LAG Hamm, Beschluss vom 08.09.2011 - 2 Ta 738/10
Fundstelle
openJur 2012, 81992
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 23.11.2010 - 2 Ca 673/10 - aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.077,73 Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtsweges für Zahlungsansprüche des Klägers.

Der Kläger verrichtete für die Beklagte, die auf dem Gebiet des Veranstaltungsmanagements tätig ist, in der Zeit vom 01.09.2006 bis einschließlich Oktober 2010 Dienstleistungen unter der Firmenbezeichnung "K1 Event". Schriftliche Vereinbarungen bestehen nicht.

Für seine Tätigkeiten für die Beklagte erhielt der Kläger einen monatlichen Festbetrag in Höhe von 1600 € netto, der jedenfalls auch für Bürotätigkeiten gezahlt wurde. Die Bürotätigkeiten wurden in den Räumen der Beklagten und unter Inanspruchnahme der Betriebsmittel der Beklagten erledigt. Ob die Beklagte "sämtliches Equipment" zur Verfügung stellte ist zwischen den Partien streitig. Ebenfalls streitig ist, ob der Kläger an feste Bürozeiten gebunden war und ob mit dem monatlichen Festbetrag von 1.6000 € auch die vom Kläger entfalteten Akquisetätigkeiten abgegolten war. Darüber hinaus stellte der Kläger der Beklagten für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Vorbereitung und Durchführung von Messen und sonstigen Veranstaltungen Rechnungen aus, in denen für jeden vollen Tag eine Pauschale von 220 € einschließlich Umsatzsteuer enthalten ist. Wegen der Einzelheiten der einzelnen Rechnungen wird auf Bl. 39 bis 43 und 47 bis 54 der Gerichtsankte Bezug genommen.

Nach den vom Kläger überreichten Übersichten der Einnahmen aus den Jahren 2008 und 2009 machen die bei der Beklagten erzielten Einnahmen rund 90 % der Gesamteinnahmen aus. Die vom Kläger erwirtschafteten Gewinne, die zu versteuern waren, beliefen sich im Jahr 2006 auf 25.761,00 €, im Jahr 2007 auf 22.989,00 € und im Jahr 2008 auf 36.535 €, wobei im Jahr 2008 die Betriebseinnahmen bei rund 5.300 € und die Betriebsausgaben bei 20.780 €.

Wegen der Einzelheiten der Aufstellungen für die Jahre 2008 und 2009 wird auf Bl.44 und 45 und der Steuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 auf Bl. 71 bis 77 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit seiner beim Arbeitsgericht eingereichten Zahlungsklage macht der Kläger Ansprüche auf rückständige Provisionen und Tätigkeitsvergütung sowie Urlaubsabgeltung geltend. Zur Begründung seiner Ansprüche hat der Kläger vorgetragen, dass er mindestens 90 % seiner Einnahmen bei der Beklagten erzielt habe, so dass diese Tätigkeit seine wirtschaftliche Existenzgrundlage dargestellt habe. Er sei daher von der Beklagten wirtschaftlich abhängig gewesen sei. Ob ihm die Ausübung einer anderen Tätigkeit erlaubt gewesen sei, sei für die tatsächlich bestehende wirtschaftliche Abhängigkeit von der Beklagten ohne Bedeutung. Er sei auch einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig gewesen. Seine regelmäßige Arbeitszeit bei der Beklagten sei zwischen 09.00 Uhr und 18.00 Uhr gewesen, wobei er bei Bedarf auch länger tätig gewesen sei. Als Grundvergütung für diese Bürotätigkeit, die neben den Telefongesprächen auch die Erledigung der Korrespondenz mit Kunden erfasst habe und in den Räumlichkeiten der Beklagten unter Inanspruchnahme deren Sachmittel erledigt worden sei, habe er eine Grundvergütung von 1.600,00 Euro netto erhalten. Im Rahmen dieser Bürotätigkeit sei er darüber hinaus zuständig gewesen für den Materialeinkauf sowie die Buchung von Personal und technische Planung von Veranstaltungen. Außer der Bürotätigkeit sei er für die Akquise und die Betreuung vorhandener Kunden zuständig gewesen, wobei ihm für erfolgreiche Akquise und Betreuung der Kunden zusätzlich eine Provisionszahlung zugestanden habe. Im Außenverhältnis sei seine Tätigkeit als die eines Mitarbeiters der Beklagten dargestellt worden, die ihm auch eine Visitenkarte zur Verfügung gestellt habe. Die Beklagte habe ihm darüberhinaus "sämtliches Equipment" zur Verfügung gestellt, so dass an seinem Status als zumindest "arbeitnehmerähnlich" kein Zweifel bestehen könne.

Die Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger mindestens 90 % seiner Einnahmen bei ihr bezog. Sie ist der Ansicht, dass der Kläger jedenfalls deswegen keine arbeitnehmerähnliche Person sei, weil er nicht einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig gewesen sei. Dies folge insbesondere daraus, dass der Kläger keine festen Arbeitszeiten gehabt habe, so dass er in der Einteilung seiner Arbeitszeit völlig frei gewesen sei. Darüberhinaus sei er auch berechtigt, für andere Auftraggeber tätig zu sein, wovon der Kläger auch Gebrauch gemacht habe. Im Rahmen seiner Tätigkeit für sie sei er nicht weisungsgebunden und habe die Übernahme der ihm angebotenen Projekte jederzeit ablehnen können. Den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit habe er ebenso selbst bestimmt, wie den Zeitpunkt des Urlaubs, den er nach eigenem Belieben habe festlegen können. Da der Kläger für seine Versicherung und die Versteuerung seiner Einkünfte selbst zuständig gewesen sei und sämtliche eigenen Betriebsmittel als Betriebsausgabe von der Steuer abgesetzt habe, sei die Arbeitnehmerähnlichkeit des Klägers jedenfalls wegen Fehlens einer dem Arbeitnehmer vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit abzulehnen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.12.2010 den Urlaubsabgeltungsanspruch zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für die Restvergütungs- und Provisionsansprüche für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Münster verwiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers von der Beklagten offenbleiben könne. Denn der Kläger sei jedenfalls nicht einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig gewesen. Dagegen spreche der Umstand, dass der Kläger auch für dritte Auftraggeber habe tätig sein dürfen und solche Tätigkeiten auch tatsächlich verrichtet habe. Außerdem habe zu ihm keine vertragliche Notwendigkeit bestanden, seine Dienste persönlich für die Beklagte zu erbringen. Da der Kläger trotz entsprechender Auflage weitere Umstände, die die soziale Schutzbedürftigkeit begründen könnten, nicht dargelegt und unter Beweis gestellt habe, sei von fehlender Arbeitnehmerähnlichkeit und damit von der Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten auszugehen. Denn die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts könne auch nicht auf eine Zusammenhangsklage im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbGG gestützt werden, weil das Arbeitsgericht zwar für den Urlaubsabgeltungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des sogenannten sicnon-Falles zuständig sei. Dies allein reiche jedoch für die Begründung der Zulässigkeit des Rechtsweges unter dem Gesichtspunkt der Zusammenhangsklage für andere Zahlungsansprüche nicht aus.

Gegen den am 29.11.2010 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 23.11.2010, auf dessen weitere Begründung Bezug genommen wird, hat der Kläger am 06.12.2010

sofortige Beschwerde

eingelegt, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 08.12.2010, den die Vorsitzende allein erlassen hat, unter Hinweis darauf nicht abgeholfen hat, dass die nicht begründete sofortige Beschwerde keine Abweichung rechtfertige.

Nachdem den Parteien mit Verfügung vom 29.12.2010 Gelegenheit zur Stellungnahme zu der sofortigen Beschwerde eingeräumt worden ist, haben beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgericht vertieft. Im Hinblick auf die weitere Verfügung der Beschwerdekammer vom 22.06.2011 hat die Beklagte die wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers weiterhin mit Nichtwissen bestritten und zur fehlenden sozialen Schutzbedürftigkeit ergänzend vorgetragen, dass der Kläger nicht nur keine persönliche, sondern überhaupt keine Dienstleistungsverpflichtung ihr gegenüber gehabt habe, so dass auch nach Berücksichtigung seiner Unabhängigkeit in zeitlicher Hinsicht und der Möglichkeit des Einsatzes von Dritten eine dem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit nicht vorgelegen habe. Der Kläger hat zur Begründung seiner sofortigen Beschwerde ergänzend vorgetragen, dass er über keine nennenswerte Vermögenswerte verfüge und seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus den Einnahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte bestritten habe. Eine Einstellung von Mitarbeiter möge zwar rechtlich möglich gewesen sein, aufgrund der Höhe der Einkünfte sei dies aber praktisch ausgeschlossen gewesen.

Wegen der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß den §§ 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 78 ArbGG, 567, 569 ZPO zulässig und begründet.

1. Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde steht nicht entgegen, dass sie nicht innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist begründet worden ist: Denn § 571 Abs. 1 ZPO schreibt lediglich vor, dass die sofortige Beschwerde begründet werden "soll": Dementsprechend ist eine Beschwerdebegründung nicht zwingend vorgeschrieben, sodass es sich dabei nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung der sofortigen Beschwerde handelt (vgl. Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, § 78 ArbGG Rdnr. 22 m.w.N.). Da die Beschwerde im Übrigen die gesetzlichen Mindestanforderungen für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gemäß § 569 Abs. 2 ZPO erfüllt, ist sie zulässig.

2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet, da das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Unrecht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Münster verwiesen hat.

a. Das Landesarbeitsgericht hat gemäß § 78 S. 3 ArbGG durch den Vorsitzenden ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter über die sofortige Beschwerde zu entscheiden. Es kann vorliegend auch selbst in der Sache entscheiden, ohne das Verfahren wegen des Mangels der Abhilfeentscheidung an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

aa. Im Verfahren nach §§ 48 ArbGG, 17 a GVG ist der Beschluss über die Nichtabhilfe nach § 572 Abs. 1 ZPO genauso wie der Beschluss über die Rechtswegzuständigkeit durch die voll besetzte Kammer zu erlassen, da es sich insoweit um eine erneute Entscheidung in der Sache handelt (vgl. LAG Hessen, Beschl. v. 15.05.2008 - 20 Ta 80/08, Juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 25.01.2007 - 11 Ta 10/07, Juris; LAG Bremen, Beschl. v. 05.01.2006 - 3 Ta 69/05, LAGE § 68 ArbGG 1979 Nr. 9; LAG Berlin, 15.2. 2006 - 13 Ta 170/06 - LAGE § 623 BGB 2002 Nr. 5; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 7. Aufl. § 48 Rdnr. 118).

bb. Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 08.12.2010 ist danach zwar verfahrensfehlerhaft ergangen, weil er nicht durch die Kammer, sondern durch die Vorsitzende allein ergangen ist. Dieser Verfahrensverstoß zwingt allerdings nicht dazu, die Sache an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen, damit dies eine verfahrensfehlerfreie Entscheidung über die Nichtabhilfe treffen kann. Vielmehr kann nach Ansicht der Beschwerdekammer über die Beschwerde ohne Zurückverweisung in der Sache entschieden werden.

Dabei kann offenbleiben, ob der Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGG, der in § 68 ArbGG eine spezielle Ausgestaltung erfahren hat, trotz des im arbeitsgerichtlichen Verfahren über § 78 ArbGG grundsätzlich anwendbaren § 572 Abs. 3 ZPO einer Zurückverweisung in dem Urteilsverfahren lediglich vorgeschalteten Rechtswegbestimmungsverfahren nach § 17 a GVG entgegensteht (so zur Zurückverweisung aus anderen Gründen BAG, Beschl. v. 17.2.2003 - 5 AZB 37/02 - NZA 2003,518), obwohl die Frage der Beteiligung des gesetzlichen Richters betroffen ist. In Hinblick darauf, dass es sich um einen schweren Verfahrensfehler handelt, der auch die Frage der Beteiligung der gesetzlichen Richter betrifft, wird zwar auch die Ansicht vertreten, dass bei einer Nichtabhilfeentscheidung durch den Vorsitzenden allein notwendig gemäß § 572 Abs. 3 ZPO an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen sei (LAG Rheinland-Pfalz, 25.1.2007 - 11 Ta 10/07, Juris; LAG Baden-Württemberg, 7.8.2002 - 15 Ta 2/02, Juris; LAG Schleswig-Holstein - 2 Ta 160/05 - 01.07.2005, NZA 2005, 1079). Dieser Ansicht ist aber im Hinblick auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht zuzustimmen. Denn Gegenstand der Prüfung durch das Beschwerdegericht ist ausschließlich die angefochtene Entscheidung, nicht aber die Nichtabhilfeentscheidung. Der Sinn des Abhilfeverfahrens nach §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 572 Abs. 1 S. 1 ZPO besteht darin, dem Ausgangsgericht aus Gründen der Prozessökonomie Gelegenheit zur Selbstkorrektur zu geben. Die ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens ist damit nicht Verfahrensvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren oder für die Beschwerdeentscheidung selbst. Dementsprechend kann bei fehlerhaftem Abhilfeverfahren das Beschwerdegericht auch selbst in der Sache entscheiden (so auch LAG Hessen, 15.2.2008 - 8 Ta 259/07, Juris; LAG Hessen, Beschl. v. 15.05.2008 - 20 Ta 80/08, Juris; LAG Berlin 15.02.2006 - 13 Ta 170/06, a.a.O.; Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 7. Aufl. § 78 Rdnr. 35).

b. Die Beschwerde ist auch begründet, weil der Kläger ist jedenfalls eine arbeitnehmerähnliche Person ist, die gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG als Arbeitnehmer gilt mit der Folge, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG eröffnet ist.

aa. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Beschwerdekammer folgt, sind arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG Selbständige, die wegen ihrer fehlenden oder gegenüber Arbeitnehmern geringeren Weisungsgebundenheit und oft auch wegen fehlender oder geringerer Eingliederung in eine betriebliche Organisation im Vergleich zu einem Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis in wesentlich geringerem Maße persönlich abhängig sind. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt die wirtschaftliche Abhängigkeit. Allerdings muss der wirtschaftlich Abhängige seiner gesamten sozialen Stellung nach in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer schutzbedürftig und die geleisteten Dienste müssen nach ihrer soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sein (BAG, Beschl. v. 21.12.2010 - 10 AZB 14/10, NZA 2011, 309; Beschl. v. 21.02.2007, 5 AZB 52/06, NJW 2007, 1709; Beschl. v. 30.08.2000 - 5 AZB 12/00, NZA 2000, 1359; Beschl. v. 14.01.1997 - 5 AZB 22/96 NZA 1997, 344).

bb. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Kläger arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG, da er von der Beklagten wirtschaftlich abhängig und seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozialschutzbedürftig war.

(1) Wirtschaftliche Abhängigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn der Beschäftigte auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Tätigkeit für den Vertragspartner zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist. Eine arbeitnehmerähnliche Person kann für mehrere Auftraggeber tätig sein, wenn die Beschäftigung für einen von ihnen überwiegt und die daraus fließende Vergütung die entscheidende Existenzgrundlage darstellt (vgl. BAG, Beschl. v. 21.12.2010 - 10 AZB 14/10, NZA 2011, 309; Beschl. v. 21.02.2007, 5 AZB 52/06, NJW 2007, 1709).

Die Beklagte hat zwar das gesamte Vorbringen des Klägers zu seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit mit Nichtwissen bestritten. Nachdem jedoch der für das Vorliegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit darlegungs- und beweispflichtige Kläger unter Vorlage der Aufstellung seiner Einnahmen für die Jahre 2008 und 2009 vorgetragen hat, dass er zur Sicherung seiner Existenzgrundlage auf die Tätigkeit bei der Beklagten, bei der er mindestens 90% seiner Gesamteinkünfte erzielte, angewiesen war, über keine nennenswerten Vermögenswerte verfügt und Kopien der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 vorgelegt hat, nach denen der Kläger nur Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu versteuern hatte, reicht das pauschale Bestreiten der Beklagten für die Ablehnung der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Klägers nicht aus. Denn insoweit hätte die Beklagte im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers und die Vorlage der Einnahmeaufstellungen sowie der Kopien der Steuerbescheide nach § 138 Abs. 1, 2 ZPO konkret vortragen müssen, in welchen Punkten sie die tatsächlichen Erklärungen des Klägers zu seiner Vermögenslage für falsch oder für unvollständig hält, um diesem die Gelegenheit zu eröffnen, zu dem konkret bestrittenen Vortrag Stellung zu nehmen und ihn gegebenenfalls unter Beweis zu stellen. Das pauschale Vorbringen ist somit unbeachtlich (vgl. auch BAG, Urteil vom 24.04.2008 - 8 AZR 268/97, NZA 2008, 1314 zur Zulässigkeit des Bestreitens der Anhörung des Betriebsrates mit Nichtwissen).

(2) Der Kläger war während der Tätigkeit für die Beklagte auch einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig gewesen.

Diese Voraussetzung muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der wirtschaftlichen Unselbständigkeit des Mitarbeiters hinzukommen, um ihm den Status einer arbeitnehmerähnlichen Person zu verschaffen. Wann dies der Fall ist, kann unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nur den gesamten Umständen des Einzelfalls entnommen werden (vgl. BAG, Urteil vom 17.01.2006 - 9AZR 61/05, EzA § 2 BUrlG Nr. 6).

Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, das Fehlen einer dem Arbeitnehmer vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit daraus folge, dass der Kläger keine festen Arbeitszeiten gehabt habe, sondern in der Einteilung seiner Arbeitszeit und der Bestimmung seines Urlaubs völlig frei und im Übrigen auch nicht weisungsgebunden gewesen sei, für die Versteuerung seiner Bezüge sowie für die Versicherungen selbst zu sorgen gehabt habe und auch nicht verpflichtet gewesen sei, die Dienstleitung persönlich zu erbringen. Denn hierbei handelt es sich um Umstände, die für die Annahme der persönlichen Abhängigkeit und damit der Arbeitnehmereigenschaft eines Dienstverpflichteten entscheidend sind (vgl. dazu BAG, Urteil vom 20.01.2010 - 5 AZR 99/09, DB 2010, 788; Urteil vom 20.05.2009 - 5 AZR 31/08, NZA-RR 2010, 172; Urteil vom 17.01.2006 - 9 AZR 61/05, Juris). Wäre der Kläger nach Maßgabe der oben genannten Umstände gebunden, dann wäre er aufgrund persönlicher Abhängigkeit auch Arbeitnehmer der Beklagten. Vorliegend beruft sich der Kläger nicht darauf, dass er Arbeitnehmer, sondern im Verhältnis zur Beklagten arbeitnehmerähnliche Person war. Arbeitnehmerähnliche Personen sind jedoch keine Arbeitnehmer, sondern Selbständige. Diese Personengruppe zeichnet sich im Verhältnis zu Arbeitnehmern gerade dadurch aus, dass an die Stelle der das Arbeitsverhältnis prägenden persönlichen Abhängigkeit durch Weisungsgebundenheit die wirtschaftliche Abhängigkeit tritt (vgl. BAG, Beschl. v. 21.12.2010 - 10 AZB 14/10, NZA 2011, 309; Beschl. v. 21.02.2007 - 5 AZB 52/06, NZA 2007, 699).

Die Tatsache, dass der Kläger berechtigt war, auch für andere Arbeitnehmer tätig zu sein, spricht zwar für seine Selbständigkeit, nicht aber gegen die Arbeitnehmerähnlichkeit. Denn eine arbeitnehmerähnliche Person kann auch für mehrere Auftraggeber tätig sein, wenn die Beschäftigung für einen von ihnen überwiegt und die daraus fließende Vergütung - wie vorliegend - die entscheidende Existenzgrundlage darstellt (vgl. BAG, Beschl. v. 21.12.2010 - 10 AZB 14/10, NZA 2011, 309).

Der Kläger war nicht nur für eine relativ kurze Zeit für die Beklagte tätig, sondern erbrachte über einen Zeitraum von drei Jahren im erheblichen Umfang Dienstleistungen für die Beklagte (vgl. zu diesem Aspekt LAG Köln, Beschluss vom 03.07.1998 - 11 Ta 94/98 - ZTR 1998, 563 zu II der Gründe), sodass für die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Klägers die vertraglich vereinbarte Gegenleistung der Beklagten für die geleisteten Dienste maßgeblich war (vgl. dazu BAG, Beschluss vom 21.02.2007 - 5 AZB 52/06, NZA 2007, 699). Der Kläger hat auch keine so hohe Vergütung erzielt, dass bereits aufgrund der Vergütungshöhe vom Fehlen einer dem Arbeitnehmer vergleichbaren Schutzbedürftigkeit auszugehen wäre. Der Kläger mag zwar berechtigt gewesen sein, einzelne Aufträge abzulehnen und auch Dritte für die Erledigung der Aufträge einzusetzen. Tatsächlich hat jedoch der Kläger die Dienstleistungen für die Beklagten persönlich erbracht. Hinzu kommt, dass der Kläger die Bürotätigkeiten in Büroräumen der Beklagten unter Verwendung deren Betriebsmittel verrichtet hat und jedenfalls insoweit im Außenverhältnis als Mitarbeiter der Beklagten aufgetreten ist. Da er für diese Bürotätigkeiten vereinbarungsgemäß einen monatlichen Festbetrag von 1600 € netto verdient hat, war er zur Verrichtung der Bürotätigkeiten auch verpflichtet, weil dieser Festbetrag auch nach dem Vorbringen der Beklagten die vereinbarte Gegenleistung jedenfalls für die Bürotätigkeiten war. Soweit die Beklagte pauschal vorträgt, dass der Kläger zu keinerlei Dienstleistung verpflichtet gewesen sei, so ist dieses Vorbringen hinsichtlich der Bürotätigkeiten, für die er einen monatlichen zumindest unverständlich, da dafür ein monatlicher Festbetrag als Gegenleitung vereinbart wurde, woraus gleichzeitig eine Dienstleistungspflicht des Klägers folgte. Der Kläger mag zwar die Bürotätigkeiten völlig weisungsfrei erledigt haben und auch berechtigte gewesen sein, Dritte einzusetzen. Dies ändert aber nichts daran, dass er für den vereinbarten Festbetrag von 1600 € für die Erledigung der Bürotätigkeiten, wenn auch nicht persönlich und weisungsabhängig, doch als Selbständiger aufgrund eines Dienstvertrages im Sinne des § 611 BGB schuldete, was ebenfalls für eine dem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit spricht (vgl. dazu auch LAG Berlin, Beschl. v. 31.08.2010 - 6 Ta 1011/10, NZA-RR 2010, 657). Aus alldem folgt, dass der Kläger aufgrund der Gesamtumstände auch als einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig und damit arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG war. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist damit gegeben.

III.

Die Beklagte hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach dem Wert der Hauptsache. Wegen der eingeschränkten Rechtskraft im Rechtswegbestimmungsverfahren sind davon 3/10 in Ansatz gebracht worden.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu klärenden Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Beteiligung der ehrenamtlichen Richter an der Nichtabhilfeentscheidung und der uneinheitlichen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte dazu hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG zugelassen.