OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.01.2012 - 16 A 269/11
Fundstelle
openJur 2012, 84154
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Berufungszulassungsverfahren auf 3.581,93 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Antrag des Beklagten hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Gründe rechtfertigen es nicht, die Berufung zuzulassen.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Der Beklagte hat zwar mit seiner Darlegung einen einzelnen tragenden Rechtssatz der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (a); das Urteil erweist sich im Ergebnis aber aus einem anderen Grund als richtig (b).

a) Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, für eine Sanktionierung sei kein Raum, da ein hinreichend klarer Zahlungsantrag im Sinne des Art. 31 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1975/2006 erst mit der durch die Sachbearbeiterin des Beklagten initiierten Klarstellung des klägerischen Antragsbegehrens vorgelegen habe, vermag der Senat sich dieser Argumentation nicht anzuschließen. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, auf der Grundlage des am 16. September 2008 zu den Akten gelangten Verwendungsnachweises habe nicht entschieden werden können, welche Tonnage an Grobschotter (1.360,75 t oder 1.011,55 t) zur Mittelauszahlung habe berücksichtigt werden sollen. Für den höheren Wert habe die eingereichte Rechnung und die daran orientierte Eintragung der Aufwendungen im Antragsformular gesprochen, für den niedrigeren Wert der Inhalt der zuvor übersandten Wiegescheine, die Urkundsqualität besäßen und im Auszahlungsverfahren ein unverzichtbares Nachweismittel zur Feststellung der exakten Tonnage bildeten (Urteilsabdruck Seite 7). Diese Erwägungen überzeugen aus den vom Beklagten hinreichend dargelegten Gründen nicht. Der Antrag auf Zahlung einer Zuwendung setzt einen auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichteten Willen des Begünstigten voraus und ist damit eine Willenserklärung. Ein solcher Antrag ist unbestimmt und infolgedessen klarstellungsbedürftig, wenn ihm der (wirkliche) Wille des Begünstigten gegebenenfalls nach Auslegung nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnommen werden kann. Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hatte in dem vorgedruckten Antragsformular handschriftlich die Höhe der beantragten Zuwendung mit 25.150,01 Euro beziffert. Dieser Betrag entsprach dem in der zuvor eingereichten Rechnung Nr. 1574 der Firma U. & T. GmbH vom 12. September 2008 angegebenen Gesamtnettobetrag von 35.928,59 Euro abzüglich eines Eigenanteils von 30 v. H. (= 10.778,58 Euro). Ausgehend davon unterlag keinem Zweifel, dass der Wille der Klägerin darauf gerichtet war, die Zahlung einer Zuwendung in Höhe von 25.150,01 Euro zu beantragen. Dass die wiederum bereits zuvor vorgelegten Wiegescheine in der Addition eine geringere Menge an Grobschotter ergaben, als sie in der Rechnung der Firma U. & T. GmbH zugrundegelegt war, vermochte an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Die hieraus resultierende Unklarheit über die im Zuge des Wegebaus verwendete Grobschottermenge betraf lediglich die Frage der Berechtigung des geltend gemachten Zahlungsanspruchs, nicht aber die Frage des von der Klägerin offenbar in Unkenntnis der Fehlerhaftigkeit der gestellten Rechnung Gewollten.

b) Das angefochtene Urteil hat aus einem anderen Grund gleichwohl Bestand. Das Verwaltungsgericht hat hilfsweise angenommen, die Klägerin habe auf die fernmündliche Zusicherung der Sachbearbeiterin vertrauen dürfen, wonach der Antrag "nunmehr in Ordnung" sei, mithin nur ein einziger (korrekter) Zahlungsantrag vorliege (Urteilsabdruck Seite 8). Dem ist im Ergebnis aus den nachfolgenden Gründen zuzustimmen.

Zwar entfaltet die abgegebene "Zusicherung" keine formale Bindungswirkung. Eine solche Aussage ist der angegriffenen Entscheidung, anders als der Beklagte meint, jedoch auch nicht zu entnehmen. Den Überlegungen des Verwaltungsgerichts liegt bei sachgerechtem Verständnis vielmehr die zutreffende Erwägung zugrunde, dass sich der Beklagte an der konkreten Art und Weise der Abwicklung des klägerischen Zahlungsantrags durch die Bewilligungsbehörde nach den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsätzen von Treu und Glauben

BVerwG, std. Rspr., vgl. nur Urteil vom 16. Mai 2000 4 C 4.99 , BVerwGE 111, 162, juris Rdnr. 31 m. w. N.,

festhalten lassen muss. Insoweit weist nach Lage der Akten alles darauf hin, dass das letztlich zur Korrektur des Antrags führende Tätigwerden des Landesbetriebs Wald und Holz NRW noch nicht der in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1975/2006 vorgeschriebenen Prüfung des Zahlungsantrags dienen sollte, wodurch eine Kürzungen vermeidende spätere Änderung grundsätzlich ausgeschlossen worden wäre (vgl. Unterabs. 2 bis 4 der Vorschrift), sondern zunächst nur darauf zielte, bereits in der Phase der Antragserfassung eventuelle Unstimmigkeiten zu beseitigen. Für diese Einordnung spricht entscheidend, dass die Sachbearbeiterin, nachdem sie sich zuvor zum Zwecke der Klärung an das rechnungstellende Unternehmen gewandt hatte, die unzutreffenden Beträge nachfolgend sowohl im Antragsformular als auch in der Rechnung selbst und zwar in Abstimmung mit der Klägerin und jeweils unter Hinzufügung eines klarstellenden Aktenvermerks korrigiert hat. Zu einer derartigen Vorgehensweise hätte keine Veranlassung bestanden, wäre es bei der Korrektur der eingereichten Unterlagen, wie der Beklagte geltend macht, nur um die korrekte Dokumentation im Fördervorgang gegangen. Vielmehr sollte offenbar erst mit der einvernehmlichen Änderung des Antrags und der Rechnung das Antragsverfahren formal beendet sein. Im Einklang damit steht, dass im Antragsformular unter V. als "Ergebnis der Prüfung durch die Bewilligungsbehörde" ausdrücklich und zwar unter demselben Datum, unter dem auch die o. g. Aktenvermerke zur Korrektur gefertigt wurden (22.09.08) festgehalten ist, bei Prüfung des Verwendungsnachweises anhand der vorliegenden Unterlagen und Checklisten hätten sich keine Beanstandungen ergeben.

Ob das mit einigem Aufwand verbundene und keineswegs kompetenzwidrige (vgl. Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung, Seite 3) Vorgehen der Sachbearbeiterin rechtlich geboten war, wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 25 VwVfG NRW meint (Urteilsabdruck Seite 7 unten), etwa weil es sich um einen rechtlich unerfahrenen Erstantragsteller handelte oder sonstige besondere Gründe vorlagen, kann nach den vorstehenden Ausführungen offen bleiben.

Stellt sich das Urteil danach als ergebnisrichtig dar, war der Senat im Übrigen nicht gehalten, den Beteiligten vor der Entscheidung über den Zulassungsantrag erneut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, da sie sich zu der Frage, wie das Handeln des Landesbetriebs Wald und Holz NRW tatsächlich und rechtlich zu bewerten ist, schon in erster Instanz äußern konnten und auch geäußert haben.

Zur Verneinung des Zulassungsgrundes ernstlicher Zweifel, wenn sich die Entscheidung aus anderen als den vom Verwaltungsgericht erwogenen Gründen als richtig erweist, vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rdnr. 101 ff.

2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Rechts- oder Tatsachenfrage, auf die es nach Auffassung des Rechtsmittelführers ankommen soll, auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus beigemessen wird.

Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Der Beklagte formuliert mit der Rüge, das Verwaltungsgericht verlange in seinem Verständnis des § 25 VwVfG NRW von den Bewilligungsbehörden, die Anträge im Einvernehmen mit den Antragstellern sanktionsvereitelnd zu optimieren und lasse so Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 1975/2006 leerlaufen, bereits keine konkrete entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage. Entsprechendes gilt für den Hinweis, das Verhältnis der letztgenannten Vorschrift zu § 25 VwVfG NRW bedürfe der Klärung.

Darüber hinaus käme es nach den Ausführungen zu 1. in einem etwaigen Berufungsverfahren aber auch nicht auf die Auslegung von § 25 VwVfG NRW und das Verhältnis dieser Vorschrift zu Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 1975/2006 an, so dass den Fragen auch die Entscheidungserheblichkeit fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).