OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.03.2012 - 14 E 1411/11
Fundstelle
openJur 2012, 85336
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Der Einzelrichter ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zur Entscheidung über die Beschwerde berufen. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung vom 23. August 2011 zu Recht zurückgewiesen. Die zur Festsetzung beantragte Terminsgebühr (Nr. 3104 der Anlage 1 zum RVG) ist nicht entstanden. Die Terminsgebühr nach der genannten Gebührenstelle entsteht für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins (Vorbemerkung Nr. 3 Abs. 3 der Anlage 1 zum RVG). Allerdings entsteht nach dieser Vorbemerkung die Terminsgebühr auch für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.

Aus diesem systematischen Kontext ergibt sich, dass die Terminsgebühr für eine Besprechung nicht jeden Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines Gerichts- oder Sachverständigentermins verlieren darf. Daher wird in der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts angenommen, dass eine Terminsgebühr nur in Verfahren anfallen kann, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben oder zumindest im konkreten Fall anberaumt worden ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2011 6 E 859/11 , NRWE Rn. 11 f.; Beschluss vom 26. August 2011 4 E 760/11 , NRWE Rn. 5 f.; Beschluss vom 15. Juni 2010 13 E 382/10 , NRWE Rn. 6 ff., jeweils m. w. N.

Auch die zivilgerichtliche höchstrichterliche Rechtsprechung geht in diese Richtung und fordert, dass eine mündliche Verhandlung zumindest auf Antrag einer Partei vorgeschrieben ist.

Vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2011 XII ZB 458/10 , NJW 2012, 459 (461); zum grundsätzlichen Erfordernis einer mündlichen Verhandlung für das Anfallen der Terminsgebühr vgl. Beschluss vom 1. Februar 2007 V ZB 110/06 , NJW 2007, 1461 (1463); Beschluss vom 15. März 2007 V ZB 170/06 , NJW 2007, 2644; keine Terminsgebühr, wenn im Berufungsverfahren das Gericht das Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 der Zivilprozessordnung durch entsprechende Anhörung eingeleitet hat, Beschluss vom 13. Dezember 2011 II ZB 4/11 NJW-RR 2012, 314 (315).

Namentlich die Literatur stellt eine solche Koppelung von grundsätzlich vorgesehener mündlicher Verhandlung und Terminsgebühr in Abrede.

Vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Vorb. 3 VV Rn. 95 ff.; vgl. auch die Nachweise in BGH, Beschluss vom 2. November 2011 XII ZB 458/10 , NJW 2012, 459.

Richtig ist, dass in Verfahren, in denen regelmäßig eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, dies jedoch ausnahmsweise erstinstanzlich im Regelfall durch Mitwirkung der Parteien, zweitinstanzlich auch ohne eine solche Mitwirkung nicht der Fall ist, die Terminsgebühr ohnehin entsteht (Nr. 3104 Absatz 1, 3105 Abs. 1 Nr. 2, 3106, 3202 der Anlage 1 zum RVG). Es mag daher sein, dass in Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung für den Regelfall vorgeschrieben ist, die Terminsgebühr regelmäßig durch Teilnahme an einem Gerichtstermin oder auf Grund dieser Sonderregelungen ohne Gerichtstermin entsteht, so dass eine Terminsgebühr für eine Besprechung nicht zusätzlich entstehen kann (§ 15 Abs. 2 Satz 1 RVG) und daher die Regelung entbehrlich erscheint. Eine eigenständige Bedeutung hat die Terminsgebühr dann im Wesentlichen nur noch, wenn es durch Klagerücknahme nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung kommt. Dabei erfordert die Terminsgebühr für eine Besprechung im Gegensatz zur Einigungsgebühr und Erledigungsgebühr (Nr. 1000 und 1002 der Anlage 1 zum RVG) gerade keinen Erfolg der auf Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung. Auch ist richtig, dass für Mahnverfahren, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, eine Terminsgebühr kraft ausdrücklicher Anordnung von Vorbemerkung 3.3.2 der Anlage 1 entstehen kann. Das alles widerspricht jedoch der vorgenannten Auslegung nicht, da die Terminsgebühr für eine Besprechung jedenfalls in nicht durch Sonderregelungen erfassten Fällen ihre konstitutive auffangende Wirkung behielte.

Sollte man jedoch der in der Literatur vertretenen Auffassung folgen, nach der eine Terminsgebühr für eine auf Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung in allen Verfahren entstehen kann, so könnte dem allenfalls beigepflichtet werden, wenn es sich um gegenüber gerichtlichen Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmeterminen sowie Sachverständigenterminen qualitativ gleichwertige Besprechungstermine handelt. Grundsätzlich setzt das persönliche Anwesenheit der Besprechungsteilnehmer in einem jedenfalls auch zum Zwecke der Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens zulässigerweise anberaumten Termin voraus. Ein Telefonat zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der Behörde, wie es hier in Rede steht, reicht dafür nicht, weil bei den in der Hauptsache die Terminsgebühr auslösenden gerichtlichen Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmeterminen sowie den Sachverständigenterminen eine Terminsgebühr nur bei persönlicher Vertretung im Termin anfällt.

Vgl. zur h.M., dass ein kurzes fernmündliches Gespräch die Terminsgebühr auslösen soll, Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Vorb. 3 VV Rn. 117.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.