VG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2012 - 6 K 5127/10
Fundstelle
openJur 2012, 84954
  • Rkr:

Die an einen Betreuten bewirkte Zustellung wird jedenfalls rechtsgültig, wenn und sobald die Betreuung aufgehoben wird und der Zustellungsempfänger von dem Schriftstück Kenntnis nimmt.

Ist ein Schriftstück nachweislich in den Empfangsbereich des Zustellungsadressaten gelangt, ist regelmäßig zu erwarten, dass es nachfolgend auch zur Kenntnisnahme durch den Betreffenden kommt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutrei-benden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Voll-streckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der am 00. Juni 1925 geborene Kläger wehrt sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Mit Beschluss des Amtsgerichts N vom 9. Januar 2009 - 4 XVII 601/08 - wurde für ihn die Betreuung angeordnet und ein Betreuer mit den Aufgabenkreisen "alle Vermögensangelegenheiten und Vertretung bei Behörden und Ämtern" betraut. Dem Beschluss lag ein ärztliches Gutachten vom 12. Dezember 2008 zugrunde, das bei dem Kläger eine "geringgradig ausgeprägte hirnorganische Leistungseinbuße mit daraus resultierender Einschränkung bei der Bewältigung komplexer Angelegenheiten" feststellte.

Am 11. März 2010 ging bei der Beklagten ein Schreiben der "Hausgemeinschaft N1str. 222" ein mit der Bitte, die Fahrtüchtigkeit des Klägers zu überprüfen. Der Kläger sei ein allein lebender 85-jähriger Mann, der vor vierzehn Tagen bewusstlos in seiner Wohnung aufgefunden und über den Notarzt in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei. Der Kläger sei nach eigenen Angaben depressiv und in psychiatrischer Behandlung. Außerdem müsse er starke Medikamente nehmen. Er komme kaum alleine klar, lehne aber Hilfe ab. Gleichwohl fahre der Kläger täglich mit dem Auto, obwohl er in der Vergangenheit mehrere Unfälle verursacht habe. Bitten, sein Fahrzeug nicht mehr zu benutzen, würden von ihm ignoriert. Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 18. März 2010 mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 19. März 2010 zur Vorsprache auf. Nachdem der Termin ohne Rückmeldung des Klägers verstrichen war, teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 19. April 2010 mit, dass Bedenken an seiner Fahreignung bestünden. Zugleich ordnete sie die Beibringung eines Gutachtens eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation aus der Fachrichtung Allgemeinmedizin binnen zwei Monaten ab Zustellung der Aufforderung an. Das Gutachten sollte Auskunft zu den Fragestellungen geben, ob bei dem Kläger "eine Erkrankung vor[liegt], die seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Frage stellt" und ob er "in der Lage ist, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A, A1, B, BE, C1, C1E, L, M und S gerecht zu werden". Zudem wurde der Kläger auf die Rechtsfolgen der Nichtbeibringung des Gutachtens (§ 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung) hingewiesen. Die Anordnung wurde dem Kläger am 20. April 2010 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Zuvor hatte das Amtsgericht N am 16. April 2010 - 4 XVII 601/08 - die Aufhebung der Betreuung des Klägers beschlossen. Die für den Kläger und seinen Betreuer bestimmten Beschlussausfertigungen wurden am 19. April 2010 auf den Postweg gegeben.

Als der Kläger das geforderte Gutachten in der Folgezeit nicht beibrachte, entzog die Beklagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 2. August 2010 - zugestellt am 4. August 2010 - nach vorheriger Anhörung die Fahrerlaubnis und gab ihm unter Androhung eines Zwangsgeldes von 500,00 Euro auf, den Führerschein spätestens sieben Tage nach Zustellung abzugeben. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und Verwaltungskosten in Höhe von 124,98 Euro festgesetzt. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beigebracht habe, so dass gemäß § 11 Abs. 8 FeV der Schluss auf die fehlende Fahreignung des Klägers zulässig sei.

Der Kläger hat am 7. August 2010 Klage gegen die Ordnungsverfügung (6 K 5127/10) und - zunächst gesondert - Klage gegen die Gebührenfestsetzung (6 K 5128/10) erhoben und jeweils einen Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz gestellt (6 L 1260/10 und 6 L 1261/10). Die Verfahren 6 K 5128/10 und 6 L 1261/10 sind anschließend zu den jeweils führenden Verfahren - 6 K 5127/10 und 6 L 1260/10 - verbunden worden. Das erkennende Gericht hat den Eilrechtsschutzantrag mit Beschluss vom 16. September 2010 6 L 1260/11 abgelehnt. Die Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen war erfolglos (Beschluss vom 15. März 2011 - 16 B 1340/10 -).

Der Kläger hält die Ordnungsverfügung vom 2. August 2010 für rechtswidrig. Eine rechtlich beachtliche "Hausgemeinschaft" gebe es nicht. Es handele sich um das Gerede einzelner Leute. Zwar sei er in seiner Wohnung bewusstlos aufgefunden worden. Dies beruhe darauf, dass er in seiner Wohnung ausgerutscht und mit dem Hinterkopf auf einer harten Kante aufgeschlagen sei. Darin liege kein Grund für die Entziehung der Fahrerlaubnis. Dies gelte auch für die Behauptung, er sei depressiv und in psychiatrischer Behandlung. Er werde zwar wegen nervlicher Probleme in neurologisch behandelt. Zweifel an der Fahreignung resultierten daraus aber nicht. Es fehle daher an Tatsachen, die die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigten, zumal ihm die an ihn gerichteten Schreiben nicht bekannt seien. Hieran treffe ihn auch kein Verschulden. Er habe nämlich bis Ende April 2010 unter Betreuung gestanden. Die Post habe sein Betreuer verwaltet und möglicherweise schuldhaft nicht an ihn weitergeleitet. Im Übrigen sei nach dem Beschluss des Amtsgerichts N vom 9. Januar 2009 - 4 XVII 601/08 - der Betreuer mit den Aufgabenkreisen "alle Vermögensangelegenheiten und Vertretung bei Behörden und Ämtern" betraut worden. Die Gutachtenanordnung hätte daher allein dem Betreuer - und nicht dem Kläger - zugestellt werden müssen. Den Beschluss über die Aufhebung der Betreuung habe er Ende April oder Anfang Mai 2010 erhalten.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Ordnungsverfügung vom 2. August 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt unter Bezugnahme auf das Verwaltungsverfahren ergänzend vor, dass bei der Anordnung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens nicht allein das Schreiben der Hausgemeinschaft zugrunde gelegt worden sei, sondern auch die fehlende Mitwirkungsbereitschaft des Klägers. Im Übrigen sei es widersprüchlich, wenn der Kläger einerseits seine Fahreignung bejahe, ihm aber andererseits Schriftstücke nicht zustellbar sein sollen. Außerdem werfe die im Betreuungsverfahren diagnostizierte Einschränkung bei der Bewältigung komplexer Angelegenheiten gerade für den (komplexen) Straßenverkehr zusätzliche Bedenken an der Fahreignung auf.

Die Beteiligten haben unter dem 17. November 2011 und 10. Januar 2012 auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 6 K 5127/10 und 6 L 2160/10 sowie die beigezogene Akte des Amtsgerichts Mönchengladbach (4 XVII 601/08) und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Der gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zuständige Einzelrichter konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Die Ordnungsverfügung vom 2. August 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Beklagte hat dem Kläger die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Die Fahrerlaubnis muss seitens der Straßenverkehrsbehörde entzogen werden, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeuges begründen, der Fahrerlaubnisinhaber das von der Behörde zu Recht geforderte Gutachten nicht oder nicht fristgerecht beibringt, die Behörde deshalb auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers schließt (§ 46 Abs. 3, § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV) und der Fahrerlaubnisinhaber hierauf bei der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens hingewiesen wurde (§ 46 Abs. 3, § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV). Dieser Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die Anordnung, ein Gutachten beizubringen, bestimmten Mindestanforderungen in formeller Hinsicht genügt sowie materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig, ist und für die Weigerung, das Gutachten beizubringen, kein ausreichender Grund besteht.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 22. Oktober 2003 - 19 A 2549/99 -, juris, und Beschluss vom 22. November 2001, - 19 B 814/01 -, juris.

Die Anordnung, ein Gutachten beizubringen, dient gemäß § 2 Abs. 7 und 8, § 3 Abs. 1 StVG, § 11 Abs. 2, 3 46 Abs. 2 FeV dazu, aufgrund bekannt gewordener Tatsachen begründete Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zu klären. Mit dieser generellen Voraussetzung ist es - mit Rücksicht auf die belastenden Folgen einer Beibringungsanordnung für den Betroffenen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nicht in das freie Ermessen der Behörde gestellt, wann sie von einem Anfangsverdacht ausgehen darf, vielmehr müssen einer Aufforderung tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die einen Eignungsmangel als nahe liegend erscheinen lassen.

Vgl.: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 5. Juli 2001, - 3 C 13/01-, juris.

Nach den vorstehend erläuterten rechtlichen Voraussetzungen ist die angefochtene Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Beklagte rechtmäßig erfolgt.

Das Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation der Fachrichtung Allgemeinmedizin ist zu Recht gemäß § 11 Abs. 2 FeV angefordert worden, da Tatsachen bekannt geworden waren, die Bedenken gegen die körperliche Eignung des Klägers begründeten.

Aufgrund der Angaben des Klägers im vorliegenden Verfahren ist von dem der Beklagten angezeigten Sachverhalt, wonach der Kläger Anfang März 2010 bewusstlos in seiner Wohnung aufgefunden wurde und in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, auszugehen. Damit allein ist schon ein Bedenken gegen die Fahreignung des Antragstellers rechtfertigender Umstand gegeben. Denn Ziffern 6.6 sowie 4.1 bzw. 4.3.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist im Sinne eines mit Blick auf den Schutzzweck des Fahrerlaubnisrechts weiten Verständnisses zu entnehmen, dass fahrerlaubnisrechtlich jedweder das Bewusstsein signifikant beeinträchtigende Anfall die Fahreignung in Frage stellt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2010 - 16 E 326/09 -.

Das von der Beklagten angeordnete Gutachten diente dem Zweck abzuklären, ob eine im dargestellten Sinne fahrerlaubnisrechtliche relevante Bewusstseinsbeeinträchtigung beim Kläger vorliegt. Soweit der Kläger im gerichtlichen Verfahren erstmals geltend macht, die Bewusstlosigkeit sei aufgrund eines Sturzes mit Aufprall auf einer harten Kante eingetreten, hat er dieses Vorbringen auch im Klageverfahren in keiner Weise substantiiert; es kann deshalb auch hier keine Berücksichtigung finden.

Soweit der Kläger geltend macht, die Gutachtenaufforderung der Beklagten beruhe auf dem Gerede anderer Leute und in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass eine "Hausgemeinschaft" weder als juristische Person noch in anderem Gewande bestehe, führt dies nicht zu Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Gutachtenaufforderung. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss vom 16. September 2010 6 L 1260/10 (S. 3, letzter Abs., S. 4 des amtl. Umdrucks), denen der Kläger im Klageverfahren nicht entgegen getreten ist, Bezug genommen.

Die Anordnung zur Begutachtung ist auch dem Kläger gegenüber wirksam geworden. Die Anordnung wurde dem Kläger am 20. April 2010 mit Postzustellungsurkunde - durch Einwurf in den Briefkasten unter seiner Wohnanschrift - zugestellt. Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung folgen nicht daraus, dass gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 LZG NRW Zustellungen an den Betreuer zu richten sind und der Kläger am 20. April 2010 noch unter Betreuung stand. Denn der darin liegende Rechtsverstoß ist durch die vorliegend anzunehmende Kenntnisnahme des Klägers von der Gutachtenanordnung bei bzw. in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Aufhebung der Betreuung geheilt.

Zustellungen, die - wie hier - entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 LZG NRW an den Betreuten vorgenommen werden, sind (zunächst) unwirksam.

Vgl. Sadler, VwVG, VwZG, 8. Aufl. 2011, § 6 VwZG Rn. 1, 3, 6.

Das Betreuungsverhältnis war bei Zustellung der Gutachtenanordnung am 20. April 2010 noch nicht beendet. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Beschluss über die Aufhebung der Betreuung vom 16. April 2010 noch nicht wirksam. Gemäß § 287 Abs. 1 FamFG werden Beschlüsse, die wie im vorliegenden Fall den Bestand des Bestellung eines Betreuers berühren, mit ihrer Bekanntgabe an den Betreuer wirksam. Die Bekanntgabe wird gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG durch Zustellung nach den §§ 166 bis 195 ZPO oder durch Aufgabe des Schriftstückes zur Post bewirkt. Soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, das Schriftstück sei ihm nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Zur Fristberechnung gilt: Für den Fristbeginn zählt der Tag der Aufgabe der Post nicht mit (§ 16 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB); ob das Fristende auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fällt, ist unerheblich, da § 222 Abs. 2 ZPO im Rahmen von § 15 Abs. 2 Satz 2 FamFG nicht anwendbar ist.

Vgl. Bahrenfuss, in: FamFG, Berliner Kommentar, 2009, § 16 Rn. 4, 9 m.w.N.

Vorliegend wurde der Aufhebungsbeschluss am 19. April 2010 zur Post gegeben; er galt damit da kein Anhalt für einen fehlenden oder späteren Zugang bei dem Betreuer besteht drei Tage nach Aufgabe zur Post, also am 22. April 2010, als bekannt gegeben. Damit bestand zum Zeitpunkt der Zustellung der Gutachtenanordnung am 20. April 2010 das Betreuungsverhältnis fort.

Der Zustellungsmangel ist jedoch nachträglich weggefallen. Denn eine an einen Betreuten bewirkte Zustellung wird jedenfalls rechtsgültig, wenn und sobald die Betreuung aufgehoben ist und der Zustellungsempfänger von dem Schriftstück Kenntnis hat oder erhält.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 1994 - 2 B 173.93 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2011 - 16 B 1340/10 -, VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20. Februar 1990 -4 S 287/87 -, juris; Sadler, a.a.O., § 6 VwZG Rn. 6, § 8 VwZG Rn. 41.

Nach den Ausführungen des OVG NRW im Beschluss gleichen Rubrums vom 15. März 2011, denen das Gericht folgt, ist davon auszugehen, dass der Kläger bei Wirksamwerden des Aufhebungsbeschlusses bereits Kenntnis von der Gutachtenaufforderung hatte oder jedenfalls in engem zeitlichem Zusammenhang Kenntnis davon erlangt hat. Die aktenkundige Postzustellungsurkunde begründet demnach den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen - vorliegend die fehlende Möglichkeit der Übergabe und die Einlegung in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung am 20. April 2010. Ist aber ein Schriftstück in den Empfangsbereich des Zustellungsadressaten gelangt, ist regelmäßig zu erwarten, dass es nachfolgend auch zur Kenntnisnahme durch den Betreffenden kommt.

OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2011 - 16 B 1340/11 -.

Zwar setzt das Tatbestandsmerkmal der Weigerung in § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV die Kenntnisnahme von der Gutachtenaufforderung voraus, auf die sich die Beweiskraft der Postzustellungsurkunde nicht erstreckt. Bei normalem Lauf der Dinge ist indes regelmäßig zu erwarten, dass die ordnungsgemäße Zustellung eines Schriftstücks auch zur Kenntnisnahme durch den Adressaten führt. Für einen im Einzelfall abweichenden Ablauf der Ereignisse in der Sphäre des Adressaten ist jedenfalls zunächst dieser darlegungspflichtig.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 15. März 2011 - 16 B 1340/10 -, und vom 27. Juli 2006 - 16 B 2031/05 -, m.w.N.

Diesen Anforderungen wird allein das Vorbringen des Klägers aus der Klageschrift, die Gutachtenaufforderung sei ihm nicht bekannt, nicht gerecht. Dies gilt um so mehr, als er auch nach rechtskräftigem Abschluss des Eilrechtsschutzverfahrens ein Ergebnis der von ihm angekündigten "Prüfung dieses Sachverhalts nach Akteneinsicht" bislang nicht vorgelegt hat. Fehl geht die im Schriftsatz vom 17. November 2011 angestellte Vermutung, die Schreiben der Beklagten hätten den Kläger nicht erreicht, weil die Post nicht dem Kläger sondern dem Betreuer zugeleitet worden sei; diese Annahme ist jedenfalls in Bezug auf die Schreiben der Straßenverkehrsbehörde durch die Postzustellungsurkunden vom 19. März und 20. April 2010 widerlegt. Dass der Kläger seinen Briefkasten nicht geleert hätte oder ihm die dort nachweislich eingeworfenen Schreiben vor deren Lektüre abhanden gekommen wären, hat er dagegen selbst nicht behauptet.

Ausgehend hiervon war die in der Anordnung vom 19. April 2010 gesetzte, zweimonatige Frist zur Beibringung des Gutachtens, deren Lauf mit dem Wegfall des Zustellungsmangels einsetzt,

vgl. Sadler, a.a.O., § 8 VwZG Rn. 22 für den Fall der Heilung im Rechtssinne,

jedenfalls bei Erlass der Ordnungsverfügung vom 2. August 2010 verstrichen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, die Gutachtenanordnung sei ihm - wie auch der Beschluss über die Aufhebung der Betreuung - erst "Ende April" bzw. "Anfang Mai" zur Kenntnis gelangt, wären dem Kläger noch weit über zwei Monate zur Beibringung des Gutachtens geblieben, bevor ihm die Ordnungsverfügung zugestellt wurde. Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Frist, deren Beginn in zulässiger Weise an die Zustellung der Gutachtenanordnung geknüpft ist, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Da der Kläger das angeordnete ärztliche Gutachten nicht innerhalb der hierfür gesetzten Frist vorgelegt hat, durfte die Beklagte gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen.

Die Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins, der der Kläger am 9. August 2010 nachgekommen ist, beruht auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV.

Die für die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 500,- Euro maßgeblichen Voraussetzungen der §§ 55 ff. VwVG NRW liegen vor. Insbesondere die Frist zur Abgabe des Führerscheins und die Höhe des Zwangsgeldes erscheinen nicht unangemessen.

Die nach § 22 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG) gleichzeitig angefochtene Gebührenfestsetzung ist rechtmäßig. Grundlage der Gebührenfestsetzung ist § 6a Abs. 2 und 3 StVG, § 1 Abs. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Der Gebührenrahmen für die Entziehung einer Fahrerlaubnis (Gebührenziffer 206 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr, Anlage zu § 1 GebOSt) beträgt 33,20 Euro bis 256,00 Euro. Die hier festgesetzte Gebühr von 124,98 Euro (inkl. Auslagen), gegen deren Höhe der Kläger keine Einwendungen erhoben hat, liegt im Gebührenrahmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bemessungsgrundsätze nach § 6 GebOSt in Verbindung mit § 9 VwKostG nicht eingehalten wurden, ergeben sich nicht.

Die Kostenverteilung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.