LG Aachen, Beschluss vom 30.12.2011 - 6 T 132/11
Fundstelle
openJur 2012, 83798
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 01.08.2011 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf Antrag der Eröffnungsantragsstellerin vom 03.11.2010 bestellte das Amtsgericht Aachen mit Beschluss vom 19.01.2011, zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhalts, Herr Rechtsanwalt T zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beschwerdeführers. Dieser Beschluss wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 25.01.2001 ergänzt. Am 28.01.2001 wurde auf das Konto der Eröffnungsantragsstellerin ein Barbetrag in Höhe von 9.078,02 Euro eingezahlt. Die Eröffnungsantragsstellerin erklärte ihren Antrag daraufhin nicht für erledigt erklärt.

Mit Schriftsatz vom 31.01.2011 legte der Schuldner Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 19.01.2011 in der Fassung vom 25.01.2011 ein. Diese nahm er im Folgenden jedoch zurück. Denn mit Beschluss vom 10.05.2011 hatte das Insolvenzgericht über das Vermögen des Schuldners zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt T zum Insolvenzverwalter bestellt hat. Insoweit hatte die U- Krankenkasse mit Schreiben vom 17.02.2011 wegen einer Forderung in Höhe von 12.300,88 Euro ebenfalls einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt (Az.: 91 IN 53/10). Die Verfahren 91 IN 415/10 und 91 IN 53/11 wurde mit dem vorgenannten Eröffnungsbeschluss unter Führung des Aktenzeichens 91 IN 415/10 miteinander verbunden. Der Termin zur Gläubigerversammlung wurde auf den 01.08.2011 bestimmt. In diesem Beschluss wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung nicht vorliegt.

In der Gläubigerversammlung vom 01.08.2011 stellte der Schuldner und Beschwerdeführer mündlich den Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung und erklärte im Sinne von § 287 Abs. 2 InsO die Abtretung der pfändbaren Bezüge für die Dauer von 6 Jahren ab Eröffnung.

Mit Beschluss vom 01.08.2011 wies das Insolvenzgericht den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung beinhaltend den Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig weil verspätet kostenpflichtig zurück.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Schuldners vom 11.08.2011. Er ist der Ansicht, sein Eigenantrag und Antrag auf Restschuldbefreiung sei zulässig, insbesondere nicht verspätet; insoweit seien ihm die erforderlichen Belehrungen im Sinne der §§ 20 Abs. 2, 287 Abs.1 InsO nicht erteilt worden; jedenfalls sei ein Belehrung im Verfahren 91 IN 411/10 nicht ausreichend gewesen, da sich diese ausdrücklich nur auf das dortige Verfahren bezogen habe.

So hatte die B Gesundheitskasse mit Schreiben vom 08.11.2010 ebenfalls die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen einer Forderung in Höhe von 1.770,54 Euro über das Vermögen des Schuldners gestellt (Az.: 91 IN 411/10). Insoweit wurde dem Schuldner mit gerichtlichem Schreiben vom 18.11.2010 mitgeteilt worden, dass er auf seinen Antrag hin Restschuldbefreiung erlangen könne, wenn er binnen einer Frist von zwei Wochen selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantrage. Dieses Verfahren wurde letztlich übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Völlig zu Recht hat das Insolvenzgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Restschuldbefreiung zurückgewiesen.

Gemäß § 287 InsO setzt der Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung weiterhin einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus. Wird ein solcher Eigenantrag nicht gestellt, so hat das Gericht gemäß § 20 Abs. 2 InsO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und der Schuldner hat binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises den Eigenantrag nachzuholen, § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO. Im vorliegenden Fall hatte der Schuldner seinen Antrag auf Restschuldbefreiung mit einem Eigenantrag verbunden und beide gemeinsam in der Gläubigerversammlung vom 01.08.2011 gestellt. Zutreffend hat das Insolvenzgericht jedoch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer am 01.08.2011 keinen zulässigen Eigenantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung stellen konnte. Denn nach Eröffnung des Verfahrens aufgrund eines Gläubigerantrages ist ein Eigenantrag nicht mehr zulässig (vgl. BGH NJW 2005, 1433-1434).

Nichts anderes ergibt sich vorliegend aus der Hinweispflicht gemäß § 20 Abs. 2 InsO.

Zwar soll der Schuldner, der - wie der Beschwerdeführer - eine natürliche Person ist, im Falle der Insolvenzantragstellung gemäß § 20 Abs. 2 InsO auch bei Fremdanträgen darauf hingewiesen werden, dass er nach Maßgabe der §§ 286 bis 303 Restschuldbefreiung erlangen kann. Zutreffend ist auch, dass der Beschwerdeführer weder im Zusammenhang mit der Zustellung des Insolvenzantrages der L (91 IN 415/11) noch mit der Zustellung des Insolvenzantrages der U-krankenkasse (91 IN 53/11) einen solchen Hinweis erhalten. Zutreffend hat das Insolvenzgericht indes darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer mit der Zustellung des Insolvenzantrages der B Gesundheitskasse (91 IN 411/10) einen entsprechend formgerechten Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 InsO erhalten hat. Dies ist ausreichend. Denn der Hinweis nach § 20 Abs. 2 InsO ist entbehrlich, wenn entweder bereits ein zulässiger Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung einschließlich der ordnungsgemäßen Abtretungserklärung vorliegt oder aber, wenn der Schuldner aus Anlass eines noch anhängigen Eröffnungsantrags bereits ordnungsgemäß belehrt worden ist (vgl. Schmahl in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2007, § 20 Rn 95). Maßgeblich Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein entsprechender Hinweis in einem noch anhängigen Verfahren erteilt wurde, ist der der richterlichen Verfügung, aufgrund welcher der Insolvenzantrag zugestellt werden soll. Dies jedenfalls dann, wenn die Zustellung - wie hier - zeitnah erfolgt. Dies bereits deshalb, weil die rechtliche Prüfung, ob eine weitere Belehrung zu erfolgen hat lediglich  im Zeitpunkt der Zustellungsverfügung sinnvoll geprüft werden kann. Insbesondere aus den Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit verbietet sich eine rechtliche Beurteilung ex post. Im Zeitpunkt der Fertigung der richterlicher Verfügung über die Zustellung des Insolvenzantrages der L (91 IN 415/11) am 23.11.2010 war der Eröffnungsantrag der B Gesundheitskasse noch anhängig. Denn erst mit dem Schreiben der B Gesundheitskasse vom 03.12.2010, welches zudem erst am 06.12.2010 beim Insolvenzgericht einging, wurde jenes Verfahren für erledigt erklärt.

Gegenstandswert: 4.000,00 Euro.