VG Köln, Beschluss vom 13.09.2011 - 7 L 1173/11
Fundstelle
openJur 2012, 82137
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 31.08.2009, eingegangen am 26.01.2010, stellte der Antragsteller bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte - BfArM - einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten über eine Apotheke.

Beigefügt war eine ärztliche Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. U. N. vom 30.11.2009. Darin war ausgeführt, der Antragsteller leide seit über 20 Jahren an einem chronischen multiplen Schmerzsyndrom mit Óbelkeit, Erbrechen, vegetativer Begleitsymptomatik, reaktiver Depression und Schlafstörungen. Weder die bisher durchgeführten medikamentösen Therapien noch mehrere stationäre Aufenthalte in Schmerzkliniken inklusive operativer Eingriffe hätten eine wesentliche Besserung erbracht bzw. seien mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden gewesen. Beschwerdefreiheit habe nur bezüglich der Spannungskopfschmerzen erzielt werden können. Im Hinblick auf die übrigen Beschwerden habe nur die Kombination von Cannabis, regelmäßig in leichten Dosen mit einem "Vaporizer" verdampft, mit einem Opioid in erheblich reduzierter Dosis (Oxycodon) eine hinreichende Schmerzreduktion bei tolerablen Nebenwirkungen erbracht.

Als Dosierung wurde eine Tagesdosis von 0,3 - 0,6 g Cannabisblüten zur Inhalation, somit monatlich eine Menge von ca. 18 g empfohlen.

Ferner wurden Schreiben der Krankenkasse des Antragstellers vom 22.06.2009 und vom 05.02.2010 eingereicht, wonach die Kosten für das Arzneimittel "Marinol" nicht übernommen werden könnten.

Auf Anforderung des BfArM legte der Antragsteller außerdem Arztberichte über stationäre Aufenthalte der Schmerzklinik N1. vom 08.04.1999, des Facharztes für Schmerztherapie Dr. L. T. vom 20.06.2000, des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie vom 03.12.2004 und der Neurologischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 07.08.1998 (Datum unklar) vor.

Beigefügt war schließlich ein Wohngeldbescheid der Stadt München vom 11.03.2009.

Unter dem 10.03.2010 erteilte das BfArM dem Antragsteller eine Erlaubnis für den Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten der Sorten Bedrocan, Bedrobinol und Bediol bis zu einer 4-Wochen-Höchstmenge von Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) von 3240 mg über eine Apotheke.

Mit Schreiben vom 09.06.2010, eingegangen am 02.07.2010, teilte der Antragsteller dem BfArM mit, dass die Medizinal-Cannabisblüten zwar gut wirkten, aber sehr teuer seien, sodass er sich das Medikament auf Dauer nicht leisten könne. Deshalb werde eine Erlaubnis zum Anbau und zur Einfuhr von Cannabis sowie zur Einfuhr der Samen beantragt. Der voraussichtliche Bedarf von getrockneten Cannabisblüten sei nach den Erfahrungen anderer Patienten 1 g pro Tag und damit 365 g im Jahr. Der Wirkstoffgehalt könne über die Zucht von genetisch identischen Stecklingen und gleichbleibenden Anbaubedingungen stabilisiert werden. Der Anbau könne in einem abschließbaren Raum seiner allein genutzten Wohnung erfolgen.

Wegen bestehender Lieferprobleme der bisher genutzten Sorte des Medizinalhanfs reichte der Antragsteller eine neue Dosierungsempfehlung seines behandelnden Arztes (Vertreterin) vom 10.08.2010 ein, um eine andere lieferbare Sorte auszuprobieren. Danach wurde die maximale Bezugsmenge pro Monat für jede Sorte entsprechend dem vom BfArM festgelegten THC-Gehalt formuliert. Dies ergab eine monatliche Menge zwischen 18 g und 54 g der getrockneten Blüten, je nach THC-Gehalt.

Mit Schreiben vom 27.10.2010 erinnerte der Antragsteller an die Bescheidung seines Antrags. Entwürfe eines ablehnenden Bescheids vom 15.11.2010, vom 20.11.2010 und vom 14.02.2011 wurden nicht versandt.

Am 22.12.2010 wurde dem Antragsteller auf seine Bitte ein neuer Erlaubnisbescheid für den Erwerb von Medizinalhanf bei einer anderen vom Antragsteller benannten Apotheke ausgestellt, die eine Belieferung zu günstigeren Preisen angeboten hatte.

Mit Schreiben vom 13.02.2011 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte für den Antragsteller und fragte nach dem Sachstand.

Mit Verfügung vom 15.03.2011 wurde der Antragsteller aufgefordert, detaillierte Angaben zu den vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen sowie eine vergleichende Vollkostenrechnung hinsichtlich der Kosten des Anbaus und der Kosten des Erwerbs aus der Apotheke vorzulegen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 08.05.2011 reduzierte der Antragsteller seinen Antrag vom 09.06.2010 auf den Anbau von Cannabis und präzisierte seine Angaben zu den Sicherungsmaßnahmen für den Anbau in einem abschließbaren Raum seiner Wohnung. Ferner wurde ein Vergleich der Kosten vorgelegt. Danach sollten die Kosten für den "genehmigten Jahresbedarf von 420 g" beim Erstanbau 886,20 Euro, für die folgenden Anbauphasen höchstens 340,20 Euro betragen.

Demgegenüber verlange die jetzige Bezugsapotheke 70 EUR für eine 5-g-Packung, woraus sich für den Jahresbedarf von 420 g ein Betrag von 5.880,00 Euro ergebe.

Der Antragsteller sei - wie dem Amt bekannt sei und jederzeit nachgewiesen werden könne - nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, diese Kosten aufzubringen. Außerdem sei die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet. Der Monopollieferant, der die Ware aus Holland importiere, habe in dem kurzen Zeitraum zwischen Dezember 2009 und Februar 2011 mehrfach wochenlange Lieferausfälle gehabt.

Ferner übersandte der Antragsteller per email eine Reklamation seiner Apotheke beim Lieferanten, wonach mehrfach Mindermengen abgepackt gewesen seien (4,86 g anstelle von 5 g Blüten).

Unter dem 26.07.2011 wurde erneut der Entwurf eines ablehnenden Bescheides gefertigt, jedoch nicht abgesandt.

Am 11.08.2011 hat der Antragsteller Untätigkeitsklage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 09.06.2010 auf Erteilung einer Erlaubnis für den Anbau von Cannabis zu bescheiden. Gleichzeitig hat der Antragsteller beantragt, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung der Hauptsache zu erlauben, in seiner Wohnung Hybride bzw. Samen der Pflanze Hanf (Cannabis sativa) anzubauen, zu ernten und zur Behandlung seiner Schmerzsymptome zu verwenden.

Zur Begründung seines Antrags bezieht sich der Antragsteller auf die Ausführungen im Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 08.05.2011 sowie auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.05.2005 - 3 C 17/04 - und des Verwaltungsgerichts Köln vom 11.01.2011 - 7 K 3889/09 - .

Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass das BfArM offenbar angewiesen sei, über den vorliegenden Antrag bis zur rechtkräftigen Entscheidung im Verfahren 7 K 3889/09 VG Köln nicht zu entscheiden. Es sei für den Antragsteller aber nicht zumutbar, so lange auf eine leicht mögliche Behandlung seiner Krankheit zu verzichten. Auf das Apothekenmedikament könne er nicht verwiesen werden, da er mit seiner finanziellen Leistungsfähigkeit am Ende sei und sich schon heute nicht mehr im gebotenen Umfang mit dem Schmerzmittel versorgen könne. Der unsichere und überteuerte Bezug von der Apotheke sei nicht länger zumutbar. Der Antragsteller versicherte mit der vorgelegten Eidesstattlichen Versicherung, dass er nicht in der Lage sei, das Apothekenmedikament mit Kosten über 5.800,00 EUR im Jahr zu beziehen.

Mit Bescheid vom 16.08.2011 hat die Antragsgegnerin den Antrag auf Erlaubnis für den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Erlaubniserteilung stünden zwingende Versagungsgründe nach § 5 Abs. 1 BtMG entgegen. Die erforderliche Sicherung der Pflanzen während der Anbau- und Wuchsphase gemäß den BfArM-Richtlinien sei in einer Privatwohnung - zumindest im vorliegenden Fall - nicht möglich, § 5 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BtMG.

Der beantragte Anbau sei auch zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung nicht geeignet, § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG. Aufgrund von Schwankungen bei Wirkstoffgehalt und Qualität des Pflanzenmaterials sei eine Dosierungsempfehlung nicht möglich und Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen, auf die nicht zielgerichtet reagiert werden könne.

Schließlich stehe die beantragte Erlaubnis in Widerspruch zu Art. 28 i.V.m. Art. 23 des Einheitsübereinkommens von 1961 über Suchtstoffe (ÓK 1961), da der Anbau auch zu medizinischen Zwecken der Anwendung des Kontrollsystems und der Einrichtung einer Cannabisagentur zum Aufkauf der Ernte bedürfe. Die Bundesrepublik verfüge aber nicht über eine staatliche Cannabis-Agentur. Die Einrichtung sei vor dem Hintergrund des bestehenden Verkehrsverbots auch nicht geboten und bedürfte überdies gesetzgeberischen Handelns.

Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung müssten die Interessen des Antragstellers gegenüber dem Interesse Deutschlands an der Einhaltung der internationalen Verpflichtungen und der Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs zurücktreten. Ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis für den Anbau bestehe schon deshalb nicht, weil der Antragsteller die grundsätzliche Möglichkeit zum Erwerb von niederländischem Medizinalhanf habe. Darüberhinaus bestünden bei der Therapie mit selbst angebautem Cannabis gesundheitliche Risiken wegen des schwankenden Wirkstoffgehalts. Bei der Ermessensentscheidung müsse auch der sonstige Zweck und die grundsätzliche Wertentscheidung des BtMG berücksichtigt werden. Hierbei seien besonders die bereits genannten Sicherheitsaspekte zu nennen, die das Interesse des Antragstellers überwögen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Der Antrag sei unbegründet, da es um eine Ermessensentscheidung ergehe. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Ein Anordnungsgrund sei nicht ersichtlich. Im Óbrigen liege eine Vorwegnahme der Hauptsache vor. Das Klageverfahren solle bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren VG Köln 7 K 3889/09 ausgesetzt werden.

II.

Der Antrag des Antragstellers,

ihm im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung der Hauptsache zu erlauben, in seiner Wohnung Hybride der Pflanze Hanf (Cannabis Sativa) anzubauen, zu ernten und zur Behandlung seiner Schmerzsymptome zu verwenden,

ist nicht begründet.

Durch eine einstweilige Anordnung kann gemäß § 123 Abs. 1 VwGO eine vorläufige Regelung getroffen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund).

Im vorliegenden Fall ist der Antrag nicht auf eine vorläufige Regelung, sondern auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, da der Antragsteller die Erteilung der begehrten Erlaubnis zum Anbau von Cannabis und damit die vollständige Erfüllung seines Anspruchs - wenn auch nur für eine begrenzte Zeit - fordert.

Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass des beantragten Verwaltungsakts kann grundsätzlich nur im Hauptsacheverfahren erfolgen. Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG normierte Garantie eines effektiven Rechtsschutzes ist jedoch eine Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise zulässig, wenn die bei einem Abwarten der Hauptsacheentscheidung zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für ein Bestehen des geltend gemachten Anspruchs besteht,

vgl. Kopp, VwGO, 17. Auflage 2011, § 123 Rn. 14 und 26.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für den Anbau von Cannabis zum Zweck der medizinischen Selbstversorgung nicht glaubhaft gemacht.

Rechtsgrundlage für die Erteilung der Erlaubnis ist § 3 Abs. 2 BtMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.03.1994 (BGBl. I S. 358), zuletzt geändert durch Art. 1 der 25. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 11.05.2011 (BGBl. I S. 821). Danach kann das BfArM eine Erlaubnis für den Anbau der in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

Pflanzen und Pflanzenteile der Gattung Cannabis sativa fallen auch nach der Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes durch Art. 1 der 25. Änderungsverordnung vom 11.05.2011 unter die Anlage I und gehören damit zu den nicht verkehrs- und nicht verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln. Die in der Anlage I genannten Ausnahmefälle a) bis d) sind hier ersichtlich nicht gegeben. Darüberhinaus sollen die Pflanzen auch nicht den in den Anlagen II und III bezeichneten Zwecken dienen (Ausnahme e)). Die vom Antragsteller begehrten Pflanzen sind weder "zur Herstellung von Zubereitungen zu medizinischen Zwecken bestimmt" (Anlage II) noch handelt es sich um Bestandteile von Zubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind (Anlage III). Der vom Verordnungsgeber mit der Einfügung dieser Ausnahmen verfolgte Zweck besteht darin, die Entwicklung, Zulassung und Verschreibung von cannabishaltigen Fertigarzneimittel in Deutschland in Zukunft zu ermöglichen. Hierdurch soll insbesondere gewährleistet werden, dass cannabishaltige Arzneimittel den strengen Vorgaben des Arzneimittelrechts an Fertigarzneimittel genügen,

vgl. Regierungsentwurf für die 25. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 03.03.2011, BR-Drs. 130/11, Begründung, A. Allgemeiner Teil, I. Ziel und Gegenstand des Verordnungsentwurfs und B. Besonderer Teil, Zu Artikel 1 (Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes), zu den Nummern 1 bis 3 Buchstabe a.

Daraus ist zu entnehmen, dass insbesondere die Anlage II nicht den Eigen-Anbau von Cannabispflanzen zur unmittelbaren individuellen medizinischen Versorgung von einzelnen Patienten umfasst, sondern nur als Vorstufe für die Entwicklung von Zubereitungen vorgesehen ist, die Bestandteil von Fertigarzneimitteln werden sollen.

Ist demnach von der Anwendung des § 3 Abs. 2 BtMG auszugehen, so kann ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Erlaubnis zum Anbau von Cannabis zur therapeutischen Selbstversorgung nicht mit der gebotenen hohen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Einsatz von Cannabis und damit die Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG für den Erwerb oder den Anbau zur Linderung von Leiden schwerkranker Menschen auch im öffentlichen Interesse geboten sein,

Urteil vom 19.05.2005 - 3 C 17.04 - juris - Rn. 33.

Dies dürfte nach den bisherigen Feststellungen des BfArM hier der Fall sein, da der Antragsteller nach den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen seit über 20 Jahren an einem chronischen multiplen Schmerzsyndrom mit chronischen, in die Extremitäten ausstrahlenden Rückenschmerzen und einer Fascialisparese leidet, das auf die Behandlung mit Cannabis gut anspricht, aber bisher mit zugelassenen Medikamenten nicht zufriedenstellend therapiert werden konnte.

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob der Erlaubniserteilung Versagungsgründe nach § 5 Abs. 1 BtMG entgegenstehen. Dies ist zweifelhaft. Insofern wird auf die Ausführungen im nicht rechtskräftigen Urteil der Kammer vom 11.01.2011 - 7 K 3889/09 - (OVG NW - 13 A 414/11 - ) Bezug genommen.

Ein Anspruch auf die begehrte Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zur medizinischen Verwendung kann jedenfalls deshalb derzeit nicht festgestellt werden, weil diese Erlaubnis im Ermessen der Antragsgegnerin steht, § 3 Abs. 2 BtMG und § 5 Abs. 2 BtMG,

vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.2005 - 3 C 17/04 - juris, Rn. 37.

Der Antragsteller hat bisher nicht glaubhaft gemacht, dass sich das Ermessen des BfArM auf die Erlaubniserteilung reduziert hat, weil dies die einzige Entscheidung ist, die rechtmäßig getroffen werden kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der gesundheitliche Nutzen des Betäubungsmittels für den Antragsteller alle anderen entgegenstehenden Belange bei einem Eigenanbau von Cannabis eindeutig überwiegt, weil die Verweigerung der Erlaubnis zu einem unzumutbaren Eingriff in dessen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 GG und Art. 1 GG führen würde.

Als entgegenstehende Belange hat die Antragsgegnerin hervorgehoben, dass das BfArM mit der Erlaubniserteilung für den Eigenanbau gegen internationale Verpflichtungen aus Art. 28 i.V.m. Art. 23 des Einheitsübereinkommens über Suchtstoffe 1961 verstoßen würde. Dieser Verstoß wäre mit einem Ansehensverlust der Bundesrepublik Deutschland in der Staatengemeinschaft verbunden.

Ferner hat sie darauf hingewiesen, dass eine Kontrolle der im Verkehr befindlichen Menge der Betäubungsmittel und ihrer Verwendung bei einem Eigenanbau durch Patienten - im Gegensatz zu einem Erwerb in der Apotheke - nur schwer möglich ist und daher Missbrauchsgefahren nicht auszuschließen sind.

Diese Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden,

vgl. VG Köln, Urteil vom 11.01.2011 - 7 K 3889/09 - .

Demgegenüber lässt sich bisher nicht feststellen, dass die Nichterteilung der Erlaubnis für den Anbau eine unzumutbare Belastung für den Antragsteller bedeuten würde. Zum einen hat die Antragsgegnerin auch im vorliegenden Fall das Ausmaß der aktuellen gesundheitlichen Beschwerden des Antragstellers nicht hinreichend aufgeklärt,

vgl. VG Köln, Urteil vom 11.01.2011 - 7 K 3889/09 - .

In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass bisher nur ärztliche Stellungnahmen des behandelnden Hausarztes zum Schmerzsyndrom des Antragstellers aus dem Jahr 2009 vorliegen. Die in den Jahren 1999 und 2000 durchgeführten stationären Schmerztherapien betrafen in erster Linie den Spannungskopfschmerz und waren nach den Aussagen der Ärzte erfolgreich. Aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen ergibt sich nicht das aktuelle Beschwerdebild.

Zum anderen ist der Antragsteller auch deshalb im Augenblick keinem unerträglichen Leidensdruck ausgesetzt, weil ihm zur Bekämpfung seiner Schmerzen eine zumutbare Behandlungsalternative tatsächlich zur Verfügung steht. Denn der Antragsteller kann seine Beschwerden mit der Einnahme des aufgrund der erteilten Erlaubnis erworbenen Medizinalhanfs aus der Apotheke wirksam bekämpfen.

Er hat bisher nicht substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass dieses Mittel aufgrund seiner Zusammensetzung oder der zur Verfügung gestellten Menge zur Schmerzbekämpfung nicht ausreichend ist oder dass es für ihn finanziell nicht erschwinglich ist.

Dem Antragsteller stehen bisher drei verschiedene Sorten mit unterschiedlicher Zusammensetzung der Wirkstoffe und einer monatlichen Höchstmenge von 3240 mg THC zur Verfügung. Es ist bisher weder vorgetragen noch durch eine ärztliche Bestätigung glaubhaft gemacht, dass diese Auswahl oder die Menge zur Schmerzlinderung nicht ausreicht. Der Antragsteller hat vielmehr in seinem Antragsschreiben vom 09.06.2010 bestätigt, dass die Cannabisblüten aus der Apotheke ihm gut helfen, aber zu teuer sind.

Es ist auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers für einen Erwerb des Medizinalhanfs nicht ausreicht. Je nach Sorte benötigt der Antragsteller nach der letzten ärztlichen Dosierungsanweisung vom 10.08.2010 entweder 18 g oder 29 g oder 54 g Cannabisblüten pro Monat. Hierdurch entstehen bei einem aktuellen Preis von 14 Euro pro g monatlichen Kosten von 252 Euro oder 406 Euro oder 756 Euro. Der Antragsteller hat bisher nicht erklärt, wie hoch die tatsächlich aufgewendeten Kosten in der Vergangenheit tatsächlich waren bzw. welche Sorte er vorwiegend genutzt hat und welche Sorten bei ihm wirksam waren. Die bisherige Kostenbelastung lässt sich daher nicht feststellen.

Da der Antragsteller aber auch die Höhe seiner Einkünfte nicht mitgeteilt hat, lässt sich nicht feststellen, ob die Kosten von diesem Einkommen aufgebracht werden können. Insofern genügt es nicht, eidesstattlich zu versichern, dass der Antragsteller zu einer Finanzierung nicht in der Lage sei (Beiakte 1, Anlage K 7). Dies ist eine Bewertung, die einer eidesstattlichen Versicherung nicht zugänglich ist. Auch der im Verwaltungsvorgang befindliche Wohngeldbescheid vom 11.03.2009 gibt über die Einkünfte des Antragstellers keine hinreichende Auskunft. Dort wird von einem anrechenbaren monatlichen Einkommen von 72,- Euro aus Kapitaleinkünften ausgegangen. Ob der Antragsteller darüberhinaus Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt (laut ärztlicher Bescheinigung vom 30.11.2009 ist er Informatiker) oder Sozialleistungen bezieht, ist nicht vorgetragen. Von dem angegebenen Betrag von 72 Euro monatlich lässt sich jedenfalls der Lebensunterhalt nicht bestreiten. Ein PKH-Antrag wurde nicht gestellt.

Schließlich haben auch die bisher aufgetretenen Lieferschwierigkeiten (Lieferausfälle, Mindermengen) noch nicht einen Umfang erreicht, der für den Antragsteller als eine unzumutbare Belastung eingeordnet werden muss und deshalb zwingend eine Erlaubnis für den Eigenanbau erfordert. Vielmehr muss zunächst versucht werden, diese Lieferschwierigkeiten zu beheben, wie dies auch in der Vergangenheit mit teilweisem Erfolg geschehen ist. Als Alternative im Rahmen der Ermessensausübung käme insbesondere auch eine gewisse Erhöhung der monatlichen Bezugsmenge in Betracht, um derartige Engpässe aufzufangen.

Da folglich derzeit eine hinreichende medizinische Versorgung des Antragstellers anzunehmen ist, besteht weder ein Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung für den Cannabisanbau noch treten unzumutbare Nachteile bei einem Abwarten der Hauptsacheentscheidung über den Genehmigungsantrag des Antragstellers auf.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Hierbei hat das Gericht den vollen Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro angesetzt, weil der gestellte Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet war und eine Reduzierung im Hinblick auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren daher nicht geboten war.