LG Düsseldorf, Urteil vom 14.03.2012 - 34 O 16/01
Fundstelle
openJur 2012, 85524
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstre-ckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.200,0O DM abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien bleibt vorbehalten, die jeweilige Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse zu erbringen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht Düsseldorf ist gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Eine mögliche Namensverletzung findet auch im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf statt, da die Internetseite der Beklagten auch im Bezirk des angerufenen Gerichts abrufbar ist. Werden durch Domain­

Namen fremde Kennzeichenrechte verletzt, ist die gerichtliche Zuständigkeit überall dort gegeben, wo die über das Internet geladenen Daten bestimmungsgemäß

abgerufen werden können (LG Düsseldorf NJW-RR 1998,979;

LG München RIW 2000, 466; Münchener Kommentar zur ZPO

zina ,§ 32 Rz. 26).

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß § 12 S.2 BGB, die Internet Seite "www.: ,dddddinfo.de" zu verwenden, nicht zu. Die

Beklagte verletzt nämlich durch Betreiben der fraglichen Internet Domain nicht das Namensrecht der Klägerin aus § 12 BGB . Durch den Gebrauch des Namens "Aaaaa" in Verbindung mit dem Zusatz "-info" entsteht keine Zuordnungsverwirrung bei den angesprochenen Verkehrskreisen. Denn aus der genannten Adresse ergibt

sich für Internetnutzer weder dass die Seite von der Klägerin selbst betrieben wird, noch dass die Stadt Aaaaaa dem Gebrauch ihres Namens durch die Beklagte

zugestimmt hat.

Die Klägerin genießt zwar Namensschutz für die Bezeichnung "Aaaaa", denn § 12 BGB gewährleistet auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts den

Schutz ihres Namens ( ygl. BGHZ 124;173,178 ). Allerdings

ist das Namensrecht bei juristischen Personen des

öffentlichen Rechts wie der Klägerin anders als bei natürlichen Personen -nicht aus dem Persönlichkeitsrecht abzuleiten (Staudinger-Weick/Habermann, BGB-Kommentar, §

12 Rz. 40,41). Es ist vielmehr, soweit die Stadt ihren Namen im Geschäftsverkehr nutzt, als Immaterialgüterrecht aufzufassen. Davon ist vorliegend auszugehen, wenn sich die Klägerin als Stadt im Internet präsentiert. Hierdurch

soll der Bekanntheitsgrad der Stadt und ihrer Einrichtungen gesteigert werden. Diese Informationen führen zu einer erhöhten Auslastung der beworbenen

Stellen. Durch zusätzliche Informationen über ortsansässige Unternehmen soll die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt gefördert werden. Bestehen jedoch

hauptsächlich wirtschaftliche Interessen an der Verwendung des Namens durch die Stadt, muß dies bei der Frage, inwieweit der Stadt der ausschließliche

Namensgebrauch zuzugestehen ist, berücksichtigt werden

(vgl. auch Münchener Kommentar zum BGB-Schwerdtner § 12

Rz.35). Denn die Namensträgerin trifft auf diesem Gebiet

auf private Anbieter, die ebenfalls wirtschaftliche Interessen haben und denen es gestattet ist, den Stadtnamen als örtliche Angabe bzw. Herkunftsbezeichnung

zu verwenden. Trotz des anzuerkennenden Namensrechts der

Stadt darf dieses in solchen Fällen nicht derart ausgeweitet werden, dass den konkurrierenden Privaten kein Raum zur effektiven Ausübung ihrer Geschäfte bleibt.

Die Klägerin belegt neben ihrer eigentlichen Domain

"Aaaaa.de" auch bereits die Seite ,,dddddinformation.de". Nunmehr verlangt sie die Übertragung der Domain ,,ddddd- info. De" an, sich und vor einer anderen

Kammer des Landgerichts Düsseldorf der Domain " info­ddddd.de". Denkbar wäre auch, dass die Klägerin die Verwendung Seiten "dddddinformations.de" oder "ddddd. infos.de" anderen Anbietern ebenfalls untersagen möchte. Dieses Verhalten liefe darauf hinaus, dass die Klägerin, eine Vormachtstellung im Informationsbereich über Aaaaa erhalte, indem sie alle benutzerfreundlichen Informationsadressen im Internet für sich in Anspruch nehmen würde. Dies liefe aber nicht nur dem Sinn und Zweck des Internets als vielseitigem Informationsmedium verschiedenster Anbieter zuwider: Es würde der Klägerin zudem ein Informationsmonopol im Internet gewähren, dass sie außerhalb des Internets nicht hat. Denn alle "griffigen" Kürzel, die die Stadt Aaaaa _ mit dem Thema "Information" in Verbindung bringen, würden durch sie belegt. FÜF private Anbieter kämen nur noch fernliegende bzw. abwegige Adressen in Betracht, die durch einfaches "Ausprobieren" oder Suchdienste von Nutzern nicht aufgefunden werden können. Anstelle verschiedenster Anbieter würden die Internetnutzer ohne Kenntnis dieser Domains von Privaten nur die offiziellen Seiten Klägerin -d.h. der Stadt Aaaaa -erreichen. Dies entspräche nicht ihrer Erwartung. Vielmehr liefe dieser

Zustand der Idee Informationsvielfalt und der einfachen Abrufbarkeit verschiedenster Anbieter im "worldwideweb" völlig zuwider.

Aus alledem ergibt sich, dass das Namensrecht einer Stadt wie der Klägerin -im Gegensatz zum Namensrecht einer natürlichen Person im Wirtschaftsleben entsprechend den vorgenannten Kriterien nur eingeschränkten Schutz genießt.

Davon ausgehend setzt die Verletzung des Namensrechts voraus, dass das schutzwürdige Interesse des Berechtigten hier also der Klägerin durch unbefugten Gebrauch des Namens seitens eines Dritten verletzt wird. Als unbefugter Gebrauch eines fremden Namens kommt jede Namensanmaßung in Betracht, die dazu führen kann, dass eine namensmäßige Identitätsoder Zuordnungsverwirrung entsteht; ( vgl. BGH NJW 1996,1672 ). Allerdings ist bei Städtenamen davon auszugehen, dass an den Nachweis einer derartigen Verbindung strenge Anforderungen zu stellen sind; im Zweifel liegt in diesen Fällen nämlich kein Namensgebrauch vor, sondern die bloße Verwendung des Wortes als geographischer Hinweis (so auch Münchner Kommentar zum BGB -Schwerdtner, § 12 Rz. 35).

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend eine Identitäts­ oder Zuordnungsverwirrung nicht festgestellt werden: Die Klägerin selbst ist unter der Adresse www.aaaaa.de

im Internet abrufbar. Das Fehlen jeglicher Zusätze lässt auch wenig geübte Internetnutzer davon ausgehen, dass nur die Stadt selbst als Betreiber dieser Domain Betracht kommt (vgl. Soergel-He ich, BGB-Kommentar, § 12 Rz. 152a). Außerdem führt die nur einmal mögliche Vergabe jeder einzelnen Internet-Adresse durch die Ffffff dazu, dass Verwender des Internets hinter der Zusatz en Namensangabe einen wahren Berechtigten vermuten.

Andererseits ist aber insbesondere bei geographischen Herkunftsangaben mit Namenscharakter anerkannt, dass diese auch von Dritten verwendet werden,können. Erforderlich ist lediglich ein unterscheidungskräftiger Zusatz oder das Vorliegen von Umständen, die eine Zuordnungsverwirrung nicht entstehen lassen (Erman­Westermann, BGB-Kommentar, § 12 Rz.16). Dementsprechend geht die Klägerin auch nicht gegen zahlreiche Vereine und Unternehmen vor, die den Stadtnamenverwenden, um ihre Geschäfte zu führen. Dabei ergibt sich aus den Zusätzen, die dem Stadtnamen beigefügt werden, die Unterscheidungskraft zur Namensträgerin. Letztlich profitiert die Klägerin als Stadt selbst aus dieser Form der Verwendung ihres Namens durch eine Steigerung ihrer Wirtschaftskraft, ihrer Steuereinnahmen und ihres

Bekanntheitsgrades.

Doch während im übrigen Wirtschaftsund Vereinsleben ein großer Spielraum bei der Benennung von den beispielhaft genannten Vereinigungen im Zusammenhang mit Städtenamen besteht, stellt die Domainbezeichnung im Internet besondere Anforderungen:

Um praktikabel zu sein und daher für Nutzer erst attraktiv. zu werden, besteht unter allen Anbietern ein erhebliches Interesse an einer kurzen, leicht einprägsamen Adresse. Zudem steht nur eine begrenzte Anzahl möglicher Adressen zur Verfügung. Schließlich müssen die Domains bestimmten Formanforderungen genügen,

können sich nur aus bestimmten zahlenmäßig begrenzten Zeichen zusammensetzen und können nicht durch verschiedene Schrifttypen besondere Unterscheidungskraft erlangen.

Daher gewinnen Abkürzungen oder Anglizismen, die einer bereits vergebenen Adresse angefügt werden können, eine besondere Bedeutung (Soergel-Heinrich, BGB-Kommentar, § 12 Rz. 152a).

Das Interesse an einem "griffigen" Zusatz besteht nicht allein für den Namensträger. Diesem ist es möglich, Untergliederungspunkte bereits auf seiner Domain einzuführen, die nach einem Schrägstrich "\" an die Adresse angefügt werden, wie z.B. www.aaaaa.de\info" Der Bedarf an solchen Kürzeln besteht vielmehr in noch größerem Umfang für Anbieter, die den Namen als Teil ihres Produktes verwenden wollen. Da es ihnen nicht. gestattet ist, die Domain www.sssss.de zu verwenden, sind sie gezwungen, einen möglichst benutzerfreundlichen Zusatz anzufügen. Es sind somit aufgrund der weltweit nur einmal möglichen Vergabe jeder Adresse gewisse Annäherungen zwischen Namensträger und Namensverwender zuzulassen (vgl. auch Ubber WRP 1997, 497)

Die zuvor genannten Erwägungen sind nahezu allen Benutzern des Internets vertraut. Die einmalige Vergabemöglichkeit, die Bedeutung kurzer Zusätze für eine einprägsame und benutzerfreundliche Domainbezeichnung sowie das gleichzeitige Auftreten privater, öffentlicher und gewerbsmäßiger Anbieter im Internet sind auch Nutzern ohne vertiefte Vorkenntnisse bekannt. Während selbst der wenig geübte Internetnutzer die Adresse www.Aaaa.de Stadt Aaaaa zuordnen würde, weiß auch er, dass ihn die Eingabe www.dddddinfo. den auf eine völlig andere Seite führen wird, vergleichbar mit einer anderen postalischen Anschrift oder Telefonnummer. Angesichts der Informationsdichte im Internet kann er daher nicht vermuten, hinter der letztgenannten Seite würde ebenfalls die Sssss _ stehen. Der Zusatz Iiiiiibezeichnet zwar nicht eindeutig. einen anderen Namensträger und lässt keinesfalls einen Rückschluss auf den Stadtplanverlag der Beklagten zu. Doch zeigt die vielfache Verwendung von Zusätzen wie "-linen, "-online", "-system", "-service", "-events", "-web" etc. im Internet regelmäßig an, dass andere Anbieter wie der Namensträger die Seite betreiben. Ist es im Internet aber weithin üblich, gerade durch derartige Kürzel die verschiedenen Anbieter zu unterscheiden, so muss selbst ein wenig geübter Nutzer bei einem derartigen Zusatz auch einen anderen Anbieter erwarten. Die gängige Bedeutung solcher Kürzel auch als Abgrenzung zwischen einer Stadt und Privatanbietern im Internet zeigt sich daran, dass keine der im Tatbestand genannten deutschen Großstädte -Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Essen, Düsseldorf, Dresden -eine Internetseite mit dem Zusatz Iiiiii betreibt, andererseits aber zahlreiche Städtenamen mit dem Zusatz"

"Iiiii" von Privatanbietern im Internet verwendet werden, wie zB. " -Iiiiii", "EEEE-Iiiiii.de"

Was für den gelegentlichen "User" gilt, trifft erst recht auf geübte und professionelle Nutzer des Internets zu. Auch für sie besteht keine Gefahr einer Zuordnungsverwirrung. Denn gerade diesem Benutzerkreis ist die wichtige Unterscheidungskraft kurzer Zusätze bekannt.

Obwohl auch Städte einen Bedarf haben, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und so Informationen über sich zu verbreiten treffen sie auf diesem Sektor regelmäßig auf private Anbieter. Reiseführer, Stadtpläne, Kulturzeitschriften oder Straßenkarten, die allesamt Informationen über die betreffende Stadt enthalten, werden zumeist auch von Privaten hergestellt und vertrieben; Dies kommt auch der betreffenden Stadt

zugute: Unter anderem erreichen kulturelle Einrichtungen eine bessere Auslastung und der Fremdenverkehrs erfährt eine Steigerung. Eine "Info-Broschüre" oder sonstige

Informationen über eine Stadt außerhalb des Internets würden somit der betreffenden Stadt nicht zwingend

zugeordnet. Was jedoch außerhalb des Internets gilt, muss erst recht für das Informationsmedium schlechthin gelten: Es ist nicht ersichtlich, warum gerade bei diesem Medium der Zusatz "Iiiii" in Verbindung mit dem Stadtnamen so

verstanden werden muss, dass die gesamte Domain der Stadt zuzuordnen ist. Diese Annahme wird insbesondere durch das zuvor dargestellte Interesse aller Anbieter, kurze und markante Zusätze für ihre Domains zu verwenden, gestützt.

Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß §§ 823 ,

1004, 12 BGB scheitert nach alledem daran, dass eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin durch die Beklagte nicht festzustellen ist.

Da die Nutzung der Internetdomain www.ddddd.info.den durch die Beklagte das Namensrecht der Klägerin nicht verletzt, kommt auch ein Beseitigungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Übertragung der streitgegenständlichen Internetdomain gemäß § 12 S. 1 BGB oder gemäß einer etwaigen Analogie zu §§ 894 BGB, '8 Abs.1

S.2 PatG nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die

Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des

Urteils ergibt sich aus §§ 708,711 ZPO.

Streitwert: 20.000,00 DM

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