Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.10.2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 13.450,90 EUR festgesetzt.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte mit einem Erstattungsanspruch gegen Vergütungsansprüche der Klägerin wegen stationärer Behandlungen aufrechnen durfte.
Die Klägerin ist Trägerin des St. F Hospitals I, das nach § 108 SGB V zugelassen ist. Die bei der Beklagten versicherte Frau E (Versicherte) wurde wegen der Implantation einer Hüfttotalendoprothese in dem Krankenhaus vom 04. bis 09.11.2005 stationär behandelt. Während der Operation am 04.11.2005 stellte sich heraus, dass die Versicherte an einer Blutgerinnungsstörung litt, so dass ihr postoperativ Blutgerinnungsfaktoren verabreicht werden mussten. Die Kosten hierfür beliefen sich auf insgesamt 31.836,00 EUR. Mit Schreiben vom 11.01.2006 übersandte sie der Beklagte eine entsprechende Rechnung. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 17.01.2006 darauf hin, die Klägerin sei vertraglich nicht berechtigt, derartige Medikamente abzurechnen und bat um Mitteilung, weshalb die Notwendigkeit der Medikamentengabe nicht schon bei der präoperativen Behandlung erkannt worden sei. Diese Anfrage beantwortete die Klägerin mit Schreiben vom 31.01.2006. Die Beklagte beglich die Rechnung am 04.04.2006. Mit Schreiben vom 10.04.2006 teilte sie dann der Klägerin mit, nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts und der Abrechnung habe sie festgestellt, dass die Medikamentenrechnung zu Unrecht beglichen worden war. Es handele sich um ein Zusatzentgelt, dass nicht individuell mit der Klinik vereinbart worden sei. Es bestünden auch keine Landesvereinbarungen, die eine Abrechnung des Zusatzentgeltes durch die Klinik zuließen. Da somit der Betrag von 31.836,00 EUR zu Unrecht angewiesen worden sei, werde sie den Betrag mit noch zu begleichenden Rechnungen der Klinik verrechnen. In dem Schreiben erklärt sie zugleich eine Aufrechnung im Behandlungsfall U i.H.v. 2.668,68 EUR. Die Klägerin widersprach mit Schreiben vom 02.05.2006 der Auffassung der Beklagten, dass das Zusatzentgelt nicht abrechnungsfähig sei. Die Blutererkrankung sei erst im Rahmen der Operation festgestellt worden. Die Abrechnung von Fallpauschalen oder Zusatzentgelten sei im Rahmen einer Notfallbehandlung auch dann möglich, wenn diese im Budget nicht vereinbart worden seien. Sie halte daher eine Rückforderung des Betrages oder die Verrechnung mit anderen Behandlungsfällen für unzulässig.
Die Beklagte rechnete in der Folgezeit in den weiteren Behandlungsfällen M i.H.v. 1.802,20 EUR, Q i.H.v. 2.854,48 EUR und Q1 i.H.v. 2.038,42 EUR auf. Mit Schreiben vom 24.07.2006 widersprach die Klägerin den Aufrechnungen und wies darauf hin, dass nach dem Landesvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (Sicherstellungsvertrag) eine Verrechnung unzulässig sei. Im Übrigen bestehe auch der Vergütungsanspruch zu Recht, da das Zusatzentgelt auch dann abgerechnet werden könne, wenn eine entsprechende Vereinbarung nicht bestehe. In ihrem Antwortschreiben vom 23.08.2006 vertrat die Beklagte die Auffassung, der zwar gekündigte, aber weiter anwendbare Sicherstellungsvertrag sehe in § 15 Abs. 4 ausdrücklich vor, dass Beanstandungen rechtlicher und sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung in Form der Verrechnung geltend gemacht werden könnten. Sie nahm weitere Aufrechnungen vor gegen die Rechnung im Behandlungsfall T i.H.v. 1.765,91 EUR und gegen die Rechnungen im Fall L i.H.v. insgesamt 2.321,03 EUR. Insgesamt hat die Beklagte gegen Rechnungen der Klägerin i.H.v. 13.450,90 EUR aufgerechnet.
Mit der am 18.09.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin diesen Betrag zzgl. Zinsen geltend gemacht. Zur Begründung hat sie unter Hinweis auf das Urteil des 5. Senats des LSG NRW vom 03.06.2006 (L 5 KR 205/02) vorgetragen, die Aufrechnung sei im Falle einer Beanstandung sachlicher Art unzulässig, da der Sicherstellungsvertrag in § 15 Abs. 4 Satz 2 nur eine Aufrechnung in Fällen der Beanstandungen rechnerischer Art zulasse. Im Übrigen stehe auch in der Sache der Klägerin ein Vergütungsanspruch hinsichtlich der verbrauchten Blutgerinnungsfaktoren zu.
Die Beklagte hat demgegenüber das Bestehen eines Aufrechnungsverbotes bestritten und dargelegt, aus welchen Gründen nach ihrer Auffassung die Klägerin nicht berechtigt sei, das Zusatzentgelt für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren abzurechnen.
Mit Urteil vom 28.10.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 13.450,90 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.868,68 EUR seit dem 01.03.2006, aus 1.802,20 EUR seit dem 29.04.2006, aus 2.854,48 EUR seit dem 03.06.2006, aus 2.038,42 EUR seit dem 12.06.2006, aus 1.765,91 EUR seit dem 15.07.2006 und aus 2.321,03 EUR seit dem 29.07.2006 verurteilt. Die Klage sei schon deshalb begründet, weil die erklärten Aufrechnungen unzulässig seien. Aus § 15 Abs. 4 Satz 2 des Sicherstellungsvertrages, der auch für die Krankenkassen außerhalb NRW gelte, ergebe sich ein Aufrechnungsverbot, wenn nachträglich Beanstandungen sachlicher Art erhoben würden. Insoweit hat sich das Sozialgericht im Wesentlichen auf die Ausführungen des LSG NRW in dem genannten Urteil gestützt.
Gegen das ihr am 26.11.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.12.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, aus § 15 Abs. 4 des Sicherstellungsvertrages ergebe sich kein Aufrechnungsverbot. Die Vorschrift sei erkennbar nur auf Leistungen bezogen, für die die Krankenkasse zuvor eine Kostenübernahme erklärt oder eine Notfallbehandlung genehmigt habe. Unabhängig davon seien auch die eine Aufrechnung zulassenden Tatbestände erfüllt. Es handele sich um eine Beanstandung rechnerischer Art, denn die rechnerische Prüfung erstrecke sich auf die Prüfung der Richtigkeit der den Berechnungen zugrunde liegenden Ansätze. Wenn für den Wert einer Abrechnungsposition eine vertragliche Grundlage nicht vorliege, erfolge die Beanstandung offensichtlich im Rahmen der rechnerischen Prüfung. Auch das Tatbestandsmerkmal der Rücknahme der Kostenzusage sei erfüllt, da für eine Notfallbehandlung eine Kostenzusage nicht vorgelegen habe. Schließlich beruhe auch die Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben, denn das Krankenhaus habe Anlass gehabt, eine weitere Untersuchung bei der Patientin durchzuführen, bei der die Verabreichung von Blutgerinnungsfaktoren bereits im Vorfeld hätte erkannt werden können. Zudem habe das Krankenhaus gewusst, dass für die Abrechnung der Blutgerinnungsfaktoren keine vertragliche Position vorliege. Es verstoße im Übrigen gegen Treu und Glauben, wenn allein wegen des Verstoßes gegen das Aufrechnungsverbot die Klägerin eine Zahlung erstreiten könne, die sie alsbald zurückzahlen müsse. In der Sache habe kein Vergütungsanspruch bestanden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.10.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Rechtsprechung des BSG lasse es sich nicht entnehmen, dass in einem Landesvertrag kein Aufrechnungsverbot vereinbart werden dürfe. Im Übrigen habe sie die Blutgerinnungsfaktoren auch zu Recht abgerechnet.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet, denn das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG zulässig (vgl. BSG, SozR 3-2500, § 112 Nr. 1).
Der Klägerin stehen aus den Behandlungsfällen U, M, Q, Q1, T und L noch Vergütungsansprüche für stationäre Behandlungen i.H.v. insgesamt 13.450,90 EUR zu. Die Berechtigung dieser Forderungen wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt.
Entgegen ihrer Auffassung sind diese Forderungen nicht durch die erklärten Aufrechnungen mit dem geltend gemachten Rückforderungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten erloschen (§ 389 BGB). Die Beklagte durfte gegen die Zahlungsansprüche der Klägerin mit ihrer Forderung nicht aufrechnen, denn aus § 15 Abs. 4 Satz 2 des Sicherstellungsvertrages ergibt sich ein Aufrechnungsverbot in Fällen der Beanstandung sachlicher Art. Der Vertrag ist zwar gekündigt, die Vertragspartner haben sich aber darauf verständigt, den Vertrag bis zu einer Neuregelung weiter zu praktizieren. Ein neuer Vertrag ist bislang nicht zustandegekommen, so dass der gekündigte Vertrag weiter anzuwenden ist.
§ 15 Abs. 4 des Vertrages lautet: "Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden. Bei Beanstandungen rechnerischer Art sowie nach Rücknahme der Kostenzusage und, falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht, können überzahlte Beträge verrechnet werden."
Zu dieser Regelung hat der 5. Senat des LSG NRW in seinem Urteil vom 03.06.2003 (a.a.O.) ausgeführt:
" Nach der genannten Vorschrift ist die Verrechnung überzahlter Beträge (nur) zulässig bei Beanstandungen rechnerischer Art sowie nach Rücknahme der Kostenzusage und falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht. Eine Beanstandung rechnerischer Art liegt dem Rückforderungsanspruch, dessen sich die Beklagte berühmt, nicht zugrunde, denn sie macht keinen Rechenfehler geltend, sondern bezweifelt die Notwendigkeit der Dauer der stationären Behandlung der Versicherten, greift also die sachliche Berechtigung der Höhe der geforderten und gezahlten Vergütung an. Hinsichtlich solcher Beanstandungen sachlicher Art schließt § 15 Abs. 4 Satz 2 SVTr eine Verrechnung aus (so schon LSG NRW, Urteil vom 27.03.2003 - L 5 KR 141/01 -). Eine Aufrechnung kann, soweit kein gesetzliches Verbot entgegensteht, durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden, wobei ein vertragliches Aufrechnungsverbot ausdrücklich, aber auch stillschweigend vereinbart sein kann (vgl. Münchener Kommentar - von Feldmann, BGB, Bd. II, 3. Aufl., § 387 Rdn. 40; Palandt-Heinrichs, § 387 Rdn. 40). In der genannten Regelung ist die Vereinbarung einer Beschränkung der Aufrechnung auf die ausdrücklich erwähnten Fälle und damit ein Aufrechnungsverbot bei Beanstandungen sachlicher Art zu sehen.
Während § 15 Abs. 4 Satz 1 SVTr ausdrücklich festlegt, dass Beanstandungen rechnerischer und sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden können, trifft Satz 2 hinsichtlich der Verrechnung die zitierte differenzierende Regelung. Diese kann vor dem Hintergrund des Satz 1 nur dahin verstanden werden, dass die Aufrechnung bei sachlichen Beanstandungen nicht möglich sein soll. Hierfür spricht auch, dass in den Fällen, in denen über Beanstandungen rechnerischer Art hinaus die Verrechnung erlaubt wird, ein Fehlverhalten des Krankenhauses vorausgesetzt wird. Eine Rücknahme der Kostenzusage ist nach § 6 Abs. 5 SVTr nämlich nur möglich, wenn sie auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht. Eine Verrechnung überzahlter Beträge soll nach dem SVTr somit - von Rechenfehlern abgesehen - nur dann erfolgen, wenn das Krankenhaus schuldhaft ("zu vertretende") unzutreffende Angaben gemacht und deshalb die Krankenkasse die Rechnung bezahlt hat. Soweit nach Bezahlung der Rechnung lediglich die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung bzw. deren Dauer, also die sachliche Berechtigung des Vergütungsanspruchs im Streit sind, ohne dass - wie im vorliegenden Fall - das Krankenhaus insoweit durch schuldhaft unzutreffende Angaben (etwa zu den Befunden oder Behandlungsmaßnahmen) die Krankenkasse zur Bezahlung der Rechnungen veranlasst hätte, kann diese mit dem vermeintlichen Rückforderungsanspruch nicht gegen Zahlungsansprüche des Krankenhauses aufrechnen.
Dass die Vertragsparteien in Nordrhein-Westfalen insoweit eine Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeiten gewollt haben, zeigt auch der Vergleich mit den Sicherstellungsverträgen anderer Länder. Diese erlauben entweder ausdrücklich uneingeschränkt die Verrechnung bei Beanstandungen rechnerischer und sachlicher Art, die nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden (vgl. § 18 Abs. 4 Satz 4 SVTr Brandenburg, § 19 Abs. 2 SVTr Baden-Württemberg, § 13 Abs. 6 Satz 5 SVTr Niedersachsen, § 9 Abs. 6 Satz 4 SVTr Rheinland-Pfalz) oder sie treffen zur Verrechnung keine Aussage, so dass ebenso die Aufrechnung uneingeschränkt erlaubt ist (vgl. § 15 Abs. 2 SVTr Hamburg, § 14 Abs. 3 SVTr Saarland). Die gegenüber den anderen Ländern differenzierende Regelung in Nordrhein-Westfalen kann somit nur als (stillschweigende) Einschränkung der Aufrechnung bei nachträglichen Beanstandungen sachlicher Art verstanden werden.
Für diese Differenzierung gibt es auch sachliche