VG Köln, Urteil vom 09.12.2011 - 27 K 7089/09
Fundstelle
openJur 2012, 83649
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26. Oktober 2009 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009 verpflichtet, dem Kläger Beihilfe in der gesetzlichen Höhe zu den Aufwendungen für die Implantation eines Schwellkörper-Implantates zu gewähren.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der 1954 geborene beihilfeberechtigte Kläger beantragte mit Schreiben vom 31. August 2009 bei der Wehrbereichsverwaltung West als zuständiger Beihilfestelle eine Kostenübernahmeerklärung für die geplante stationäre Behandlung zur Implantation einer Schwellkörper- Prothese. Er fügte einen Befundbericht der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf bei, nach der er nach einer radikalen Prostatektomie im Jahr 2007 unter einer erektilen Dysfunktion leidet. Nachdem verschiedene Therapieversuche (SKAT, MUSE, selbst gekaufte Vakuumpumpe, drei verschiedene PDF-5-Inhibitoren, Erprobung des "Kieler Modells" für ein Jahr) zu keiner Besserung geführt hätten, werde der Kläger für ein Schwellkörperimplantat vorgeschlagen.

Die Beihilfestelle lehnte eine Kostenübernahmeerklärung mit der Begründung ab, dass die Aufwendungen für die geplante Behandlung der Erektionsstörung mit einem Schwellkörper-Implantat nicht beihilfefähig seien. Auch der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos.

Vom 08. bis 13. Oktober 2009 wurde der Kläger im Universitätsklinikum Freiburg stationär behandelt und ihm ein 3-Komponenten-Schwellkörperimplantat eingesetzt. Für diese Operation und den stationären Krankenhausaufenthalt wurden ihm insgesamt 8.683,30 EUR in Rechnung gestellt.

Unter dem 21. Oktober 2009 beantragte der Kläger, ihm zu diesen Aufwendungen Beihilfe zu gewähren. Dies lehnte die WBV West mit Bescheid vom 26. Oktober 2009 ab, weil Aufwendungen für Erektionshilfen - hier das Schwellkörperimplantat - nach der Anlage 6 zu § 25 BBhV nicht beihilfefähig seien.

Am 27. Oktober 2009 hat der Kläger zunächst gegen die abgelehnte Kostenübernahmeerklärung Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Das Schwellkörperimplantat sei als Körperersatzstück und Medizinprodukt nicht von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Es ersetze die Schwellkörper, die bei ihm infolge einer Prostatektomie nach der Erkrankung an einem Prostatakarzinom funktionslos geworden seien. Es sei auch nicht mit den Hilfsmitteln, die in der Anlage 6 zu § 25 BBhV genannt seien, vergleichbar, insbesondere nicht mit den dort genannten Erektionshilfen wie Vakuumpumpen oder Stauringen. In dem Anhang würden ausschließlich Produkte genannt, die außerhalb des Körpers zur Selbstbehandlung und Erleichterung des täglichen Lebens dienten. Keines der dort aufgeführten Produkte setze einen operativen Eingriff voraus. Die Schwellkörper-Prothese hingegen sei mit anderen Implantaten vergleichbar, wie z.B. künstlichen Gelenken, Stens oder Brustimplantaten zum Wiederaufbau der Brust nach einer Brustkrebserkrankung. Sie diene dazu, eine der Erkrankungen zu lindern, unter denen er nach der erfolgten Prostatektomie leide (erektile Dysfunktion und zeitlich begrenzte Inkontinenz) und die zu einem anerkannten Grad der Behinderung von 100% geführt hätten. Nach einer Information der Beihilfestelle vom Februar 2009 würden Aufwendungen für Medizinprodukte im gleichen Umfang erstattet wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Die gesetzlichen Krankenkassen erstatteten bei medizinischer Indikation die Kosten für Schwellkörper-Implantate. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit einer Schwellkörper-Prothese stelle im Óbrigen im Vergleich zur Erstattungsfähigkeit von Brustimplantaten eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

Nachdem die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung der Beihilfegewährung mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2009 unter Hinweis auf den Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Erektionshilfen nach Anlage 6 zu § 25 BBhV zurückgewiesen hatte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. November 2009 (bei Gericht eingegangen am 23. November 2009) die Klage gegen diese Ablehnung der Beihilfegewährung gerichtet.

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung streitig zur Ablehnung der Beihilfegewährung verhandelt.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheids vom 26. Oktober 2009 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2009 zu verpflichten, ihm Beihilfe in der gesetzlichen Höhe zu den Aufwendungen für die Implantation eines Schwellkörper-Implantates zu gewähren.

Die Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Hefte) ergänzend Bezug genommen

Gründe

Die Klage, die nach einer einvernehmlichen und damit nach § 91 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässigen Klageänderung nunmehr gegen die Ablehnung der Beihilfegewährung gerichtet ist, ist begründet.

Soweit der Beihilfebescheid vom 26. Oktober 2009 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 12. November 2009 die Beihilfegewährung abgelehnt haben, sind sie rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat gemäß § 80 Abs. 2 Bundesbeamtengesetzes (BBG) i.V.m. den Regelungen der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vom 13. Februar 2009 in der ab 15. Februar 2009 geltenden Fassung (BGBl I 326) Anspruch darauf, dass ihm Beihilfe in der gesetzlichen Höhe zu den Aufwendungen gewährt wird, die für die Implantation einer Schwellkörperprothese im Oktober 2009 entstanden sind.

Nach § 80 Abs. 2 BBG und § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen u.a. in Krankheits- und Pflegefällen und zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten oder Behinderungen beihilfefähig. Gemäß § 25 Abs. 1 BBhV sind Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind die in Anlage 5 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen (Positivkatalog). Nach § 25 Abs. 2 BBhV sind Aufwendungen für solche Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nicht beihilfefähig, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen oder einen niedrigen Abgabepreis haben, der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder in Anlage 6 genannt sind (Negativkatalog).

Die Aufwendungen für die Versorgung des Klägers mit einer Schwellkörperprothese sind nach § 25 Abs. 1 BBhV beihilfefähig.

Die dem Kläger implantierte Schwellkörperprothese dient dazu, den Erfolg der Behandlung seiner erektilen Dysfunktion zu sichern und einer drohenden Behinderung (Vollständiger Verlust der Erektionsfähigkeit, Unmöglichkeit des Geschlechtsverkehrs) vorzubeugen.

Die erektilen Dysfunktion, an der der Kläger nach einer Prostasektomie leidet, ist eine behandlungsbedürftige Krankheit i.S.d. Beihilferechts. Der Begriff der Krankheit ist - ebenso wie zahlreiche andere Begriffe - im Beihilferecht nicht ausdrücklich geregelt. Es kann das sozialversicherungsrechtliche Verständnis des Begriffs und die hierzu ergangene Rechtsprechung sinngemäß herangezogen werden.

So Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 04. November 2008 - 2 B 19/08 -, juris, Rz. 4; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 24. Januar 2011 - 1 A 527/08 -, juris, Rz. 42 ff jeweils m.w.N.;

Danach ist unter "Krankheit" ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Eine Krankheit liegt aber nur vor, wenn der Betroffene in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt ist oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Diese Voraussetzungen liegen bei einer erektilen Dysfunktion jedenfalls dann vor, wenn sie - wie bei dem im Zeitpunkt der Operation 55-jährigen Kläger - nicht als altersbedingte und alterstypische Minderung der Physis anzusehen ist.

Vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 10. Mai 2005 - B 1 KR 25/03 R -, juris, Rz. 14 m.w.N. ; Urteil vom 30. September 1999 - B 8 KN 9/98 KR R-, juris, Rz. 14 ff; LSG NRW, Urteil vom 03. März 2005 - 5 KR 169/04 -, juris Rz. 16

Diese Krankheit sollte und konnte durch Implantierung von künstlichen Schwellkörpern gelindert werden. Durch das Implantat ist es zumindest zeitweise möglich, das Funktionsdefizit der Schwellkörper zeitweise zu beseitigen und damit die erektile Dysfunktion zu "lindern".

BSG, Urteil vom 10. Mai 2005 - B 1 KR 25/03 R -, juris Rz. 15

Darüber hinaus konnte durch diese Versorgung auch einer drohenden Behinderung vorgebeugt werden. Soweit nämlich die Beeinträchtigung der erektilen Funktion nicht durch eine Behandlung behoben und der Geschlechtsverkehr überhaupt nicht durchgeführt werden kann, liegt darin eine Behinderung, die mit einem Einzel-GdB mit 20 angesetzt werden kann.

BSG, Beschluss vom 15. Juli 2004 - B 9 SB 46/03 B -, juris Rz. 8

Die Versorgung des Klägers mit Schwellkörperimplantaten dient dazu, zeitweilig die Auswirkungen der erektilen Dysfunktion zu beheben und ihm den Geschlechtsverkehr zu ermöglichen, so dass die Funktionsbeeinträchtigung zumindest zeitweise behoben wird.

Die dem Kläger implantierte Schwellkörperprothese stellt ein Körperersatzstück und kein Hilfsmittel nach § 25 Abs. 1 BBhV dar. Weder der Begriff des Hilfsmittels noch der des Körperersatzstücks werden in der Bundesbeihilfeverordnung ausdrücklich geregelt. Nach der allgemeinen "Definition" in § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV zeichnet beide aus, dass Grund für den Einsatz eines Gegenstands die Krankenbehandlung/ drohende Behinderung/ Behinderung sein muss und mit diesem Einsatz der Zweck verfolgt wird, den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine eingetretene Behinderung auszugleichen. Nach allgemeinem Verständnis des Begriffs "Körperersatzstück" (Synonym: Prothese) als

"aus körperfremdem, unbelebtem Material hergestelltes "Ersatzstück" zur möglichst vollkommenen Substitution eines Körperteils in Form u./oder Funktion (d.h. einschl. elektronischer Hör-, Seh- u. Sprechhilfen); unterschieden als Ekto- u. Endoprothese (=extra- bzw. intrakorporale Prothesen); i.e.S. das eigen- (z.B. kinematisch) oder fremdtätig (myoelektrisch, pneumatisch) bewegte Kunstglied (Arm-, Ober-, Unterschenkel-P. etc.)" (www.jameda.de/gesundheitslexikon/prothese)

bzw.

Ersatz von Gliedmaßen, Organen oder Organteilen durch künstlich geschaffene, funktionell ähnliche Produkte. Befindet sich die Prothese außerhalb des Körpers, spricht man von einer Exoprothese (wie z. B. bei künstlichen Gliedmaßen, Arm-, Bein- oder Handprothese), andernfalls von einer Endoprothese oder einem Implantat" (http://de.wikipedia.org/wiki/Prothese)

fällt die Schwellkörperprothese unter diese Begriffsbestimmung. Sie ist ein aus körperfremdem Material hergestelltes "Ersatzstück" für die körpereigenen Schwellkörper, die bei der OP entfernt werden, und ersetzt die ausgefallene Körperfunktion der natürlichen Schwellkörper (Erektionsfähigkeit des Penis). Für die Einordnung der Schwellkörper-Prothese als Körperersatzstück spricht auch, dass in der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Orthopädieverordnung - OrthV) nach § 2 u.a. künstliche Glieder, Gesichtsersatzstücke mit und ohne Brille, künstliche Augen und Mammaprothesen (Brustprothesen) als Körperersatzstücke geliefert werden. Wenn aber Mammaprothesen als Körperersatzstücke erfasst werden, obwohl sie zwar das entfernte Brustgewebe, nicht aber die Funktion der Brust ersetzen können, muss dies erst Recht für das Schwellkörperimplantat gelten, das gerade auch die ausgefallene Funktion der natürlichen Schwellkörper ersetzten soll.

A.A. wohl LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21. Juli 2007 - L 5 KR 56/06-, juris Rz. 21, das eine Schwellkörper-Prothese für das Krankenversicherungsrecht als "Hilfsmittel" bewertet

Die Versorgung des Klägers mit den Implantaten war auch zur Behandlung der Krankheit bzw. zur Vorbeugung einer Behinderung erforderlich. Ob eine Behandlung erforderlich ist, richtet sich regelmäßig nach der Beurteilung des behandelnden Arztes.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801.

Im Regelfall ergibt sich die Erforderlichkeit aus der ärztlichen Verordnung und bedarf keiner näheren Prüfung durch die Festsetzungsstelle (vgl. Nr. 25.1.4. der VV zu § 25 BBhV). Dem behandelnden Arzt kommt bei der Beurteilung die Bedeutung eines sachverständigen Zeugen zu.

BSG, Beschluss vom 04. November 2008 -2 B 19/08 -, juris, Rz. 12

Dass die Versorgung des Klägers mit einem Schwellkörperimplantat in diesem Sinn erforderlich war, ergibt sich aus dem Befundbericht des Prof. Dr. T. des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Nach den Ausführungen war diese Behandlung medizinisch indiziert, nachdem alle anderen Therapieversuche (SKAT, MUSE, selbst gekaufte Vakuumpumpe, drei verschiedene PDF-5-Inhibitoren, Erprobung des "Kieler Modells" für ein Jahr) zu keiner Besserung der erektilen Dysfunktion geführt hatten. Die Erforderlichkeit der Versorgung wird von der Beklagten im Óbrigen auch nicht bestritten.

Die Aufwendungen für die Versorgung des Klägers mit der Schwellkörperprothese waren auch wirtschaftlich angemessen. Die Abrechnung für die ärztliche Leistung erfolgte über die DRG (Diagnosis Related Groups, deutsch Diagnosebezogene Fallgruppen) "M03C" ("Eingriffe am Penis"), die Abrechnung für die Kosten des Implantats über den Zusatzentgelt-Katalog Nr. ZE 58, also entsprechend den Fallpauschalen, wie sie zwischen Krankenhäusern und den gesetzlichen Krankenkassen für eine derartige Behandlung vereinbart worden sind. Bei einer medizinischen Notwendigkeit - wie sie hier festgestellt worden ist - übernimmt die Gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für Schwellkörper-Implantate.

Auszug aus "Kodierung und Abrechnung von DRGs, Stand: 2011"

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Beihilfefähigkeit auch nicht durch § 25 Abs. 2 BBhV i.V.m. Anhang 6 (Negativkatalog) ausgeschlossen.

Zum einen erfasst der Ausschluss in § 25 Abs. 2 BBhV und dem dazu ergangenen Anhang 6 seinem Wortlaut nach nur Hilfsmittel, nicht aber Körperersatzstücke, die generell unter Anhang 5 der BBhV fallen und beihilfefähig sind. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 25 Abs. 1 Satz 3 und Absatz 2 BBhV beschränken sich diese Regelungen auf Hilfsmittel.

Vgl. auch Óberschrift zu Anhang 5 im Unterschied zur Óberschrift zu Anhang 6.

Zum andern knüpft der Ausschluss bestimmter Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle von der Beihilfefähigkeit an Sachgesetzlichkeiten an, die im gesamten Beihilfesystem angelegt sind. Wie § 25 Abs. 2 BBhV zeigt, sollen solche Gegenstände ausgeschlossen werden, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben, einen niedrigen Preis haben oder der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind. Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Dienstherr nicht verpflichtet ist, den Beamten von sämtlichen Behandlungskosten im Krankheitsfall freizustellen, beruht dieser Ausschluss damit auf der Wertung, dass solche Gegenstände in der Regel - also bei grundsätzlich zulässiger Typisierung - mit finanziellen Aufwendungen beschafft werden können, die dem Beamten/Versorgungsempfänger ohne beihilferechtlichen Ausgleich zugemutet werden können oder generell dem Bereich der Lebensführung zugerechnet werden müssen, der von den Bezügen im Rahmen der allgemeinen Alimentation bzw. Versorgung abgedeckt ist und finanziert werden muss. Keiner dieser Gründe rechtfertigt den Ausschluss von Aufwendungen für ein Schwellkörper-Implantat von der Beihilfefähigkeit. Der therapeutische Nutzen ist soweit ersichtlich weder umstritten noch gering. Die Anschaffungskosten sind hoch (ca. 5.000 - 6.500,- EUR). Es gehört auch nicht zu den Gegenständen, die der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind. Hierzu gehören solche Gegenstände wie die in Anhang 6 aufgeführten, die weit verbreitet sind und auch von Gesunden zur Vorbeugung einer Erkrankung, Erhöhung des Wohlbefindens, oder sogar ohne Bezug zu einer Krankheit zu Erleichterung des täglichen Lebens eingesetzt werden.

Vgl. zur Definition OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. November 2008 - 5 LA 98/08 -, juris, Rz. 16;

Vor diesem Hintergrund kann das Schwellkörper-Implantat insbesondere nicht als "Erektionshilfe" i.S.d. Anhangs 6 gewertet werden. Zwar ist auch das Schwellkörper-Implantat nach seiner Funktion eine "Erektionshilfe". Während die in Anhang 6 genannten Hilfsmittel jedoch äußerlich angewendet werden können, erfordert eine Schwellkörper-Prothese einen größeren chirurgischen Eingriff, der mit der vollständigen, mechanischen Zerstörung der Corpora cavernosa (Schwellkörper) verbunden und irreversibel ist. Entsprechend ist dieser Eingriff erst nach dem Versagen aller konservativen Behandlungsmöglichkeiten medizinisch indiziert. Die "Anwendung" dieses Mittels ist also - anders als die in der Anlage 6 genannten Gegenstände - immer mit einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit verbunden und unterscheidet sich damit grundlegend von jenen Mitteln.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.