OLG Köln, Urteil vom 24.01.2012 - 15 U 160/11
Fundstelle
openJur 2012, 84149
  • Rkr:
Tenor

Die Berufungen der Verfügungsbeklagten werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die in dem Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.08.2011 - 28 O 253/11 - unter Aufhebung im Übrigen und Zurückweisung des ihr zugrundeliegenden weitergehenden Antrags bestätigte einstweilige Verfügung (Beschluss) vom 01.04.2011 - 28 O 253/11 - wie folgt neu gefasst wird:

Den Verfügungsbeklagten (Antragsgegnerinnen) wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten oder von Ordnungshaft bis zu sechsmonatiger Dauer - die Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken bei der Verfügungsbeklagten (Antragsgegnerin) zu 1. an ihrem Intendanten, bei der Verfügungsbeklagten (Antragsgegnerin) zu 2. an einem ihrer Geschäftsführer - für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten,

in Bezug auf die Verfügungsklägerin (Antragstellerin) und deren Abrechnungsprüfung gegenüber Frau Dr. P. (F.)

wie in dem Beitrag „C.:X.“ in der Sendung „V.“ vom 24.02.2011 geschehen

zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

1.

„C.: (…)“

„Die Kassenärztliche Vereinigung droht mir mit einem Disziplinarverfahren. Ich arbeite zu viel. Ich arbeite mehr als zwölf Stunden, und wenn ich mehr als zwölf Stunden arbeite, dann bin ich automatisch unplausibel in den Augen der KV.“

„…denn man vermutet bei der Kassenärztlichen Vereinigung, dass ein Arzt maximal zwölf Stunden am Tag arbeiten kann, …“;

2.

wie folgt aus dem Gutachten der Frau Dr. A. vom 24.06.2007 zu zitieren:

„Das sind zwar viele Untersuchungen pro Tag, aber für eine große phlebologische Praxis durchaus üblich. (…)

Die Zeitüberschreitung bei Frau Dr. P. erklärt sich aus den zu hohen Zeitvorgaben“.

Die in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten werden der Verfügungsklägerin zur Hälfte, den Verfügungsbeklagten jeweils zu ¼ auferlegt; ihre in erster Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten haben die Parteien jeweils selbst zu tragen.

Die im Berufungsverfahren entstandenen Gerichtskosten werden der Verfügungsklägerin mit 40 %, den Verfügungsbeklagten mit jeweils 30 % auferlegt. Von den im Berufungsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Verfügungsbeklagten hat die Verfügungsklägerin jeweils 40 % zu tragen, den Verfügungsbeklagten wiederum werden von den im Berufungsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Verfügungsklägerin jeweils 30 % auferlegt; im Übrigen tragen die Parteien ihre im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden nur: Klägerin) hat wegen eines am 24.02.2011 von der Verfügungsbeklagten zu 1) in dem Magazin „V.“ gesendeten, von der Verfügungsbeklagten zu 2) produzierten und mit der Formulierung „C.. Warum eine engagierte Ärztin so viel Ärger hat“ anmoderierten Beitrags, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf den aus der Anlage ASt 1 ersichtlichen Sendemitschnitt sowie das Transkript gemäß Anlage ASt 2 Bezug genommen wird, unter dem Datum des 01.04.2011 im Beschlussverfahren die aus Bl. 90 f d. A.  ersichtliche Unterlassungsverfügung erwirkt, mit welcher den Verfügungsbeklagten - sinngemäß - die Wiederholung von Äußerungen verboten wurde, die sich mit von der Verfügungsklägerin vorgenommenen Prüfungen der Abrechnungen einer in F./U. niedergelassenen Vertragsärztin Frau Dr. P. befassen.

Die Verfügungsbeklagten (im Folgenden nur: Beklagte) haben hiergegen Widerspruch eingelegt, woraufhin das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die auf der Grundlage des Verfügungsantrags erlassene Beschlussverfügung mit der Maßgabe der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Verbotsfassungen in den Punkten 1 und 2 aufrechterhalten hat. Zur Begründung dieser Entscheidung, auf welche wegen der zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Wertung verwiesen wird, hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, das die mit dem Unterlassungsantrag unter Ziffer 1 angegriffene Äußerung die Klägerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Die Kombination der „verwendeten Begrifflichkeit C.“ mit der in dem Beitrag wiedergegebenen Äußerung der Protagonistin Dr. P. „Die Kassenärztliche Vereinigung droht mir mit einem Disziplinarverfahren. Ich arbeite zu viel. Ich arbeite mehr als zwölf Stunden, und wenn ich mehr als zwölf Stunden arbeite, dann bin ich automatisch unplausibel in den Augen der KV ...denn man vermutet bei der Kassenärztlichen Vereinigung, dass ein Arzt maximal zwölf Stunden am Tag arbeiten kann“ suggeriere, dass die  Klägerin deshalb Regressforderungen geltend mache, weil die Protagonistin täglich mehr als 12 Stunden in ihrer Praxis arbeite, wohingegen es tatsächlich auf die summierte reine Behandlungszeit auf der Grundlage standardisierter Zeitvorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) ankomme. Auf diese Weise werde der unzutreffende Eindruck erweckt, die Klägerin werfe Frau Dr. P. deren Engagement für ihre Patienten vor und dass sie länger als 12 Stunden täglich arbeite. Die Berichterstattung sei insoweit zumindest mehrdeutig. Der Umstand, dass im weiteren Verlauf des Beitrags der einheitliche Bewertungsmaßstab genannt und erläutert werde, bewirke keine Klarstellung dahin, dass sich die seitens der Klägerin kritisierten mehr als 12 Stunden auf die Summe einzelner Behandlungen auf der Basis des EBM beziehen. Der zunächst erweckte Eindruck der Arbeitszeit werde für den Durchschnittsrezipienten nicht hinreichend relativiert. Werde daher die Klägerin durch die in der vorbezeichneten, zumindest mehrdeutigen Berichterstattung liegende unwahre Tatsachenbehauptung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt geschehe dies des weiteren auch deshalb, weil die Aussagen „...C...“, „...unplausibel in den Augen der KV“, „...man vermutet bei der KV...“ suggerierten, es handele sich um eine im Ermessen der Klägerin stehende Entscheidung, Maßnahmen gegen Frau Dr. P. zu ergreifen. Das aber sei unzutreffend, weil die Klägerin lediglich bundeseinheitliche Vorgaben anwende. Die Klägerin sei durch diese bundeseinheitlichen Standards gebunden; bei der Frage, ob sie gegen die Protagonistin Frau Dr. P. vorgehe, stehe ihr keinerlei Ermessen zu; sie handele daher nicht willkürlich. Die Formulierung „C.“ sei dabei auch nicht etwa als Meinungsäußerung zulässig; in der konkreten Berichterstattung überwiege aufgrund der Form der Darstellung der Tatsachenkern, der jedoch sowohl was das Aufgriffskriterium der „Arbeitszeit“ als auch die Frage der „Ermessensentscheidung“ angehe, unzutreffend dargestellt sei. Soweit das damit aufrechtzuerhaltende Verbot mit dem Zusatz versehen sei „...insbesondere wenn nicht zugleich mitgeteilt wird, dass eine ärztliche Abrechnung, die eine tägliche (reine)Arbeitszeitz von mehr als zwölf Stunden beinhaltet, bereits nach den bundesweit geltenden Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes des Gesetzgebers ergangen sind, als a priori unplausibel eingestuft wird und eine (zwingende) Überprüfung nach sich zieht“ schade das nicht, weil es sich dabei letztlich um eine Beschränkung des Antrags dahin handele, dass die Klägerin sich mit einem solchen Zusatz bei im Übrigen unveränderter Berichterstattung begnügen würde. Was den Unterlassungsantrag gemäß Ziffer 2) angehe, so sei die einstweilige Verfügung - soweit der Antrag nicht teilweise zurückgenommen worden sei - ebenfalls zu bestätigen. Die angegriffene, aus dem Gutachten der Frau Dr. A. zitierte Aussage „...Das sind zwar viele Untersuchungen pro Tag, aber für eine große phlebologische Praxis durchaus üblich...Die Zeitüberschreitung bei Frau Dr. P. erklärt sich aus den zu hohen Zeitvorgaben.“ sei in der konkreten Form der Berichterstattung unzutreffend, da bei dem Durchschnittsrezipienten das Verständnis hervorgerufen werde, als seien die Abrechnungskriterien bei der Protagonistin bereits insgesamt gutachterlich geklärt. Tatsächlich aber beziehe sich die letztgenannte Aussage des Gutachtens nur auf zwei Abrechnungsziffern und treffe keine allgemeine Feststellung. Zu Lasten der Klägerin werde auf diese Weise der Eindruck hervorgerufen, dass diese trotz Klärung der Sachlage weiterhin aus sachfremden und damit willkürlichen Gründen gegen die Protagonistin vorgehe. Hinsichtlich der mit dem Unterlassungsantrag zu 3) angegriffenen Aussage halte das in der Beschlussverfügung titulierte Verbot einer Überprüfung demgegenüber nicht stand. Die Berichterstattung verdeutliche hinreichend, dass es sich bei der Aussage, wonach die Protagonistin Angst habe, „...dass es vielleicht einen Entzug der ärztlichen Zulassung gibt, 'ne Schließung der Praxis...“, nicht um auf eine konkrete Androhung durch die Klägerin zurückgehende, sondern um eine  subjektive Befürchtung der Protagonistin handele.

Die Beklagten wenden mit ihren Berufungen ein, dass der Verbotstenor bzw. der diesem zugrunde liegende Antrag zu 1) in der geänderten Fassung eine Erweiterung des ursprünglich verfolgten Verbots darstelle, so dass die einstweilige Verfügung in der Fassung des angefochtenen Urteils der erneuten Vollziehung bedurft hätte, die aber nicht erfolgt sei. Schon aus diesem Grund sei das Urteil hinsichtlich des unter Ziffer 1) ausgesprochenen Verbots aufzuheben (Bl. 294 d. A.). Das Verbot sei aber auch materiell unrichtig. Insoweit beruhe das angefochtene Urteil auf der unrichtigen Auslegung der angegriffenen Äußerung, das Landgericht  habe seiner Entscheidung ein im Sinne der „Stolpe-Rechtsprechung“ fernliegendes Verständnis zu Grunde gelegt (Bl. 294 ff d. A.). Jedenfalls aber sei die angegriffene Äußerung als zulässige Meinungsäußerung einzuordnen; mit dem Begriff der „C.“ werde in der Art eines Schlagwortes eine an zutreffende Indiztatsachen  anknüpfende  subjektive Wertung zum Ausdruck gebracht. Was die mit dem Unterlassungsantrag zu  Ziffer 2) angegriffene Aussage angehe, so erkenne der Zuschauer aufgrund des Zusammenspiels von Wort, Bild und Ton, dass sich das Zitat aus dem Gutachten (nur) auf eine ganz konkrete Ultraschallleistung beziehe, für welche der EBM eine enorm überhöhte Zeitvorgabe von 14 Minuten enthalte (Bl. 303 d. A.). Der von der Klägerin beanstandete Eindruck - so er denn entstünde - wäre aber jedenfalls auch zutreffend (Bl. 304 ff d. A.). Die Sachverständige Dr. A. habe in einer Stellungnahme gegenüber dem Disziplinarausschuss bestätigt, dass auch die standardisierten Zeitvorgaben gemäß GOP 33061, 33076 und 33080 des EBM überhöht seien. Die streitgegenständliche gutachterliche Äußerung der Frau Dr. A., wonach sich die Zeitüberschreitung bei der Protagonistin Dr. P. aus den zu hohen Zeitvorgaben erkläre, habe daher auch als allgemeine Aussage „Gültigkeit“ (Bl. 309 d. A.).

Die Beklagten beantragen sinngemäß,

das angefochtene landgerichtliche Urteil  teilweise abzuändern und die einstweilige Verfügung (Beschluss) vom 01.04.2011 - 28 O 253/11 - unter vollumfänglicher Zurückweisung des ihr zu Grunde liegenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insgesamt aufzuheben.

Die Klägerin hat ihre den Unterlassungstenores des angefochtenen Urteils zu Grunde liegenden Anträge im Termin zur Berufungsverhandlung dahin neu gefasst, dass die jeweiligen Zusätze - beginnend bei dem Tenor zu I. 1. mit „…insbesondere“ bis „…nach sich zieht“ sowie hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I. 2. beginnend mit „…ohne klarzustellen“ und endend mit „…keine allgemeine Feststellung darstellte“ - fallengelassen werden und mit dieser Maßgabe beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, soweit darin die Beschlussverfügung bestätigt worden ist. Mit dem landgerichtlichen Urteil werde insbesondere auch nicht eine der erneuten Vollziehung bedürftige Erweiterung des Unterlassungstenors der bestätigten Beschlussverfügung bewirkt. Mit der dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegenden Neuformulierung des Antrags sei lediglich auf Hinweis des Landgerichts die „sprachlich verunglückte“ Formulierung aus der Beschlussverfügung korrigiert, nicht jedoch der Umfang der Unterlassungsverpflichtung materiell erweitert worden (Bl. 361 d. A.).

Soweit in dem angefochtenen Urteil die Beschlussverfügung in Ziffer 3) des Verbotsausspruchs unter entsprechender Zurückweisung des Verfügungsantrags aufgehoben worden ist, hat die Klägerin zunächst im Wege der Anschlussberufung das Unterlassungsbegehren gemäß Ziffer 3) ihres Verfügungsantrags weiterverfolgt und die entsprechende Verurteilung der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu erreichen gesucht, diese Anschlussberufung im Termin zur mündlichen Verhandlung jedoch zurückgenommen.

Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes i. S. von § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 S. 1, 540 Abs. 2, 542 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II.

Die allein noch zu beurteilenden - zulässigen - Berufungen der Beklagten bleiben in der Sache ohne Erfolg.

Das Landgericht hat die am 01.04.2011 im  Beschlussweg erlassene einstweilige Verfügung in den von den Rechtsmitteln der Beklagten betroffenen Tenores gemäß den Ziffern I. 1 und 2 der erwähnten Unterlassungsverfügung zwar im Ergebnis zu Recht bestätigt. Was die Fassung dieser Verbote und des diesen jeweils zugrundeliegenden Unterlassungsantrags angeht, sind diese indessen nach Maßgabe der in der mündlichen Verhandlung durch die Klägerin neu gefassten Unterlassungsanträge zu modifizieren.

Im Einzelnen:

a)

Soweit die Klägerin bei den Unterlassungsanträgen zu Ziffer 1) und 2) die dort jeweils aufgenommenen Zusätze („…insbesondere, wenn nicht zugleich mitgeteilt wird…“/ „…ohne klarzustellen, dass….“) fallen gelassen hat, wurde damit den insoweit bestehenden Zulässigkeitsbedenken abgeholfen. Die Klägerin hat mit den erwähnten - nunmehr fallen gelassenen - Zusätzen vorgegeben, was die Beklagten unternehmen müssen, um dem Verbot zu „entkommen“ bzw. die als solche jeweils untersagte Aussage künftig zulässigerweise behaupten und/oder verbreiten zu dürfen. Mit dieser Antragsformulierung und den darauf beruhenden Unterlassungstenores wurde indessen prozessual über das mit einer Unterlassungsverpflichtung erreichbare Ziel hinausgegangen. Ein Unterlassungstenor hat anzugeben, was dem Unterlassungsschuldner verboten ist, nicht aber, was dieser tun muss, um sich „erlaubt“ zu verhalten, konkret hier - wie unter ausgeführt- eine mehrdeutige Aussage klären- stellen. Mit Ausnahme der hier nicht vorliegenden Konstellation, dass ein Unterlassungsgebot nur auf eine ganz bestimmte Weise erfüllt werden kann, kann der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs lediglich das Verbot einer Handlung erreichen, nicht aber dem Unterlassungsschuldner vorgeben, durch welche Maßnahmen die Unterlassung zu bewirken ist (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1004 Rdn. 51 m. w. Nachw.). Die ursprüngliche Fassung der Unterlassungsanträge zu 1) und zu 2), mit der die Klägerin angegeben hat,  was die Beklagten zu tun haben, um die beanstandeten Äußerungen künftig behaupten und/oder verbreiten zu dürfen bzw. einem Verbot nicht zuwiderzuhandeln, hat dem nicht hinreichend Rechnung getragen. Die Klägerin hat damit in die den Beklagten als Unterlassungsschuldnern zu überlassende Befugnis eingegriffen, selbst darüber zu entscheiden, auf welche Art und Weise sie dem Verbot gemäß handeln bzw. die Unterlassungsverpflichtung erfüllen wollen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass die Beklagten ihrer Unterlassungsverpflichtung auf eine ganz bestimmte Art und Weise nachkommen, hat die gewählte Antragsfassung zum anderen aber auch die Gefahr eines unzulässigen Eingriffs in das Recht auf freie Meinungsäußerung der Beklagten begründet. Die Art und Weise, wie die Beklagten künftig über das mit dem streitgegenständliche Beitrag aufbereitete und präsentierte Thema berichten, unterfällt ihrem medialen Selbstbestimmungsrecht als Presseorgane. Ihnen kann nicht von vornherein vorgegeben werden, sich auf eine bestimmte Art und Weise mit einem Thema zu befassen und zu diesem zu äußern. Denn es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die beanstandeten Aussagen künftig auch ohne oder mit anderen, als den in die Anträge in ihrer ursprünglichen Fassung aufgenommenen Zusätzen verbreitet werden dürfen bzw. sich nicht als Zuwiderhandlungen gegen eine Unterlassungsverpflichtung darstellen (z. B. im Rahmen einer bloß referierenden Wiedergabe - vgl. Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 12. Kapitel Rdn. 153 m. w. Nachw.) oder aber trotz des jeweiligen Zusatzes aus äußerungsrechtlicher Sicht unzulässig sind, wenn ggf. ergänzende Angaben gemacht werden.

Der Aufnahme der erwähnten, von der Klägerin sodann fallen gelassenen Zusätze in die den titulierten Verboten zu Grunde liegenden Unterlassungsanträge bedurfte es dabei auch nicht. Die Klägerin will und kann nur das Verbot der angegriffenen Äußerungen erreichen, wie sie in den konkret angegriffenen Fernsehbeitrag eingestellt sind. Dessen Kontext bestimmt das der rechtlichen Würdigung zu Grunde zu legende Verständnis der angegriffenen Aussagen. Ein Verbot dieser Äußerungen erstreckt sich danach gerade und nur auf den sich aus diesem konkreten Verwendungszusammenhang ergebenden oder diesem kerngleichen Sinngehalt. Im Kontext des streitgegenständlichen Sendebeitrags bzw. der „konkreten Verletzungshandlung“  sind die Äußerungen aber nicht mit den in die Anträge jeweils aufgenommenen zusätzlichen Mitteilungen und Klarstellungen versehen. Aus deren Fehlen leitet die Klägerin gerade die äußerungsrechtliche Beanstandung und den sie in ihrem Persönlichkeitsrecht als Körperschaft verletzenden Aussagegehalt der Äußerungen her. Dies erhellt, dass die Klägerin mit den erwähnten Zusätzen letztlich Aspekte der Begründetheit ihrer Unterlassungsbegehren sowie überdies der Vollstreckungsmöglichkeiten des Verbots in den Antrag aufgenommen hatte, da sie damit zu erkennen gab, unter welchen Gesichtspunkten sie die zur Unterlassung begehrten Äußerungen für unzulässig hält und künftig eine Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot begründen wird. Das ändert indessen nichts daran, dass die Klägerin von Anfang an das Verbot der Äußerungen, wie sie in dem konkreten Fernsehbeitrag enthalten sind, verfolgt hat. Die Klägerin hat das u.a. dadurch deutlich gemacht, dass sie zur Begründung des Unterlassungsantrags zu 1) ausführte, die damit angegriffene Äußerung stelle sich unter zwei Gesichtspunkten als unrichtig dar, nämlich einmal, weil suggeriert werde, dass die „12-Stunden-Grenze“ an die tägliche Gesamtarbeitszeit (und nicht an die Netto-Untersuchungszeit) anknüpfe und darüber hinaus zum anderen deshalb, weil damit der Eindruck hervorgerufen werde, dass es sich bei der erwähnten Zeitgrenze um ein von der Klägerin willkürlich bestimmtes Limit und nicht um einen vorgegeben Standard handele, der bundeseinheitlich im Rahmen von Abrechnungsprüfungen angewandt wird. Eben diese Fehlvorstellungen soll die Mitteilung gemäß dem „Insbesondere“-Zusatz in dem Unterlassungsantrag zu 1) vermeiden.

Den vorbezeichneten Bedenken hat die Klägerin nunmehr abgeholfen, indem sie die Unterlassungsanträge im Termin ohne die jeweiligen Zusätze gestellt hat, die ihre Relevanz im Rahmen der Entscheidungsgründe erlangen und aus den nachfolgenden Erwägungen die Begründung des Verbots tragen. Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass mit dieser Antragsneufassung weder eine sachliche Beschränkung des erstrebten Verbots noch dessen Erweiterung  verbunden ist.

b)

Mit ihrem gegenüber dem Verbotstenor zu Ziffer 1) vorgebrachten Einwand der mangelnden Vollziehung vermögen die Beklagten sich nicht durchzusetzen. 

Wird der Arrest oder die einstweilige Verfügung im Widerspruchsverfahren in inhaltlich veränderter Form bestätigt, so muss das Urteil, auch wenn die Beschlussverfügung bereits ordnungsgemäß in der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen wurde, erneut innerhalb der mit der Verkündung neu anlaufenden Frist vollzogen werden (vgl. Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 929 Rdn. 11 m. w. Nachw.). Eine solche Veränderung liegt dabei u. a. vor, wenn das Gebot im Tenor erweitert wird (vgl. OLG Köln, GRUR 1999, 89; Schuschke/Walker, a.a.O.).  Mit der Neufassung des Unterlassungstenors unter Ziffer 1) des angefochtenen Urteils und des dieser zu Grunde liegenden Unterlassungsantrags war indessen keine sachliche Erweiterung des mit der Beschlussverfügung unter Ziffer 1) titulierten Verbots verbunden.  Die in die Neufassung aufgenommene Formulierung „…insbesondere, wenn nicht zugleich mitgeteilt wird…“ hat zwar die Frage aufgeworfen, welche weiteren, der mit der erwähnten Formulierung eingeleiteten beispielhaften Formulierung entsprechenden Mitteilungen bewirken, dass das Verbot nicht greift. Indessen war auch der in die ursprüngliche Antrags- und Verbotsfassung der Beschlussverfügung aufgenommene Zusatz nicht abschließend zu verstehen. Vielmehr ging es der Klägerin ersichtlich darum darzustellen, unter welchen Voraussetzungen die angegriffene Äußerung behauptet und oder verbreitet werden dürfte, ohne dass dies auf die wörtliche Mitteilung gemäß der in den Antrag aufgenommenen Formulierung beschränkt war. Auch andere Formulierungen, soweit sie inhaltlich als Mitteilung gemäß dem Zusatz zu werten sind, sollten von vornherein ebenfalls erfasst sein; insoweit hat daher die in den Unterlassungstenor des angefochtenen Urteils aufgenommene „Insbesondere…“-Formulierung keine Veränderung herbeigeführt.

c)

Auch die gegenüber ihrer Verurteilung zur Unterlassung der mit dem Unterlassungsantrag zu 1) angegriffenen Äußerung vorgebrachten materiellen Einwände vermögen dem Rechtsmittel der Beklagten nicht zum Erfolg zu verhelfen.

aa)

Soweit die Beklagten beanstanden, dass dem angefochtenen Urteil hinsichtlich des Unterlassungsausspruchs unter Ziffer 1) ein i. S. der „Stolpe-Rechtsprechung“ fernliegendes Verständnis der angegriffenen Äußerung zu Grunde liege, setzen sie sich nicht durch.

Die angegriffenen, in dem verfahrensgegenständlichen Sendebeitrag enthaltenen Aussagen „Die Kassenärztliche Vereinigung droht mir mit einem Disziplinarverfahren. Ich arbeite zu viel. Ich arbeite mehr als zwölf Stunden, und wenn ich mehr als zwölf Stunden arbeite, dann bin ich automatisch unplausibel in den Augen der KV. …, denn man vermutet bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, dass ein Arzt maximal zwölf Stunden am Tag arbeiten kann…“  rufen aus der Sicht jedenfalls eines relevanten Teils der angesprochenen Rezipienten das Verständnis hervor, dass Anlass und Gegenstand des von der Klägerin angedrohten Disziplinarverfahrens die Überschreitung einer realen 12-stündigen Arbeitszeit und nicht etwa die Überschreitung einer sich in der Summe auf mehr als 12 Stunden addierenden reinen Untersuchungszeit am Patienten ist.  Der Beitrag befasst sich in seinem den hier betroffenen Äußerungen der Protagonistin Dr. P. und ihres Anwalts vorangehenden Teil durchweg mit Praxisöffnungszeiten sowie den Gelegenheiten, bei den die Protagonistin für ihre Patienten zur Verfügung steht. Bildlich wird das durch die Darstellung des Praxisbetriebs untermalt. Danach geht es um das aufopferungsvolle zeitliche Engagement der Protagonistin Dr. P. für ihre Patienten im Rahmen eines realen Praxisbetriebs. Wenn nach dieser Einleitung davon die Rede ist, dass Frau Dr. P. der Klägerin „…wegen überlanger Arbeitszeiten…seit Jahren ein Dorn im Auge…“  sei (vgl. S. 2, letzter Absatz des Transkripts) und sodann im Rahmen der angegriffene Textpassage ausgeführt wird, dass die Klägerin „…mit einem Disziplinarverfahren…“ drohe, ferner Frau Dr. P. mit der Äußerung zitiert ist „Ich arbeite zu viel. Ich arbeite mehr als zwölf Stunden, und wenn ich mehr als zwölf Stunden arbeite, dann bin ich automatisch unplausibel in den Augen der KV“, sowie anschließend die Äußerung des Anwalts I. L. fällt, „…denn man vermutet bei der Kassenärztlichen Vereinigung, dass ein Arzt maximal zwölf Stunden am Tag arbeiten kann…“, ist das geeignet, aus der Sicht eines unvoreingenommenen verständigen Rezipienten das Verständnis hervorzurufen, dass Anlass der Beanstandung der Klägerin die „überlange“ reale Arbeitszeit der Protagonistin ist, wie sie sich aus dem Betrieb der Praxis und dem Engagement der Ärztin für ihre Patienten ergibt. Angesichts der vorstehend angesprochenen bildlich begleiteten Einleitung des Beitrags handelt es sich dabei nicht um eine fernliegende Deutung.

Eine abweichende Würdigung bzw. eine das vorbezeichnete Verständnis ausschließende, jedenfalls auf einen irrelevanten Teil der Adressaten des Beitrags beschränkende Klarstellung dahin, dass es sich bei der angesprochenen, die Schwelle von 12-Stunden überschreitenden Arbeitszeit nicht um die reale zeitliche Beanspruchung der Protagonistin im Rahmen ihres Praxisbetriebs, sondern allein um die Summe des für ausgeführte und liquidierte Untersuchungen angesetzten standardisierten Zeitaufwands handelt, bewirken weder der anschließende, sich mit dem sog. EBM befassende Abschnitt noch der sich mit den Ergebnissen der Gutachterin der Klägerin für das Behandlungsjahr 2005 befassende Teil des Beitrags. Was den EBM angeht, so wird dieser zwar auszugsweise bildlich dargestellt und ausgeführt, dass die Klägerin damit überprüfe, „wie lange eine bestimmte Untersuchung auf jeden Fall dauern muss“, ferner ist von „…statistisch vorgegebenen Zeitprofilen…“, die Rede, „…nach denen sich jeder Arzt zu richten hat, damit er die Leistung auch ordnungsgemäß abrechnen kann“  (S. 3, 4. Absatz des Transkripts). Auch wird erläutert, dass für eine bestimmte Untersuchung, konkret eine Sonographie der Beingefäße danach eine Dauer von mindestens 14 Minuten pro Bein angesetzt sei, die Frau Dr. P. jedoch wegen ihrer Erfahrung in diesem Bereich unterbieten könne, und dass ihr eben diese professionelle Effizienz von der Klägerin zum Vorwurf gemacht werde. Ein Teil der von dem Beitrag angesprochenen Adressaten mag danach vermuten, dass sich die vorher angesprochene Arbeitszeit und die unter Androhung eines Disziplinarverfahrens von der Klägerin vorgebrachte Beanstandung der „Arbeitszeit“ ausschließlich auf die sich aus der Addition der für die standardisierte Dauer der ausgeführten Untersuchungen ergebende zeitliche Summe bezieht. Angesichts des Umstandes aber, dass nicht erkennbar gemacht ist, welche Faktoren in die standardisierten Zeitprofile einbezogen sind, ob also beispielsweise die vorangegangene Beratung und sonstige Vorbereitung des Patienten in das für die Untersuchung angesetzte statistische Zeitprofil des EBM einbezogen ist, wird aber jedenfalls ein anderer relevanter Teil der Rezipienten unter dem Eindruck der vorangegangenen sprachlichen und bildlichen Präsentation des Praxisbetriebs die Vorstellung beibehalten, dass es - soweit von Untersuchungen und deren in dem EBM festgelegte standardisierte Dauer die Rede ist - um über die Summe der Netto-Untersuchungszeit hinausgehende Werte geht, so dass eine sich aus der Summe der standardisierten Zeitprofile ergebende Überschreitung von 12 Stunden der Vorstellung einer an die Überschreitung eines realen Arbeitszeitaufwand von 12 Stunden anknüpfenden Beanstandung der Kassenärztlichen Vereinigung nicht entgegenwirkt. Gleiches gilt hinsichtlich der auszugsweisen Wiedergabe der sich ebenfalls mit  „Zeitvorgaben“ für „Untersuchungen“ befassenden Gutachtens. Auch hieraus erschließt sich nicht, dass es bei den Zeitvorgaben des EBM um die reine Untersuchungsdauer bzw. den nur insoweit vorgegebenen Nettoaufwand geht.

bb)

Es trifft ebenfalls zu, dass die angegriffenen Äußerungen in Verbindung u.a. mit dem in der vorangegangenen Anmoderation gefallenen und bildlich wiedergegeben Begriff „Behördenwillkür“ sowie dem weiteren Kontext des Beitrags den Eindruck hervorrufen, dass die Klägerin bei den von ihr angewandten standardisierten Zeitvorgaben einen Ermessenspielraum hat, von dem sie jedoch nicht zu Gunsten der Protagonistin Frau Dr. P. Gebrauch mache, sondern trotz bestehender besserer Erkenntnisse starr an ihrer Beanstandung festhalte. Denn nach dem in dem Beitrag wiedergegebenen Ergebnis der Gutachterin, wonach zwar viele Untersuchungen pro Tag vorlägen, diese aber für eine große phlebologische Praxis durchaus üblich seien und sich die Zeitüberschreitung aus den zu hohen Zeitvorgaben erklärten, liegt eine sachlichfachliche Erklärung für eine die Marge von 12 Stunden pro Tag überschreitende Arbeitszeit vor. Wenn die Klägerin vor diesem Hintergrund - wie mit dem nachfolgenden Abschnitt „…nach diesem Gutachten muss die Kassenärztliche Vereinigung…das Plausibitätsverfahren gegen Frau Dr. P. erst mal einstellen. Dennoch wird sie wohl auch in den kommenden Jahren mit  weiteren Regressforderungen belastet…“ suggeriert - gleichwohl nicht von ihren gegen die Überschreitung der Arbeitszeit in der Praxis der Protagonistin vorgebrachten Beanstandungen ablässt, stellt sich das aus der Sicht der Rezipienten als eine durch sachliche Motive nicht mehr erklärbare uneinsichtige Vorgehensweise dar.

Die damit getroffenen Aussagen, dass Gegenstand der unter Androhung eines Disziplinarverfahrens geführten Beanstandung der Klägerin die reale Arbeitszeit der Frau Dr. P. ist und dass die Klägerin sich trotz entgegenstehender besserer Erkenntnisse nicht von ihrer Beanstandung abbringen lasse, sind auch als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren. Allerdings trifft es dabei zu, dass dem - nur - in der Anmoderation der gesamten Fernsehsendung sowohl sprachlich verwendeten als auch bildlich eingeblendeten Begriff der „C.“ eine Wertung immanent ist, mit der die subjektive Einordnung eines Sachverhalts zum Ausdruck gebracht wird. Insoweit sind ihm aber über die subjektive Würdigung auch tatsächliche Elemente immanent. Angesichts des Kontextes, in den die beanstandete Äußerung gestellt ist und der als solche beweisbare tatsächliche Vorgänge in der Praxis der Frau Dr. P. schildert und auf diese abstellt, vermitteln die streitgegenständlichen Aussagen indessen die Vorstellung konkreter tatsächlicher Vorgänge und sind sie trotz des ihnen innewohnenden subjektiven Gehalts durch die Mitteilung eines bestimmten tatsächlichen Sachverhalts geprägt und ihrem Gesamtcharakter nach als Tatsachenbehauptungen einzuordnen. Letztlich kann es indessen dahinstehen, ob mit dem vorstehenden Begriff ein sich im subjektiven Aussagegehalt erschöpfendes Werturteil oder aber die auch intersubjektiv bzw. objektiv nachvollziehbar gemachte zusammenfassende Bezeichnung als solcher mitgeteilter konkreter tatsächlicher Vorgänge zum Ausdruck gebracht wird, mithin eine als Tatsachenbehauptung einzuordnende Aussage vorliegt.  Denn  auch als Meinungsäußerung bzw. bloßes Werturteil wäre sie jedenfalls unstatthaft. Bei tatsachenbezogenen Meinungsäußerungen kann die Schutzwürdigkeit des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Rahmen der Abwägung der  betroffenen grundrechtlich geschützten Rechtspositionen vom Wahrheitsgehalt der zugrundeliegenden tatsächlichen Annahmen abhängen. Sind diese erwiesen unwahr, tritt die Meinungsäußerungsfreiheit regelmäßig hinter den Persönlichkeitsschutz zurück (vgl. BVerfG E 90, 241 - Rdn. 31 gemäß Juris-Ausdruck). Eine solche Situation liegt hier vor. Denn die dem Werturteil „C.“ bzw. einer entsprechenden Meinungsäußerung zugrundeliegenden, in dem Beitrag mitgeteilten Anknüpfungstatsachen entsprechen nicht der Wahrheit. Weder ist Gegenstand der von der Klägerin gegenüber dem abgerechneten Zeitaufwand der Protagonistin Dr. P. vorgebrachten Beanstandung deren reale Arbeitszeit noch liegen mit dem von der Klägerin veranlassten Gutachten für das Behandlungsjahr 2005 Erkenntnisse vor, welche den vorgebrachten Beanstandungen die sachliche Grundlage entziehen; denn die in dem Gutachten angeführte Erklärung der Zeitüberschreitung wegen zu hoher Zeitvorgaben bezieht sich nur auf zwei Abrechnungsziffern.

cc)

Die Klägerin wird durch den oben aufgezeigten Aussagegehalt der in dem streitgegenständlichen Beitrag enthaltenen angegriffenen Äußerungen auch in ihrem Anspruch auf Achtung ihres Ansehens in der Öffentlichkeit verletzt.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts haben zwar keine „persönliche“ Ehre noch können sie Schutz vor rufbeeinträchtigenden Äußerungen aus einem  natürlichen Personen zustehenden verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsrecht beanspruchen. Allerdings kann die Klägerin als juristische Körperschaft des öffentlichen Rechts gegenüber Äußerungen, die in unzulässiger Weise ihr Ansehen in der Öffentlichkeit herabsetzen, in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB i. V. mit den §§ 823, 824 BGB, 185 ff StGB, zivilrechtlichen Ehrenschutz in Anspruch nehmen (vgl. BGH, NJW 1982, 2246 - „Klinikdirektoren“ - Rdn. 10 gemäß Juris-Ausdruck). Denn der durch § 194 Abs. 3 StGB gewährleistete strafrechtliche Ehrenschutz von Hoheitsträgern kann über die §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB auch zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen (BVerfG, NJW 2006, 3769/3771 - „Babycaust“ -; BGH, NJW 2006, 601 f).  Bei der Abwägung des Ehrenschutzes juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit dem kollidierenden Recht auf freie Meinungsäußerung ist das Gewicht der Meinungsäußerungsfreiheit in aller Regel hoch zu veranschlagen. Gerade Körperschaften des öffentlichen Rechts, denen hoheitliche Befugnisse eingeräumt sind, müssen sich einer mit der Ausübung dieser Machtbefugnisse und den zugrundeliegenden Strukturen befassenden kritischen Auseinandersetzung stellen. Gegenüber ehrverletzenden unwahren oder infolge ihrer Unvollständigkeit unzutreffenden Tatsachenbehauptungen sind allerdings auch sie geschützt (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3769/3773 -„Babycaust“-; BGH, NJW 2006, 601/602 -„Katholisches Erzbistum“-; Brändel in Götting/Scherz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 40 Rdn. 3 m. w. Nachw.).

Nach diesen Maßstäben muss die Klägerin die mit den angegriffenen Aussagen zum Ausdruck gebrachte Kritik an ihren gegen die Abrechnung des Zeitaufwands der Protagonistin Frau Dr. P. vorgebrachten Beanstandungen nicht hinnehmen. Der Klägerin wird mit der als solche objektiv unrichtigen Aussage, sie beanstande die überlangen, die Marge von 12 Stunden pro Tag überschreitenden realen Arbeitszeiten und drohe deswegen sogar Disziplinarmaßnahmen an, eine Einstellung zugewiesen, welche zur Wahrung formaler statistischer Kriterien die Bedürfnisse der um Behandlung nachsuchenden Patienten ignoriert und das selbstaufopfernde Engagement einer Ärztin für die Belange der Patienten „bestraft“. Der Klägerin wird damit nicht nur eine „menschenverachtende“ Vorgehensweise unterstellt, sondern letztlich auch, dass sie sich nicht gemäß ihrem gesetzlichen und satzungsgemäßen Auftrag, nämlich der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, verhält. Denn im Kontext des konkreten Beitrags wird die Aufgabe der Praxis durch die Protagonistin Dr. P. als ein aus den Beanstandungen und „drastischen Maßnahmen“ der Klägerin drohende mögliche Folge dargestellt („…Das ist existenzbedrohend…“/ „…und das macht ihr Angst, und außerdem bedroht es ihre Existenz…“/ „…Doch die hohen Regressforderungen und das drohende Disziplinarverfahren belasten sie sehr und könnten schlimmstenfalls das Ende für die Praxis bedeuten…“). Dann aber wäre das betroffene Einzugsgebiet - was eingangs des Berichts ausführlich dargestellt und auch im Rahmen des Interviews mit der Vorstandsvorsitzenden der Klägerin thematisiert wird - vertragsärztlich unterversorgt. Die weitere Aussage, wonach die Klägerin trotz entgegenstehender Feststellungen der Gutachterin uneinsichtig an ihren Beanstandungen des Zeitaufwands wohl festhalten wird, unterstellt der Klägerin eine von unsachlichen Erwägungen beeinflusste Vorgehensweise gegenüber der Protagonistin Frau Dr. P., die man wegen ihres außergewöhnlichen Engagements für ihre Patienten sozusagen „auf dem Kieker“ habe. Auch dies ist ein Vorwurf, der geeignet ist, das Ansehen einer öffentlichen Körperschaft schwer zu beschädigen. Denn deren Ruf und Funktion hängt maßgeblich von dem Vertrauen in eine, dem Satzungszweck Rechnung tragende und von berechenbaren sachlichen Kriterien geleitete Vorgehensweise ab.  Dass die der vorbezeichneten Kritik zugrundeliegenden mitgeteilten Anknüpfungstatsachen nicht zutreffen, geht aus den obigen Ausführungen hervor.  Dies würdigend muss die Klägerin die mit der zum Ausdruck gebrachten Kritik verbundene Beeinträchtigung ihres Ansehens bei abwägender Gewichtung des auf Seiten der Beklagten in Anspruch genommenen kollidierenden Rechts auf freie Meinungsäußerung nicht hinnehmen.

c)

Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich der mit dem Unterlassungsantrag unter Ziffer 2) angegriffenen Äußerung.

In der konkreten Darstellung des streitgegenständlichen Beitrags suggeriert die als Ergebnis des Gutachtens präsentierte Aussage, „…Die Zeitüberschreitung bei Frau Dr. P. erklärt sich aus den zu hohen Zeitvorgaben…“, dass die für das Behandlungsjahr 2005 in Ansatz gebrachten Arbeitszeiten bzw. die insoweit beanstandeten Überschreitungen einer täglichen Arbeitszeit von 12 Stunden sich sämtlich aus den zu hoch angesetzten statistischen Zeitprofilen für die berechneten Patientenuntersuchungen ergeben. Das ist nicht der Fall, weil das in dem Beitrag erwähnte Gutachten eine Zeitüberschreitung wegen zu hoher Zeitvorgaben lediglich in Bezug auf zwei Abrechnungsziffern - die Ziffern 33061 und 33072   - feststellt (Anlage ASt  4 c, Bl. 59 ff/61 f d. A.). Der Zuschauer erkennt dabei auch keinesfalls, dass sich das Zitat aus dem Gutachten nur auf ein bestimmte Untersuchung bzw. „Ultraschallleistung“ beschränkt. Auch wenn in den vorangegangenen Abschnitten (S. 3, 4. und 5. Absatz des Transkripts) eine ganz bestimmte Ultraschalluntersuchung („eine Sonographie, eine Art Ultraschall der Beingefäße“) erwähnt wird, ist diese dort erkennbar nur als Beispiel einer Untersuchung genannt, für welche statistische Zeitprofile vorgegeben sind, nach denen jeder Arzt sich zu richten hat. Der letzte Satz der Protagonistin Frau Dr. P. vor dem sodann von Rechtsanwalt I. L. referierten Ergebnis des Gutachtens bezieht sich ebenfalls nicht auf eine Zeitvorgabe für eine bestimmte Untersuchung sondern erfasst pauschal „die Zeiten“ („…Ne,…die Zeiten sind viel zu lang, die sind utopisch.“). Vor diesem Hintergrund versteht der Rezipient das mit „Die Zeitüberschreitung bei Frau Dr. P. erklärt sich aus den zu hohen Zeitvorgaben“ referierte Ergebnis des Gutachtens als verallgemeinernde Aussage. Die das Ergebnis des Gutachtens auf diese Weise darstellende Aussage der Beklagten, die als einer objektiven Überprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung einzuordnen ist,  ist aber unzutreffend. Daran ändert die Behauptung der Beklagten nichts, dass  die Gutachterin Dr. A. bei anderer Gelegenheit im Rahmen einer am 27.07.2011 stattgefunden Sitzung gegenüber dem Disziplinarausschuss bestätigt habe, dass auch die standardisierten Zeitvorgaben gemäß GOP 33076 und 33080 überhöht seien. Das ändert nichts daran, dass sich die Gutachterin in ihrem zu dem Behandlungsjahr 2005 gefertigten schriftlichen Gutachten, welches in der betroffenen Sequenz bildlich eingeblendet wird, nicht auf die entsprechende Weise geäußert hat; soweit die Abrechnungsziffern 33076 und 33080 betroffen sind, erklärt sich die Zeitüberschreitung danach aus der „fachlich problematischen“ bzw. unüblichen Doppelabrechnung gemeinsam mit anderen Untersuchungen (vgl. Ziffern 3 und 4 des Gutachtens), also aus einem mit den überhöhten Zeitvorgaben des EBM nicht in Zusammenhang stehenden Grund. Die angegriffene Aussage des streitgegenständlichen, am 24.02.2011 gesendeten Beitrags bezieht sich aber gerade auf die Ergebnisse dieses bildlich dargestellten schriftlichen Gutachtens, in dem die Gutachterin aber gerade nicht die in dem Beitrag aber suggerierten Ergebnisse festgehalten hat. Zu berücksichtigen ist weiter, dass sich der von der Klägerin beanstandete Aussagegehalt der die Ergebnisse des Gutachtens referierenden Äußerung nach dem konkreten Textzusammenhang gerade dahin versteht, dass die Klägerin die Protagonistin trotz der „Entlastung“ für das Abrechnungsjahr 2005 in den kommenden Jahren wohl mit weiteren Regressforderungen belasten, also von sachfremden Erwägungen geleitet vorgehen wird. Die damit zum Ausdruck gebrachte Vermutung einer „willkürlichen“ Vorgehensweise der Klägerin ist aber selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn die Zeitstandards des ABM überhöht sein sollten.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig, § 542 Abs. 2 ZPO.

Wert: 50.000,00 €, ermittelt aus der Summe des Gegenstandswertes der Berufung, der sich wiederum aus der Addition der mit insgesamt 30.000,00 zu bewertenden Rechtsmittelinteresse beider Beklagter gegenüber den Unterlassungstenores gemäß dem angefochtenen Urteil sowie dem mit insgesamt 20.000,00 € zu bemessenden Wert der Anschlussberufung der Klägerin ergibt, §§ 47, 48 Abs. 2, 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO.