OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.02.2012 - 13 B 17/12
Fundstelle
openJur 2012, 84696
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-ren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der von dem Antragsteller dargelegten Gründe befindet, hat keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist in dem vorgegebenen Prüfungsumfang nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht hat das im Rahmen des § 123 VwGO geltend gemachte Antragsbegehren des Antragstellers, der Antragsgegnerin aufzugeben, ihm vorläufig einen Studienplatz in dem Masterstudiengang Business Administration (Supply Chain Management) zum Wintersemester 2011/2012 innerhalb, hilfsweise außerhalb der festgesetzten Kapazität zuzuweisen, mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller erfülle nicht die Zugangsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 lit. b) der Eignungsfeststellungsordnung, wonach 20 Leistungspunkte aus dem Gebiet der Volkswirtschaft nachzuweisen seien. Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers vermag eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen.

Grundlage für die Zulassung zum begehrten Masterstudiengang an der Hochschule der Antragsgegnerin ist die Ordnung zur Feststellung der besonderen Eignung für den Masterstudiengang Business Administration der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät in den Studieneinrichtungen Accounting and Taxation, Corporate Development, Finance, Marketing, Supply Chain Management vom 17. Februar 2011 (Eignungsfeststellungsordnung). Nach deren § 2 Abs. 1 Satz 1 ist Zulassungsvoraussetzung für diesen Masterstudiengang ein erfolgreich abgeschlossenes wirtschafts- oder sozialwissenschaftliches Bachelorstudium, in dem mindestens 180 Leistungspunkte erworben wurden oder ein gleichwertiges, erfolgreich abgeschlossenes Studium. Erfolgreich abgeschlossen im Sinne dieser Ordnung ist ein Studium, wenn die Gesamtnote 2,7 beträgt (Satz 2). An das Studium nach Satz 1 werden nach Satz 3 zudem folgende Anforderungen gestellt:

a) ...

b) mindestens 20 Leistungspunkte aus dem Gebiet der Volkswirtschaft und

c) ...

Gründe für eine Unwirksamkeit dieser Norm liegen nicht vor.

§ 2 Abs. 1 der Eignungsfeststellungordnung gründet sich auf § 49 Abs. 7 HG NRW. Nach dessen Satz 1 hat Zugang zu einem Studiengang, der mit einem Mastergrad abgeschlossen wird, wer einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss nachweist, auf dem der Masterstudiengang aufbaut. Abschlüsse von akkreditierten Bachelorausbildungsgängen an Berufsakademien (über einen solchen verfügt der Kläger) sind Bachelorabschlüssen von Hochschulen gleichgestellt (Satz 2). Die Prüfungsordnungen können bestimmen, dass für einen Studiengang nach Satz 1 ein vorangegangener qualifizierter Abschluss nachzuweisen ist (Satz 3). Der Senat sieht die Anforderungen des § 2 Abs. 1 der Eignungsfeststellungordnung als mit § 49 Abs. 7 HG NRW und ebenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar an. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass der Zugang zum Masterstudium Business Administration unverhältnismäßig beschränkt wird.

Die Zulassungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 der Eignungsfeststellungordnung widersprechen nicht dem Recht auf freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte (Art. 12 Abs. 1 GG) i. V. m. dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip. Hieraus folgt ein nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes einschränkbares Recht des die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllenden ("hochschulreifen") Staatsbürgers auf Zulassung zum Hochschulstudium. § 49 Abs. 7 Satz 1 und 3 HG NRW und § 2 Abs. 1 der Eignungsfeststellungordnung sind subjektive Berufszulassungsvoraussetzungen, die den Zugang zum Masterstudium im Wege subjektiver Eignungsregeln beschränken, indem auf erworbene Abschlüsse und/oder erbrachte Leistungen abgestellt wird. Diese Beschränkung ist im Hinblick auf ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, das gegenüber der Freiheit des Einzelnen vorrangig ist, gerechtfertigt. Dieses liegt in der Feststellung, ob der Studienbewerber den Anforderungen des Masterstudiums genügen wird und dient damit letztlich der internationalen Akzeptanz und Reputation der Masterabschlüsse.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 13 B 1632/09 -, NWVBl. 2010, 434, und vom 17. Februar 2010 - 13 C 411/09 -, juris; vgl. auch OVG Saarl., Beschluss vom 16. Januar 2012 2 B 409/11 , juris.

Das Abstellen auf einen solchen Abschluss ist dabei ein sachgerechtes und nachvollziehbares Kriterium, um den besonderen, in den ländergemeinsamen Strukturvorgaben zum Ausdruck kommenden Anforderungen an das Masterstudium Rechnung zu tragen und damit Ausdruck einer verhältnismäßigen Zugangsbeschränkung. Es darf bei dem Zugang zum Masterstudium berücksichtigt werden, dass der Bewerber die Aufnahme eines Zweitstudiums anstrebt. Obgleich der aus Art. 12 GG folgende Teilhabeanspruch der hochschulreifen Bewerber für den Zugang zum Zweitstudium fortwirkt und nicht verbraucht ist,

vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 , BVerfGE 43, 291, 363; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2009 - 13 B 269/09 -, und vom 11. Januar 2011 - 13 B 1614/10 -, jeweils juris,

unterliegen Beschränkungen des Zugangs zum Zweitstudium allgemein geringeren Rechtmäßigkeitsanforderungen als Beschränkungen des Zugangs zum Erststudium. Zusätzliche Zugangsbedingungen können ihre Rechtfertigung darin finden, dass sich der Bewerber bereits durch eine Ausbildung im Hochschulbereich auch tatsächlich - die Grundlage für eine berufliche Tätigkeit geschaffen hat. Vor diesem Hintergrund stellt sich die in § 49 Abs. 7 Satz 1 und 3 HG NRW enthaltene Zugangsbeschränkung, die die Hochschulen ausschließlich zur Anknüpfung an den ersten berufsqualifizierenden und qualifizierten Abschluss ermächtigt, als verhältnismäßig dar.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2011 13 B 1640/10 -, NWVBl. 2011, 232, und 13 B 1649/11 -, juris.

§ 49 Abs. 7 HG NRW ist auch eine hinreichende formellgesetzliche Ermächtigung für eine Beschränkung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Zulassung zum Studium. Der Hinweis des Antragstellers auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg (Beschluss vom 2. November 2009 - 20 E 2406/09 -, juris) gibt daher keine Veranlassung, seinem Begehren stattzugeben. Die Maßstäbe, die Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG für gesetzliche Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen aufstellt, können auf Ermächtigungen zum Erlass von Satzungen nicht übertragen werden. Anders als bei abgeleiteter Rechtsetzung im Verordnungswege gebieten allgemeine rechtsstaatliche und demokratische Grundsätze es nicht, dass öffentlichrechtlichen Körperschaften Inhalt, Zweck und Ausmaß der von ihnen im Rahmen ihrer Autonomie zu erlassenden Normen in ebenso bestimmter Weise vorgegeben werden. Der Gesetzgeber darf sich zwar seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern, sondern muss - vor allem mit Blick auf mögliche Grundrechtseingriffe - auch der Satzungsgewalt von Selbstverwaltungsorganen sachangemessene Grenzen setzen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1972 1 BvR 518/62, BVerfGE 33, 125, 157 ff.; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9. August 2011 - 9 S 1687/11 -, juris.

Danach muss im Parlamentsgesetz gleichsam das "Wesentliche vom Wesentlichen" geregelt werden. Diese Voraussetzungen hat der Gesetzgeber indes erfüllt.

§ 49 Abs. 7 HG NRW bestimmt in Satz 1 die ausschließliche Voraussetzung für den Zugang zu einem Masterstudiengang. Der Bewerber hat demnach einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss nachzuweisen, auf dem der Masterstudiengang aufbaut.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2011 13 B 1640/10 - und 13 B 1649/11 -, jeweils a. a. O., sowie vom 21. Dezember 2011 13 B 1419/11 -, juris.

Des Weiteren hat der Gesetzgeber in § 49 Abs. 7 Satz 3 HG NRW entschieden, dass die Hochschule den Nachweis eines vorangegangenen qualifizierten Abschlusses verlangen kann. Damit hat der Gesetzgeber diesen Lebensbereich durch Sätze objektiven Rechts im Wesentlichen selbst geordnet. Demgegenüber musste er nicht auch nicht in den Grundzügen die Kriterien und Merkmale der "Eignung" und der "Auswahl" durch Gesetz festlegen. Die Erfüllung dieser Aufgaben durfte er auf die jeweilige Hochschule übertragen. Anderenfalls wäre dem Gesetzgeber (auch) eine Verpflichtung auferlegt, deren Erfüllung angesichts der Vielfältigkeit der Lehrkonzepte der Hochschulen kaum als realistisch erscheinen dürfte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2010 13 C 411/09 -, a. a. O.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat der Zulassungsausschuss für den Masterstudiengang auch nicht fehlerhaft geurteilt, als er im Fall des Antragstellers die Zugangsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 lit. b) der Eignungsfeststellungsordnung als nicht erfüllt angesehen hat. Der Antragsteller hat nicht die erforderlichen 20 Leistungspunkte aus dem Bereich der Volkswirtschaftslehre nachgewiesen.

Der Zulassungsausschuss ist bei der Bewertung des Transcript of Records der Fachhochschule für die Wirtschaft Hannover zu dem vertretbaren Ergebnis gelangt, es seien nur 7 Leistungspunkte für die Module "Grundlagen der Volkswirtschaftslehre" und "Makroökonomie" zu berücksichtigen. Auch die vom Antragsteller vorgelegte Bescheinigung der Fachhochschule vom 20. Juni 2011 belegt nicht, dass die dort angegebenen Module "Quantitative Methoden 1" mit 4 Leistungspunkten, Finanzdienstleistungen 1 mit 7 Leistungspunkten und Finanzwirtschaft 1 mit 3 Leistungspunkten dem Bereich der Volkswirtschaftslehre zuzuordnen sind. Die Bescheinigung der Fachhochschule ist nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht aussagekräftig, weil sie nur angibt, dass die dort angeführten Module des von dem Antragsteller absolvierten Betriebswirtschaftsstudiums "auch" den Themengebieten der Volkswirtschaftslehre zuzurechnen sind. Deshalb lässt sich eine Zuordnung zu den Kerngebieten der Volkswirtschaftslehre, wie sie für das universitäre Masterstudium an der Universität der Antragsgegnerin vorausgesetzt wird, nicht ableiten. Diesen Ausführungen ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit der Antragsteller sich auf den im Prüfungsrecht gängigen Grundsatz, dass eine vertretbare Antwort nicht als falsch gewertet werden dürfe, beruft,

hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 1 BvR 419/81 u. a. -, BVerfGE 84, 34,

führt dieser Gesichtspunkt nicht weiter. Hier sind nicht von dem Antragsteller erbrachte Prüfungsleistungen zu beurteilen, sondern es geht um die Frage, ob der Zulassungsausschuss die Auffassung der Fachhochschule für die Wirtschaft Hannover anerkennen musste und zutreffend die Voraussetzungen für die Zulassung zum begehrten Masterstudiengang beurteilt hat. Unzweifelhaft ist die Fachhochschule nicht in der Situation eines Prüfungskandidaten, so dass sich die Frage der Berücksichtigung von Modulinhalten nicht mit den Kategorien "vertretbar" oder "nicht vertretbar" beantworten lässt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.