OLG Köln, Beschluss vom 25.07.2011 - 4 UF 18/11
Fundstelle
openJur 2012, 80952
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Brühl vom 09.12.2010 - 33 F 188/10 - abgeändert.

Unter Zurückweisung des Gegenantrags des Antragsgegners wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das minderjährige Kind C. I. L., geboren am 08.08.2006, auf die Antragstellerin (Kindesmutter) übertragen.

Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

Die gemäß §§ 58, 59, 61, 63, 64, 151, 38 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde der Antragsgegnerin hat auch in der Sache Erfolg. Auf ihren Antrag hin war die angefochtene Entscheidung des Familiengerichts unter Abweisung des Gegenantrags des Antrags- und Beschwerdegegners abzuändern und der Kindesmutter nach § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht über den gemeinsamen Sohn C. zu übertragen.

Nach § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB ist dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teiles der elterlichen Sorge stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge bzw. eines Teilbereichs von dieser und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus (BGH, FamRZ 2008, 592). Maßstab für die Entscheidung nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist stets das Kindeswohl. Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung (Erziehungseignung) und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens (so BGH FamRZ 2011, 796-801; FamRZ 1990, 392, 393 mwN). Die einzelnen Kriterien stehen aber letztlich nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (FamRZ 1990, 392, 393 mwN; FamRZ 2010, 1060). Erforderlich ist eine alle Umstände des Einzelfalls abwägende Entscheidung. Hierbei sind alle von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Gesichtspunkte in tatsächlicher Hinsicht soweit wie möglich aufzuklären und unter Kindeswohlgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen, um eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen (vgl. BVerfG FamRZ 2009, 1897; BGH FamRZ 2010, 1060).

Um eine möglichst sachgerechte am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu treffen, hat der Senat den bei seiner Anhörung noch vier Jahre alten C. nochmals angehört. Der Senat konnte sich so selbst von C. und seinen Neigungen, Bindungen sowie seinem Willen einen unmittelbaren Eindruck verschaffen (BGH FamRZ 1985, 169) und eine eigene Überzeugung bilden, zu welcher Person er die stärksten Bindungen hat. Insbesondere war die Beachtlichkeit seines geäußerten Willens unter den gegebenen Umständen zu untersuchen, wobei der Senat sich im Hinblick auf das Kindesalter bewusst ist, dass der Funktion der Selbstbestimmung des Kindes noch nicht die Bedeutung zukommt wie bei einem älteren Kind. Je älter das Kind ist, desto weniger wird man gegen seinen ernsthaft geäußerten Willen entscheiden können, wenn nicht Gründe der Kindeswohlgefährdung (§ 1666 BGB) entgegenstehen. In Anbetracht von C.‘s Alter ist zur Berücksichtigung seines Willens und seiner Interessen gemäß § 158 FamFG ein Verfahrensbeistand beigeordnet worden, um im schweren Interessenskonflikt seiner Eltern die einseitige Vertretung seiner Interessen zu ermöglichen (BGH FamRZ 2010, 1060 mwN). So hat auch der Verfahrensbeistand im Termin zur mündlichen Verhandlung in Ausübung seiner Funktion nochmals über seine schriftlichen Stellungnahmen hinaus zu den die Interessen und den Willen des Kindes betreffenden Tatsachen und den diesbezüglichen Ermittlungen und Vorstellungen des Familiengerichts und des Senats umfassend berichten können (zur Stellung des Verfahrensbeistands im Sorgerechtsverfahren siehe auch BGH FamRZ 2011, 796-801; 2010, 1060).

Vor dem Hintergrund der erheblichen Auseinandersetzungen der Eltern erscheint es unausweichlich, jedenfalls das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen der beiden Elternteile zu übertragen. Nicht zu entschieden werden braucht, da die Kindeseltern dies erkennbar nicht wollen, ob vor dem Hintergrund der erheblichen Auseinandersetzungen der Eltern nicht auch die Aufhebung der gemeinsamen Sorge insgesamt in Betracht zu ziehen war (vgl. hierzu Schilling NJW 2007, 3233, 3237 ff. mwN). Der Senat sieht die eingeschränkte Antragstellung als positives Zeichen dahin gehend, dass die Kindeseltern nach Beendigung dieses Verfahrens in C’s Interesse bereit sind, ihre wechselseitigen persönlichen Anfeindungen zurückzustellen, um doch noch gemeinsame Verantwortung für ihren Sohn übernehmen zu können. Gerade die C. zu vermittelnde Erfahrung, dass sich beide Elternteile in gemeinsamer Verantwortung um ihn sorgen, erscheint dem Senat von großem Wert, um C‘s tiefer durch die Auseinandersetzung der Eltern um ihn verursachten Verunsicherung zu begegnen.

Nach Anhörung von C. sowie der Kindeseltern, der Gutachterin, Frau Dipl. Psych. W., der Verfahrensbeiständin und dem Vertreter des Jugendamtes durch den Senat ist dieser zu der Überzeugung gelangt, dass es dem Kindeswohl am dienlichsten ist, wenn C. seinen Lebensmittelpunkt bei seiner Mutter, der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin, hat.

Der Senat folgt nicht der Einschätzung des Familiengerichts, wonach die graduell bessere Erziehungseignung des Vaters für eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater (Antragsgegner) spreche. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf eine bessere Bindungstoleranz des Vaters. Die mangelnde bzw. schlechtere Bindungstoleranz stützt das Familiengericht auf die Tatsache, dass die Kindesmutter, nachdem ihr im einstweiligen Anordnungsverfahren nur vorübergehend das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen worden sei, die ihr eingeräumte rechtliche Möglichkeit genutzt habe, nach O. in T. und damit über 500 km entfernt vom bisherigen Aufenthaltsort der Familien zu ziehen und damit, so die Meinung des Familiengerichts, die Bindungen des Kindes an seine gewohnte Umgebung und den Vater wesentlich erschwert habe. Indessen scheint der Vorwurf der fehelenden Bindungstoleranz der Mutter nicht in dem Umfang und der Schwere gerechtfertigt, dass dies eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie verbieten würde. Die Motive des Elternteils für seinen Entschluss an einen anderen weiter entfernten Ort zu ziehen, stehen grundsätzlich nicht zur Überprüfung des Familiengerichts. Es kommt insoweit auch nicht darauf an, ob der Elternteil triftige Gründe anführen kann. Dementsprechend stehen dem Familiengericht keine Möglichkeiten zur Sanktion zur Verfügung. Verfolgt allerdings der Elternteil mit dem Wegzug (auch) den Zweck, den Kontakt zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zu vereiteln, steht die Bindungstoleranz des betreuenden Elternteils und somit seine Erziehungseignung in Frage (BGH FamRZ 2010, 1060). Nach Auffassung des Senats kann aber gerade nicht festgestellt werden, dass der Grund des Wegzugs in der Absicht der Antragstellerin begründet war, Ben dem Umgang seines Vaters zu entziehen. So führt das Familiengericht selbst aus, dass die Kindesmutter nach dem Wegzug den Umgang des Kindes mit dem Vater durch die Fahrten von O. nach F. sicher stellte. Dagegen hatte die Kindesmutter durchaus aus ihrer Sicht gewichtige Gründe, eine größere Distanz zwischen den eigenen Aufenthaltsort und denjenigen ihres Ehemanns zu legen. Daher kann nicht festgestellt werden, dass sich die Kindesmutter willkürlich über den vom Familiengericht mit seiner im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen Entscheidung beabsichtigten Zweck hinweggesetzt und die Entscheidung zur Durchführung eines vorgefassten Plans zur Aushebelung des Umgangsrechts des Antragsgegners missbraucht hat. So weist die Kindesmutter in ihrer Beschwerdebegründung und auch schon während des gesamten Verfahrens auf die bestehende latente Gewaltsituation zwischen ihr und ihrem getrennt lebenden Ehegatten hin. Dieser (behaupteten) Gewaltsituation hat das Familiengericht nicht hinreichend Rechnung getragen. Immerhin belegen die Akten eindeutig, dass in der Konflikt beladenen Beziehung der Kindeseltern „Gewalt“ immer wieder eine Rolle gespielt hat. So ist auch der Senat in seinem Beschluss vom 18.06.2010 - 4 WF 83 u. 84/10 - davon ausgegangen, dass der Kindesvater der Kindesmutter nachgestellt hat. Immerhin war es durch Beschluss des Senats vom 18.06.2010 - 4 WF 83/10 - im dortigen einstweiligen Gewaltschutzanordnungsverfahren zu der Wohnungszuweisung an die Antragstellerin gekommen. Auch die Anhörung der Kindeseltern im Termin hat ergeben, dass es der Kindesvater durchaus versteht, die Antragstellerin zumindest psychisch unter Druck zu setzen und sie so aus der Fassung zu bringen. Gerade dies war dann auch der von der Antragstellerin geäußerte Grund, möglichst weit wegzuziehen, obwohl sie doch im einstweiliegen Anordnungsverfahren die Wohnung zugewiesen erhalten hatte. Dennoch war der Antragsgegner stets präsent, hatte er doch sein Büro im ehemaligen Familienheim. So ist die Antragstellerin auch nicht ohne vorherige Einholung eines Rates weggezogen. Auch der Vertreter des Jugendamtes hat bestätigt, dass die Kindesmutter sich über die fortdauernden Belästigungen beklagt und um Rat gefragt habe, ob sie wegziehen könne. Mangelnde Bindungstoleranz kann unter Berücksichtigung der gesamten Umstände sicher nicht angenommen werden. So scheint auch dem Senat die Verteidigung des Antragsgegners zur eigenen Gewaltbereitschaft halbherzig. Wenig überzeugend ist seine Darstellung, dass er das „Gewaltopfer“ gewesen sein soll. Ermittelte Gewalttätigkeiten liegen jedenfalls nur auf Seiten des Antragsgegners vor. Bis 2010 liefen mehrere Gewaltschutzverfahren gegen den Antragsgegner. Ein Strafverfahren gegen ihn wegen Körperverletzung wurde nach § 153 a StPO eingestellt, was jedenfalls „geringe“ Schuld, also Täterschaft voraussetzt. Einen ins Auge gefassten Kurs „Mann sein ohne Gewalt“ hat der Antragsgegner dann doch nicht wahr genommen (vgl. Blatt 180 GA), weil er sich selbst nicht als therapiebedürftig ansah. Das sind unter Beachtung des oben genannten Senatsbeschlusses nicht zu vernachlässigende Tatsachen. Auch in der mündlichen Verhandlung machte der Antragsgegner nicht den Eindruck, als ließe er sich von der Antragstellerin unter Druck setzen. Vielmehr trat er dieser recht offensiv gegenüber und verstieg sich sogar in den Vorwurf einer „Persönlichkeitsstörung“ ihrerseits. Soweit im Gutachten der Dipl.-Psychologin W. vom 18.10.2010 (siehe Anlagenheft) zur „Kindeswohlfrage“ ausgeführt wird, dass bei den Eheleuten eine gewisse Gewaltbereitschaft im Rahmen ihrer Streitigkeiten vorgelegen habe, ohne dass objektiv feststellbar sei, von wem sie ausgegangen sei, kann unter Gesamtwürdigung der obigen Gesichtspunkt zwar nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Antragstellerin vom Antragsgegner im Einzelfall provozieren ließ, allein von einer „Opferrolle“ des Antragsgegners konnte sich der Senat allerdings nicht überzeugen.

Auch wenn die erheblichen Vorwürfe der Kindesmutter einen gewissen Rechtfertigungscharakter für den Umzug erkennen lassen, wird von einer herabgesetzten Bindungstoleranz eher auf Seiten des Kindesvaters auszugehen zu sein. So sind die Vorwürfe des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin sehr verletzend. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass der Antragsgegner seine Abneigung und Geringschätzung gegenüber der Antragstellerin auch gegenüber C. nicht verbirgt und diesen damit in große Loyalitätskonflikte bringt, hat der Senat bei C.‘s Anhörung doch klar erkennen können, dass dieser seine Mutter gleichermaßen lieb hat wie den Vater.

Eine größere Bindungstoleranz des Kindesvaters im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts kann ebenfalls nicht festgestellt werden. So kommt es immer wieder zu Konflikten bei der Übergabe von C. Wenig flexibel zeigt sich der Antragsteller hier bei der Einschaltung von C.‘s Halbgeschwistern, an denen C. sehr hängt. Dagegen liefen die Umgangskontakte vor der angegriffenen amtsgerichtlichen Entscheidung recht ordentlich, wie das Familiengericht in seinem Beschluss selbst feststellt.

Kann aber eine geringere Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter nicht an einer gegenüber dem Vater schwächeren Bindungstoleranz fest gemacht werden und ergeben sich aufgrund des SV-Gutachten der Dipl.-Psychologin W. vom 18.10.2010 (siehe Anlagenheft) zur „Kindeswohlfrage“ keine gravierenden Unterschiede in der Erziehungsgeeignetheit der Kindeseltern, kommt dem Kindeswillen unter Beachtung der Elternbindung trotz C.‘s geringen Alters mitentscheidende Bedeutung zu.

Dies bezüglich konnte sich der Senat bei C.‘s Anhörung selbst anschaulich davon überzeugen, dass C. sehr an seiner Mutter hängt. So hat er auch unmissverständlich den Mitgliedern des Senats gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er bei der Mutter wohnen, den Vater aber häufig besuchen wolle. Der Verlust möglicher Bindungen in F. war kein Problem für C. Das mag dadurch bestimmt sein, dass C. auch dort noch nicht so richtig verwurzelt ist. Wechselte er doch erst im November 2010 in den Kindergarten nach M. Auch O. war zuvor für C. keine völlig neue Umgebung. So verbrachte er schon wiederholt mit der Familie seine Ferien in O. auf dem Bauernhof der Familie U. Der Kindesvater lässt in seinem letzten Schriftsatz nochmals ausdrücklich vortragen, dass er die Örtlichkeiten dort aufgrund der gemeinsamen Urlaube bestens kenne. Gleiches gilt selbstverständlich auch für C., so dass es dem Senat durchaus plausibel erscheint, wenn C. dem Senat überzeugend den Eindruck vermitteln konnte, dass er in O. außer natürlich den Vater kaum etwas vermisse und dort gerne sei. Von daher stellt der Ortswechsel für C. unter Kontinuitätsgesichtspunkten auch keine gravierende psychische Beeinträchtigung in dem Sinne dar, aus einem gewohnten Umfeld abrupt gerissen zu werden. Die deutliche Beeinträchtigung seines Wohlbefindens rührt sicherlich daher, dass er unter der Trennung der Eltern und noch mehr unter ihrer Zerstrittenheit enorm leidet. Diesen Zustand kann die Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht ändern. Es ist Sache der Kindeseltern, C. zu vermitteln, dass er von seinen Eltern gleichermaßen unabhängig seiner Entscheidung, bei wem er im Schwerpunkt leben will, geliebt wird. Hierzu gehört auch, dass die Kindeseltern sich trotz aller Interessenkonflikte gegenseitig achten und die Wertschätzung ihrem Kind vermitteln, damit dieses ein ungestörtes Verhältnis zu beiden Elternteilen behalten und fortentwickeln kann.

C.‘s Tendenz zur Mutter erscheint im Hinblick auf die Bestätigung der Sachverständigen wie auch der Rechtsbeiständin dahin, dass die Antragstellerin die gefühlsbetontere Bezugsperson ist, während der Antragsteller klare Strukturen bevorzugt, durchaus im Hinblick auf das Kindesalter verständlich und auch interessengerecht. Der Senat verkennt nicht, dass C.‘s Willensbildung situationsbedingt beeinflussbar und sicherlich nicht konstant eindeutig ist. Gleichwohl wird von den vorgenannten Personen in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen des Senats aus C.‘s Anhörung dessen stärkere gefühlsmäßige Bindung an die Mutter, auch wenn sie nur tendenziell ist, bestätigt. Da keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter ansonsten bestehen, sieht der Senat das entscheidende Kriterium für seine Entscheidung in C.‘s bevorzugtem Aufenthalt bei der Kindesmutter. Dies ist nach der Überzeugung des Senats interessengerecht und kindeswohldienlich. Bei in etwa gleichem Maße bestehender Erziehungsgeeignetheit der Kindeseltern und ohne das Vorliegen sonstiger dem Kindeswohl entgegenstehender Umstände war nach Auffassung des Senats dem vorwiegenden Kindeswunsch zu entsprechen.

Der Senat sieht sich dabei nicht im grundsätzlichen Widerspruch zu der Sachverständigen und zu den Stellungnahmen der Rechtsbeiständin und des Jugendamtes. Der Vertreter des Jugendamtes hat nur erklärt, ohne auf die Erziehungsgeeignetheit der Elternteile im einzelnen eingegangen zu sein, dass einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Kindesvater Gründe nicht entgegenstehen. Das sieht der Senat ebenso, gilt aber nach seiner Auffassung gleichermaßen für die Antragstellerin.

Auch die Sachverständige und die Rechtsbeiständin lehnen die Möglichkeit einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter nicht von vorne herein kategorisch ab, meinen aber, dass der Kindesvater tendenziell geeigneter sei, die Erziehung und Betreuung von C. zu strukturieren. Die Verfahrenbeiständin hat ihre vor dem Termin vom 24.05.2011 geäußerte Meinung nach der Anhörung aller Beteiligten relativiert und auch einen Verbleib bei der Kindesmutter für C.‘s Wohl als positiv angesehen. Im Hinblick auf die oben erörterten Gesichtspunkte misst der Senat  der stärkeren gefühlsmäßigen Bindung C.‘s an seine Mutter und seinem entsprechend geäußerten Wunsch, bei dieser wohnen zu wollen und den Vater recht häufig besuchen zu dürfen, das größere Gewicht bei, das die Waagschale zu Gunsten der Kindesmutter ausschlagen lässt.

Der Senat hofft, dass mit dieser Entscheidung Ruhe und Verlässlichkeit in C.‘s Erziehung und Betreuung einkehrt. Ben wird seinen (neuen) Lebensmittelpunkt noch finden müssen. Die gemeinsame Verantwortung der Kindeseltern für die wesentlichen Fragen betreffend C.‘s seelischgeistiger Entwicklung bleibt in der gemeinsamen Verantwortung der Eltern. Es obliegt nunmehr der Kindesmutter, den Vater angemessen an C.‘s Entwicklung teilhaben zu lassen und diesem ein C.‘s starker Vaterbindung angemessenes Umgangsrecht einzuräumen. Die räumliche Entfernung - egal ob von O. oder J. - und die damit verbundenen Schwierigkeiten in der Ausübung des Umgangsrechts werden bleiben. Hier sind die Eltern gefordert durch flexible Regelungen Bens Belastungen möglichst gering zu halten.

Die Kostenentscheidung für beide Instanzen folgt aus § 81 FamFG.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000,00 €.

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