden befindliche Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg nicht von einem Fluss freigespült werden, kann sie keine Kostenerstattung aus öffentlichrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) oder öffentlichrechtlichem Erstattungsanspruch verlangen.

Das vorbeugende Befestigen des Uferbereichs ist keine Tätigkeit, die § 3 KampfmittelVO NRW exklusiv dem Kampfmittelbeseitigungsdienst bei der Bezirksregierung zuweist. Es handelt sich um eine durch die Ordungsbehörde selbst vorgenommene Gefahrenabwehr, deren Kosten sie nach § 45 Abs. 1 Satz 2 OBG NRW selbst zu tragen hat.

Tenor

Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Am 1. April 2007 entdeckten Spaziergänger am baumbestandenen Ufer der X auf dem Stadtgebiet der Klägerin ("I") unter anderem Kampfmittel und Ausrüstungsgegenstände der ehemaligen Reichswehr. Das rund 13.000 m² große Grundstück (Gemarkung G1, Flurstück 221) steht im Eigentum des Grafen von N. Das Ordnungsamt der Klägerin zog den Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung E hinzu. Dieser behandelte eine Fläche von rund 4.910 m². Er ließ den Boden bis ca. einen Meter Tiefe ausbaggern und den Aushub mit einem Minensuchgerät und einem Gradiometer (dient dem Auffinden ferromagnetischer Störungen) durchsuchen. Dabei fanden sich 4.211 Sprengmittelzünder, vier Panzerfäuste, zwölf Handgaranten, fünf Stück Leucht- und Signalmunition sowie Helme, Gasmasken und 65 kg sonstiger Metallschrott. Die Beseitigungsarbeiten waren am 27. April 2007 abgeschlossen.

Eine weitergehende, also umfassende Räumung des Geländes wurde vom Kampfmittelbeseitigungsdienst für ratsam erachtet. Angesichts der dadurch verursachten Kosten, die v. a. die Klägerin getroffen hätten, wurde hiervon jedoch einvernehmlich Abstand genommen. In seinem Abschlussbericht teilte der Kampfmittelbeseitigungsdienst allerdings mit, dass weitere Kampfmittelfunde zu besorgen seien. Der Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser der X sowie Regenfälle würden auch künftig dazu führen, dass im I Kampfmittel aus dem Boden sowie dem Wurzelwerk der Ufervegetation freigespült werden würden. Zur Nachsorge empfahl er, die betroffenen Uferbereiche entweder mit Spunddielenverbauen zu sichern oder mit schweren Steinen zu befestigen. Zwischen Ende Dezember 2007 und September 2008 wurden tatsächlich weitere (einzelne) Kampfmittel aufgefunden. Diese beseitigte zunächst der Kampfmittelbeseitigungsdienst, bei darauffolgenden Funden sicherten Mitarbeiter des Ordnungsamts der Klägerin die Kampfmittel und übergaben sie später dem Kampfmittelbeseitigungsdienst zur Unschädlichmachung.

Im Juni 2008 entschloss sich die Klägerin, den Xverband als zuständigen Wasserverband mit der Sicherung des Xufers zu beauftragen. Die Klägerin erklärte jeweils mit Schreiben vom 3. Juni 2008 gegenüber dem Xverband, dem Landrat des S Kreises sowie der Bezirksregierung L, dass "die Kosten hierfür ... durch die Stadt M getragen" würden. Im Anschluss an die zweite Empfehlung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes regte der Landrat als untere Landschaftsbehörde an, die betroffene Uferpartie als geneigte Böschung anzulegen und diese mit Wasserbausteinen zu befestigen ("Vorschüttung"). Der Xverband ließ die Maßnahme entsprechend planen.

Die Bezirksregierung erteilte dem Xverband im Oktober 2008 die nach § 99 LWG NRW erforderliche Genehmigung für die Baumaßnahme. Am 17. November 2008 erließ die Klägerin eine sofort vollziehbare Duldungsverfügung gegen den Eigentümer des Grundstücks, die nach Klagerücknahme bestandskräftig wurde (Verwaltungsgericht Köln, Az. 20 K 7695/08). Zu dieser Zeit ging die Klägerin noch davon aus, dass sie sich die Kosten der Uferbefestigung vom Grundstückseigentümer würde erstatten lassen können. Soweit im Entwurf der Duldungsverfügung die Erstattung bereits festgesetzt war, verzichtete die Klägerin hierauf erst auf Anraten ihrer Prozessbevollmächtigten. In seiner bekannt gegebenen Endfassung enthielt der Duldungsbescheid lediglich den angehängten und als solchen bezeichneten "Hinweis", dass die Kosten dem Grundstückseigentümer auferlegt werden sollten.

Der Xverband führte die Uferbefestigung im Wege der Drittbeauftragung plangemäß durch. Anschließend erhob er mit bestandskräftigem Bescheid vom 2. November 2009 bei der Klägerin einen Sonderbeitrag in Höhe der angefallenen Planungs- und Baukosten von 40.066,64 Euro. Diesen leistete die Klägerin. Die Aufforderung der Klägerin, ihr die Kosten der Uferbefestigung zu erstatten, lehnte das beklagte Land am 15. Dezember 2010 endgültig ab.

Daraufhin hat die Klägerin am 18. Februar 2011 Klage erhoben.

Sie beansprucht zunächst Aufwendungsersatz aus öffentlichrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA). Sie meint, mit der Uferbefestigung ein Geschäft des beklagten Landes geführt zu haben. Der Bund sei nach Art. 134 GG Eigentümer der Kampfmittel geworden und deswegen zu deren Beseitigung verpflichtet. Diese Aufgabe müsse gemäß Art. 83 GG das Land für den Bund erfüllen und könne seinerseits Kostenerstattung vom Bund verlangen (vgl. Art. 120 GG). Die Befestigung des Ufers sei als Kampfmittelbeseitigung aufzufassen, weil sie funktional an die Stelle der eigentlich vorzugswürdigen, aber sehr kostspieligen und deswegen unterbliebenen tatsächlichen Räumung getreten sei. Hierzu habe die Klägerin nicht den privaten Grundstückseigentümer heranziehen können, weil dieser sich in einer "Opferposition" befunden habe und die Kosten der Maßnahme den Wert des Grundstücks um ein Vielfaches überstiegen. Der Private habe lediglich zur Duldung der Befestigung verpflichtet werden können. Der der Uferbefestigung offensichtlich entgegenstehende Wille des beklagten Landes sei unbeachtlich. Weil fortlaufend weitere Kampfmittel freigespült worden seien, habe die Maßnahme im dringenden öffentlichen Interesse gelegen.

Weiterhin beruft sich die Klägerin auf einen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch. Der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch sei auf den billigen Ausgleich rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen gerichtet und diene dem Postulat der Gerechtigkeit. Die von der Klägerin vorgenommene Uferbefestigung habe dem Kampfmittelbeseitigungsdienst und damit dem beklagten Land eigene Aufwendungen erspart. Im vorverstandenen Sinne gerecht wäre es, wenn der Klägerin die - noch zu ermittelnden - Aufwendungen ersetzt würden, die es dem beklagten Land erspart hat.

Die Klägerin beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie 40.066,64 Euro nebst Prozesszinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält die Uferbefestigung für eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, für welche die Klägerin als örtliche Ordnungsbehörde zuständig sei. Die Kosten der Gefahrenabwehr gingen zu deren Lasten (vgl. § 45 OBG NRW). Daher liege auch kein fremdes Geschäft im Sinne einer öffentlichrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag vor. Da das OBG NRW eine entsprechende Kostenverteilung vorsehe, fehle es weiterhin an der für die Geschäftsführung ohne Auftrag erforderlichen Regelungslücke. Auch nach den einschlägigen Erlassen trügen Bund und Land nur die Kosten der eigentlichen Kampfmittelbeseitigung, also der Beseitigung im engeren Sinne. Die Uferbefestigung sei nach diesem Verständnis jedoch keine Kampfmittelbeseitigung. Die Befestigung bewahre nur davor, dass die im Boden befindlichen Kampfmittel von der Xströmung und vom Regen freigespült würden.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden, vgl. § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu.

1. Es besteht kein Anspruch aus § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW. Nach § 76 VwVG NRW sind Zwangsmittel gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts unzulässig, soweit nicht - wie etwa in § 78 VwVG NRW betreffend Geldforderungen - etwas anderes bestimmt ist. Sollte die Uferbefestigung als Vollstreckungsmaßnahme gegen das beklagte Land einzuordnen sein, wäre sie rechtswidrig. Auf sie könnte kein Erstattungsverlangen nach dem VwVG NRW gestützt werden.

2. Der Klägerin steht auch nach den Grundsätzen der öffentlichrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag kein Anspruch gegen das beklagte Land zu. Unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften der bürgerlichrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht allgemein und für Ansprüche zwischen den Rechtsträgern von Behörden im Besonderen anwendbar sind und auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung erfolgen müsste,

vgl. zusammenfassend beispielsweise Gurlit, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. (2005), § 34 III, insb. Rdn. 11 ff.,

ist es für die Bejahung eines Aufwendungsersatzanspruchs nach §§ 677, 683 BGB (analog) erforderlich, ein Geschäft "für einen anderen", also ein objektiv fremdes Geschäft zu besorgen. Daran fehlt es. Die Klägerin kam mit der Uferbefestigung und der Begleichung der hierfür in Rechnung gestellten Kosten ihrer Verpflichtung als örtlicher Ordnungsbehörde zur Gefahrenabwehr nach. Sie hat mithin kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft besorgt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 1985 - 4 A 1.83 -, NJW 1986, 2524 (= juris Rdn. 18 f.).

Die allgemeine Ordnungsbehörde ist nach § 1 Abs. 1 OBG NRW für die Abwehr einer Gefahr zuständig, die in ihrem Bezirk besteht, vgl. § 4 Abs. 1 OBG NRW. Hierzu kann sie nach § 14 Abs. 1 OBG NRW die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Die Ordnungsbehörde kann entweder den Störer oder Nichtstörer (§§ 17 bis 19 OBG NRW) zur Gefahrbeseitigung verpflichten oder die Gefahr selbst beseitigen.

Wegen der noch im Grundstück vorhandenen Kampfmittel ging eine Gefahr von dem in dem Bezirk der Klägerin belegenen Grundstück selbst aus, in dem sich die noch verborgenen Kampfmittel befanden bzw. befinden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 1997 - 5 A 4/96 -, NWVBl. 1998, 64 (und juris); BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1998 - 1 B 178.97 -, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 65 (= juris Rdn. 8 f.) zur Gefährlichkeit des Kampfmittel enthaltenden Grundstücks selbst.

Die Klägerin hat die von dem Grundstück ausgehende Gefahr als örtliche Ordnungsbehörde selbst beseitigt, indem sie die Vorschüttung durch den Xverband hat aufbringen lassen. Im Rahmen ihres Auswahlermessens hat die Klägerin den Zustandsstörer den privaten Eigentümer des Ufergrundstücks mit Blick auf dessen "Opferposition" lediglich zur Duldung der Vorschüttung herangezogen.

Mit der Befestigung des betroffenen Uferabschnitts hat die Klägerin keine Aufgabe erfüllt, die eigentlich das beklagte Land hätte erfüllen müssen. Für die im Grundstück lagernden Kampfmittel selbst ist die Kampfmittelverordnung vom 12. November 2003 KampfmittelVO NRW (www.recht.nrw.de) einschlägig. Deren § 3 lautet: "Suchen, Sammeln, Bearbeiten und sonstiges Behandeln von Kampfmitteln sowie deren Besitz ist nur den Stellen gestattet, die durch die Bezirksregierung mit der Beseitigung beauftragt sind." Aus der Aufzählung der Tätigkeiten ergibt sich, dass der Bezirksregierung (bzw. den dort angesiedelten Kampfmittelbeseitigungsdiensten) und damit dem beklagten Land lediglich der direkte Umgang mit Kampfmitteln zugewiesen ist. Wegen der besonderen Gefährlichkeit der explosiven und unberechenbaren Kampfmittel aus dem letzten Jahrhundert sollen ausschließlich die spezialisierten Kräfte der Kampfmittelbeseitigungsdienste Hand an diese legen. Das gilt auch für das gezielte Suchen, da dem Suchen stets die Möglichkeit inne wohnt, (unbeabsichtigt) ein Kampfmittel anzurühren oder zu bewegen. § 3 KampfmittelVO NRW stellt damit eine Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsverteilung bei der Gefahrenabwehr dar, die - wie alle Ausnahmen - eher eng als weit auszulegen ist.

Das Abdecken der Grundstücksoberfläche mit der Vorschüttung fällt schon begrifflich nicht unter die Tätigkeiten, die § 3 KampfmittelVO NRW dem Zugriff der örtlichen Ordnungsbehörde entzieht und exklusiv der Bezirksregierung zuweist. Suchen und Sammeln scheiden ohne Weiteres aus. Das Beschweren und Befestigen der Oberfläche des Grundstücks, in dem die Kampfmittel noch verborgen sind, bearbeitet die Kampfmittel selbst nicht. Es stellt auch keine sonstige Behandlung der Kampfmittel dar. Vielmehr wird die Grundstücksoberfläche verändert, damit die im Boden befindlichen Kampfmittel möglichst nicht mehr zum Vorschein kommen und dadurch behandlungsbedürftig i. S. v. § 3 KampfmittelVO NRW werden. Das Befestigen der Oberfläche hat nur insofern Auswirkungen auf die Kampfmittel, als sie nicht mehr zu Tage treten können und auf absehbare Zeit ungefährlich bleiben.

Die von der Klägerin befürwortete entsprechende bzw. erweiternde Auslegung des § 3 KampfmittelVO NRW bzgl. der Oberflächenbefestigung bzw. -beschwerung teilt die Kammer nicht. Eine solche Auslegung scheidet nicht nur nach dem Wortlaut der Norm, sondern auch nach ihrem Sinn aus. Anders als der unmittelbare Umgang mit den Kampfmitteln, den § 3 KampfmittelVO NRW im Einzelnen beschreibt, bedurfte die Oberflächenbefestigung - jedenfalls bzgl. des betroffenen Grundstücks - nicht der spezialisierten Kenntnisse und Fertigkeiten der Kampfmittelräumdienste, sodass es auch der Sache nach nicht angezeigt war, die Gefahrenabwehr ausnahmsweise dem Kampfmittelbeseitigungsdienst zu überantworten. Die relative Gefahrlosigkeit ergab sich im Vorhinein (ex ante) daraus, dass der Kampfmittelbeseitigungsdienst die Vorschüttung der Klägerin als Nachsorgemaßnahme empfohlen hatte. Bei rückschauender Betrachtung (ex post) zeigt die ohne Zwischenfälle aufgebrachte Vorschüttung, dass der Kampfmittelbeseitigungsdienst an der Maßnahme tatsächlich nicht mitwirken musste.

Überdies ist die Uferbefestigung anders als von der Klägerin angenommen in tatsächlicher Hinsicht nicht mit der endgültigen Beseitigung der Kampfmittel funktionsgleich, auf die die KampfmittelVO NRW abzielt. Denn die Uferbefestigung mit schweren Steinen deckt die im Boden befindlichen Kampfmittel nur besser ab als die bisherige Uferoberfläche. Sie beseitigt die Kampfmittel aber nicht. In Gestalt des Kampfmittelbeseitigungsdienstes bleibt das beklagte Land für alle Kampfmittel zuständig und verantwortlich, die trotz der vorgenommenen Sicherungsmaßnahme an die Oberfläche gelangen. Die Pflichten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes sind lediglich suspendiert, soweit die Befestigung in räumlicher und zeitlicher Hinsicht ihren Zweck erfüllt. Die bloße Suspendierung beruht darauf, dass nicht einmal ungefähr absehbar ist, ab wann die Kampfmittel durch natürliche Zerfallsprozesse von selbst ihre Gefährlichkeit einbüßen.

Unabhängig von der mangelnden Fremdheit des Geschäfts fehlte der Klägerin darüber hinaus bei der Ausführung der Aufgabe der Fremdgeschäftsführungswille. Dass die Klägerin die Uferbefestigung als eine von ihr zu erfüllende Aufgabe ansah, ergibt sich zunächst aus ihren Kostenübernahmeerklärungen vom 3. Juni 2008. Darin teilte sie verschiedenen Behörden mit, dass die Kosten der Befestigung von ihr getragen würden. Der fehlende Fremdgeschäftsführungswille der Klägerin zeigt sich weiterhin daran, dass sie das beklagte Land niemals aufgefordert hat, die Uferbefestigung bzw. eine gleichermaßen wirkungsvolle Maßnahme vorzunehmen, obwohl dieses zu erwarten gewesen wäre und für ein entsprechendes Hinwirken ausreichend Gelegenheit bestand. Schließlich ergibt sich der Eigengeschäftsführungswille auch aus dem Hinweis, den die Klägerin der Duldungsverfügung an den Grundstückseigentümer beigegeben hatte. Dort stellt sie in Aussicht, sich die angefallenen Kosten vom Eigentümer erstatten zu lassen, was nur bei einer eigenverantwortlichen Gefahrbeseitigung in Betracht kommen kann.

3. Der Klageanspruch ist ferner nicht als öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruch begründet. Der als eigenständiges Rechtsinstitut des allgemeinen Verwaltungsrechts anerkannte öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch ist dadurch gekennzeichnet, dass eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage durch Erstattung auszugleichen ist. Das heißt, dass der beim Begünstigten zu Unrecht bestehende Vermögensvorteil abgeschöpft wird. Das gilt grundsätzlich auch zwischen Trägern von Behörden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2007 - 2 C 14.06 -, DÖV 2008, 251 (= juris Rdn. 15).

An einem zu Unrecht bestehenden Vermögensvorteil beim beklagten Land fehlt es. Die Klägerin ist zu Recht mit den Kosten der Befestigungsmaßnahme belastet.

Zieht die örtliche Ordnungsbehörde zur Gefahrbeseitigung einen Störer heran, bleibt dieser im Regelfall mit den Kosten der Gefahrbeseitigung letztbelastet: Sei es, dass er die Ordnungsverfügung von Anfang an befolgt, indem er eigene Mittel einsetzt, sei es, dass die Ordnungsbehörde zunächst an dessen Stelle handelt und hernach die ihr entstandenen Kosten vom Störer zurückfordert (§§ 55 ff. VwVG NRW). Beseitigt die örtliche Ordnungsbehörde - wie hier - die Gefahr selbst, ohne auf einen Störer zurückgreifen zu wollen oder zu können, hat der Behördenträger (hier also die Klägerin) nach § 45 Abs. 1 Satz 2 OBG NRW die Kosten zu tragen, die hierdurch entstehen. Die Ordnungsbehörde kann für ihre Amtshandlungen nach § 46 OBG NRW lediglich Gebühren erheben, falls eine entsprechende Gebührenordnung besteht, vgl. § 2 GebG NRW. Letzteres ist hier nicht der Fall.

Die eingetretene Vermögenslage stimmt deswegen mit der Rechtslage überein. Die Klägerin hat ihre Gefahrenabwehraufgabe erfüllt, die sich aus dem OBG NRW ergibt. Das Handeln in Wahrnehmung dieser Verpflichtung stellt zugleich den Rechtsgrund dafür dar, dass das beklagte Land die etwaig (und ggfs. nur zeitweise) erlangte Befreiung von seiner Kampfmittelbeseitigungspflicht behalten darf - ausgedrückt in dem Vermögenswert ersparter Aufwendungen -, ohne dafür an die Klägerin einen Geldausgleich zahlen zu müssen.

Vgl. zu letzterem: BGH, Urteil vom 18. September 1986 - III ZR 227/84 -, BGHZ 98, 235 (= juris Rdn. 42).

Das Ergebnis entspricht der von § 39 Abs. 1 lit. a) OBG NRW vorgesehenen Kostenverteilung bei der Inanspruchnahme eines Nichtstörers, der mit dem Zustandsstörer in der von der Klägerin angenommenen Opferposition strukturell vergleichbar ist.

4. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ergibt sich endlich auch nicht aus dem Runderlass des Innenministeriums 75-54.01 vom 9. November 2007 (MBl. NRW. S. 863) "Kampfmittelbeseitigung, Erstattung der anfallenden Kosten" in Verbindung mit der aus Art. 3 GG abzuleitenden Selbstbindung der Verwaltung, und zwar ungeachtet der Frage, inwieweit diese im Binnenverhältnis zwischen behördlichen Rechtsträgern wirkt. Unter Nummer 2 des Erlasses ist die Kostentragung im Verhältnis Staat-Dritte geregelt. Dort heißt es, dass die "Länder nur die Kosten für die eigentliche Kampfmittelbeseitigung tragen, d. h. nur die Kosten, die zur Beseitigung einer, unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben‘ erforderlich sind". Bei den noch im Boden befindlichen Kampfmitteln fehlte es zum Zeitpunkt der Uferbefestigung noch an einer solchen Unmittelbarkeit der Gefahr. Die Gefahr war vielmehr nur latent vorhanden und konnte sich erst durch die Einwirkung von Wasser künftig aktualisieren, also unmittelbar werden. Die Befestigung diente nur dazu, das Entstehen einer solchen Gefahr durch Freiwaschen nach Möglichkeit zu verhüten.

5. Da die Klage schon aus anderen Gründen abzuweisen ist, kann die Kammer die Frage offen lassen, ob die Klägerin mit der auch an das beklagte Land gerichteten Kostenübernahmeerklärung vom 3. Juni 2008 von vornherein auf den hier geltend gemachten Erstattungsanspruch verzichtet hat oder diese Erklärung dem Anspruch zumindest nach Treu und Glauben (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) entgegensteht.

Da der Hauptanspruch nicht besteht, kann die Klägerin keine Prozesszinsen verlangen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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