OLG Hamm, Urteil vom 24.11.2011 - I-28 U 196/10
Fundstelle
openJur 2012, 83347
  • Rkr:

1. Klagt eine (nicht existente) Einmann-GbR, ist die falsche Parteibezeichnung regelmäßig dahingehend zu berichtigen, dass der betreffende „Einpersonengesellschafter“ richtige Partei des Rechtsstreits ist.

2 . Vereinbaren zwei Rechtsanwälte in einem Untermietvertrag über Kanzleiräume, dass für den Fall unüberbrückbarer Differenzen zunächst eine Schlichtung durch die zuständige Anwaltskammer versucht werden soll, kann die auf Zahlung rückständiger Untermiete gerichtete Klage trotz unterbliebener Schlichtung durch die Anwaltskammer zulässig sein, wenn in zweiter Instanz ein richterlicher Mediationsversuch unternommen worden ist.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21. Oktober 2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - teilweise abgeändert.

Der Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 10.982,60 € zu zahlen nebst Zin-sen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus

1.071 € seit dem 6. Oktober 2009,

weiteren 1.071 € seit dem 6. November 2009,

weiteren 1.071 € seit dem 4. Dezember 2009,

weiteren 1.071 € seit dem 6. Januar 2009,

weiteren 700 € seit dem 4. Februar 2010,

weiteren 700 € seit dem 4. März 2010,

weiteren 5.298,60 € seit dem 15. April 2010.

Der Beklagte bleibt weiter verurteilt, an den Kläger 546,67 € zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien, die beide Rechtsanwälte sind, streiten um Zahlungsansprüche aus einem zwischen ihnen geschlossenen Untermietvertrag und um die Auskehrung von Mandantengeldern.

Der Kläger ist ein auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts, u.a. Hochschulzulassungsrecht, tätiger Rechtsanwalt. In seiner Kanzlei, die in gemieteten Kanzleiräumen betrieben wird, sind außer ihm zwei angestellte Rechtsanwälte tätig. Der Kläger beauftragte den beklagten Rechtanwalt, ausstehende Honorarforderungen für ihn einzuziehen. Der Beklagte trat seinerseits im Wesentlichen nur nach außen auf und gab die Arbeiten an seinen für ihn tätigen Sohn weiter, der das Studium der Rechtswissenschaften nicht beendet hat. Streitig ist, ob der Kläger und der Beklagte, vertreten durch seinen Sohn, Anfang September 2007 vereinbarten, dass der Kläger keinen Vorschuss entrichten müsse und im Gegenzug vom Beklagten vereinnahmte Gelder aus Gebührenklagen zuerst auf vom Beklagten verauslagte Fremdkosten und sodann auf ihm entstandene Anwaltsgebühren zu verrechnen seien, einschließlich der Möglichkeit der Querverrechnung.

Im Jahr 2008 suchte der Beklagte neue Kanzleiräume. Der durch seinen Sohn vertretene Beklagte schloss am 26. Juni 2008 einen bis Ende 2010 befristeten Untermietvertrag mit dem Kläger. Als Nettomiete vereinbarten sie 700 € monatlich. Zuzüglich Nebenkosten und eines sog. "Dienstleistungsentgelts" für die Inanspruchnahme von Kanzleieinrichtungen vereinbarten sie ein Bruttoentgelt von monatlich 1.071 €.

§ 2 Abs. 5 des Untermietvertrags sieht ein Sonderkündigungsrecht des Beklagten vor, wonach der Beklagte das Untermietverhältnis vorzeitig mit einer Frist von sechs Monaten beenden kann, wenn er nicht mehr in der Lage sei, seinen Beruf als Anwalt auszuüben. § 2 Abs. 6 des Untermietvertrages enthält eine Schlichtungsklausel. Diese lautet:

"Für den Fall unüberbrückbarer Differenzen soll zunächst eine Schlichtung durch die zuständige Anwaltskammer versucht werden".

§ 7 Abs. 2 Satz sieht ein Aufrechnungsverbot vor:

"Aus Gründen der Übersichtlichkeit und strikten Trennung eigener Miet- und Mandantensachen ist jegliche Aufrechnung der Untermiete (samt Nebenkosten etc.) mit etwaigen Gegenforderungen des Untermieters aus der anwaltlichen Betreuung von Gebührenklagen des Hauptmieters ausgeschlossen".

Ab Oktober 2009 entrichtete der Beklagte keine Untermiete mehr. Am 3. November 2009 erklärte er, das Untermietverhältnis zu beenden. Mit Schreiben vom 25. Januar 2010 erklärte der Kläger die fristlose Kündigung des Untermietvertrags. Der Beklagte verließ die gemieteten Räume im Januar 2010. Er rechnete nicht über die von ihm bzw. seinem Sohn bearbeiteten Honorarmandate ab.

Der Beklagte focht den Untermietvertrag mit Schreiben vom 9. Februar 2010 wegen vermeintlicher arglistiger Täuschung an, und machte geltend, dass der Kläger die mit der eigenen Vermieterin vereinbarte Miete nicht "eins zu eins" weitergegeben habe.

Der Kläger, der seine Kanzlei als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ansah, erwirkte im April 2010 einen Mahnbescheid über ausstehende Untermiete für vier Monate von Oktober 2009 bis Januar 2010 sowie Schadensersatz für die Monate Februar und März 2010, insgesamt 6.426 € (4.284 € Miete und 2.142 € Schadensersatz). Darüber hinaus verlangte der Kläger (als Mandant des Beklagten) Auszahlung von 3.228 und 2.020,60 € aus zwei vom Beklagten für den Kläger wahrgenommenen Gebührenmandaten. Der Beklagte hat sich unter anderem damit verteidigt, indem er mit eigenen (vermeintlich offenen) Gebührenforderungen gegen den Kläger die Aufrechnung erklärt hat, insgesamt 5.573,66 €.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung wiederholt der Beklagte seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht im Wesentlichen geltend: Die Klage sei ohne den Versuch einer gütlichen Einigung durch Anrufung der Rechtsanwaltskammer I derzeit unzulässig. Er meint ferner, dass der Untermietvertrag wegen der Arglistanfechtung unwirksam sei. Er behauptet, zwischen den Parteien sei im Dezember 2007 vereinbart worden, dass von ihm vereinbarte Gelder aus Gebührenklagen zuerst auf verauslagte Kosten und sodann auf ihm entstandene Anwaltsgebühren zu verrechnen seien.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 21. Oktober 2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er weist darauf hin, dass der Beklagte seine Gebühren in den von ihm wahrgenommenen Mandaten bereits von den jeweiligen Verfahrensgegnern erhalten hat.

Ein richterliches Mediationsverfahren in zweiter Instanz ist ohne Erfolg geblieben.

Der Senat hat die Parteien persönlich gehört, den Sohn des Beklagten sowie seine frühere Kanzleiangestellte als Zeugen vernommen sowie die Beiakten 58 C 58/08 - AG Paderborn, 2 C 197/07 - AG Ludwigshafen und 18 O 276/06 - LG Bochum beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Sitzungsprotokoll sowie den Berichterstattervermerk zum Senatstermin Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist überwiegend unbegründet.

A. Die Klage ist zulässig.

1. a) Allerdings hat sich der Kläger zu Unrecht als Gesellschaft bürgerlichen Rechts angesehen. Die beiden anderen auf dem Briefkopf genannten Rechtsanwälte sind keine Sozien, sondern lediglich bei ihm angestellte Anwälte. Eine Einmann-GbR gibt es nicht, denn § 705 BGB verlangt mindestens zwei Gesellschafter ("…verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig…"; siehe Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 705 Rn. 1; BeckOK-BGB/Schöne, Stand März 2011, § 705 Rn. 51; Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl., § 705 Rn. 23; differenzierend Rn. 16: jedenfalls nicht bei der Gründung). Soweit bei anderen Gesellschaftsformen Einpersonengesellschaften zulässig sind, ist dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 1 GmbHG und § 2 Abs. 1 AktG).

Es ändert nichts, dass bei etwaigen Regressansprüchen von Mandanten von einer Anscheinssozietät auszugehen wäre. Dies beruht auf Besonderheiten des Anwaltshaftungsrechts. Die Rechtsfigur der Scheinsozietät dient allein dazu, im Interesse der Mandantschaft um deren Vertrauensschutzes willen unter Haftungsgesichtspunkten auf den erweckten Anschein abzustellen (BGH, Urteil vom 16. April 2008 - VIII ZR 230/07, NJW 2008, 2330, Rn. 10, m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt kommt im Aktivprozess des Anwalts nicht zum Tragen.

b) Die falsche erstinstanzliche Parteibezeichnung ist - auch in der Rechtsmittelinstanz (MünchKomm-ZPO/Lindacher, 3. Aufl., Vor §§ 50 ff. Rn. 21) - durch Rubrumsberichtigung in die richtige Bezeichnung dahingehend zu ändern, dass der Kläger die richtige Partei ist. Die Bezeichnung der Partei allein ist für die Parteistellung nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, Urteile vom 24. November 1980 - VII ZR 208/79, NJW 1981, 1453, unter III 2 a; vom 16. Mai 1983 - VIII ZR 34/82, NJW 1983, 2448, unter II 1 a; vom 27. November 2007 - X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582, Rn. 7; vom 10. März 2011 - VII ZR 54/10, NJW 2011, 1453, Rn. 11). Das ist im Fall der Klage einer Einmann-GbR mit unzweifelhafter Deutlichkeit der betreffende "Einpersonengesellschafter". Dies ist vorrangig eine Frage der Auslegung, die vorliegend aufgrund hinreichender objektiver Umstände dahingehend begründet ist (zur Auslegung: Musielak/Weth, ZPO, 8. Aufl., § 50 Rn. 7). Es handelt sich nicht um den Fall einer nichtexistenten, sondern um den einer falsch bezeichneten Partei.

c) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 31. Mai 2010 (II ZB 9/09, NJW 2010, 3100). Dies Entscheidung hat lediglich zum Gegenstand, dass das Rechtsmittel einer nicht existenten GbR (hier: zweigliedrige GbR nach Ausscheiden eines Gesellschafters) zulässig ist. Es geht nicht um die im vorliegenden Fall maßgebliche Frage der Abgrenzung von Parteiwechsel und Rubrumsberichtigung.

Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 (BGHZ 146, 341) lässt sich ebenfalls nichts zugunsten des Beklagten herleiten. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof sich mit Grundfragen der Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts befasst, jedoch nicht mit der Auslegung der Parteibezeichnung.

d) Es kommt daher nicht darauf an, dass sich ein Parteiwechsel auf Klägerseite im Allgemeinen nach den Regeln über die Klageänderung vollzieht, und zwar auch in zweiter Instanz, wobei die fehlende Zustimmung des Beklagten nicht schadet, wenn das Gericht den Parteiwechsel als sachdienlich zulässt (BGH, Urteil vom 27. Juni 1996 - IX ZR 324/95, NJW 1996, 2799, unter II 1; siehe auch BGHZ 65, 264, 268; BGHZ 155, 21, 25; MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl., § 263 Rn. 74; Lindacher, LMK 2010, 307931), wofür im vorliegenden Fall freilich alles spricht.

2. Die vom Beklagten erhobene Einrede des unterbliebenen Schlichtungsversuchs steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Die Erfolglosigkeit eines vorherigen Güteversuches stellt keine von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung dar; vielmehr ist eine Schlichtungsklausel vom Gericht nur dann zu beachten, wenn sich eine Partei auf sie beruft (§ 1032 ZPO analog; BGH, Urteil vom 18. November 1998 - VIII ZR 344/97, NJW 1999, 647, unter 3b). Dies führt ggf. zu einem vorläufigen Ausschluss der Klagbarkeit. Zwar beruft der Beklagte sich hier auf die vereinbarte Schlichtungsklausel. Dies bleibt jedoch aufgrund der nachfolgend aufgeführten Gesamtumstände ohne Erfolg.

a) Die von den Parteien vereinbarte Schlichtungsklausel ist eine Sollbestimmung, keine Mussbestimmung. Zudem ist nicht davon die Rede, dass eine erfolglose Schlichtung Prozessvoraussetzung ist. In den beiden vom Beklagten angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs lag es anders. Im Fall, der dem Urteil des BGH vom 23. November 1983 (VIII ZR 197/82, NJW 1984, 669) zugrunde lag, sah die Schlichtungsklausel vor, dass die Schlichtungsinstanz "in jedem Fall" angerufen werden soll. In dem Fall, der dem Urteil des BGH vom 18. November 1998 (aaO) zugrunde lag, war als Rechtsfolge der unterbliebenen Schlichtung - anders als hier - ausdrücklich vereinbart, dass ein unterbliebener Schlichtungsversuch zur Unzulässigkeit der Klage führt.

b) Der Berufung auf die Schlichtungsvereinbarung kann zudem der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegenstehen (BGH, Urteil vom 18. November 1998, aaO). Dieser Gesichtspunkt kommt auch im vorliegenden Fall zum Tragen. Beide Parteien haben sich in zweiter Instanz einverstanden erklärt, einen richterlichen Mediationsversuch zu unternehmen. Die Mediation ist nach Durchführung eines Mediationsgesprächs gescheitert. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass einer Schlichtung bei der Rechtsanwaltskammer Erfolg beschieden gewesen wäre. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die richterliche Mediation nicht weniger vertraulich als die anwaltliche. Daher ist es dem Kläger nicht zumutbar, ihn an der Schlichtungsklausel festzuhalten. Darin ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte den Kläger als "Ein-Mann-GbR" angesehen haben mag. Schon der als Zeuge vernommene Sohn des Beklagten hat bei seiner Vernehmung durch den Senat bekundet, dass bereits während der laufenden Zusammenarbeit mit dem Kläger fraglich war, ob es eine GbR gibt.

c) Zwar gibt es Fallgestaltungen, in denen ein Schlichtungsverfahren bereits vor Klageerhebung durchgeführt sein muss und nicht nachgeholt werden kann. Dies setzt voraus, dass dies besonders angeordnet bzw. vereinbart ist. So bestimmt § 15a EGZPO, dass die Erhebung einer Klage in näher bestimmten Fällen erst zulässig, wenn eine Gütestelle angerufen worden ist. Ein Einigungsversuch kann daher im Anwendungsbereich der vorgenannten Bestimmung nicht nach Klageerhebung nachgeholt werden (BGHZ 161, 145). Eine vergleichbare Bestimmung haben die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits jedoch nicht getroffen.

B. Die Klage ist überwiegend begründet.

1. a) Der Anspruch des Klägers folgt im Hinblick auf rückständige Untermiete für die vier Monate Oktober 2009 bis Januar 2010 aus § 535 Abs. 2 BGB.

b) Für die Monate Februar und März 2010 folgt der Anspruch aus § 546a Abs. 2, § 286 BGB. Der Vermieter, der sich durch vertragswidriges Verhalten seines Mieters zur Kündigung genötigt sieht, hat Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gemäß § 546a Abs. 2 BGB (BGH, Urteile vom 16. Februar 2005 - XII ZR 162/01, NZM 2005, 340; vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 379/03, WuM 2004, 542). Diese Bestimmung kommt auch im Verhältnis des Mieters zu seinem Untermieter zum Tragen (Palandt/Weidenkaff, aaO, § 540 Rn. 18, m.w.N.). Zum Kündigungsfolgeschaden gehört auch der Mietausfall. Der Mieter hat dem Vermieter im Rahmen eines befristeten Mietverhältnisses auch den Schaden zu ersetzen, der dem Vermieter dadurch entsteht, dass ihm die Miete für die vereinbarte Mietzeit entgeht (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 10. Aufl., § 542 Rn. 106; Sternel, Mietrecht akuell, 4. Aufl., Rn. XII 192, jew. m.w.N.). Der Mietausfall ist allerdings ohne Umsatzsteuer zu ersetzen (BGH, Urteil vom 23. April 2008 - XII ZR 136/05, juris; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 546a Rn. 17). Der Kläger kann auch keine Nebenkostenerstattung und auch kein Dienstleistungsentgelt mehr verlangen, lediglich die Nettomiete in Höhe von monatlich 700 €.

c) Der Kläger kann aus dem Untermietverhältnis daher 5.684 € beanspruchen (4 x 1.071 € = 4.284 €; 2 x 700 € = 1.400 €).

d) Der Beklagte hat den Untermietvertrag nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten (§ 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB).

aa) Zwar behauptet der Beklagte, gegenüber seinem Sohn habe der Kläger habe erklärt, dass er nur die mit der Hauptvermieterin vereinbarte Miete an den Beklagten weitergebe. Der Beklagte hat hierzu seinen Sohn als Zeugen angeboten. Dieser hat die Behauptung des Beklagten im Rahmen der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt (§ 286 Abs. 1 ZPO). Der Sohn des Beklagten hat bekundet, dass ihm der Kläger bei den Vertragsverhandlungen über den Untermietvertrag erklärt habe, es sei "zum Teil ungeklärt", was er selbst an die Hauptvermieterin entrichte. Dies ist im Zusammenhang mit dem vom Kläger an seine Hauptvermieterin zusätzlich zur Miete zu entrichtenden Baukostenzuschuss zu sehen. Daraus folgt, dass der Kläger dem Beklagten, vertreten durch dessen Sohn, keine exakten Angaben über die Höhe der Hauptmiete machen wollte.

bb) Zudem hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die behauptete Mitteilung des Klägers, er gebe nur die Hauptmiete weiter, nicht ursächlich für den Entschluss des Beklagten gewesen ist, den Untermietvertrag abzuschließen. Ein Anscheinsbeweis zugunsten des Beklagten greift insoweit nicht ein. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der ursächliche Zusammenhang zwischen Täuschung und Vertragsabschluss nicht mittels Anscheinsbeweises festgestellt werden kann (BGH, Urteil vom 20. November 1995 - II ZR 209/94, BGHR BGB § 123 Abs. 1 Kausalität 4). Für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung genügt es allerdings, dass der Getäuschte Umstände dartut und gegebenenfalls beweist, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die Fehlvorstellung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat (BGH, Urteil vom 23. Mai 2001 - VIII ZR 51/00, BGHR BGB § 123 Abs. 1 Kausalität 5).

Daraus kann der Beklagte aber nichts zu seinen Gunsten herleiten. Die Quadratmetermiete mag höher gewesen sein als am früheren Standort des Beklagten. Allerdings profitierte der Beklagte in anderer Weise von dem Untermietverhältnis. Der Kläger übertrug ihm nach eigenen Angaben eine "Vielzahl von Anwaltsmandaten". Dadurch war der Beklagte nach eigener Darstellung dem Kläger "eng verbunden". Ein eigener Kanzleisitz unter dem Dach des Klägers hatte somit nicht unbeträchtliche Vorzüge für den Beklagten. Um der Vielzahl der Mandate willen liegt es nahe, dass eine höhere Miete hingenommen werden konnte. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann daher von einem Verlustgeschäft nicht die Rede sein.

e) Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit (vermeintlichen) Honorarforderungen aus anwaltlicher Tätigkeit für den Kläger greift aufgrund des unter § 7 Abs. 2 des Untermietvertrags vereinbarten Aufrechnungsverbots nicht durch. Da der Untermietvertrag erst Mitte 2008 ausgehandelt wurde, hat er Vorrang vor einer andersartigen Vereinbarung zur Aufrechnung aus der Zeit vor Abschluss des Untermietvertrags.

2. Der Anspruch des Klägers auf Auskehr der vom Beklagten vereinnahmten Gelder aus den beiden Honorarmandaten, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, folgt aus § 675 Abs. 1, § 667 Alt. 2 BGB. Der Anspruch ist für sich allein gesehen nicht im Streit. Der vom Beklagten erklärten Aufrechnung steht unter den besonderen Umständen der vorliegenden Fallgestaltung ebenfalls ein Aufrechnungsverbot entgegen.

a) Ein Rechtsanwalt ist allerdings grundsätzlich nicht gehindert, sich durch Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus - wie hier - nicht zweckgebundenen Fremdgeldern zu befriedigen; das gilt auch dann, wenn die Vergütungsansprüche nicht gerade den Auftrag betreffen, der zu dem Geldeingang geführt hat (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - IX ZR 56/06, NJW 2007, 2640, Rn. 8; Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., § 43a Rn. 228, m.w.N.). Entgegen der Annahme des Landgerichts bestand zwischen den Parteien auch kein Treuhandverhältnis.

b) Eine Aufrechnung kann auch dann ausgeschlossen sein, wenn sie mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar wäre (D. Fischer, in: Zugehör u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 1007e, m.w.N.). So liegt es hier. Der Aufrechnung steht der Gesichtspunkt von Treu und Glauben in seiner der Ausprägung als Verbots widersprüchlichen Verhaltens entgegen (§ 242 BGB). Der Beklagte hat im Senatstermin erklärt, dass dem Kläger kein Geld ausgekehrt wurde; das Geld habe bei ihm und seinem Sohn bis zur Abrechnung verbleiben sollen. Der Beklagte ist indes zu einer Abrechnung des für den Kläger vereinnahmten Geldes entweder nicht gewillt oder nicht der Lage. Er hat erklärt, er sei seit langem Rentner und habe niemanden, um abzurechnen. Er wisse auch nicht, wo das eingenommene Geld, welches Gegenstand der Forderung des Klägers ist, geblieben sei. Der Sohn des Beklagten hat bekundet, dass er kein Geld verbucht habe. Auch die vom Senat als Zeugin vernommene damalige Kanzleiangestellte hatte keine Kenntnisse über die Verbuchung. Bei dieser Sachverhaltsgestaltung verhält der Beklagte sich widersprüchlich, wenn er einerseits Gebührenforderungen gegen den Kläger geltend macht, andererseits aber den Verbleib der dem Kläger zustehenden Einnahmen im Dunkeln lässt.

3. Zwar hat der Kläger Beeidigung des als Zeugen vernommenen Sohns des Beklagten beantragt. Der Senat hat jedoch davon abgesehen, weil keiner der in § 391 ZPO genannten Gründe vorliegt. Insbesondere liegt kein Fall vor, bei dem das Gericht bei inhaltlicher Erheblichkeit Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat (siehe BGHZ 43, 368; 371; BGH, Urteile vom 28. Januar 1972 - V ZR 183/69, NJW 1972, 584, unter II 1 = juris, Rn. 22; vom 13. Januar 1967 - III ZR 204/65, DRiZ 1967, 361), zumal sich aus den Bekundungen des Zeugen nichts Erhebliches zugunsten des Beklagten ergeben hat.

4. a) Der Zinsanspruch folgt aus dem Gesichtspunkt des Schuldverzugs (§ 288 Abs. 1 BGB). Die (Unter-) Miete war spätestens am dritten Werktag des Monats zu zahlen (§ 4 Abs. 1 des Untermietvertrags). Im Hinblick auf die Auskehr der Mandantengelder besteht der Zinsanspruch ab Zustellung des Mahnbescheids. Es ist nicht erkennbar, wieso der Beklagte sich insoweit bereits seit dem 10. April 2009 in Verzug befinden soll.

b) Der Kläger macht gemäß § 286 Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten im Hinblick auf seine Forderungen aus dem Untermietvertrag geltend. Bei einer berechtigten Gesamtforderung aus dem Untermietverhältnis in Höhe von 5.684 € sind diese Kosten mit 546,67 € zu beziffern (1,3-fache Geschäftsgebühr; Telekommunikationspauschale und 19 % Mehrwertsteuer). Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger selbst Gläubiger ist. Ohne Erfolg beruft der Beklagte sich auf Rechtsprechung zum Selbstauftrag des Anwalts im Wettbewerbsrecht. Danach kann ein Rechtsanwalt die Gebühren aus einem sich selbst erteilten Mandat zur Abmahnung auf Grund eigener wettbewerbsrechtlicher Ansprüche nicht nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder als Schaden ersetzt verlangen, wenn es sich um einen unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoß handelt (BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 - I ZR 2/03, NJW 2004, 2448). Um eine solche Fallgestaltung geht es hier indes nicht.

III.

Der Senat hat dem Beklagten auf seinem Antrag eine Schriftsatzfrist zur Frage der Rubrumsberichtigung bewilligt. Der Beklagten hat durch zwei Schriftsätze ausführlich dazu Stellung genommen. Es besteht kein Anlass zur einer Verlegung des Verkündungstermins oder gar eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 Abs. 1, 2 ZPO).

Soweit der Beklagte nach der Schluss der mündlichen Verhandlung die Aufrechnung mit einer weiteren Gegenforderungen in Höhe von zusammen 173,32 € erklärt hat, besteht ebenfalls kein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, zumal sich der vom Beklagten beantragte und ihm bewilligte Schriftsatznachlass nicht auf die Geltendmachung neuer Gegenforderungen bezog. Das gilt auch für die erstmals aufgestellte Behauptung, der Kläger habe seit Februar 2010 einen anderen Untermieter.

IV.

Soweit der Kläger nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung angeregt hat, dass der Senat ein Teilurteil erlassen möge, ist dem nicht zu folgen. Der Kläger beanstandet, dass er in der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz Anträge gestellt habe, die das Landgericht weder im Tatbestand seines Urteils berücksichtigt noch in den Entscheidungsgründen beschieden hat. Der Kläger hat jedoch in erster Instanz weder Tatbestandsberichtigung noch Urteilsergänzung beantragt. In zweiter Instanz hat er weder Berufung noch Anschlussberufung eingelegt. Daher ist eine etwa übergangene erstinstanzliche Klageerweiterung nicht Gegenstand der zweiten Instanz geworden.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.