AG Dortmund, Urteil vom 24.05.2011 - 425 C 10136/10
Fundstelle
openJur 2012, 79870
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagten mieteten von der Klägerin am 15. März 2008 eine Wohnung im Hause M-Straße im 5. Obergeschoss ab 01.05.2008. Die monatliche Miete beträgt 665,00 Euro inklusive 185,00 Euro Betriebskostenvorauszahlung. Im Dezember 2009 wiesen die Beklagten die Klägerin auf vermeintliche Undichtigkeiten der Aluminiumfensterrahmen und eine entsprechende Kondenswasserbildung hin. Es erfolgte daraufhin eine Überprüfung mit dem Ergebnis, dass die Kondenswasserbildung nur durch einen Austausch der Aluminiumfensterrahmen zu beheben sei und dass dieser im ganzen Haus bestehende Mangel nicht abgestellt werden könnte.

Die Beklagten minderten daraufhin ab Februar 2010 die Miete um monatlich 96,00 Euro. Dies haben sie dann auch für die Monate April und Mai 2010 getan. In den Sommermonaten von Juni bis September 2010 haben sie die Miete um 48,00 Euro gemindert und im Oktober 2010 wiederum um 96,00 Euro. Die Klägerin klagt vorliegend die Minderungsbeträge für April bis Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 480,00 Euro ein.

Bei den Fenstern in der Wohnung der Beklagten handelt es sich um Aluminiumfenster der ersten Generation, bei der eine sogenannte thermische Trennung nicht vorhanden ist.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die vom Fenster ausgehenden Beeinträchtigungen keinen Mangel der Mietsache darstellen würden und dass den Beklagten zuzumuten sei, das Kondenswasser regelmäßig aufzuwischen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 480,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2010 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass die von den Fenstern ausgehenden Beeinträchtigungen einen Mangel darstellen und dass sie zumindest über die Qualität der Fenster, die diesen nicht von außen hätte angesehen werden können, bei Abschluss des Vertrages hätten aufgeklärt werden müssen.

Zum Teil bilde sich über Nacht so viel Kondenswasser, dass dieses von der Fensterbank runtertropft und es bestünde die Gefahr einer Schimmelbildung. Es sei eine erhebliche Mehrarbeit durch das tägliche Aufwischen des Kondenswassers erforderlich. Auch würden erhebliche Mehrkosten durch die hohe Heizleistung verursacht. Schließlich würde das körperliche Wohlbefinden beeinträchtigt. Die Räumen würden aufgrund der ständig herrschenden Feuchtigkeit nicht richtig warm.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Fragen, ob die Kondenswasserbildung auf den Fensterrahmen auf einen Baumangel oder ein nutzungsbedingtes Fehlverhalten zurückzuführen sei und ob die eingebauten Aluminiumfenster den Regeln der Technik zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. heute entsprachen durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das den Parteien bekannte und bei den Gerichtsakten befindliche schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. H vom 6. März 2011 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann von den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Zahlung der restlichen Miete für die Monate April bis Oktober 2010 in Höhe von 480,00 Euro verlangen, da die Miete in diesem Zeitraum um diesen Betrag gem. § 536 Abs. 1 BGB gemindert war.

In der Wohnung der Beklagten liegt ein Mangel vor, der zu einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit führt.

Der Mangel besteht darin, dass es in der Wohnung zu ganz erheblichen Kondenswasserbildungen aufgrund der thermisch nicht getrennten Konstruktion der Aluminiumfenster aus dem Jahre 1974 kommt. Dies stellt aus mehreren Gründen einen Mangel dar:

Die Beeinträchtigung ergibt sich daraus, dass mehrmals täglich Kondenswasser aufgewischt werden muss. Es besteht die ständige Gefahr von Schimmelbildung, wenn dies nicht erfolgt. Dies geht weit über das übliche Maß hinaus. Dies entspricht auch nicht dem vertragsgemäßen Zustand.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass zum Zeitpunkt des Einbaus des Fensters im Jahre 1974 solche Fenster üblich gewesen seien und dass allein die Verhältnisse im Jahre 1974 maßgeblich wären, folgt das erkennende Gericht diesem Ansatz schon nicht.

Richtig ist, dass es im Jahre 1974 technische Regeln hinsichtlich der Qualität von Fenstern wohl nicht gegeben hat. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von den Fällen, die der Bundesgerichtshof in den letzten Jahren zu entscheiden hatte. So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 17. Juni 2009 (WuM 2009 457 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 24) entschieden, dass kein Mangel vorliegt, wenn das Gebäude die zur Zeit der Errichtung geltenden DIN - Normen einhält. Im Urteil vom 7. Juli 2010 (WuM 2010, 482 = MietPrax-AK § 536 Nr. 34) hatte der Senat nochmals entschieden, dass ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung ein Wohnungsmieter keinen Anspruch auf einen gegenüber dem Grenzwerten der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Normen erhöhten Schallschutz habe.

Diese Entscheidungen sind schon deshalb für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil es keine technischen Regeln für Fenster im Jahre 1974 gab, so dass es nicht um Frage geht, welche technischen Regeln den Maßstab für die Ermittlung eines Mangels darstellen.

Vielmehr ergibt sich der vertragsgemäße Zustand ausschließlich aus dem vereinbarten Nutzungszweck, nämlich vorliegend als Wohnung. Der Mieter einer Wohnung kann nach allgemeiner Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter und die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete zu berücksichtigen (BGH, WuM 2004, 527 = MietPrax-AK 535 BGB Nr. 7; BGH WuM 2009, 659 = MietPrax-AK 535 BGB Nr. 39). Das bedeutet nach Ansicht des erkennenden Gerichts, dass auch im Jahre 1974 mangels abweichender Vereinbarung bereits Fenster geschuldet wurden, die die hier vorliegenden Mängel, insbesondere im Bereich der Kondenswasserbildung nicht aufwiesen. Damals waren Holzfenster noch absolut üblich und Aluminium-Fenster der vorliegenden Art eher die absolute Ausnahme. Dabei geht es nicht darum, ob die konkret eingebauten Fenster mangelhaft sind, sondern ob nicht der Einbau solcher Aluminiumfenster an sich schon ein Mangel darstellte. Wie der Sachverständige festgestellt hat, beträgt die Wärmeleitfähigkeit bei Aluminiumfenstern etwa das zweitausendfache der Wärmeleitfähigkeit bei Holz. Dies entspricht auch der eigenen Erfahrung des erkennenden Gerichts auf Grund von Ortsterminen in anderen verfahren.. Zwar gab es früher insbesondere bei einfach verglasten Fenstern durchaus auch eine Kondenswasserbildung auf den Scheiben, jedoch niemals am Rahmen. Deshalb dürften solche Fenster bereits bei ihrem Einbau im Jahre 1973 einen Mangel dargestellt haben, da bei den Aluminiumprofilen die Wärmeenergie aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit des Aluminiums sehr schnell von innen nach außen (Winter) bzw. von außen nach innen (Sommer) geleitet wird. Dies hat, wieder Sachverständige festgestellt hat, zur Folge, dass die Profile im Sommer zeitweise deutlich aufheizen und im Winter raumseitig stark abkühlen. Ab einer Außentemperatur von 2 o kommt es zu massiven Beeinträchtigungen innerhalb der Wohnung. Solche Temperaturen kommen hierzulande wochen- und monatelang vor.

Die Tatsache, dass der Einbau solcher Fenster in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts, wenn auch nicht häufig, so doch in signifikantem Umfang erfolgte, änderte daran nichts. Allein die Tatsache, dass mehrere Vermieter untaugliche Fenster eingebaut haben, führt nicht dazu, dass dieser Zustand plötzlich vertragsgemäß ist.

Aber letztendlich kann dies dahinstehen, da vorliegend ein Mangel allein deshalb vorliegt, weil die Klägerin den Beklagten die Wohnung im Mai 2008 mit diesem schlechten Zustand vermietet hat und deshalb der im Jahre 2008 geltende Mindeststandard für Isolierfenster nicht eingehalten wurde.

Da die Parteien im Jahre 2008 keine ausdrückliche Vereinbarung über den Zustand der Fenster getroffen haben, wird dieser durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt. Wie der BGH (WuM 2004, 527 = MietPrax-AK 535 BGB Nr. 7) entschieden hat, kann der Mieter nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Wohnung einen Wohnstandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht. Dabei kann zwar nicht alles, was bei Neubauten oder im modernisierten Wohnungsbau zwischenzeitlich üblich geworden ist, als üblich angesehen werden. Jedoch muss auch der Zustand in einem Altbau einem Mindeststandard genügen, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht. Ein darunter liegender Standard muss ausdrücklich vereinbart werden (BGH aaO).

Zu einem solchen Mindeststandard gehört nach Ansicht des erkennenden Gerichts im Jahre 2008 bei einer Wohnung der Einbau von Fenstern, bei denen eine Kondenswasserbildung in dem hier vorliegenden Ausmaße nicht stattfindet und die zumindest nicht schlechter als Holzfenster sind. Zwar ist auch heute noch die Vermietung von Wohnungen mit Einfachverglasung möglich, jedoch unterscheidet sich ein solcher Fall von dem vorliegenden Fall dadurch, dass dem Mieter dies sofort erkennbar ist. Im vorliegenden Fall sind vermeintlich gute Fenster eingebaut worden. Für den Mieter ist nicht erkennbar, dass es sich um Aluminiumfenster der ersten Generation handelt, bei denen eine sogenannte thermische Trennung nicht vorhanden ist und die deshalb, was die Wärmeleitfähigkeit angeht, mehr als zweitausendmal schlechter sind, als Holzfenster. Solche Aluminiumfenster vermitteln dem Mietinteressenten zunächst einmal den Eindruck, dem heutigen Stand der Technik zu entsprechen. Ohne besondere Aufklärung durch den Vermieter kann der Mieter bei Besichtigung der Wohnung die Qualität gar nicht abschätzen.

Die besondere Qualität der Fenster besteht im Wesentlichen auch nur darin, dass sie besonders lang halten. Nur deshalb sind sie auch heute noch, mehr als 35 Jahre nach Einbau, im Haus vorhanden. Alle anderen Fenster wären bis heute wahrscheinlich schon ausgetauscht und auf den heutigen Stand gebracht worden.

Es handelt sich bei den Beeinträchtigungen, die von den Fenstern ausgehen, auch nicht um unerhebliche Beeinträchtigungen. Das Raumklima wird ganz erheblich beeinträchtigt. Es besteht die permanente und latente Gefahr einer Schimmelbildung. Durch normales Wohnverhalten ist dies auch nicht in den Griff zu bekommen. Der Umfang der Tätigkeiten, die die Mieter aufwenden müssen, um einen Schadenseintritt zu verhindern oder zu verringern, geht weit über das übliche und dem Mieter zumutbare hinaus.

Deshalb ist zumindest bei einer Vermietung einer Wohnung im Jahre 2008 mit solchen Aluminiumfenstern der ersten Generation ein Mangel gegeben, wenn der Vermieter den Mieter nicht vorher auf die von den Fenstern ausgehenden Beeinträchtigungen hinweist und diesen Zustand ausdrücklich mit dem Mieter als vertragsgemäß vereinbart.

Auf die weitere Frage, ob dem Mieter wegen der Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht in diesem Fall noch ein Schadensersatzanspruch zusteht, kommt es deshalb vorliegend nicht mehr an.

Eine Anhörung des Sachverständigen bedurfte es ebenfalls nicht mehr, da es lediglich noch um die Beurteilung von Rechtsfragen ging und die Klägerin nur diese Rechtsfragen vom Sachverständigen beantwortet wissen wollte. Das erkennende Gericht hat das Gutachten des Sachverständigen, so wie es vorliegt, berücksichtigt und lediglich die rechtlichen Konsequenzen daraus gezogen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war gem. § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, da die Rechtslage grundsätzliche Bedeutung hat. Wie die Klägerin selbst angegeben hat, hat eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund die hier zu beurteilenden Fragen durchaus anders beantwortet. Im Übrigen stellt sich dies Problem in zahlreichen Verfahren, da solche Aluminiumfenster der 1. Generation heute immer noch in einigen Wohnungen vorhanden sind.

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