OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.07.2011 - 6 A 2628/10
Fundstelle
openJur 2012, 80998
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abge-lehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfah-rens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 40.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der Kläger habe weder einen Anspruch darauf, dass das beklagte Land die Schulleiterstelle am C. B. mit ihm besetze bzw. über seine Bewerbung vom 25. September 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheide, noch könne er die Fortführung des mit Ausschreibung vom August 2008 eingeleiteten Stellenbesetzungsverfahrens beanspruchen. Das beklagte Land habe dieses Auswahlverfahren rechtsfehlerfrei abgebrochen und eine Neuausschreibung der Schulleiterstelle vorgenommen. Diese Vorgehensweise beruhe angesichts der Beanstandung der ursprünglichen Auswahlentscheidung vom 18. Dezember 2009 durch den auf bedenkenswerte Erwägungen gestützten Beschluss der Kammer vom 21. April 2010 - 2 L 17/10 - auf einem hinreichenden sachlichen Grund.

Der Kläger meint, die Begründung des Verfahrensabbruchs sei nicht hinreichend konkretisiert. Allein die Beanstandung der Auswahlentscheidung durch ein Gericht genüge nicht, weil der Dienstherr sonst die aussichtsreiche Position eines Stellenbewerbers durch (willkürliche) Aufhebung des Auswahlverfahrens entwerten und auf diese Weise auch die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern könne. Daher sei hier die Auswahlentscheidung isoliert aufzuheben und ein erneuter Leistungsvergleich anhand der Beurteilung des Beigeladenen vom 24. April 2008 und der aktuellen Beurteilung des Klägers vorzunehmen gewesen. Darüber hinaus beruhe der Abbruch auf sachwidrigen Erwägungen, weil er politisch motiviert gewesen sei. Der damalige Regierungspräsident habe sich in der Öffentlichkeit entgegen dem Neutralitätsgebot einseitig für den Beigeladenen positioniert. Die sachwidrige Vorgehensweise werde auch angesichts des Anforderungsprofils der Neuausschreibung deutlich, die um das Kriterium "Leitungserfahrungen" ergänzt worden sei, über die lediglich der Beigeladene als einziger Mitbewerber des Klägers verfüge. Schließlich sei keine neue dienstliche Beurteilung des Beigeladenen erfolgt, obwohl die Abbruchentscheidung mit der Rechtswidrigkeit der Beurteilung vom 23. Oktober 2009 begründet worden sei.

Diese Einwendungen des Klägers greifen im Ergebnis nicht durch.

Der Anspruch eines Bewerbers um eine Beförderungsplanstelle - wie hier die im August 2008 ausgeschriebene Schulleiterstelle am C. B. - auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung besteht nur, wenn eine Ernennung in diesem Besetzungsverfahren tatsächlich vorgenommen werden soll.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 - 2 C 21.95 -, Juris, und OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2006

- 6 A 604/05 -, Juris, jeweils m.w.N.

Das ist angesichts des ausdrücklich erklärten Abbruchs des Auswahlverfahrens mit dem an die Beteiligten gerichteten Schreiben vom 25. Mai 2010 nicht (mehr) der Fall.

Die Durchführung einer Stellenausschreibung zwingt den Dienstherrn nicht, die Stelle mit einem der Bewerber zu besetzen; denn die Ausschreibung ist lediglich ein Hilfsmittel zur Gewinnung geeigneter Bewerber. Der Dienstherr ist nicht gehindert, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren in jedem Stadium zu beenden. Als eine aus seinem Organisationsrecht erwachsene verwaltungspolitische Entscheidung berührt sie die Rechtsstellung von Bewerbern grundsätzlich nicht. Insbesondere besteht grundsätzlich weder ein Anspruch auf Besetzung der ausgeschriebenen Stelle noch auf Fortführung des Auswahlverfahrens. Das dem Dienstherrn bei seiner Entscheidung über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens zustehende weite organisations- und verwaltungspolitische Ermessen unterscheidet sich wesentlich von dem Auswahlermessen bei einer Stellenbesetzung. Es ist nur von dem Erfordernis sachlicher Gründe für die Abbruchentscheidung begrenzt. Das hat zur Folge, dass auch die an Ermessensentscheidungen, etwa im Rahmen eines Verwaltungsakts,

vgl. zur fehlenden Verwaltungsaktsqualität der Abbruchentscheidung OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2007 - 6 B 1094/07 -, Juris,

zu stellenden Abwägungs- und Begründungserfordernisse nicht ohne Weiteres auf die Abbruchentscheidung übertragbar sind.

Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 und OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2006, jeweils a.a.O.

Gemessen an diesen Anforderungen ist der Abbruch des mit der Stellenausschreibung im August 2008 eingeleiteten Stellenbesetzungsverfahrens rechtlich nicht zu beanstanden. Das beklagte Land hat das Stellenbesetzungsverfahren ausweislich der entsprechenden Mitteilung an die Bewerber vom 25. Mai 2010 abgebrochen bzw. für gescheitert erklärt, weil das Verwaltungsgericht Arnsberg die getroffene Auswahlentscheidung in seinem Beschluss vom 21. April 2010 - 2 L 17/10 - beanstandet hatte. Im vorliegenden Klageverfahren trägt es dazu weiter vor, es sei aufgrund der in diesem Beschluss getroffenen Aussagen für alle Beteiligten ersichtlich gewesen, dass das im August 2008 eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren an erheblichen Mängeln gelitten habe und man sich nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens zu Gunsten aller Beteiligten des Stellenbesetzungsverfahrens für den Abbruch des Verfahrens entschieden habe.

Aus dieser Begründung folgt eine hinreichende sachliche Rechtfertigung für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens. Einer weiteren Konkretisierung bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Denn mit der Bezugnahme auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung in dem oben genannten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes war es für die Bewerber um die streitige Stelle, die beide auch Beteiligte dieses Verfahrens waren, ohne weiteres erkennbar, dass sich das beklagte Land den Plausibilitätsbedenken des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Beurteilung des Beigeladenen vom 23. Oktober 2009 angeschlossen hat. Einer Wiederholung der verwaltungsgerichtlichen Erwägungen in der Mitteilung vom 25. Mai 2010 bedurfte es daher nicht.

Die angenommene Rechtswidrigkeit der Beurteilung des Beigeladenen als Mitbewerber um die im August 2008 ausgeschriebene Beförderungsplanstelle stellt auch einen hinreichenden sachlichen Grund für den Abbruch dar. Aufgrund der Plausibilitätsbedenken hinsichtlich der Beurteilung des Beigeladenen vom 23. Oktober 2009 konnte der Dienstherr den Beigeladenen nicht mehr mit dieser Beurteilung in den Leistungsvergleich für die Auswahlentscheidung einbeziehen. Keinesfalls war es aber zwingend, wie der Kläger offenbar meint, den Leistungsvergleich deswegen auf der Grundlage der vorangegangenen Beurteilung des Beigeladenen vom 24. April 2008 vorzunehmen. Diese Beurteilung lag lange zurück und berücksichtigte zudem nicht die erst danach erfolgte Teilnahme des Beigeladenen am sog. Eignungsfeststellungsverfahren. Dem Beigeladenen standen angesichts dieser veränderten Ausgangslage grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten für sein weiteres Vorgehen offen; er konnte eine neue, die gerügten Fehler vermeidende Anlassbeurteilung verlangen oder aber auch den Verzicht auf die angestrebte Beförderung erklären. Vor diesem Hintergrund erscheint die Entscheidung sachgerecht, das laufende Verfahren nicht mit den daraus resultierenden Unsicherheiten zu belasten, sondern den Weg einer Neuausschreibung zu wählen. Diese Einschätzung ist im Nachhinein bestätigt worden durch die erhebliche Dauer bis zur Neuerstellung der Beurteilung des Beigeladenen, die erst im Januar 2011 abgeschlossen war.

Von einer (manipulativen) Steuerung des Bewerberkreises durch den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens und die anschließende Neuausschreibung, die die sachliche Rechtfertigung der vom Dienstherrn gewählten Vorgehensweise in Frage stellen würde, ist hier nicht auszugehen. Soweit der Kläger zur Begründung seiner gegenteiligen Einschätzung die offenbar vorgenommene Ergänzung des Ausschreibungstextes der Neuausschreibung um das Kriterium "Leitungserfahrungen" anführt, liegt darin keine missbräuchliche Verfahrensweise des Dienstherrn. Das folgt schon daraus, dass dieses Kriterium eine enge Verknüpfung mit den Anforderungen des in Frage stehenden Schulleitungsamtes aufweist und demnach seinerseits als sachgerecht anzusehen ist.

Schließlich begründet auch der Umstand, dass sich der damalige Regierungspräsident öffentlich für eine Besetzung der hier im Streit stehenden Schulleiterstelle mit dem Beigeladenen ausgesprochen hat, keine durchgreifenden Zweifel an der hinreichenden sachlichen Rechtfertigung der Abbruchentscheidung. Es ist grundsätzlich rechtlich nicht bedenklich, wenn ein bestimmter Bewerber seitens des Dienstherrn favorisiert wird, solange die Grundsätze eines willkürlichen Verfahrens und der Bestenauslese nicht verletzt werden. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Vielmehr hat auch der Kläger in seiner Beurteilung vom 29. Dezember 2008 die Bestnote "Die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße" erhalten. Dass die Auswahlentscheidung letztlich gleichwohl zu Gunsten des Beigeladenen ausgefallen war, beruhte allein auf dem Wahlbeschluss der Schulkonferenz.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil er sich mit der Antragstellung im Zulassungsverfahren einem Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).