LAG Hamm, Urteil vom 25.01.2012 - 3 Sa 1544/11
Fundstelle
openJur 2012, 84283
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 13.09.2011 - 3 Ca 2527/10 - teilweise abgeändert.

Der Tenor wird wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.010,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

- 5.421,64 € brutto seit 01.12.2010

- weiteren 507,90 € brutto seit 01.01.2011

- weiteren 337,78 € brutto seit 01.02.2011

- weiteren 408,79 € brutto seit 01.03.2011

- weiteren 153,92 € brutto seit 01.05.2011

- weiteren 261,00 € brutto seit 01.06.2011

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 93,17 %, die Beklagte zu 6,83 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 91,5 %, die Beklagte zu 8,5 %.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Arbeitsbedingungen nach dem Equal-Pay-Gebot des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG.

Der am 12.12.1967 geborene Kläger, der über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kfz-Schlosser verfügt, war seit dem 30.10.2002 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten, die ein Unternehmen der Personaldienstleistung mit bundesweit ca. 1.000 Arbeitnehmern betreibt, beschäftigt.

Grundlage der Beschäftigung war zuletzt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 18.02./17.05.2005, der u. a. folgende Regelungen vorsieht.

"…

1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

…

Der Mitarbeiter ist eingestellt als

Außendienstmitarbeiter,

Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert:

Entgeltgruppe: AWE5+

Die Rechte und Pflichten der Parteien, dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nach stehenden Regelungen sowie nach den zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e.V. (INZ) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). Dies gilt insbesondere bei einer Fusion der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e.V. (INZ). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

…

5. Arbeitszeit

Als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich Pausen werden 35,00 Stunden vereinbart.

…

Lage, Beginn, Ende und Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Lage und Dauer der Pausen richten sich nach den in dem Betrieb des jeweiligen Kunden geltenden betrieblichen Regelungen, im Übrigen nach den Bestimmungen der in 1. genannten Tarifverträge. Der jeweilige Arbeitszeitbeginn ist als Beginn der Verpflichtung zur Arbeitsleistung selbst zu verstehen und nicht als Eintreffen im Kundenbetrieb bzw. am Arbeitsplatz.

…

14. Ausschluss von Ansprüchen

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser wenn nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannte Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

Einsprüche oder Einwendungen gegen die Vergütungsabrechnung sind nach sofortiger Prüfung unverzüglich zu melden bzw. anzuzeigen.

Zum 01.07.2005 fand eine Fusion der im Arbeitsvertrag genannten INZ auf den Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister (AMP) statt. Eine Zusatzvereinbarung vom 26.04.2010, nach der ab dem 01.01.2010 auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem AMP und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden sollten, unterzeichnete der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 29.06.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ab dem 01.01.2010 auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem AMP und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes abgeschlossene Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.

Seit Beginn seiner Tätigkeit war der Kläger an die R1 Vertrieb AG überlassen.

Dort war der Kläger im sog. "Kombi-Außendienst" eingesetzt.

Unwidersprochen wendet die Entleiherin im Unternehmen die Tarifverträge der Tarifgruppe R1 an.

Der maßgebliche Manteltarifvertrag vom 27.03.2006 sieht in § 4 Ziff. 1.1. eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden im Durchschnitt vor.

Als Mehrarbeitszuschlag sieht § 6 Ziff. 1.1 für die ersten zwei Stunden je Tag 25 % vor.

Als Weihnachtszuwendung sieht § 10 Ziff. 1. im ersten Dienstjahr eine Zahlung von 50 % einer Grundvergütung, ab dem zweiten Jahr eine Zahlung von 100 % einer Grundvergütung vor.

Nach § 11 Ziff. 1. erhalten ferner Arbeitnehmer, die am 31.05. des Jahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen, einen Einmalbetrag in Höhe von 300,00 € als jährlicher Sonderzuwendung. Diese wird entsprechend der jeweiligen linearen Erhöhung der Vergütungstabelle dynamisiert.

§ 16 schließlich enthält zur Entlohnung folgende Bestimmungen:

"§ 16 Vergütungsordnung

1. Alle Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des MTV fallen, werden nach einer einheitlichen Vergütungsordnung, die 16 Vergütungsgruppen umfasst, entlohnt.

Dabei sind die:

VG A 1 bis A 4 für Tätigkeiten im - und angelernten Bereich;

VG B 1 bis B 4 für Tätigkeiten, die in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf voraussetzen;

VG C 1 bis C 4 für Tätigkeiten, die in der Regel eine abgeschlossene Fachausbildung voraussetzen, wie Meister, Techniker, Fachwirt;

VG D 1 bis D 4 für Tätigkeiten, die in der Regel eine abgeschlossene Fach/Hochschulausbildung voraussetzen;

B 1 ist die Eckvergütungsgruppe

Die Verweildauer in der Basisvergütung der jeweiligen Vergütungsgruppe beträgt max. 36 volle Kalendermonate für die VG Gruppen A und B und max. 48 volle Kalendermonate für die VG Gruppen C und D.

Die Höhe der Vergütungen für Auszubildende bemisst sich wie folgt:

1. Ausbildungsjahr: 26 % der Basisvergütung der Eckvergütungsgruppe B1

2. Ausbildungsjahr: 30 % der Basisvergütung der Eckvergütungsgruppe B1

3. Ausbildungsjahr: 34 % der Basisvergütung der Eckvergütungsgruppe B1

4. Ausbildungsjahr: 28 % der Basisvergütung der Eckvergütungsgruppe B1

2. Jeder Vergütungsgruppe wird eine Starteingruppierung mit einer Absenkung von 8 % der Basisvergütung zugeordnet. Neu eingestellte Arbeitnehmer und übernommen Ausgebildete werden nach der Startvergütung der jeweils maßgeblichen Vergütungsgruppe für die Verweildauer von max. 24 vollen Kalendermonaten vergütet. Die Starteingruppierung findet keine Anwendung bei Umgruppierungen.

3. Jeder Vergütungsgruppe sind vier Erfahrungsstufen, die jeweils 4 % Steigerung für die VG-Gruppen A und B und jeweils 3,5 % für die VG-Gruppen C und D der Basisvergütung betragen, zugeordnet.

Die Verweildauer je Erfahrungsstufe beträgt max. 36 volle Kalendermonate für die VG-Gruppen A und B und max. 48 volle Kalendermonate für die VG-Gruppen C und D.

4. Die Verweildauer in der Startvergütung, Basisvergütung und den Erfahrungsstufen kann in begründeten Einzelfällen auf Antrag einer der beiden Betriebsparteien einvernehmlich verkürzt werden.

5. Die Eingruppierung in eine der Vergütungsgruppen erfolgt nach der überwiegend ausgeübten Tätigkeit, und zwar nach Maßgabe der Oberbegriffe, welche die typischen Tätigkeiten erläutern (Anlage 1).

Den Oberbegriffen werden in den Führungsgesellschaften bzw. Unternehmen typische Tätigkeiten, die die Wertigkeit der Vergütungsgruppe beschreiben, nach Zustimmung der Tarifvertragsparteien beispielhaft zugeordnet.

Die Zuordnungen aus dem Überleitungstarifvertrag haben keine präjudizierende Wirkung.

Soweit die Vergütungsgruppen eine bestimmte Berufsausbildung mit Abschlussprüfung im ‚Grundsatz voraussetzen, steht dies der Eingruppierung eines Arbeitnehmers nicht entgegen, der eine solche förmliche Ausbildung und Abschlussprüfung nicht vorweisen kann, der jedoch die Anforderungen der Tätigkeit in dieser Vergütungsgruppe gleichwohl erfüllt. Eine bestimmte Ausbildung oder ein bestimmter Abschluss des Arbeitnehmers begründet keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe, wenn die überwiegend ausgeübte Tätigkeit diese Ausbildung oder diesen Abschluss nicht voraussetzt.

…"

Die Protokollnotizen zu § 16 Nr. 1 sehen darüber hinaus folgende Regelungen vor:

"Schnittstellen, z. B. VG A4 zu VG B1

Vergütungsgruppe B1

Fall 1: Tätigkeiten für die Kenntnisse einer abgeschlossenen Berufsausbildung, in einem anerkannten Ausbildungsberuf in einer einschlägigen Fachrichtung erforderlich sind. ↓

(keine Bäckerausbildung für eine Stelle als z. B. Energieanlagenelektroniker)

Fall 2: oder gleichwertige Kenntnisse, die durch betriebliche Qualifikation bzw. praktischer Erfahrungen und Fertigkeiten erworben wurden.

(hier geht es um die Besetzung der gleichen Stelle wie Fall 1)

Die Tarifvertragsparteien stimmen darin überein, dass es in bestimmten Fällen neben den in den Fällen 1 und 2 beschriebenen Möglichkeiten zur Eingruppierung in die VG B1, weitere Eingruppierungen in den B-Block geben kann, wenn Tätigkeiten aus dem A-Block durch Zuweisung von zusätzlichen Aufgaben und/oder zusätzlicher Verantwortung, gleichwertig mit den beschriebenen Tätigkeiten im B-Block sind.

dies gilt sinngemäß auch für die übrigen Vergütungsblöcke (siehe Beispiele).

Unter den "Voraussetzungen" in den Richtbeispielen (Oberbegriffen) werden u.a. abgeschlossene Berufsausbildungen angeführt, die in der Regel die für die jeweiligen Tätigkeiten erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten für die Ausübung der entsprechenden Tätigkeiten verfügt.

Die in den Voraussetzungen aufgeführten Berufs- und Ausbildungsabschlüsse sind jedoch keine unabdingbaren Voraussetzungen für die Eingruppierung.

Die entsprechenden Qualifikationen können auch auf anderen Wegen - wie z. B. externe oder betriebliche Qualifizierungsmaßnahmen, einschlägige Berufserfahren o.-. erworben werden.

Die Voraussetzungen in den Oberbegriffen dürfen nicht dazu führen, dass Mitarbeiter bei fehlenden Berufs- und Ausbildungsabschlüssen - aber mit entsprechenden auf anderen Wegen erworbenen Qualifikationen - bei Bewerbungen auf innerbetriebliche Stellenausschreibungen nicht berücksichtigt werden.

Die Tarifvertragsparteien sehen es nicht als ihre Aufgabe an, in Regelungen zur innerbetrieblichen Stellenausschreibung einzugreifen; eine Einschränkung der Bewerberauswahl ist mit den oben stehenden Vorbemerkungen nicht verbunden.

Beispiele zu den Schnittstellen:

VG A4 zu VG B1 / Beispiel: Registratur

5 Mitarbeiter in VG A4, einer dieser 5 MA erhält die Zusatzaufgaben, die Arbeiten und die MA in der Registratur zu koordinieren usw. = höherwertige Tätigkeit als VG A4 durch zusätzliche Verantwortung für Arbeiten und die Mitarbeiter in der Registratur = Eingruppierung in die VG B1, da es sich um eine gleichwertige Tätigkeit zur VG B1 handelt."

Die Anlage 1 zum MTV sieht u.a. folgende Vergütungsgruppen vor:

Vergütungsgruppe A 1

Tätigkeiten, die eine betriebliche Einweisung erfordern

Vergütungsgruppe A 2

Tätigkeiten, die eine Einarbeitung im jeweiligen Aufgabengebiet erfordern

Vergütungsgruppe A 3

Tätigkeiten, die eine eingehende betriebliche Einweisung und fachliche Einarbeitung erfordern

Vergütungsgruppe A 4

Tätigkeiten, die eine gründliche und umfassende betriebliche bzw. fachliche Einweisung und Einarbeitung erfordern

Vergütungsgruppe B 1

Tätigkeiten, für die Kenntnisse einer abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf in einer einschlägigen Fachrichtung erforderlich sind

oder Tätigkeiten, die durch die Anforderung an betriebliche Qualifizierung bzw. praktische Erfahrungen den erworbenen beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten den in Abs. 1 genannten Tätigkeiten gleichwertig sind

Vergütungsgruppe B 2

Tätigkeiten, für die neben einer abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf in einer einschlägigen Fachrichtung ein höheres Maß an einschlägigen Kenntnissen und Fertigkeiten erforderlich ist

oder Tätigkeiten, die eine fachliche Anleitung von Mitarbeitern beinhalten

Vergütungsgruppe B 3

Tätigkeiten, für die neben einer abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf in einer einschlägigen Fachrichtung besondere Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erforderlich sind

oder Tätigkeiten, für die eine Zusatzqualifikation erforderlich ist

oder Tätigkeiten, die eine fachliche ‚Führung von Mitarbeitern beinhalten

…"

Spesen und Fahrtkosten wurden bei der Entleiherin nach der gültigen Reisekostenregelung der R1 vergütet.

Insoweit existiert eine Inlands-Reisekostenordnung der R1 E1 AG vom 01.01.1996 mit Ergänzung vom 01.04.2000 über die Gewährung von Trennungsentschädigung und Erstattung von Fahrtkosten.

Mit Klage vom 23.12.2010 und Klageerweiterungen vom 18.05.2011, 28.07.2011 und 02.09.2011 macht der Kläger Ansprüche auf Gewährung von Tarifentgelt, Weihnachtsgeld, Sonderzahlung, Erstattung von Fahrtkosten und Gewährung von Spesen für den Zeitraum von Januar 2007 bis Juli 2011 geltend, Fahrtkosten dabei erst ab dem Monat April 2009 als dem Monat, ab dem der Kläger sein Privatfahrzeug zur Verrichtung der Außendiensttätigkeit einsetzte.

Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, ihm eine niedrigere Vergütung als den R1-Mitarbeitern zu zahlen, eine Abweichung vom Equal Pay-Gebot des § 9 AÜG sei unzulässig.

Das Bundesarbeitsgericht habe insoweit mit Urteil vom 14.12.2010 festgestellt, dass die CGZP keine Tarifverträge schließen könne. Folge der rechtskräftigen Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP sei, dass die von ihr abgeschlossenen Tarifverträge von Beginn an nichtig seien. Nur wirksame Tarifverträge könnten jedoch vom Equal Pay-Gebot des § 9 AÜG befreien.

Wenn das Bundesarbeitsgericht festgestellt habe, dass die CGZP zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht tariffähig gewesen sei, bedeute dies, dass sie nie, also auch nicht vorher, tariffähig gewesen sei. Einer Aussetzung des Verfahrens bedürfe es insoweit nicht, da keine Veranlassung bestehe, erst festzustellen, ob die CGZP im Jahre 2005 tariffähig gewesen sei oder nicht.

Auf Vertrauensschutz könne sich die Beklagte nicht berufen, da ein guter Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung nicht geschützt sei.

Entgegen der Auffassung der Beklagten richteten sich seiner Meinung nach die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht seit dem 01.01.2010 nach den Tarifverträgen zwischen dem AMP und den Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes.

Dieser Tarifvertrag sei kein Tarifvertrag "in der jeweils gültigen Fassung" gemäß Ziffer 1 Abs. 5 des Arbeitsvertrages; soweit auf die jeweils gültige Fassung eines Tarifvertrages Bezug genommen werde, stelle der Arbeitsvertrag ausdrücklich auf die Tarifverträge zwischen INZ und CGZP ab.

Auch könne sich die Beklagte nicht auf die von ihr in Ziff. 1 Abs. 6 des Arbeitsvertrages bezeichnete Tarifwechselklausel berufen; es gehe nämlich nicht darum, einen durch einen anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband abgeschlossenen Tarifvertrag zu ersetzen, sondern es gehe drum, auf Arbeitnehmerseite die nicht tariffähige Gewerkschaft CGZP zu ersetzen. Darüber hinaus halte eine solche Klausel einer AGB-Kontrolle nicht stand, da sie zum einen zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führe, weil der Arbeitgeber in die Lage versetzt werde, die Arbeitsbedingungen frei zu ändern, zudem insoweit ein Verstoß gegen das Transparenz gebot vorliege.

Auch Ausschlussfristen stünden seiner Meinung nach dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen.

Zum einen seien Ansprüche erst ab der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 entstanden.

Eine individualvertragliche Bezugnahme einer Ausschlussfrist sei nicht gegeben. Die In Bezugnahme tarifvertraglicher Ausschlussfristen gehe infolge Unwirksamkeit des Tarifvertrages ins Leere.

Selbst wenn Ausschlussfristen zur Anwendung kämen, ergäbe sich seiner Meinung nach ein Anspruch als Schadensersatzanspruch, weil die Beklagte einen entsprechenden Nachweis, der auf die anzuwendenden Bestimmungen hinweise, nicht erteilt habe.

Er könne daher seiner Meinung nach die Gewährung einer Weihnachtszuwendung in Höhe von 100 % des maßgeblichen Bruttoeinkommens ebenso verlangen wie die Sonderzahlung in Höhe von 300,00 € für das Jahr 2007, in Höhe von jeweils 321,00 € für die Jahre 2008 und 2009 und in Höhe von 341,00 € für das Jahr 2010.

Fahrtkosten könne er gemäß der Inlands-Reisekostenordnung in Höhe von 0,33 € je Kilometer verlangen, wohingegen die Beklagte ihm lediglich 0,20 € je Kilometer gewährt habe.

Ebenso könne er, so hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Zahlung einer wöchentlichen Arbeitszeit im Umfang von 40 Stunden verlangen. Insoweit habe es, so hat der Kläger behauptet, eine Abrede über eine 40-Stunden-Woche zwischen ihm und der Beklagten gegeben.

Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden in der Woche im Entleiher betrieb könne er dabei für die darüber hinaus gehenden Stunden einen Zuschlag von 25 % je Stunde verlangen.

Eine Mitteilung der R1 AG vom 01.08.2011 ergebe zudem, dass er in der Regel 40 Stunden pro Woche im Einsatz gewesen sei.

Vergütung könne er, so hat der Kläger des Weiteren die Auffassung vertreten, nach der Vergütungsgruppe B 2 Erfahrungsstufe 3 verlangen.

Er verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf.

Hinsichtlich seiner Tätigkeit nimmt der Kläger Bezug auf die Darstellung seines Arbeitsbereiches im Schriftsatz vom 20.06.2011 (Bl. 295 der Akte).

Für diese Tätigkeit sei er auch mehrfach besonders von der R1 geschult worden.

In dem Gebiet, in dem er tätig sei, seien auch weitere R1-Mitarbeiter im Kombi-Außendienst tätig, die alle eine Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe B2/E4 erhielten.

Dass er gemäß der Vergütungsgruppe B2 einzugruppieren sei, bestätige schließlich eine Auskunft der R1 vom 17.06.2011, der zu entnehmen sei, dass er als R1-Mitarbeiter in die Tarifgruppe B2 einzugruppieren wäre.

Da er mittlerweile knapp neun Jahre bei der R1 beschäftigt sei, habe er mindestens auch einen Anspruch auf Vergütung der Erfahrungsstufe 3. Die maximale Dauer der Erfahrungsstufen würden jedoch bei der R1 nicht ausgeschöpft, so dass Mitarbeiter regelmäßig früher eine Erfahrungsstufe höher eingruppiert würden. Sämtliche bei der R1 im Kombi-Außendienst beschäftigten Mitarbeiter erhielten, so hat der Kläger hierzu behauptet, bei einer Betriebszugehörigkeit von neun Jahren mindestens eine Vergütung gemäß der Erfahrungsstufe E3 bzw. E4.

Danach könne er im Einzelnen von der Beklagten folgende Differenzzahlungen begehren:

Vergütung für das Jahr 2007 in Höhe von 15.163,52 €, für das Jahr 2008 in Höhe von 15.928,47 €, für das Jahr 2009 17.858,57 €, für das Jahr 2010 einschließlich November des Jahres 20.704,68 €, als weitergehende Zahlung für November 2010 infolge einer Tariferhöhung ab 01.11.2010 bis einschließlich März 2011 Beträge in Höhe von 112,49 € sowie 8.982,07 €, für die Monate April und Mai 2011 1.432,41 € sowie weitere 1.438,06 € sowie für die Monate Juni und Juli 2011 1.571,89 € und weitere 1.498,78 €.

Ansprüche auf Reisekosten ergäben sich für das Jahr 2009 ab April in Höhe von 3.954,86 €, für die Zeit bis November 2010 in Höhe von 5.550,74 €, für die Zeit von Dezember 2010 bis März 2011 in Höhe von 1.541,54 € und für die Monate April und Mai 2011 in Höhe von 390,26 € und weiteren 290,16 €.

Spesenansprüche ergäben sich für 2007 in Höhe von 1.462,80 €, für 2008 in Höhe von 1.518,00 €, für 2009 in Höhe von 1.469,70 €, für 2010 bis einschließlich November des Jahres 1.304,10 €, für die Monate Dezember 2010 bis März 2011 in Höhe von 427,50 € und für die Monate April und Mai 2011 in Höhe von 117,30 € und weiteren 96,60 €.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 84.915,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.626,32 € brutto seit dem 01.01.2008, aus 17.446,47 € brutto seit dem 01.01.2009, aus 23.283,13 € brutto seit dem 01.01.2010 und aus weiteren 27.559,52 € brutto seit dem 01.12.2010 zu zahlen,

sowie weitere 10.951,41 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 112,49 € brutto seit dem 01.12.2010, aus 5.192,07 € brutto seit dem 01.01.2011, aus 1.952,58 € brutto seit dem 01.02.2011, aus 2.046,43 € brutto seit dem 01.03.2011 und aus weiteren 1.647,84 € brutto seit dem 01.04.2011 sowie weitere 3.764,79 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.939,97 € brutto seit dem 01.05.2011 und aus weiteren 1.824,82 € brutto seit dem 01.06.2011, sowie weitere 3.070,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.571,89 € brutto seit dem 01.07.2011 und aus weiteren 1.498,78 € brutto seit dem 01.08.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ein Zahlungsanspruch stehe dem Kläger schon deswegen nicht zu, da das Bundesarbeitsgericht der CGZP lediglich die Tariffähigkeit abgesprochen habe, nicht aber festgestellt habe, dass die von der CGZP geschlossenen Tarifverträge unwirksam seien.

Zudem habe das Bundesarbeitsgericht lediglich eine gegenwartsbezogene Feststellung getroffen, eine Entscheidung über eine Tariffähigkeit der CGZP vor dem 14.12.2010 liege hingegen nicht vor. Insoweit stehe lediglich fest, dass die CGZP nach der Satzung vom 08.10.2009 nicht tariffähig gewesen sei.

Für die Zeit vor dem 14.12.2010 sei ihr darüber hinaus Vertrauensschutz zu gewähren, da es keinen Anlass gegeben habe, von einer fehlenden Tariffähigkeit der CGZP auszugehen.

Ansprüche des Klägers seien aber auch deswegen nicht gegeben, weil sich die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2010 nach den Tarifverträgen zwischen dem AMP und den Einzelgewerkschaften des CGB richteten.

Diese mehrgliederigen Tarifverträge seien als "Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung" im Sinne der Ziffer 1 Abs. 5 des Arbeitsvertrages anzusehen. Dies ergebe sich u.a. aus der Präambel der mehrgliederigen Tarifverträge, u.a. des Manteltarifvertrages vom 15.03.2010.

Zudem habe sie von der Möglichkeit der Ziffer 1 Abs. 6 des Arbeitsvertrages Gebrauch gemacht und dem Kläger mit Schreiben vom 29.06.2010 mitgeteilt, dass diese Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fänden. Die Klausel begegne dabei keinen rechtlichen Bedenken.

Nach der Regelung unter Ziffer 19.2 des Manteltarifvertrages zwischen dem AMP und den Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) seien zudem sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend gemacht worden seien, verfallen.

Diese Klausel erfasse zum einen auch Ansprüche, die vor Inkrafttreten entstanden sein könnten.

Zum anderen sei spätestens seit Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP von der Möglichkeit der Geltendmachung auszugehen gewesen.

Ansprüche für die Jahre 2007 bis einschließlich Dezember 2009 seien daher ihrer Meinung nach verfallen.

Zudem sei auch einzelvertraglich die Geltung von entsprechenden Ausschlussfristen wirksam vereinbart worden; dies ergebe sich ihrer Meinung nach aus der Regelung Ziffer 14 des Arbeitsvertrages.

Schließlich ergebe sich ein Anspruch des Klägers auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes insoweit.

Zahlungen in der geltend gemachten Höhe könne der Kläger ohnehin nicht verlangen.

Der pauschale Ansatz von 165 Stunden pro Monat sei falsch, zumal lediglich eine vertragliche Arbeitszeit von 35 Stunden in der Woche vereinbart worden sei. Jedenfalls könnten 40 Stunden Arbeitszeit in der Woche nicht angesetzt werden. Eine Abrede hierüber, wie der Kläger sie behaupte, gebe es nicht. Für die Gewährung von Weihnachtsgeld, einer Sonderzahlung, von Fahrtkosten und Spesen hat die Beklagte eine Grundlage für nicht gegeben erachtet.

Hinsichtlich der geltend gemachten tariflichen Vergütung sei nicht zu ersehen, mit welchen Stammarbeitnehmern der Kläger vergleichbar sein solle. Er sei als Ableser von Stromversorgungseinrichtungen eingesetzt worden, wofür es einer abgeschlossenen Berufsausbildung nicht bedürfe. Die Erforderlichkeit besonderer Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen sei zudem nicht ersichtlich. Eine besondere Schulung des Klägers sei zudem nicht bekannt.

Über eine einschlägige Ausbildung verfüge der Kläger zudem nicht.

Die Beklagte hat hierzu bestritten, dass die vom Kläger benannten Arbeitnehmer vergleichbare Arbeitnehmer seien und auf Basis der Vergütungsgruppe B2 vergütet werden.

Auf die Auskunft der R1 könne der Kläger sich zudem ihrer Meinung nach nicht stützen, weil der Kläger die Entleiherin und den dort Auskunft erteilenden nicht darüber in Kenntnis gesetzt hätten, dass er nicht über eine erforderliche einschlägige Ausbildung verfüge.

Vergütung verlangen könne der Kläger daher lediglich nach der Vergütungsgruppe A1 des maßgeblichen Tarifvertrages.

Schließlich hat die Beklagte bestritten, dass Mitarbeiter der Beklagten regelmäßig früher als nach 36 Monaten eine Erfahrungsstufe höher eingruppiert würden.

Mit Urteil vom 13.09.2011 hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 83.200,84 € nebst Zinsen verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Zahlung des Equal Pay-Entgelts nach §§ 10 Abs. 4, 9 Nr. 2 AÜG.

Die in Ziffer 1 Abs. 5 des Arbeitsvertrages in Bezug genommenen Tarifverträge seien unwirksam, da das Bundesarbeitsgericht festgestellt habe, dass die CGZP nicht tariffähig sei. Das Arbeitsgericht schließe sich dabei der Literaturmeinung an, dass bei für die Vergangenheit festgestellter Tarifunfähigkeit die Arbeitgeberin im Folgeprozess vortragen müsse, dass die Tariffähigkeit vorher bestanden habe. Hierzu fehle jedoch jeglicher Vortrag. Insbesondere habe sich die Satzung der CGZP in den Vorjahren nicht geändert.

Auch ein Vertrauensschutz führe nicht zu einer Verneinung des Anspruchs. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung sei nicht geschützt.

Dem Anspruch des Klägers nach den bei der Firma R1 geltenden Tarifverträgen stehe auch nicht entgegen, dass ab 01.01.2010 "andere Tarifverträge" zur Anwendung kämen. Die Klausel der Nr. 1 Abs. 6 des Tarifvertrages sei unwirksam, da die Beklagte sich hier in einem Formulararbeitsvertrag das Recht herausgenommen habe, jederzeit nach Gutdünken die tarifvertragliche Grundlage des Arbeitsvertrages zu ändern.

Nach erhaltener Tarifauskunft durch die Firma R1 müsse der Kläger auch nicht weiter zu den Voraussetzungen der Vergütungsgruppe B2 vortragen, da der Anspruch aus § 13 AÜG genau dem hier vorliegenden Begehren des Klägers diene, sich durch den Entleiher betrieb mitteilen zu lassen, wie er bei dortiger Eingruppierung eingruppiert gewesen sei.

Allerdings müsse der Kläger nicht für 40 Stunden wöchentlich bezahlt werden. Der Vortrag des Klägers über die Absprache einer 40-Stunden-Woche sei unsubstanziiert geblieben. Auch aus den eingereichten Stundenabrechnungen ergebe sich nicht, dass der Kläger jeweils 40 Stunden pro Woche gearbeitet habe. Allerdings habe der Kläger nach den Lohnabrechnungen jeweils 38 Stunden von der Beklagten bezahlt bekommen, so dass er Vergütung auf Basis von 38 Stunden zu erhalten habe. Aufgrund der erhaltenen Auskunft der Firma R1 stünden dem Kläger auch Weihnachtsgeld, Sonderzahlungen, Reisekosten und Spesen in der geltend gemachten Höhe zu. Allerdings wegen fehlender Überstundenentgelte und 38 Stunden pro Woche lediglich in Höhe der Summe, die im Tenor ausgeurteilt worden sei.

Ansprüche des Klägers seien schließlich auch nicht verfallen. Insbesondere fänden die Ausschlussfristen der Tarifverträge R1 keine Anwendung. Die einzelvertragliche Ausschlussfrist in Ziffer 19 des Arbeitsvertrages von zwei Monaten sei unwirksam, da die gewählte Frist zu kurz bemessen sei. Schließlich führe auch der Hinweis auf eine individuelle Bezugnahme der geltenden Tarifverträge nicht zur Anwendung einer dreimonatigen Ausschlussfrist aus dem sog. mehrgliederigen Tarifvertrag mit dem CGB. Mangels wirksamer Verweisung auf die CGB-Tarifverträge komme diese Klausel nicht zur Anwendung. Selbst wenn Verfallklauseln zur Anwendung kämen, wären diese eingehalten, da Ansprüche des Klägers frühestens ab Kenntnis des Urteils vom 14.12.2010 entstanden seien.

Gegen das unter dem 30.09.2011 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, hat die Beklagte unter dem 11.10.2011 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Sie ist der Auffassung, zumindest habe das Verfahren gemäß § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG ausgesetzt werden müssen, wenn nicht die Klage bereits aus anderen Gründen abzuweisen gewesen sei, was vorliegend jedoch der Fall sei.

Zum einen richteten sich die Rechte und Pflichten der Parteien seit dem 01.01.2010, so verbleibt die Beklagte bei ihrer Auffassung, nach den mehrgliederigen Tarifverträgen, die zwischen dem AMP und den Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes abgeschlossen worden seien.

Das Arbeitsgericht verkenne und habe keiner Prüfung unterzogen, dass sich die Geltung dieses Tarifwerkes bereits unter Berücksichtigung von Ziffer 1 Abs. 5 des Anstellungsvertrages ergebe. Durch die dortige Formulierung "in der jeweils gültigen Fassung" werde deutlich, dass nach dieser Klausel eine Anpassung bzw. Einbeziehung dieser eben jeweils gültigen Tarifverträge erfolgen solle.

Die Fortgeltung eines von einem Rechtsnachfolger der INZ abgeschlossenen Tarifvertrages gehe auch ausdrücklich aus der Regelung in Ziffer 1 Abs. 6 des Anstellungsvertrages hervor. Die mehrgliederigen Tarifverträge und hier insbesondere der Manteltarifvertrag vom 15.03.2010 seien von dem AMP als unmittelbarem Rechtsnachfolger der INZ abgeschlossen worden, so dass nach den dargestellten Klauseln von einer hinreichend bestimmten und damit wirksamen In bezugnähme dieses nachfolgenden Tarifwerkes auszugehen zu sei. Das Arbeitsgericht lasse dabei unberücksichtigt, dass gerade nicht ein gänzlich verschiedener Tarifvertrag zur Anwendung ab dem 01.01.2010 gelange; es handele sich tatsächlich um den nachfolgenden Tarifvertrag zwischen dem Rechtsnachfolger der INZ, den AMP sowie den weiteren Tarifvertragsparteien auf Arbeitnehmerseite.

Auf der Grundlage des mehrgliedrigen Manteltarifvertrages führten dann die dort unter Ziffer 19 enthaltenen Ausschlussklauseln zu einem Verfall sämtlicher der geltend gemachten Ansprüche. Denn Ziffer 19.2 sehe vor, dass sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend gemacht werden müssten.

Für die Fälligkeit komme es dabei ihrer Meinung nach nicht auf den Zeitpunkt des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 an; dem Kläger sei es durchaus zuzumuten gewesen, aktuelle Entwicklungen zur CGZP zu verfolgen.

Das Arbeitsgericht übersehe ferner, dass sich auch unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Regelungen die wirksame Vereinbarung einer Ausschlussfrist ergebe. Am Ende von Ziffer 14 Abs. 1 des Arbeitsvertrages heiße es nämlich, dass die vorgenannte Ausschlussfrist nicht gelte, wenn die in 1. genannte Tarifverträge eine abweichende Regelung enthielten. Selbst wenn dabei von einer Tarifunfähigkeit der CGZP ausgegangen werde, führe diese Annahme nicht dazu, dass die separate In bezugnähme der Ausschlussklauseln unwirksam sei. Selbst eine Tarifunfähigkeit führe nicht dazu, dass einzelne Klauseln des Tarifvertrages nicht wirksam in Bezug genommen werden könnten.

Dabei sei darauf hinzuweisen, dass der MTV CGZP in der Form des Änderungstarifvertrages zum Manteltarifvertrag vom 09.07.2008 eine Drei-Monats-Frist zur Geltendmachung enthalte, so dass insoweit Wirksamkeitsbedenken nicht gegeben seien.

Ohnehin, so verbleibt die Beklagte des Weiteren bei ihrer Auffassung, habe der Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht hinreichend dargelegt.

Die von der R1 erteilte Auskunft vom 17.06.2011 sei unzureichend, da sie sich nicht zu etwaigen vergleichbaren Arbeitnehmern verhalte, sondern lediglich zu einer möglicherweise vorzunehmenden Eingruppierung.

Der Kläger habe daher vorzutragen gehabt, dass die Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe B2 gegeben seien. Diese Voraussetzungen könne der Kläger schon deswegen nicht erfüllen, da er nicht über eine erforderliche einschlägige Ausbildung im Sinne der Vergütungsgruppe B2 verfüge.

Sie habe zudem bereits erstinstanzlich dargestellt, dass die Auskunft der R1 unter falschen Voraussetzungen erteilt worden sei.

Unberücksichtigt lasse das Arbeitsgericht auch ihren Einwand, dass nach dem zugrunde zu legenden Arbeitsvertrag lediglich eine 35-Stunden-Woche vereinbart worden sei. Hierüber setze sich das Arbeitsgericht hinweg und berechne Vergütung auf Basis von 38 Stunden pro Woche. Aus den Abrechnungen, beispielsweise für November 2008, Februar 2009 und Mai 2009 wie auch November 2009, Februar 2010 und Oktober 2010 sei jedoch zu ersehen, dass 165 Stunden im Monat mehrfach nicht erreicht worden seien.

Spesen und Reisekosten könne der Kläger nicht verlangen, da es sich hierbei nicht um wesentliche Arbeitsbedingungen im Sinne des AÜG handele.

Zinsen habe das Arbeitsgericht ab früheren Zeitpunkten zuerkannt, obwohl nach eigener Meinung Ansprüche frühestens ab dem 14.12.2010 entstanden sein könnten.

Ab dem 01.07.2011 sei der Kläger darüber hinaus im Rahmen eines Werkvertrages bei der R1 eingesetzt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 13.09.2011 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.

Das Arbeitsgericht habe zu Recht festgestellt, dass er Vergütung zu beanspruchen habe, die den Stammarbeitnehmern des Entleiherbetriebes zustehe und eine Abweichung vom Equal Pay-Gebot des § 9 AÜG unzulässig sei.

Eine Aussetzung des Verfahrens komme nicht in Betracht. Das Bundesarbeitsgericht habe mit Entscheidung vom 14.12.2010 festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig sei. Dies bedeute, dass damit auch nie eine Tariffähigkeit vorgelegen habe.

Jedenfalls komme es aber für Ansprüche in der Zeit ab 14.12.2010 nicht darauf an, ob die CGZP vor dem 14.12.2010 tariffähig gewesen sei oder nicht.

Für Ansprüche betreffend die Zeit ab 14.12.2010 komme es daher in keiner Weise auch mehr auf etwaige Verfallfristen an. Dies gelte insbesondere für die in Ziffer 14 des Arbeitsvertrages vereinbarte unwirksame Verfallfrist von zwei Monaten. Bezüglich der im Manteltarifvertrag zwischen der CGZP und dem AMP vom 09.07.2008 geregelten Verfallfrist von drei Monaten nach Fälligkeit könne eine Wirksamkeit gedanklich unterstellt werden. Seit Klageerhebung habe er seine ratierlich fällig werdenden Ansprüche stets innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht.

Die von der Beklagten als anwendbar angenommenen Tarifverträge hätten für das Arbeitsverhältnis der Parteien seiner Meinung nach nur insoweit Bedeutung, als sie zwischen der CGZP und dem AMP geschlossen worden seien. Nur unter diesen Tarifvertragsparteien seien die Tarifverträge "in der jeweils gültigen Fassung" gemäß dem Arbeitsvertrag zu verstehen.

Dabei habe die Beklagte auch nicht sämtliche Tarifverträge vom 15.03.2010 unter Berufung auf eine Tarifwechselklausel zur Anwendung bringen können. Diese Regelung im Arbeitsvertrag halte einer Inhaltskontrolle nicht stand, da es der Beklagten ohne weitere Voraussetzung möglich wäre, andere Tarifverträge, die von einem anderen für die Beklagte zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen worden seien, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendungen finden zu lassen, ohne dass er eine Möglichkeit der Überprüfung gehabt habe.

Die einzelvertragliche Ausschlussfrist von zwei Monaten sei unwirksam.

Richtigerweise gehe das Arbeitsgericht auch davon aus, dass er nach Auskunft durch die Firma R1 nicht weiter zu den Voraussetzungen der Vergütungsgruppe habe vortragen müssen. Nach den maßgeblichen Tarifverträgen stehe zudem auch fest, dass er als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer auf der Basis einer 38-Stunden-Woche beschäftigt worden wäre.

Aufgrund der Auskunft des Entleiherbetriebes stehen ihm darüber hinaus auch Weihnachtsgeld, Sonderzahlungen, Reisekosten und Spesen in der geltend gemachten Höhe zu.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und zum überwiegenden Teil auch begründet.

A.

Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG.

Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zu einem überwiegenden Teil auch begründet.

Dem Kläger stehen zwar für den in Rede stehenden Zeitraum Zahlungsansprüche aus § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG zur Seite, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat; allerdings nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe.

I. Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG ist der Verleiher grundsätzlich verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Dies gilt allerdings dann nicht, soweit ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsieht, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG.

§ 9 Nr. 2 AÜG sieht dabei die Möglichkeit vor, dass im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Reglungen vereinbaren können.

Zwar haben die Parteien in dem für sie maßgeblichen Arbeitsvertrag vom 18.02./17.05.2005 in Ziffer 1 Abs. 5 festgelegt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e.V. (INZ) und der Tarifgemeinschaft christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung richten sollen; solche Tarifverträge liegen jedoch nicht vor, da die CGZP insoweit nicht als tariffähig anzusehen war.

1. Rechtsfolge des Abschlusses eines Tarifvertrages durch eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit ist die Unwirksamkeit und damit Nichtigkeit des entsprechenden Tarifvertrages (BAG, 15.11.2006, EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 131).

2. Von einer fehlenden Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss der für den Rechtsstreit der Parteien einschlägigen Tarifverträge, insbesondere des Manteltarifvertrages vom 29.11.2004 und des Entgelttarifvertrages vom 09.07.2008 sowie davor liegender Entgelttarifverträge, war nach Auffassung der Kammer nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 im Verfahren 1 ABR 19/10 (EzA TVG § 2 Nr. 31) auszugehen.

Zutreffend ist insoweit, dass die Feststellung des Bundesarbeitsgerichtes zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nur gegenwartsbezogen, nicht hingegen vergangenheitsbezogen getroffen worden ist, da das Bundesarbeitsgericht davon ausgeht, dass es den Antragstellern des entsprechenden Verfahrens ersichtlich lediglich um die gegenwärtige Feststellung fehlender Tariffähigkeit gegangen ist.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers führt allerdings diese Feststellung des Bundesarbeitsgerichtes nicht automatisch dazu, dass in der Zeit ab dem 14.12.2010 eine wirksame Inbezugnahme von Tarifverträgen, die unter Beteiligung des CGZP abgeschlossen worden sind, nicht mehr gegeben ist, da es auf die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss der für den Rechtsstreit einschlägigen Tarifverträge ankommt.

4. Gleichwohl bedurfte es einer Aussetzung des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss der für den Rechtsstreit der Parteien einschlägigen Tarifverträge nicht.

a) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 gemäß § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG auszusetzen.

Die Entscheidung über die Aussetzung ist bei Vorliegen dieser Voraussetzungen dabei nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt.

Eine Aussetzung ist lediglich dann nicht erforderlich, wenn eine Entscheidungserheblichkeit offensichtlich nicht gegeben ist (BAG, 28.01.2008, NZA 2008, 489).

Eine solche Entscheidungserheblichkeit liegt daher dann nicht vor, wenn die Klage aus anderen Gründen bereits abzuweisen ist, ohne dass es auf die Frage der Tariffähigkeit einer Vereinigung ankommt. Dies ist jedoch, wie noch auszuführen ist, nicht der Fall.

b) Hinsichtlich des Erfordernisses der Aussetzung bestehen unterschiedliche Auffassungen.

Soweit eine Aussetzung der Verfahren für zwingend gehalten wird, liegt die Begründung im Wesentlichen darin, dass das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung ausdrücklich lediglich gegenwartsbezogen verstanden wissen will, was eine rückwirkende Rechtwirkung auf den Zeitpunkt früherer Tarifabschlüsse ausschließen soll und § 97 Abs. 5 ArbGG gerade sicherstellen will, dass in einem dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegenden Verfahren, an dem sich alle betroffenen Beteiligten einbringen können, eine Entscheidung zur Tariffähigkeit ergehen kann, die dann Rechtskraft gegenüber jedermann erlangt (so beispielsweise LAG Hamm, 28.09.2011, 1 Ta 500/11; LAG Baden-Württemberg, 21.06.2011, 11 Ta 10/11; LAG Rheinland-Pfalz, 15.06.2011, 6 Ta 99/11; LAG Nürnberg, 19.09.2011, 2 Ta 128/11 = LAGE ArbGG § 97 Nr. 4; LAG Nürnberg, 23.11.2011, 7 Ta 111/11 = DB 2012, 118; Wissels juris PR-ArbR 33/2011 Anm. 2).

Das Erfordernis einer solchen Aussetzung wird dabei auch unter dem Aspekt bejaht, dass auch für die Vergangenheit eine andere Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht nicht zu erwarten steht (ArbG Freiburg, 13.04.2011, DB 2011, 1001).

Soweit eine Aussetzung für nicht erforderlich gehalten wird, wird dies im Wesentlichen damit begründet, ein Erfordernis ergebe sich nicht, wenn die Tarifunfähigkeit bereits einmal festgestellt worden sei und keine Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass die Tariffähigkeit vorher bestanden haben könne (hierzu beispielsweise LAG Hamm, 30.06.2011, 8 Sa 387/11; LAG Sachsen-Anhalt, 02.11.2011, 4 Ta 130/11 = LAGE ArbGG § 97 Nr. 5; LAG Berlin-Brandenburg, 20.09.2011, DB 2012, 119).

c) Die Kammer schließt sich im Hinblick auf die Besonderheit, mit der eine Tariffähigkeit der CGZP durch das Bundesarbeitsgericht verneint worden ist, den Auffassungen an, die eine Aussetzung nicht für erforderlich halten.

aa) Auszugehen ist dabei davon, dass eine Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG, § 97 ArbGG eine Tariffähigkeit nicht erst begründet oder beendet, sondern die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit nur feststellt (BAG, 15.11.2006, a.a.O.). Andernfalls würde sich die Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens als weitgehend sinnlos und überflüssig darstellen, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit einer Vereinigung nur für die Zeit nach Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre.

bb) Da das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 14.12.2010 davon ausgegangen ist, es fehle an den tarifrechtlichen Voraussetzungen einer Spitzenorganisation und eine Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 3 TVG könne eine Tariffähigkeit nur durch ihre Mitglieder erlangen, hierbei auf die Satzung der CGZP vom 08.10.2009 abgestellt hat und im Übrigen darauf hingewiesen hat, dass der Wortlaut von § 1 Abs. 1 der CGZP-Satzung aus dem Jahre 2009 § 1 der CGZP-Satzung vom 05.12.2005 entspricht, ergibt sich hieraus, dass unter diesem Aspekt eine Tariffähigkeit der CGZP auch zu einem vorherigen Zeitpunkt nicht gegeben war, selbst wenn das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung ausdrücklich gegenwartsbezogen verstanden wissen will.

Bei der vorliegenden Problematik geht es nicht um die Frage, ob eine Tariffähigkeit wegen fehlender sozialer Mächtigkeit gegeben ist oder die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen im Sinne des § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird und sich ggf. die dafür maßgeblichen Tatsachen für einen Zeitpunkt vor dem 14.12.2010 anders darstellen; maßgeblich ist , dass die Satzungsbestimmungen der CGZP unverändert geblieben sind und sich der Organisationsbereich nach beiden Satzungsfassungen auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erstreckte, hingegen nicht auf den Organisationsbereich der Mitglieder beschränkt war.

Jedenfalls unter Berücksichtigung dieser Besonderheit der Feststellung fehlender Tariffähigkeit war daher davon auszugehen, dass auch für die Vergangenheit unter der Geltung unveränderter Satzungsbestimmungen eine Tariffähigkeit nicht gegeben war und durch die CGZP abgeschlossene Tarifverträge daher unwirksam und nichtig sind.

II. Ansprüchen des Klägers jedenfalls für die Zeit ab dem 01.01.2010 steht auch nicht der Umstand entgegen, dass nunmehr andere Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung gefunden haben.

1. Eine Anwendung des mehrgliedrigen Tarifvertrages zwischen dem AMP und der CGZP und den Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes durch Vertragsänderung ist nicht gegeben.

Der Kläger hat das Angebot der Beklagten vom 26.04.2010 auf Abänderung des geltenden Arbeitsvertrages unstreitig nicht angenommen.

2. Die Geltung anderer als in Ziffer 1. Abs. 5 des Arbeitsvertrages genannten Tarifverträge aufgrund der Regelung in Ziffer 1. Abs. 6 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit der Mitteilung der Beklagten vom 29.06.2010 war ebenfalls nicht gegeben.

Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Regelung in Ziffer 1. Abs. 6 des Arbeitsvertrages einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB standhält, da jedenfalls schon die tatbestandlichen Voraussetzungen, die einen Tarifwechsel kraft Inbezugnahme ermöglichen sollen, nicht gegeben sind.

Nach Ziffer 1. Abs. 6 des Arbeitsvertrages soll die Beklagte berechtigt sein, vorgenannte Tarifverträge für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden.

Vorliegend geht es jedoch darum, dass aufseiten des Vertragspartners des Arbeitgeberverbandes ein Wechsel stattgefunden hat. Die nunmehrigen Tarifverträge sind nicht mehr allein durch die CGZP, sondern durch diese und die Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes als mehrgliedrige Tarifverträge abgeschlossen worden. Ein Wechsel auf Arbeitgeberseite hat hierbei jedoch nicht stattgefunden.

3. Eine Geltung der mehrgliedrigen Tarifverträge ergibt sich schließlich auch nicht über Ziffer 1. Abs. 5 des Arbeitsvertrages.

a) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 18.02./17.05.2005 handelt es sich unwidersprochen um einen Formulararbeitsvertrag, auf den grundsätzlich die §§ 305 ff. BGB anzuwenden sind.

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG, 31.08.2005, EzA ArbZG § 6 Nr. 6).

Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann dies nur in Bezug auf typische und von redlichen Vertragspartnern gewollte Ziele gelten. Bleiben danach Zweifel, geht dies gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (BAG, 09.11.2005, EzA BGB 2002 § 305 c Nr. 3).

c) Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine kleine dynamische Klausel, die bestimmte Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung in Bezug nimmt, über den Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung in Form der Bezugnahme auf die jeweils für den Betrieb geltenden Tarifverträge ausgelegt kann, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte beschränkt sich eine solche kleine dynamische Klausel auf eine Gleichstellung tarifgebundener und ungebundener Arbeitnehmer auf das genannte Tarifwerk (BAG, 25.09.2002, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 24; BAG, 29.08.2007, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37).

Nur eine solche große dynamische Klausel wirkt betrieblich und fachlich dynamisch.

Der Bedeutungsgehalt einer Verweisungsklausel ist dabei in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln (BAG, 18.04.2007, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35).

Zu den Auslegungsmethoden gehört dabei allerdings auch die systematische Gesamtschau.

d) Vorliegend beschränkt sich die Bezugnahme Klausel in Ziffer 1. Abs. 5 des Arbeitsvertrages dem Wortlaut nach auf Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, die zwischen der INZ (dem AMP als Rechtsnachfolger) und der CGZP geschlossen werden.

Sowohl vom Wortlaut, als auch nach der Gesamtschau sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass über diese Bezugnahme Klausel auch Tarifverträge erfasst sein sollten, die von anderen Gewerkschaften im fachlichen und betrieblichen Geltungsbereich geschlossen werden.

Die Gesamtschau unter Einbeziehung von Ziffer 1. Abs. 6 des Arbeitsvertrages zeigt gerade, dass Ziffer 1. Abs. 5 des Arbeitsvertrages nicht als große dynamische Klausel zu verstehen ist, da die Beklagte sich in Ziffer 1. Abs. 6 des Arbeitsvertrages gerade vorbehält, die vorgenannten Tarifverträge durch andere zu ersetzen, die von einem anderen Arbeitgeberverband geschlossen werden.

III. Dem Zahlungsbegehren des Klägers stehen auch nicht Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes aufseiten der Beklagten entgegen.

Ein sich aus dem Rechtsschutzprinzip des Art. 20. Abs. 3 GG ergebender Vertrauensschutz gegenüber rückwirkenden Belastungen führt nicht zum Entfall oder zu einer Einschränkung des Zahlungsanspruchs des Klägers.

1. Weder verbreitete Rechtsansichten noch eine Rechtsprechung verändern die objektive Rechtslage; selbst höchstrichterliche Entscheidungen erzeugen keine dem Gesetzesrecht vergleichbaren Rechtsbindungen, sondern stellen lediglich die Rechtslage klar (BAG, 26.07.1996, EzA GG Art. 3 Nr. 50; BAG, 23.03.2006, EzA KSchG § 17 Nr. 16).

Allerdings darf auch Rechtsprechung nicht dazu führen, dass einer Partei nachträglich und rückwirkend Handlungspflichten auferlegt werden, die sie nachträglich nicht mehr erfüllen kann (BAG, 21.01.1999, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 79).

Im Fall der Gewährung von Vertrauensschutz hat zudem eine Interessenabwägung zu erfolgen, die auch die Idee der materiellen Gerechtigkeit zu berücksichtigen hat (BAG, 18.04.2007, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35).

Selbst bei Änderung der Rechtsprechung sind daher Einschränkungen insoweit nur dann geboten, wenn die nachteilig betroffene Partei auf die Weitergeltung der Rechtsprechung vertrauen durfte und die Anwendung der geänderten Auffassung eine unzumutbare Härte bedeuten würde.

2. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien stehen Grundsätze des Vertrauensschutzes Ansprüchen des Klägers nicht entgegen.

a) Auszugehen ist dabei von der Überlegung, dass es schon kein Vertrauen in die Tariffähigkeit einer Vereinigung grundsätzlich gibt (BAG, 15.11.2006, a.a.O.).

Richterliche Entscheidungen, die die Beklagte darin bestärken konnten und durften, von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge seien wirksam, sind nicht gegeben.

Allein der Umstand, dass durch bestimmte Institutionen auf die Möglichkeit hingewiesen wird, Tarifverträge im Bereich der Zeitarbeit arbeitsvertraglich zu vereinbaren, konnte ein solches Vertrauen ebenfalls nicht begründen, da solche Institutionen wie die Bundesagentur für Arbeit ersichtlich nicht darüber befinden konnten und wollten, ob abgeschlossene Tarifverträge wirksam sind oder nicht.

Allein der Umstand, dass die Vertragspartner der in Rede stehenden Tarifverträge von der Wirksamkeit ausgegangen sind, schafft ein berechtigtes Vertrauen ebenfalls nicht.

b) Ohnehin könnte eine Interessenabwägung nicht dazu führen, dass Ansprüche des Klägers jedenfalls für die Zeit vor dem 14.12.2010 nicht gegeben sind.

Es sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die das Interesse der Beklagten, nicht mit Nachzahlungen überzogen zu werden, höher ansiedeln kann als Nachforderungen der Arbeitnehmer.

Der Beklagten werden damit keine Handlungspflichten auferlegt, die sie nachträglich erfüllen kann.

Wer einzelvertraglich Tarifverträge in Bezug nimmt, die von einer Tarifvertragspartei geschlossen werden, bei der von Anfang an Bedenken gegen eine Tariffähigkeit bestanden, muss das Risiko tragen, dass diese Vereinigung durch die Rechtsprechung als nicht tariffähig angesehen wird.

Eine Verpflichtung zur Nachzahlung entspricht dabei insbesondere der Idee der materiellen Gerechtigkeit.

IV. Ansprüchen des Klägers stehen schließlich auch nicht Verfallfristen entgegen.

1. Der Kläger war nicht gehalten, die einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist aus Ziffer 14. Satz 1 des Arbeitsvertrages zu wahren.

Die dort geregelte Ausschlussfrist von zwei Monaten hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand.

Hierüber besteht unter den Parteien auch kein Streit.

2. Tarifliche Ausschlussfristen kommen nicht zur Anwendung.

Zwar verweist Satz 1, 2. Halbsatz der Ziffer 14 des Arbeitsvertrages auf abweichende Regelungen aus in Ziffer 1 genannten Tarifverträgen; die dort genannten Tarifverträge sind jedoch wegen fehlender Tariffähigkeit der CGZP, wie bereits ausgeführt, unwirksam und nichtig, so dass eine bestehende tarifliche Regelung zu anderen Ausschlussfristen nicht gegeben ist.

Dies gilt auch für Verfallfristen in solchen Tarifverträgen, die zwischen AMP und den Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes enthalten sind, da solche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung finden.

3. Verfallfristen aus Tarifverträgen sind schließlich über Satz 1, 2. Halbsatz der Ziffer 14 des Arbeitsvertrages nicht als einzelvertraglich vereinbart anzusehen.

Grundsätzlich können zwar die Arbeitsvertragsparteien auch auf fehlerhafte Tarifverträge verweisen (BAG, 22.01.2002, EzA BUrlG § 13 Nr. 58); grundsätzlich gilt allerdings der Auslegungsgrundsatz, dass Parteien einen Tarifvertrag nur so in Bezug nehmen wollen, wie er auch tarifrechtlich gilt (BAG, 07.12.1977, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 9).

Es bedarf daher gesonderter Anhaltspunkte, um einen entsprechenden Willen der Parteien insoweit feststellen zu können.

Solche Anhaltspunkte liegen hier nicht vor, wenn lediglich auf abweichende Regelungen in Tarifverträgen verwiesen wird, die in ihrer Gesamtheit im Arbeitsvertrag in Bezug genommen werden.

Ebenso wenig ist ein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Arbeitsvertragsparteien überhaupt bestimmte Regelungen aus den in Bezug genommenen Tarifverträgen ohne Rücksicht auf ihren Charakter als tarifvertragliche Regelungen als maßgeblich erachten wollten.

V. Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen in der von ihm geltend gemachten Höhe.

1. Da der Anspruch auf Gewährung gleicher Arbeitsbedingungen gemäß § 10 Abs. 4, 9 Nr. 2 AÜG während der Dauer der Überlassung besteht, ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (BAG, 23.03.2011, DB 2011, 1526).

Der Gesamtvergleich der Entgelte hat dabei wie beispielsweise für Zeiträume des Annahmeverzuges derart zu erfolgen, dass anderweitiger Verdienst für die gesamte Dauer des Annahmeverzuges anzurechnen ist (vgl. dazu beispielsweise BAG, 29.08.1999, EzA BGB § 615 Nr. 96).

Es ist daher zunächst die Vergütung für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste zu ermitteln; dieser Gesamtvergütung ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer in der betreffenden Zeit anderweitig erworben hat (BAG, 22.11.2005, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 14).

Für die Berechnung des Entgelts bei Arbeitnehmerüberlassung bedeutet das, dass das Entgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers im Überlassungszeitraum mit den einzubeziehenden Bestandteilen einerseits anzusetzen ist und diesem die gesamte bezogene Vergütung durch den Vertragsarbeitgeber gegenüberzustellen ist.

Zu den anzurechnenden Verdiensten zählen dabei alle Leistungen, die als Gegenleistung vom Vertragsarbeitgeber für die Erbringung der Arbeitsleistung erbracht werden.

Nicht gerechtfertigt ist danach eine Stückelung nach sachgruppenbezogenen Leistungen, so dass nicht das laufende monatliche Entgelt einerseits, Jahresleistungen andererseits, Aufwendungsersatzleistungen und ähnliches gesondert zu ermitteln und anzusetzen sind.

Eine solche Berechnung würde dazu führen, dass dem Leiharbeitnehmer höhere Leistungen zuerkannt würden als einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer im Entleiher betrieb, denn dies falls wären beispielsweise Jahresleistungen, die der Vertragsarbeitgeber nicht erbringt, voll anzusetzen, ohne dass der Vertragsarbeitgeber die Möglichkeit hätte, ggf. höheres laufendes Entgelt gegenüber einem Stammarbeitnehmer des Entleiher Betriebes anzurechnen.

Anzusetzen ist danach jedenfalls der Zeitraum ab Januar 2008 bis einschließlich Juli 2011.

Jedenfalls bis Juni 2011 lag unstreitig eine Überlassung an die R1 Vertrieb AG vor.

Soweit die Beklagte geltend macht, im Juli 2011 habe keine Arbeitnehmerüberlassung mehr stattgefunden, sondern der Einsatz des Klägers sei im Rahmen eines Werkvertrages erfolgt, fehlt ein ausreichend substantiierter Vortrag, aus dem zu ersehen ist, dass eine Tätigkeit des Klägers nunmehr im Rahmen eines Werkvertrages erfolgt ist.

2. Der Begriff des Arbeitsentgeltes ist weit zu verstehen (BAG, 23.03.2011, a.a.O).

Erfasst werden damit nicht nur das laufende Entgelt, sondern auch alle Zuschläge und Zulagen, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung sowie weitere Vergütungsbestandteile.

Hiernach werden damit nicht nur die laufende tarifliche Vergütung, sondern auch die geltend gemachte Weihnachtszuwendung, die tarifliche Sonderzuwendung, Aufwendungsersatzzahlungen und Fahrtkostenerstattungen erfasst, die als unmittelbare Gegenleistung für die Ableistung der Tätigkeit angesehen werden.

3. Vergleichbarer Arbeitnehmer im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG ist der Arbeitnehmer des Entleihers mit gleicher oder ähnlicher Tätigkeit, die Arbeitnehmer müssen tätigkeitsbezogen vergleichbar sein (Ülker, AÜG, § 9, Rz. 104, ThiesingMengel, AÜG, § 9, Rz. 24). Ausgangspunkt muss dabei der konkrete Arbeitsplatz sein, den der Leiharbeitnehmer besetzt (Ülker, a.a.O., § 9 Rz. 105).

Ist dabei eine zu gewährende Arbeitsbedingung an besondere persönliche Merkmale gebunden, wie besondere Qualifikationen oder ein Berufsabschluss, muss auch der Leiharbeitnehmer diese erfüllen (Ülker, a.a.O., § 9, Rz. 107; Thiesing/Mengel, a.a.O., § 9, Rz. 24).

Es sind daher auch personenbezogene Komponenten zu berücksichtigen (Schüren, AÜG, § 9, Rz. 121).

4. Zur Bestimmung der Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast zunächst dadurch, dass er den Inhalt einer Auskunft des Entleihers nach § 13 AÜG vorträgt (BAG, 19.09.2007, EzA AÜG§13

Nr. 1).

Bestreitet der Vertragsarbeitgeber die maßgeblichen Umstände der Auskunft jedoch in erheblicher Art und im Einzelnen, verbleibt es bei dem Grundsatz, dass der Arbeitnehmer die anspruchsbegründen Tatsachen darlegen und beweisen muss (BAG, 23.03.2011, a.a.O.).

Aus der Auskunft der R1 Vertrieb AG vom 17.06.2011 ergibt sich insoweit jedenfalls, dass eine Sonderzahlung einmalig je Jahr geleistet wird, die Grundvergütung dreizehnmal im Jahr gezahlt wird und Spesen und Fahrtkosten entsprechend der gültigen im Unternehmen bestehenden Reisekostenregelung geleistet werden. Wenn der Entleiher eine Abschrift des MTV der Tarifgruppe R1 hierzu beifügt und auf eine Eingruppierung Bezug nimmt, wird daraus im Übrigen in ausreichender Weise ersichtlich, dass die tariflichen Bestimmungen auf das Arbeitsverhältnis von Stammarbeitnehmern in vergleichbarer Tätigkeit zur Anwendung gebracht werden.

5. Neben dem laufenden Entgelt waren in den Gesamtvergleich daher zugunsten des Klägers Spesen, Fahrtkostenerstattung, tarifliche Weihnachtszuwendung und tarifliche Sonderzuwendung einzurechnen.

a) Die Angaben des Klägers zu Tagen, für die nach den bei der R1 Vertrieb AG Aufwendungsersatz zu zahlen ist, sind unwidersprochen geblieben, ebenso wie die Berechnung, die der Kläger insoweit vornimmt.

Für die Monate Januar 2007 bis Juli 2011 waren daher insgesamt 6.396,30 € anzusetzen.

b) Gleichermaßen unwidersprochen geblieben sind die Berechnungen des Klägers zur Fahrtkostenerstattung, und zwar sowohl hinsichtlich der Kilometerangaben des Klägers, als auch hinsichtlich der hierauf fußenden Berechnungen.

Für den Zeitraum ab April 2009 waren daher Beträge in Höhe von insgesamt 11.730,00 € anzusetzen.

c) Anzusetzen war des Weiteren die tarifliche Sonderzuwendung, die der Höhe nach gleichfalls unwidersprochen geblieben ist, so dass für vier Jahre insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.283,00 € anzusetzen war.

d) Ebenso war eine Weihnachtszuwendung in Höhe von 100 % einer Grundvergütung anzusetzen.

Hierfür hat die Kammer einen Gesamtbetrag in Höhe von 6.372,30 € angesetzt, abgestellt auf die Grundvergütung des Klägers, die sich, wie noch auszuführen ist, allerdings lediglich an der Vergütungsgruppe A1 mit den entsprechenden Erfahrungsstufen bemisst.

e) Der Kläger konnte nicht für den gesamten Zeitraum seiner Beschäftigung ab Januar 2007 die Gewährung eines laufenden Entgelts nach der Vergütungsgruppe B2 verlangen.

aa) Der Kläger kann sich zur Begründung der Höhe seines Anspruches nicht allein auf Auskunft der R1 Vertrieb AG vom 17.06.2011 stützen.

Die Auskunft gibt zum einen nur wieder, wie nach Auffassung der R1 AG der Kläger zum Zeitpunkt der Auskunft Erteilung einzugruppieren wäre, ohne dass in irgendeiner Form ersichtlich wird, ob dies auch für den Zeitraum vor Juni 2011 so sein soll.

Über die Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers verhält sich die Auskunft nicht.

Die Beklagte hat zudem bestritten, dass die Auskunft unter Zugrundelegung der zutreffenden maßgeblichen Kriterien erfolgt ist. Die Beklagte hat insoweit ausgeführt, die Auskunft beruhe offenkundig auf der irrigen Annahme, der Kläger verfüge über eine einschlägige Ausbildung.

Die Beklagte hat daher jedenfalls die maßgeblichen Umstände der Auskunft bestritten, so dass ein weitergehender Vortrag des Klägers erforderlich war, um die Höhe des geltend gemachten Anspruchs bestimmen zu können.

bb) Zwar ist nach der Auskunft davon auszugehen, dass der Entleiher die maßgeblichen tariflichen Bestimmungen zur Eingruppierung anwendet und eine Vergütung von eigenen Arbeitnehmern danach vornimmt; dem Vorbringen des Klägers ist jedoch kein Vortrag zu entnehmen, aus dem zu ersehen ist, dass er die maßgeblichen Kriterien für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe B2 erfüllt.

Allein mit der Darstellung seiner Tätigkeit hat der Kläger keine ausreichende Darlegung dazu erbracht, dass er die maßgeblichen Qualifizierungsmerkmale aus der Vergütungsgruppe B2 erfüllt.

cc) Auch seine Darlegung, andere Arbeitnehmer im Kombi-Außendienst erhielten Vergütungen nach der Vergütungsgruppe B2 reicht als substantiierte Darlegung zur Bestimmung der Höhe des Anspruchs nicht aus, da dem Vorbringen des Klägers weder zu entnehmen ist, über welche Ausbildung diese Arbeitnehmer möglicherweise verfügen oder inwieweit sie entsprechende Kenntnisse durch tatsächliche Tätigkeit erworben haben.

Ohne Darlegung zu den subjektiven Merkmalen der von ihm als Vergleichsarbeitnehmer betrachteten Personen lässt sich jedoch nicht erkennen, ob es sich um vergleichbare Arbeitnehmer im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG handelt.

dd) Hinsichtlich der Erfahrungsstufen war entsprechend § 16 Ziff. 3 des Manteltarifvertrages davon auszugehen, dass die Verweildauer jeweils 36 Kalendermonate beträgt.

Für den seit dem 30.10.2002 tätigen Kläger bedeutet dies, dass er eine Basisvergütung bis Oktober 2005 zu beanspruchen hatte, ihm die Erfahrungsstufe 1 ab November 2005, die Erfahrungsstufe für E2 ab November 2008 und die Erfahrungsstufe E3 ab November 2011 zuzuerkennen war.

Soweit der Kläger eine anderweitige Handhabung der Entleiherin behauptet, die 36 Monate Verweildauer nicht auszuschöpfen, fehlt eine substantiierte Darlegung, aus der zu ersehen ist, welchen vergleichbaren Arbeitnehmern gegenüber unter welchen Voraussetzungen in einem schnelleren Rhythmus eine höhere Erfahrungsstufe zugebilligt worden ist.

ee) Unter Zugrundelegung der Vergütungsgruppe A1/Erfahrungsstufe 1 war ein monatliches Einkommen ab Januar 2007 in Höhe von 1.450,00 €, ab Januar 2008 in Höhe von 1.506,00 €, ab November 2008 unter Anwendung der Erfahrungsstufe 2 von 1.465,00 €, ab Januar 2009 von 1.626,00 €, ab Januar 2010 von 1.662,00 € und November 2010 in Höhe von 1.718,00 € anzusetzen.

ff) Hinsichtlich der zur vergütenden Stunden waren die Stundenzahlen anzusetzen, die die Beklagte selbst in ihren Abrechnungen zugrunde legt.

Die Beklagte hat damit kundgetan, dass es sich bei diesen Zeiten um solche handelt, die zu vergüten sind.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass zwar in Ziffer 5. Abs. 1 als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eine solche von 35 Stunden vereinbart worden ist, nach Ziffer 5. Abs. 3 allerdings auch die Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sich nach den im Betrieb des Kunden geltenden betrieblichen Regelungen richten soll.

Soweit die Beklagte mit der Berufungsbegründung geltend macht, es seien Monate vorhanden, in denen durchaus weniger als 165 Stunden geleistet worden seien, mag dies zutreffen, ist aber unerheblich, wenn der Berechnung die Stunde zugrunde gelegt werden, die die Beklagte selbst in ihren Abrechnungen ansetzt.

Geleistete Arbeitsstunden von 160 im Monat November 2008 mit 20 Arbeitstagen und von 160 Stunden im Februar 2009 mit 20 Arbeitstagen sind im Übrigen kein Beleg dafür, dass lediglich 35 Stunden in der Woche maßgeblich sein sollen.

Unter Zugrundelegung von jedenfalls 165 Stunden regelmäßiger Arbeitszeit im Monat nach den Angaben des Klägers berechneten sich daher Stundenvergütungen für den Zeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007 in Höhe von 8,88 €, für den Zeitraum Januar 2008 bis Oktober 2008 in Höhe von 9,13 €, für die Monate November und Dezember 2008 in Höhe von 9,48 €, für die Monate Januar bis Dezember 2009 in Höhe von 9,85 €, für die Monate Januar 2010 bis Oktober 2010 in Höhe von 10,07 € und in Höhe von 10,41 € für die Monate November 2010 bis Juli 2011.

Insgesamt errechnet sich hieraus eine Vergütung in Höhe von 90.426,42 €.

Geleistet hat die Beklagte in dem der Klage zugrunde liegenden Zeitraum einen Betrag in Höhe von 109.197,41 €, sodass der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 7.010,06 € verblieb.

6. Hinsichtlich der ausgeurteilten Zinsen ist von folgenden Überlegungen auszugehen:

1) Die zeitabschnittsbezogenen Vergütungsansprüche behalten ihre rechtliche Selbständigkeit, so dass Entstehen, Fälligkeit und Erlöschen sich nach den vertraglich maßgeblichen Zeitabschnitten bemessen (BAG, 24.08.1999, a.a.O.).

Das Prinzip des Gesamtvergleichs kann dann dazu führen, dass bei Beendigung des Überlassungszeitraumes ggf. ein Rückzahlungsanspruch besteht (so auch zum Annahmeverzug BAG, 29.07.1993, EzA BGB § 615 Nr. 79).

2) Eine Fälligkeit von Ansprüchen tritt nicht erst mit dem Zeitpunkt der Kenntnis der BAG-Entscheidung vom 14.12.2010 ein.

Entstehen und Fälligkeit der Vergütungsansprüche bemessen sich auch unter Zugrundelegung des Prinzips des Gesamtvergleichs nach den vertraglich maßgeblichen Zeitabschnitten, für die Vergütung gezahlt werden soll. Die zeitabschnittsbezogenen Vergütungsansprüche behalten ihre rechtliche Selbständigkeit (BAG, 24.08.1999, a.a.O. zum Annahmeverzug).

Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen entsprechend einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer besteht nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG von Anfang an; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis der Vertragsparteien einem Tarifvertrag unterfällt, der auch einzelvertraglich in Bezug genommen werden kann.

Eine Entscheidung über eine Tariffähigkeit begründet oder beendet eine Tariffähigkeit nicht, sondern stellt sie lediglich fest (BAG, 15.11.2006, a.a.O.). Das Entstehen des Anspruchs hängt daher nicht von der Entscheidung des Verfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG ab.

Die Rechtslage ist ähnlich wie die bei der Geltendmachung von Vergütungsansprüchen aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges, wenn der zugrunde liegende Beendigungstatbestand unter den Parteien streitig ist und einer gerichtlichen Klärung noch unterliegt. Auch dann werden die einzelnen Monatsbezüge nicht erst mit rechtskräftiger Klärung fällig, ob ein Arbeitsverhältnis noch besteht, sondern entsprechend der vertraglichen Regelung (s. hierzu BAG, 07.11.1991, EzA BGB § 209 Nr. 5).

Es würde zudem nach Auffassung der Kammer einen Wertungswiderspruch darstellen, einem Arbeitgeber Vertrauensschutz zu versagen, obwohl rechtskräftig die fehlende Tarifzuständigkeit der CGZP erst am 14.12.2010 geklärt worden ist, andererseits aber davon auszugehen, die Ansprüche der Arbeitnehmer seien erst mit diesem Zeitpunkt entstanden und fällig geworden.

Da der Kläger für die zunächst geltend gemachten Zeiträume Zinsansprüche lediglich auf Jahresbasis geltend gemacht hat, kam es hinsichtlich der Höhe insoweit lediglich darauf an, ob es zu diesem Zeitpunkt Differenzen gab zwischen dem, was nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG zu gewähren war und von der Beklagten tatsächlich für diesen Zeitraum gewährt worden ist.

Rechnerisch ergaben sich danach zu leistende Restzahlungen der Beklagten erstmals für den Zeitraum ab November 2010.

Die weiteren Zinsdaten und Zinsbeträge ergeben sich sodann aus den weiteren aufgelaufenen Differenzbeträgen bei Annahme der jeweiligen Fälligkeit am Monatsende.

C.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens waren verhältnismäßig gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu teilen.

Die Aufteilung hatte dabei unterschiedlich zu erfolgen, da im Berufungsverfahren die Teile der Klage nicht angefallen sind, hinsichtlich derer das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung war für beide Parteien die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.