OLG Köln, Urteil vom 19.07.2011 - 24 U 172/10
Fundstelle
openJur 2012, 80870
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 6.8.2010 (16 O 420/09) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.565,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.8.2009 zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung eines Anteils zu einem Nennbetrag von 70.000 DM an der K. L. Q. GmbH & Co. KG.

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin 21 % und der Beklagte 79 % zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden der Klägerin zu 12 % und dem Beklagten zu 88 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Durch Beitrittserklärung vom 12.11.1996 trat der Ehemann der Klägerin der K. L. Q. GmbH & Co. KG bei und zeichnete einen Eigenkapitalanteil (Kommanditeinlage) von 70.000 DM zuzüglich eines Agios in Höhe von 5 %.  Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten als Anlageberater aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Soweit die Klägerin die Klage darauf stütze, der Beklagte habe ihren Ehemann nicht über die unzureichende Fungibilität der Beteiligung aufgeklärt, berufe sich der Beklagte erfolgreich auf Verjährung, so dass die Frage, ob der Beklagte gegenüber dem Zedenten tatsächlich angegeben habe, die Weiterveräußerung der Anteile sei unproblematisch, offen bleiben könne. Der Zedent habe ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis von den den Anpruch begründenden Umständen erlangen können. In dem ihm spätestens am 12.11.1996 ausgehändigten Angebotsprospekt werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine „Börse“ für den Handel zur Verfügung stehe. Der Zedent habe damit während der gesamten Zeit, in der er den Prospekt besaß, anhand des auch für einen Laien insoweit verständlichen Prospektinhalts erkennen können, dass die - unterstellte - Angabe des Beklagten falsch gewesen sei. Überdies sei nicht erkennbar, inwieweit der - unterstellte - Aufklärungsmangel kausal für die Anlageentscheidung geworden sein solle.  Zwar behaupte die Klägerin, der Zedent habe die Anlage dann nicht gezeichnet; dies sei aber ohne tiefergehende Substanz. Insbesondere vor dem Hintergrund der langen Laufzeit des Vertrages werde die grundsätzlich langfristige Bindung an diese Anlage offensichtlich. Demnach habe es eine konkretere Darstellung erfordert, warum die unbeschränkte Handelbarkeit der Beteiligung für den Zedenten von entscheidender Bedeutung gewesen sein sollte.

Soweit die Klägerin ihren Haftungsanspruch darauf stütze, dass der Zedent nicht auf das mit der Eintragung einer Globalgrundschuld i.H. von 56.079.545 DM verbundene Risiko hingewiesen worden sei, sei darin bereits kein Beratungsfehler zu erkennen; im Übrigen sei ein hierauf gestützter Anspruch ebenfalls verjährt. Die gesamten Immobilien des Fonds seien mit der Grundschuld belastet, an dieser Gesamtheit habe der Zedent nur einen „ideellen“ Anteil; er habe zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch darauf gehabt, einen Sondereigentumsanteil an der Immobilie zu erwerben. Ferner hafte er nicht für das Insolvenzrisiko sämtlicher Anleger, da die Grundschuld nicht der Absicherung der Darlehen der einzelnen Kommanditisten diene, sondern lediglich der Absicherung der Darlehen der Gesellschaft. 

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30.8.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.9.2010 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 29.10.2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge vollumfänglich weiter. Sie wiederholt ihren Sachvortrag erster Instanz und macht geltend, das angefochtene Urteil berücksichtige in mehrfacher Weise nicht die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der Emissionsprospekt sei dem Zedenten erst am Tag der Zeichnung übergeben worden und damit zu spät. Unabhängig hiervon seien die Angaben in dem Prospekt nicht geeignet, einen unerfahrenen Anleger ausreichend darauf hinzuweisen, dass er seine Beteiligung mangels Zweitmarkts nicht wieder verkaufen könne. Dieser Aufklärungsmangel sei vorliegend auch kausal für die Anlageentscheidung geworden. Hierfür spreche schon eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung; im Übrigen habe der Zedent ausdrücklich danach gefragt, ob er die Beteiligung jederzeit wieder verkaufen könne, was der Beklagte bejaht habe. Ferner sei auch nicht über die Haftungsrisiken einer Globalgrundschuld aufgeklärt worden. Schließlich verkenne das Landgericht die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Verjährung.

Die Klägerin beantragt,

1.     das Urteil des Landgerichts  Köln vom 6.8.2010 - 16 O 420/09 - aufzuheben;

2.     den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 26.727,86 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3.     die Verurteilung Zug um Zug gegen Übertragung eines Anteils zu einem Nennbetrag von DM 70.000,00 an der K. L. Q. GmbH & Co. KG erfolgen zu lassen;

4.     festzustellen, dass sich der Beklagte im Annahmeverzug befindet.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. 

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg.

1.

Der Klägerin kann von dem Beklagten aus abgetretenem Recht Zahlung von 23.565,20 € Zug um Zug gegen Übertragung eines Anteils zu einem Nennbetrag von 70.000,00 DM an der K. L. Q. GmbH & Co. KG verlangen. Der Anspruch, der sich gemäß Art. 229 § 5 EGBGB nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 1.1.2002 gültigen Fassung richtet, ergibt sich aus positiver Vertragsverletzung eines zwischen dem Zedenten und dem Beklagten geschlossenen Anlageberatungsvertrages.

a.

Ein Anlageberatungsvertrag kommt zustande, wenn der Anleger die Dienste eines Beraters in Anspruch nimmt und ihm gegenüber daraufhin eine fachkundige oder fachkundig erscheinende Bewertung und Beurteilung der Anlage vorgenommen wird,

vgl. z.B. BGH, Urt. v. 5.11.2009 - III ZR 302/08 -, zit. nach juris, Tz. 13. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen, die das Landgericht in dem angefochtenen Urteil getroffen hat und an die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO gebunden ist, da keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel  an der Richtigkeit und Vollständigkeit bestehen, erfüllt. Danach stellte der Beklagte dem Zedenten bei einem ersten Treffen ein Investitionsprojekt für gewerbliche Immobilien samt Hotel in Q. vor. Er erfragte das Jahreseinkommen und die Steuerklasse des Zedenten, mit deren Hilfe eine Berechnung angefertigt werden sollte. Bei einem weiteren Treffen legte der Beklagte dem Zedenten ein „Berechnungsbeispiel über einen geschlossenen Immobilienfonds“ anhand des Objekts „NLI 29 K. L. Q.“ vor. Schließlich unterzeichnete der Zedent, nachdem der Beklagte ihm auch einen Fondsprospekt überreicht hatte, eine Beitrittserklärung zur K. Q. GmbH & Co. KG in Höhe einer Kommanditbeteiligung von 70.000 DM. Damit hat eine jedenfalls sachkundig erscheinende Beratung des Zedenten stattgefunden; der Beklagte hat die streitgegenständliche Anlage als für die Zwecke des Zedenten geeignet bewertet. Soweit sich der Beklagte in erster Instanz darauf berufen hat, dass der Berechnungsbogen nicht von ihm erstellt worden sei, sondern über das Vertriebsbüro D. & Partner in X., das die Anlage vertrieben habe, er selbst habe die von dem Zedenten ermittelten Daten nur weitergegeben und die Erstellung der Berechnung vermittelt, dürfte diesem Einwand kein Erfolg beschieden sein, da der Beklagte dem Zedenten gegenüber nicht offen gelegt hat, dass er für eine Fa. D. & Partner auftritt. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, da der Beklagte den Einwand mit der Berufung nicht weiter verfolgt.

b.

Der Beklagte hat den Zedenten falsch beraten und damit gegen seine Pflicht aus dem Anlageberatungsvertrag verstoßen.

aa.

Mit dem Landgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, dass dem Beklagten nicht angelastet werden kann, er habe es unterlassen, auf die Risiken aufmerksam zu machen, die mit einer Globalgrundschuld verbunden sind. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass der Zedent nur einen „ideellen“ Anteil an der Gesamtheit der von der Fondsgesellschaft gehaltenen Immobilien hat und keinen Anspruch darauf, einen bestimmten Sondereigentumsanteil an einer Immobilie zu erwerben, und dass die Grundschuld der Absicherung der Darlehen der Gesellschaft diente und nicht der Absicherung der zur Finanzierung der Beteiligung aufgenommenen Darlehen der einzelnen Kommanditisten. Dem Beklagten kann auch nicht zur Last gelegt werden, er habe Presseveröffentlichungen, in denen auf die Risiken der streitgegenständlichen Beteiligung hingewiesen worden sei, unbeachtet gelassen. Hierzu reicht der Vorwurf, es hätten zahlreiche Zeitungsartikel vorgelegen, aus denen sich ergeben habe, dass gerade im Jahre 1996 ein Zusammenbruch der Immobilienwirtschaft zu verzeichnen war, nicht aus.  Die von der Klägerin vorgelegten Artikel aus der G. Zeitung vom 26.4.1995 und 28.4.1996, deren Berichte neben denen  der Börsenzeitung, der H. Deutschland und des Handelsblatts zu denjenigen der Wirtschaftspresse zählen, die der Anlageberater nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH, Urt. v. 5.3.2009 - III ZR 302/07 -, NJW-RR 2009,687 ff., auszuwerten hat und über die unterrichtet werden muss,  befassen sich nicht mit der streitgegenständlichen Anlage, sondern mit dem deutschen Immobilienmarkt als solchem. Dass der Beklagte aufgrund dieser Artikel Zweifel an der  Plausibilität der streitgegenständlichen Anlage hätte haben müssen, macht die Klägerin nicht geltend.

bb.

Dahinstehen kann, ob sich die Klägerin mit Erfolg darauf berufen kann, der Zedent sei über die „mit der Beteiligung verbundenen haftungsrechtlichen Risiken“ nicht umfassend informiert worden. Zwar steht der von dem Zedenten unterschriebene Passus in der formularmäßigen Beitrittserklärung „Über die Verpflichtung zur Leistung der in der Beitrittserklärung vereinbarten Kommanditeinlage hinaus übernehme ich weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber Dritten finanzielle Verpflichtungen, Haftung oder Mithaftung, insbesondere auch keine Ausgleichsverpflichtung gegenüber der persönlich haftenden Gesellschafterin der Gesellschaft oder eine Nachschußpflicht.“ mit der Gesetzesregelung in § 172 Abs. 4 HGB in Einklang; ob sich allein hieraus einem unbefangenen Leser allerdings erschließt, dass seine Haftung u.a. dann wieder auflebt, soweit sich seine Einlage durch Ausschüttungen unter den Nominalbetrag verringert, erscheint zweifelhaft. Soweit der Emissionsprospekt auf Seite 34 in dem Kapitel „Chancen und

Risiken“ unter der Überschrift „Haftung“ ausdrücklich und ausreichend hierüber informiert, ist zwischen den Parteien streitig, ob der Prospekt rechtzeitig übergeben worden ist; dass der Beklagte diesen Punkt im Rahmen des Beratungsgespräche eigens erläutert hat, macht er nicht konkret geltend.

cc.

Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, da der Beklagte den Zedenten entgegen den Darlegungen des Landgerichts jedenfalls nicht ausreichend über die mangelnde Fungibilität seiner Beteiligung aufgeklärt hat. 

(1)

Grundsätzlich ist der Anlageberater gehalten, den Anlageinteressenten, dem er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt möglich ist. Die praktisch fehlende Aussicht, eine Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für den durchschnittlichen Anleger für seine Anlageentscheidung von erheblicher Bedeutung ist. Die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung. Dies gilt auch für Anlagen, die der Alterssicherung dienen sollen. Auch in diesen Fällen kann ein vorzeitiges Bedürfnis entstehen, die festgelegten Vermögenswerte liquide zu machen, wie etwa bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, krankheitsbedingtem Verlust der Erwerbsfähigkeit oder auch nur einer Änderung der Anlageziele, vgl. BGH, Urt. v.18.1.2007 - III ZR 44/06 -, zit. nach juris, Tz. 16.

(2)

Soweit der Beklagte geltend macht, damals wie heute habe ein Zweitmarkt für die streitgegenständliche Anlage existiert, folgt der Senat dem nicht. Nach den Angaben im Emissionsprospekt war ein öffentlicher Markt für den Gesellschaftsanteil „zur Zeit“, also zum Zeitpunkt der Zeichnung, nicht vorhanden. In dem Geschäftsbericht der Fondsgesellschaft vom 5.3.2008 für das Geschäftsjahr 2006 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der einzelne Anleger seinen Anteil trotz Werthaltigkeit der Anlage gegebenenfalls nicht liquide verfügbar machen könne und die Fungibilität der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds im Vergleich zu börsennotierten Wertpapieren somit stark eingeschränkt sei. Nichts anderes ergibt sich aus den zu den Akten gereichten Geschäftsberichten für die Folgejahre. Ausdrücklich wird dort jeweils unter Ziffer 9 „Zweitmarkt“ u.a. ausgeführt, dass es sein könne, „dass ein Anteil - insbesondere wenn dieser steuerinduziert gezeichnet wurde - mangels Nachfrage überhaupt nicht, nicht zu den gewünschten Bedingungen oder nicht zu dem gewünschten Zeitpunkt veräußert werden kann“. Wörtlich wird darauf hingewiesen, dass die „Fungibilität einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds ... daher im Vergleich zu börsennotierten Wertpapieren stark eingeschränkt“ ist, sowie darauf, dass „das wachsende Bedürfnis der Anleger nach mehr Fungibilität ihrer Beteiligung ... die Etablierung verschiedener unabhängiger, öffentlich zugängiger Handelsplätze für den Zweitmarkt bewirkt“ habe, der Handel ehemals steuerinduzierter Fondsbeteiligungen „sich jedoch auch hier schwierig“ gestalte, „da die Steuervorteile durch den Erstzeichner verbraucht sind und ein potentieller Käufer wegen fehlender Ausschüttungen keine laufende Verzinsung seines eingesetzten Kapitals erhält.“ Schließlich ist dort zu lesen, dass die „für die Anteile gezahlten Preise ... zwischen 8 und 10 % bezogen auf die nominelle Zeichnungssumme“ lagen bzw. zwischen 5 und 9 % im Geschäftsjahr 2009. Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass ein funktionierender Zweitmarkt nicht existierte bzw. existiert. Etwas anderes lässt sich auch nicht den zu den Akten gereichten Geschäftberichten für die Jahre 1999/2000, 2003/2004 sowie 2005 entnehmen. Soweit dort Veräußerungswünsche einzelner Gesellschafter Erwähnung finden bzw. von Kündigungen einzelner Beteiligungen die Rede ist verbunden mit dem Hinweis darauf, dass die Gesellschaft bereit sei, Kontakte zu möglichen Interessenten herzustellen, folgt hieraus noch nicht, dass  Anteilsübertragungen zu akzeptablen Konditionen stattgefunden haben. Soweit in dem von dem  Beklagten vorgelegten Schreiben der J. Management GmbH vom 12.5.2011 darauf verwiesen wird, dass bisher insgesamt 18 Beteiligungen in unterschiedlicher Höhe veräußert wurden, zeigt auch dieses Schreiben nicht auf, zu welchen konkreten Konditionen diese Veräußerungen erfolgten und ob die Veräußerer keine Verluste hinnehmen mussten. Auch der Einwand des Beklagten, über die I. Beteiligungsmakler AG würden Anteile an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft im Internet angeboten, greift nicht durch; hieraus folgt nicht zwingend, dass sich über diese Plattform auch tatsächlich interessierte Käufer finden lassen. Außerdem liegt der Kurs unter bzw. bei 10 %, so dass von einem funktionierenden Zweitmarkt, auf dem die Anteile zu einem angemessenen Preis veräußert werden können, nicht gesprochen werden kann. Die in dem Geschäftsbericht angesprochenen Handelsbörsen für Kommanditbeteiligungen existieren im Übrigen erst seit 2005, die streitgegenständliche Beteiligung wurde jedoch schon im November 1996 gezeichnet.

(3)

Über die mangelnde Fungibilität ist der Zedent nicht hinreichend unterrichtet worden. Als Mittel zur Aufklärung kann der Emissionsprospekt dienen, wenn er rechtzeitig überreicht worden ist.  Vorliegend ist streitig, wann der Zedent den Prospekt erhalten hat. Auch wenn dies, wie von dem Beklagten behauptet, schon anlässlich des ersten Gesprächs mit der Aufforderung, diesen zu studieren, geschehen sein sollte, reicht dies nicht aus, denn die Angaben im Prospekt sind nicht geeignet, den Anleger über die mangelnde Fungibilität der Anlage ausreichend zu unterrichten. Dies folgt schon daraus, dass der in dem Kapitel „Chancen und Risiken“ auf Seite 34 des Prospekts unter der Überschrift „Fungibilität der Beteiligung/Veräusserung/Kündigung der Gesellschaft“ erfolgte Hinweis auf den fehlenden öffentlichen Markt durch den Zusatz „zur Zeit“ eingeschränkt wird. Bei dem Anleger wird hierdurch der Eindruck erweckt, dass es jedenfalls demnächst einen Zweitmarkt geben werde und die Anlage in absehbarer Zeit ohne Weiteres veräußert werden kann. Für „durchaus möglich“ gehalten wird, die Beteiligung „ggf. unter dem Nominalwert“ zu veräußern und dennoch „eine hochinteressante Rendite zu erwirtschaften“. Durch den Zusatz „ggf.“ wird die Vermutung nahelegt, dass eine Veräußerung zum Nominalwert zumindest nicht unwahrscheinlich ist. Jedenfalls wird dem Anleger in Aussicht gestellt, dass auch eine Veräußerung unter dem Nominalwert wegen der erzielbaren Steuervorteile zu einer „hochinteressanten Rendite“ führen kann. Diese Prognose steht bei den meisten Anlegern mit der Realität nicht in Einklang. Es fehlt der eindeutige Hinweis darauf, dass eine Veräußerung der Beteiligung, wenn überhaupt, für den durchschnittlichen Anleger nur mit Verlusten möglich ist. Reicht aber die Aufklärung anhand des Prospekts nicht aus, obliegt es dem Berater, die über die schriftlichen Unterlagen hinausgehende ordnungsgemäße mündliche Beratung konkret darzulegen und zu beweisen, vgl. BGH, Urt. v. 5.3.2009 - III ZR 17/08, zit. nach juris, Tz. 14; BGH, Urt. v. 17.9.2009 - XI ZR 264/08 -, zit. nach juris, Tz. 5.. Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Beklagten, das sich darauf beschränkt, er habe stets auf den Inhalt des Emissionsprospekts verwiesen und nie etwas anderes erklärt, nicht gerecht. Dass er die Angaben im Prospekt auf ihre Plausibilität untersucht hat und keine Mängel hätte erkennen müssen, macht der Beklagte nicht geltend,  vgl. zur Frage der Prüfung des Emissionsprospekts auf Plausibilität BGH, Urt. v. 5.3.2009 - III ZR 17/08 -, VersR 2010, 112 ff..

c.

Die Verletzung der Beratungspflicht hat der Beklagte zu vertreten. Die Verschuldensvermutung entsprechend § 282 BGB a.F. hat er nicht entkräftet.

d.

Entgegen den Darlegungen des Landgerichts fehlt es auch nicht an der Kausalität des Aufklärungsmangels. Die Kausalität der Pflichtverletzung für die Anlageentscheidung wird vermutet, denn es spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Zedent die Investition nicht getätigt hätte, wenn er richtig aufgeklärt worden wäre. Dem Anleger kommt eine auf die Lebenserfahrung gegründete Vermutung zugute, dass er sich bei einer deutlichen Aufdeckung der mit der Anlage verbundenen Risiken gegen eine Beteiligung entschieden hätte, vgl. BGH, Beschl. v. 9.4.2009 - III ZR 89/08 -, zit. nach juris, Tz. 8; BGH, Urt. v. 22.3.2010 - II ZR 168/08 -, zit. nach juris, Tz. 18. Diese Vermutung gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler, vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2009 - XI  ZR 586/07-, WM 2009,1274 ff., zit. nach juris, Tz. 22.  Anhaltspunkte dafür, dass der Zedent sich auch bei umfassender Beratung für die streitgegenständliche Beteiligung entschieden hätte, enthält der Vortrag des Beklagten nicht; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

e.

Durch die Beteiligung ist dem Zedenten ein Schaden in Höhe von 23.565,20 € entstanden, den er Zug um Zug gegen Übertragung eines Anteils zu einem Nennbetrag von 70.000 DM an der K. L. Q. GmbH & Co. KG ersetzt verlangen kann. Dem Anleger entsteht schon durch Zeichnung des Beitritts ein Schaden, wenn er aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist, BGH, Urt. v. 8.3.2005 - XI ZR 170/04 -, BGHZ 162,306 ff..

aa.

Unstreitig brachte der Zedent die gezeichnete Einlage von 70.000 DM zzgl. 5 % Agio = 73.500 DM in Höhe von 28.000 DM =                                                                                14.316,17 €

aus Ersparnissen auf. Durch die vorgelegten Darlehensverträge ist belegt, dass der Restbetrag fremdfinanziert wurde. Aus den zu den Akten gereichten Kontoauszügen, Bl. 189 ff, 206 ff. d.A., ergibt sich, dass hierauf bis einschließlich Januar 2010 an Zinsen und Tilgung ein Betrag von insgesamt                                                                 37.534,46 €

gezahlt worden ist. Ende 2010 valutierte das Darlehen, auf das nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin keine Zinsen mehr zu zahlen sind, noch mit                                                                                                                                                          5.000,00 €

Der Anspruch auf Erstattung dieses Betrages ergibt sich aus § 250 Satz 2 BGB, da der Beklagte mit an die angerufene Gütestelle adressiertem Schreiben vom 21.1.2009  die Leistung von Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert hat. Die vorzeitige Kündigung der Lebensversicherung war sinnvoll, um den Zinsschaden geringer zu halten. Insgesamt belaufen sich die von dem Zedenten im Zusammenhang mit der Zeichnung entstandenen Aufwendungen damit auf

56.850,63 €.

bb.

Unstreitig hat der Zedent für die Geschäftsjahre 1999 und 2000 Ausschüttungen in Höhe von je 1.400 DM bezogen = 1.431,62 €, die in der Klageschrift mit einem Betrag von                                                                                                                                         1.437,62  €

auf die Schadensersatzforderung angerechnet worden sind. Dass der Zedent keine weiteren Ausschüttungen erhalten hat, bestreitet der Beklagte zwar; konkrete Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass weitere Ausschüttungen erfolgt sind, trägt er allerdings nicht vor. Dies hätte ihm jedoch oblegen, da den Schädiger die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände trifft, die zu einer Vorteilsanrechnung führen.

cc.

Des Weiteren hat die Klägerin die durch die streitgegenständliche Beteiligung entstandenen Aufwendungen um die in den Jahren 1996 bis 2007 von dem Zedenten erwirtschafteten Steuervorteile in Höhe von insgesamt                            28.685,15 €

gekürzt. Dieser Betrag ist für die Jahre 2008 bis 2010 um weitere                              3.162,66 €

zu erhöhen, so dass ein Schaden von                                                        23.565,20 €

verbleibt. Die in den Jahren 2008 bis 2010 erzielten Steuervorteile schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf jährlich 1.054,22 €; dies entspricht dem Durchschnitt der für die Jahre 1998 bis 2007 von der Klägerin mitgeteilten Steuervorteile. Die Zahlen für die Jahre 1996 und 1997 hat der Senat unberücksichtigt gelassen, da die in der Anfangsphase der Beteiligung erzielbaren Steuervorteile hoch sind und deshalb für die Folgejahre nicht mehr repräsentativ. Eine Anrechnung von Steuervorteilen auch für die Zeit von 2008 bis 2010 scheidet auch nicht deshalb aus, weil davon auszugehen ist, dass der Zedent die Schadensersatzleistung versteuern muss und der Vorteil daher nicht endgültig ist, vgl. zur Anrechnung von Steuervorteilen u.a. BGH, Urt. v. 3.12.2007 - II ZR 21/06-, VersR 2008,830 ff..  Da der Fonds Einkünfte allein aus Vermietung und Verpachtung erzielt, wären die Steuervorteile nur dann endgültig, wenn es sich nicht um den Rückfluss von Werbungskosten handelt, vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2005 - III ZR 350/04 -, WM 2006, 174 ff.; Urt. v. 30.11.2007 - V ZR 284/06 -, NJW 2008,649 ff.; Urt. v. 19.6.2008 - VII ZR 215/06 -, NJW 2008, 2773 ff.. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht; der Umstand, dass die Klägerin die in den Jahren 1996 bis 2007 erwirtschafteten Steuervorteile selbst in Abzug bringt, legt vielmehr nahe, dass die von dem Zedenten  aufgrund von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erwirtschafteten Steuervergünstigungen nicht auf der Geltendmachung von Werbungskosten beruhen.

dd.

Dem Einwand des Beklagten, die Beteiligung sei noch werthaltig, hat die Klägerin mit dem Antrag auf Zugum-Zug-Verurteilung ausreichend Rechnung getragen.

f.

Entgegen den Darlegungen des Landgerichts ist der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht verjährt.

Gemäß §§ 195,199 BGB n.F.,  Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB gilt vorliegend die dreijährige Regelverjährung, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können, frühestens jedoch am 1.1.2002. Die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers trifft den Schuldner, vgl. BGH, Urt. v. 23.1.2007 - XI ZR 44/06 -, NJW 2007,1584, zit. nach juris, Tz. 32. Der Beklagte kann sich deshalb nicht darauf beschränken, die Behauptung der Klägerin, der Zedent habe erst im Jahre 2008 davon erfahren, dass er falsch beraten worden sei, mit Nichtwissen zu bestreiten. Konkreten Vortrag dazu, dass der Zedent schon früher Kenntnis von der Falschberatung hatte bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte haben können, enthält das Vorbringen des Beklagten nicht. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, der Kläger habe den Inhalt des Prospekts grob fahrlässig nicht zur Kenntnis genommen, hat dieser Einwand schon deshalb keinen Erfolg, weil sich eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers nicht schon allein daraus ergibt, dass es der Anleger unterlassen hat, den ihm überreichten Emissionsprospekt durchzulesen oder auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren, vgl. BGH, Urt. v. 8.7.2010 - III ZR 249/09 -, NJW 2010, 3292 ff., sowie Urt. v. 22.7.2010 - III ZR 203/09 -, NJW-RR 2010,1183 ff.. Darauf, dass der Prospekt vorliegend gar nicht hinreichend über die mangelnde Fungibilität der Anlage aufklärt, kommt es deshalb nicht an. Auch der Umstand, dass in den Geschäftsberichten für die Jahre ab 2006 konkret auf das Fehlen eines funktionierenden Zweitmarkts hingewiesen worden ist, vermag der erhobenen Verjährungseinrede nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Geschäftsbericht für das Jahr 2006 datiert vom 5.3.2008; seine Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis führt deshalb nicht dazu, dass die bereits im Jahre 2009 gerichtlich geltend gemachten Ansprüche verjährt sind. Aufgrund der früheren Geschäftsberichte, die der Beklagte selbst als Beleg dafür heranzieht, dass ein funktionierender Zweitmarkt existierte, bestand für den Kläger keine Veranlassung, hieran zu zweifeln. Ob das Ende 2008 eingeleitete Güteverfahren die Verjährung gehemmt hat, kann nach alledem dahinstehen. 

2.

Die Zinsforderung beruht auf §§ 291, 288, 187 Abs. 1 BGB.

3.

Da der Beklagte den mit der Klage erhobenen Anspruch zurückgewiesen hat, befindet er sich in Annahmeverzug, §§ 293 ff. BGB.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Streitwert für die Berufung: 26.727,86 €

Der Streitwert für die erste Instanz wird gemäß § 63 Abs. 3 GKG in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 6.8.2010 von Amts wegen geändert und wie folgt neu festgesetzt: bis zur mündlichen Verhandlung vom 9.7.2010 auf 31.790,05 €, seither auf  26.727,86 €.