LG Paderborn, Urteil vom 13.04.2011 - 4 O 442/10
Fundstelle
openJur 2012, 79417
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 26.773,03 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 14.07.2009 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger von möglichen Ansprüchen aus der mittelbaren Beteiligung an der …… Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG, Beteiligungs-Nr. …., i. H. v. nominal 30.000,00 DM, freizustellen,

jeweils Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der mittelbaren Beteiligung an der ….. Nr. …. „…..“ …. Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG, Beteiligungs-Nr. ……, i. H. v. nominal 30.000,00 DM.

Die Beklagte zu 1) wird ferner verurteilt, an den Kläger 1.376,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 26.01.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme der Übertragung aller Rechte aus der mittelbaren Beteiligung an der …… …. mbH & Co. KG, Beteiligungs-Nr. ….. in Verzug befinden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte zu 1) 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 1) zu 2/3.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 1) wegen einer fehlerhaften Anlageberatung und gegen die Beklagte zu 2) wegen eines fehlerhaften Anlageprospekts Schadensersatz geltend.

Der ….. geborene Kläger zeichnete am 05.12.1990 eine mittelbare Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds …- Anlagegesellschaft Nr. … "…" . Beteiligungs-Nr. …." (im Folgenden: Fonds) in Höhe von 30.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Kläger arbeitete im Zeitpunkt der Anlage als Beamter und hatte schon zuvor in geschlossene Immobilienfonds investiert. Insgesamt zeichnete der Kläger zwischen 1979 und 1994 sieben Fonds mit einer Beteiligungssumme in Höhe von insgesamt 94.589,02 €.

Am 14.12.1990 erfolgte die Eintragung des Klägers in das Anteilsregister der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2).

Der Zeichnung der Anlage lag der Prospekt über den Fonds zu Grunde, den der Kläger unstreitig erhalten hat. Auf den Inhalt des Prospekts (Anlage K3) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 22.06.2009 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte zu 1) erfolglos zur Schadensersatzleistung für den Fonds unter Fristsetzung bis zum 13.07.2009 auf.

Hinsichtlich der Haftung der Beklagten zu 1) trägt der Kläger vor:

Eine Aufklärung über Rückvergütungen an die Beklagte zu 1) wegen der Zeichnung des Fonds sei nicht erfolgt. Er sei davon ausgegangen, dass der komplette Anlagebetrag als Kapitalsumme zur Anlage gelange und daraus keine Rückvergütung an die Beklagte zu 1) gezahlt werde. Zwar sei ihm bewusst gewesen, dass das Agio zu zahlen sei und dass die Beklagte zu 1) eine Vergütung erhalte. Über die Höhe der Vergütung habe er aber keine konkrete Vorstellung gehabt. Ein Hinweis auf das erhebliche Eigeninteresse der Beklagten zu 1) an der Vermittlung der Fondsbeteiligung sei nicht erfolgt. Der Kläger behauptet, dass er bei konkreten Angaben zu der Höhe der Rückvergütungen die Beteiligung so nicht abgeschlossen hätte. Die mit dem Vertrieb der Fondsanteile beauftragte …. Anlagegesellschaft sei das Agio in Höhe von 5 % als Vergütung sowie ein zusätzliches Honorar von weiteren 5 Mio. DM (5 % der Zeichnungssumme) gewährt worden. Aus diesen Zahlungen habe die Beklagte zu 1) eine Rückvergütung in Höhe von bis zu 8 % der Beteiligungssumme für die Vermittlung des Fonds erhalten und ihn hierüber nicht aufgeklärt.

Der Kläger behauptet weiter, dass in dem Beratungsgespräch, dass er mit dem Mitarbeiter …. in den Räumen der Beklagten zu 1) geführt habe, der Berater den Fonds als sicherheitsorientierte Anlage geschildert und erklärt habe, dass gerade dieser Fonds besonders erfolgreich sei. Erhebliche unternehmerische Risiken seien nicht erwähnt worden und der Fonds sei insgesamt als sichere Immobilienanlage charakterisiert worden. Über ein bestehendes Totalverlustrisiko sei nicht aufgeklärt worden. Eine ordnungsgemäße Plausibilitätsprüfung des Fondskonzepts mit dem banküblich kritischen Sachverstand habe die Beklagte zu 1) nicht durchgeführt.

Hinsichtlich der Haftung der Beklagten zu 2) trägt der Kläger vor:

Bei dem Fonds handele es sich um eine Fehlkonzeption, es gebe kein wirtschaftlich tragfähiges Konzept. Die Fondskonzeption sei "ins Blaue hinein" vorgenommen worden und lasse sich nicht wie prospektiert realisieren. Diesbezüglich legt der Kläger ein Privatgutachten des Sachverständigen …… vom 31.08.2008 (Anlage K 13) vor, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Der Kläger ist weiter der Ansicht, der Fondsprospekt verstoße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Prospektierung bei Blind-Pools, der angegebene Investitions- und Finanzierungsplan sei fehlerhaft bzw. irreführend, eine Ertragsprognose fehle, eine ordnungsgemäße Risikoaufklärung erfolge nicht, eine ausreichende Aufklärung über die eingeschränkte Veräußerbarkeit und die erstmalige Kündigungsmöglichkeit der Fondsanteile zum 31.12.2020 sei nicht vorhanden und der Prospekt enthalte keine Aufklärung über Sondervergütungen an die Komplementäre.

Hinsichtlich des Schadens macht der Kläger geltend, dass er bei pflichtgemäßer Aufklärung eine festverzinsliche Wertpapieranlage, z.B. Bundesschatzbriefe, gezeichnet hätte. Der Bundesschatzbrief 1991/5 hätte bei einer Anlage des in den Fonds gezahlten Betrags bis zum 01.07.1997 eine jährliche Rendite in Höhe von 8,48 % gebracht, ein Bundesschatzbrief ab dem 01.07.1997 bis zum 01.07.2003 eine jährliche Rendite in Höhe von 4,8 %, ein Bundesschatzbrief ab dem 01.08.2003 bis zum 01.08.2003 eine jährliche Rendite in Höhe von 2,94 %. Insgesamt sei ihm daher unter Anrechnungen erhaltener Ausschüttungen durch die Beteiligungssumme inklusive Agio am Fonds und den durch die entgangene anderweitige Anlagemöglichkeit dieses Betrags in Bundesschatzbriefe ein Schaden in Höhe von 37.081,29 € entstanden. Eine Anrechnung von Steuervorteilen müsse bei Fondskonstruktionen, die Einnahmen aus Gewerbebetrieb erzielen, nicht erfolgen, da eine spätere Schadensersatzleistung wiederum versteuert werden müsse.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 37.081,29 € zu zahlen, die Beklagte zu 1) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.07.2009, die Beklagte zu 2) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.01.2009,

ihn von möglichen Ansprüchen aus der mittelbaren Beteiligung an der … I…-Anlagegesellschaft Nr. …. "…" … Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG, Beteiligungs-Nr. …., i.H.v. nominal 30.000,00 DM, freizustellen,

jeweils Zug um Zug gegen Rückübertragung aller Rechte aus der mittelbaren Beteiligung an der …-Anlagegesellschaft Nr. … "…" …. Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG, Beteiligungs-Nr. …, i.H.v. nominal 30.000,00 DM,

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn weitere 1.505,35 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2010 zu zahlen,

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn weitere 1.505,35 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2009 zu zahlen,

festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme der Übertragung aller Rechte aus der mittelbaren Beteiligung an der …- Anlagegesellschaft Nr. .. "…." … Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG, Beteiligungs-Nr. … in Verzug befinden,

hilfsweise für den Fall, dass erhaltene Steuervorteile auf den Schadensersatz zum Klageantrag zu 1. anzurechnen sind,

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ihm zum Ersatz aller weiteren und zukünftigen Schäden verpflichtet sind, die aus steuerlichen Belastungen resultieren, die ihre Ursache in den aufgrund des vorliegenden Rechtsstreits zu erbringenden Schadensersatzleistungen der Beklagten haben.

Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen jeweils,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) behauptet, dass der Kläger im Hinblick auf das von ihm gezeichnete Beteiligungsangebot gewusst habe, dass von ihm ein Agio übernommen wurde und aus diesem Agio eine Vergütung der Bank resultierte, so dass ihm auch das eigene wirtschaftliche Interesse der Bank an dem Vertrieb der streitgegenständlichen Anlage bewusst gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 06.04.2011, der dem Gericht per Telefax am 06.04.2011 und im Original am 08.04.2011 zugegangen ist, bestreitet die Beklagte zu 1) die Zahlungen von Rückvergütungen mit Nichtwissen. Die Aufbewahrungsfristen, die für die bankrelevanten Unterlagen zehn Jahre betrage, seien vor geraumer Zeit abgelaufen. Sämtliche Unterlagen, die das streitgegenständliche Geschäft beträfen, seien vernichtet. Sie sei nicht mehr in der Lage, den Sachverhalt bezüglich etwaiger Zahlungen für den Vertrieb des Objekts aufzuklären.

Die Beklagte zu 1) behauptet weiter, dass das Beratungsgespräch nicht Herr …. sondern Herr …. geführt habe. In dem Gespräch habe der Kläger die Intention geäußert, eine gegenüber konservativen Anlagen ertragreichere Anlage in Immobilienfonds erwerben zu wollen. Insgesamt sei der Eindruck entstanden, dass dem Kläger wegen seines Berufs die Risiken der Anlagen bestens bekannt gewesen seien.

Die Beklagte zu 1) erhebt die Einrede der Verjährung und beruft sich auf den Einwand der Verwirkung.

Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, dass der Prospekt die Anleger ausreichend und fehlerfrei über die Fondsbeteiligung aufkläre. Der Fonds sei in den Jahren 1991 bis 1997 auch wirtschaftlich erfolgreich gewesen.

Die Beklagte zu 2) erhebt ebenfalls die Einrede der Verjährung und die Einrede der Verwirkung.

Auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen wird ebenso wie auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2011 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist gegen die Beklagte zu 1) in dem Umfang, wie er sich aus dem Tenor ergibt, begründet und im Übrigen unbegründet. Gegen die Beklagte zu 2) ist die Klage unbegründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von 26.773,03 € aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte zu 1) hat eine sie treffende Pflicht aus dem Beratungsvertrag verletzt, da sie den Kläger schuldhaft nicht über die aus der Vermittlung des Fonds erhaltenen Rückvergütungen aufgeklärt hat.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist jedenfalls stillschweigend ein Beratungsvertrag geschlossen worden.

Ein solcher Vertrag kommt schon dann stillschweigend zustande, wenn der Anleger wegen der Anlage eines Geldbetrags an die Bank herantritt und sie um Rat fragt oder wenn die Bank an den Anleger herantritt, um ihn entsprechend zu beraten und das Beratungsgespräch tatsächlich geführt wird (BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93 = BGHZ 123, 126).

Wegen der Fondsanlage fand vor der Zeichnung der Beteiligung im Jahr 1990 zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) unstreitig ein Beratungsgespräch statt, auch wenn im Einzelnen streitig ist, welcher Mitarbeiter der Beklagten zu 1) das Beratungsgespräch mit dem Kläger geführt hat. Unerheblich ist insofern, auf wessen Intention hin das Beratungsgespräch stattgefunden hat, da es für den stillschweigenden Abschluss eines Beratungsvertrags allein darauf ankommt, dass das Beratungsgespräch tatsächlich geführt wurde.

Aus diesem Beratungsvertrag folgte die Pflicht der Beklagten zu 1), den Kläger über gezahlte Rückvergütungen aufzuklären.

Eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, muss darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind (BGH Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05 = BGHZ 170, 226 m.w.N.).

Die Beklagte zu 1) hat aus den an die Vertriebsgesellschaft des Fonds geflossenen Vergütungen und Honoraren eine Rückvergütung von bis zu 8 % der Beteiligung für die Vermittlung des Fonds erhalten und den Kläger über diese Rückvergütung nicht aufgeklärt.

Die Kammer hat bei der Entscheidung diesen Vortrag des Klägers zu Grunde gelegt, da dieses Vorbringen gem. § 138 Abs. 3 ZPO als von der Beklagten zu 1) zugestanden anzusehen ist. Nach Auffassung der Kammer ist es im vorliegenden Fall unzulässig, den Erhalt der Rückvergütung mit Nichtwissen zu bestreiten.

Eigene Handlungen oder Wahrnehmungen können nach § 138 Abs. 4 ZPO überhaupt nicht mit Nichtwissen bestritten werden. Hat die Partei keine aktuelle Kenntnis, muss sie sich, etwa durch Einsichtnahme in Aufzeichnungen, kundig machen. Führt dies zu keinem Ergebnis, muss sie den Grund ihrer Unkenntnis darlegen (Zöller/ Greger, ZPO 27. Aufl., § 138 Rn. 14).

Der Erhalt von Rückvergütungen ist Gegenstand eigener Handlungen bzw. Wahrnehmungen der Beklagten zu 1). Es betrifft den eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich einer Bank, die Anlageinteressierte berät und Anlagen vermittelt, ob und wenn ja in welcher Höhe aus dieser Tätigkeit Rückvergütungen der Fondsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft gezahlt werden. Die Beklagte zu 1) kann sich auch nicht darauf berufen, dass für das streitgegenständliche Anlagegeschäft die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei und Unterlagen nicht mehr vorhanden seien. Dieser Vortrag reicht nicht aus, den Grund der Unkenntnis in dem erforderlichen Umfang darzulegen. Zum einen hat die Beklagte zu 1) im Zusammenhang mit dem Bestreiten mit Nichtwissen nicht dargelegt, welche Bemühungen sie unternommen hat, um aufzuklären, ob sie Rückvergütungen erhalten hat. Zum anderen verhält sich die Beklagte zu 1) widersprüchlich, wenn sie vorträgt, bankrelevante Unterlagen des Geschäfts mit dem Kläger seien nicht mehr vorhanden, auf der anderen Seite aber dazu vortragen kann, welcher Mitarbeiter das zur Anlage führende Beratungsgespräch mit dem Kläger geführt hat und Einzelheiten zu dem Beratungsgespräch darlegen kann. Darüber hinaus kommt es für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bestreitens mit Nichtwissen grundsätzlich auf den Zeitpunkt an, in dem sich die Partei im Prozess zu erklären hat. Vermag sie sich etwa an einen lange zurückliegenden (Alltags-) Vorgang - nach der Lebenserfahrung glaubhaft - nicht mehr zu erinnern, ist es zulässig, dass sie diesen gem. § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreitet. Allerdings trifft sie in diesem Zusammenhang eine Informationspflicht dahingehend, die ihr zugänglichen Informationen in ihrem Unternehmen und von denjenigen Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (vgl. BGH Urt. v. 19.04.2001, I ZR 238/98 = NJW-RR 2002, 612 m.w.N.). Unabhängig davon, dass die Beklagte zu 1) zu einer Erfüllung der sie treffenden Informationspflicht nichts vorgetragen hat und lediglich pauschal auf den Ablauf der Aufbewahrungsfrist für Unterlagen verweist, war für die Kammer zu beachten, dass die Beklagte zu 1) den Erhalt der Rückvergütungen erst im Schriftsatz vom 06.04.2011 mit Nichtwissen bestritten hat und damit verspätet i.S.d. § 296 Abs. 2 ZPO. Die Klage war bezüglich der Beklagten zu 1) seit dem 26.01.2010 rechtshängig. Der Vortrag des Klägers, die Beklagte zu 1) habe Rückvergütungen von bis zu 8 % der Beteiligungssumme für die Vermittlung des Fonds erhalten, erfolgte in der Klageschrift vom 16.12.2009. Der Beklagte zu 1) war es bei Berücksichtigung ihrer aus § 282 Abs. 2 ZPO folgenden Pflicht zum rechtzeitigen, schriftsätzlichen Vorbringen nicht verwehrt, bereits in der Klageerwiderung den Erhalt der Rückvergütung mit Nichtwissen zu bestreiten, was sie indes nicht getan hat. Wäre dies erfolgt, hätte für die Beklagte zu 1) im weiteren Verlauf des Verfahrens die Möglichkeit bestanden, zu der Erfüllung ihrer Informationspflichten ergänzend vorzutragen, insbesondere hätte der Kläger die dann erforderlichen Erkundigungen noch einzuziehen vermocht (§ 282 Abs. 2 ZPO). Die Zulassung des erst rund ein Jahr nach Klageerwiderung erfolgten Bestreitens mit Nichtwissen würde im Hinblick auf das dem Kläger zu gewährende rechtliche Gehör die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Im Hinblick auf die der Beklagten zu 1) gesetzte und zwischenzeitlich verlängerte Stellungnahmefrist beruht die Verzögerung auch auf grober Nachlässigkeit.

Die Beklagte zu 1) hat diesen Aufklärungspflichtverstoß auch zu vertreten. Sie kann sich nicht auf einen das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum berufen.

Nach § 282 BGB a.F. (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, wobei der Pflichtige bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat (§ 276 Abs. 2 BGB). Beruft sich der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt, ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen. Dabei sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss. Dabei trifft grundsätzlich den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGH Beschl. v. 26.06.2010, XI ZR 308/09 = NJW 2010, 2339 m.w.N.).

Die auf das Beratungsgespräch folgende Zeichnung der Beteiligung erfolgte im Dezember 1990. Der Bundesgerichtshof hat in den Entscheidungen vom 28.02.1989 (XI ZR 70/88 = WM 1989, 1047) und vom 06.02.1990 (XI ZR 184/88 = WM 1990, 462) bei vermittelnden Warentermingeschäften heimliche Kickback-Vereinbarungen zwischen Anlageberater und Broker missbilligt. In der Literatur sind diese Entscheidungen dahingehend verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen.

Aufgrund dessen war für die Beklagte zu 1) bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden (vgl. BGH Beschl. v. 26.06.2010, XI ZR 308/09 = NJW 2010, 2339 m.w.N. bezüglich der im einschlägigen Schrifttum angenommenen Aufklärungspflicht über Rückvergütungen). Die Beklagte zu 1) musste im Zeitpunkt der Beratung und der Zeichnung der Anlage durch den Kläger bei der so gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand und ein Rechtsirrtum nicht entschuldbar war (vgl. Palandt/ Grüneberg, BGB 69. Aufl., § 276 Rn. 22). Diese verschuldete Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 1) besteht nach Auffassung der Kammer auch bei Berücksichtigung der Angaben, die der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, ihm sei klar gewesen, dass die Beklagte zu 1) wegen des gezahlten Agio eine Vergütung bekomme. Eine Aufklärung über die Rückvergütung war gleichwohl notwendig, um den Kläger den bestehenden Interessenkonflikt bei der Beklagten zu 1) offen zu legen. Erst durch diese Aufklärung wäre der Kläger pflichtgemäß in die Lage versetzt worden, das Umsatzinteresse der Beklagten zu 1) an der Zeichnung der Fondsbeteiligung selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die die Empfehlung des Fonds nur deswegen erfolgte, weil die Beklagte zu 1) selbst daran verdient.

Der von der Beklagten aus der Aufklärungspflichtverletzung zu ersetzende Schaden (§ 249 BGB) umfasst zunächst die geleistete Beteiligungssumme nebst Agio an dem Fonds in Höhe von 16.105,69 € (31.500 DM).

Der Schaden in Form der geleisteten Einlage beruht kausal auf der der fehlerhaften Aufklärung der Beklagten zu 1). Bei einer fehlerhaften Anlageberatung ist bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften oder unterlassenen Information ursächlich für den späteren Schaden, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Es ist dann Sache der aufklärungspflichtigen Beklagten zu 1) darzulegen und notfalls zu beweisen, dass der Kläger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben und den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. OLG Stuttgart Urt. v. 12.08.2009, 9 U 21/09, zitiert nach juris).

Danach genügt der Vortrag der Beklagten zu 1) nicht für eine Annahme, dass der Kläger auch bei erfolgter Aufklärung über die erhaltenen Rückvergütungen die Beteiligung des Fonds gezeichnet hätte. Die Beklagte zu 1) hat für ihre Behauptung auch keinen Beweis angeboten.

Neben der geleisteten Einlage nebst Agio war dem Kläger als Schaden auch der aus der fehlenden anderweitigen Anlagemöglichkeit entgangene Gewinn zuzusprechen (§ 252 BGB). Allerdings ist die Kammer hinsichtlich der Schadenshöhe nicht dem Vortrag des Klägers, bei einer Investition des Einlagebetrags in Bundesschatzbriefe sei ein Gewinn in Höhe 25.270,45 € zu erwarten gewesen, gefolgt. Die Kammer hat gem. § 287 ZPO die Schadenshöhe auf 14.962,19 € geschätzt. Dieser Betrag entspricht dem Gewinn, den der Kläger bei einer Anlage der als Einlage nebst Agio geleisteten 16.105,69 € mit einem Zinssatz in Höhe von 5 % p.a. und einer Laufzeit vom 01.01.1991 bis zum 31.07.2009 (18,58 Jahre) erzielt hätte. Dieser Schadensschätzung hat die Kammer zugrunde gelegt, dass der Kläger bei einer einmaligen Anlage des Zeichnungsbetrags in Bundesschatzbriefe einen Zinssatz in Höhe von 5 % hätte erzielen können. Die weitere Verzinsung des sich hieraus ergebenden Zinsertrags hat die Kammer bei der Schadensberechnung unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Laufzeit einer möglichen Anlage in Bundesschatzbriefe hat die Kammer die Zeit vom 01.01.1991- als frühestmöglichem Anlagezeitpunkt des Einlagebetrags - bis zum 01.08.2009 -dem Zeitpunkt den der Kläger als Enddatum der Investition in Bundesschatzbriefe angegeben hat- zugrunde gelegt.

Bei einer sich daraus ergebenden Gesamtschadenssumme in Höhe von 31.067,88 € waren die an den Kläger erfolgten Ausschüttungen aus dem Fonds in Höhe von 4.294,85 € zu berücksichtigen.

Auf den sich so ergebenden Schadensbetrag in Höhe von 26.773,03 € waren weitere Abzüge nicht vorzunehmen. Insbesondere waren nach Auffassung der Kammer etwaige aus der Fondsanlage folgende Steuervorteile nicht schadensmindernd zu berücksichtigen. Zwar sind bei der Schadensberechnung steuerliche Vorteile grundsätzlich im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen, soweit nicht der Zweck der Steuervergünstigung entgegensteht. Die Vorteilsausgleichung entfällt, wenn die Ersatzleistung gleichfalls der Steuerpflicht unterliegt, was nicht der Fall ist, wenn Ersatz für entgangene Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu leisten ist (vgl. Palandt/ Grüneberg, BGB 69. Aufl., vor § 249 Rn. 95 m.w.N.). Der von der Beklagten zu 1) zu leistende Ersatz ist kein Ersatz für entgangene Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, auch wenn der Fonds die Investition in gewerblich genutzte Immobilien zum Gegenstand hat, sondern ein Ersatz für fehlende Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, der seinerseits zu versteuern ist. Auf Seite 5 des Fondsprospekts wird auch ausdrücklich erwähnt, dass es sich bei der steuerlichen Einkunftsart um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt. Ebenso ist auf Seite 18 des Prospekt ausdrücklich aufgeführt, dass die steuerliche Konzeption des Fonds auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gerichtet ist.

Der Anspruch des Klägers wegen der fehlenden Aufklärung über Rückvergütungen durch die Beklagte zu 1) ist weder verjährt noch verwirkt.

Gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (i.V.m. Art. 229 § 6 EGBGB) ist für den Beginn der Verjährungsfrist entscheidend, wann der Kläger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Grob fahrlässig handelt der Gläubiger, wenn seine Unkenntnis auf einer besonders schweren Vernachlässigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt beruht, was zu bejahen ist, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Tatsachen förmlich aufdrängen und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht nutzt (Palandt/ Ellenberger, BGB 69. Aufl., § 199 Rn. 36). Die Beklagte zu 1) ist für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Palandt/ Ellenberger, aaO, Rn. 46). Der Vortrag der Beklagten zu 1), der Kläger habe gewusst, dass aus dem geleisteten Agio eine Vergütung der Beklagten zu 1) resultiere, reicht nicht aus, eine positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von dem Erhalt der Rückvergütungen darzulegen. Beweis für die vom Kläger bestrittene Kenntnis des Erhalts von Rückvergütungen aus der Vermittlung des Fonds hat die Beklagte zu 1) nicht angeboten. Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung schließlich erklärt, dass er davon ausgegangen sei, dass die angelegte Kapitalsumme auch zur Anlage gelange und daraus keine Rückvergütungen an die Beklagte zu 1) gezahlt würden.

Der Anspruch ist auch nicht verwirkt. Ein Recht ist dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Palandt/ Grüneberg, BGB 69. Aufl., § 242 Rn. 87). Diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor. Der Verpflichtete ist darlegungs- und beweisbelastet für die Voraussetzungen der Verwirkung (Palandt/ Grüneberg, aaO., Rn. 96). Die Beklagte zu 1) hat zu den zu einer Verwirkung führenden Tatsachen, insbesondere zu dem erforderlichen Zeit- und dem in der Person des Klägers liegenden Umstandsmoment, nichts vorgetragen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte zu 1) ist auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.06.2009 spätestens am 14.07.2009 in Verzug geraten.

Der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Freistellungsanspruch von möglichen Ansprüchen aus der mittelbaren Beteiligung an dem Fonds ist im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB vom Schadensersatzanspruch des Klägers umfasst. Bei dem Kläger ist der wirtschaftliche Zustand herzustellen, der ohne die Aufklärungspflichtverletzung bestünde.

Die Ansprüche des Klägers sind jeweils Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der mittelbaren Beteiligung des Fonds zu erfüllen.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Rechtshängigkeitszinsen waren nur in einer Höhe von 1.376,83 € erstattungsfähig. Dieser Betrag entspricht bei einem Gegenstandswert von 26.773,30 € einer angemessenen 1,5- Gebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer.

Die Beklagte zu 1) befand sich mit der Annahme der Übertragung aller Rechte aus der mittelbaren Beteiligung an dem Fonds auch in Verzug, da der Kläger in dem Schreiben vom 22.06.2009 ein ausdrückliches Angebot diesbezüglich abgegeben hat (§ 293 BGB).

Über den hilfsweisen Antrag zu 6. war nicht zu entscheiden, da die Kammer bei der Berechnung des Schadens steuerliche Vorteile nicht in Abzug gebracht hat.

II.

Gegen die Beklagte zu 2) stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die Beklagte zu 2) haftet als Gründungs- und Treuhandkommanditistin des Fonds weder aus einer Prospekthaftung i.w.S. noch aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 264a StGB.

Der Fondsprospekt weist zu einer Haftung der Beklagten zu 2) führende Fehler nicht auf. Grundsätzlich darf ein Anleger erwarten, dass er durch den Prospekt ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhält, d.h. dass der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet. Diese Kriterien sind nicht nur für die Prospekthaftung im engeren Sinne, sondern gleichermaßen für die deliktische Haftung wegen Kapitalanlagebetrugs (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB) maßgeblich (vgl. BGH Urt. v. 29.05.2000, II ZR 280/98 = NJW 2000, 3346). Gemessen an diesen Vorgaben weist der Fondsprospekt keine haftungsbegründenden Mängel auf. Bei der Beurteilung, ob einzelne gerügte Fehler zu einem haftungsbegründenden Prospektfehler führen, hat die Kammer nicht allein auf die einzelnen Prospektangaben abgestellt, sondern stets auch das Gesamtbild des Prospekts beachtet und festgestellt, dass der Prospekt in seiner Gesamtheit den Anleger über alle für seine Entscheidung wesentlichen Umständen hinreichend informiert. Im Einzelnen:

Der Prospekt verstößt nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Prospektierung bei Blind-Pools.

Der Prospekt enthält alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Angaben der Personen oder Gremien, die die Anlageentscheidung treffen. Auf Seite 19 des Prospekts ergibt sich unter der Überschrift "Information des Anlegers" die Verpflichtung der Treuhandkommanditistin, den Anlegern jährlich Rechenschaft über die wesentlichen Vorgänge bei der Fondsgesellschaft zu erstatten. Darüber hinaus werden auf den Seiten 12, 13 und 26 die Partner des Fonds benannt, so dass auch die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Partnern offengelegt werden. Schließlich werden auf Seite 14 des Prospekts der Sachverständigenbeirat und dessen Aufgabenkreis benannt. Diese Benennungen genügen dem Interesse des Anlegers, der schon aus dem Prospektinhalt und ohne weitere Kenntnis der Gesellschaftsverträge erkennen kann, welche Personen die für den Fonds wesentlichen Entscheidungen treffen.

Der Prospekt enthält weiter auf Seite 14 Angaben darüber, in welche Objekte der Fonds investiert, namentlich in Büro- und Geschäftshäuser, in Hotelgebäude und damit verbundene gastronomische Einrichtungen, in Fach- und Verbrauchermärkte sowie in Gewerbe- und Büroparks. Darüber hinaus sind die Investitionsstandorte aufgeführt. Diese Angaben sind zur Information des Anlegers ausreichend. Strengere Anlagekriterien müssen auch bei einem Fondsprospekt über Blind-Pools nicht aufgeführt werden, da nach Auffassung der Kammer bei dieser Art von Fonds auch die unternehmerische Freiheit der Fondsbeteiligten Berücksichtigung finden muss. Darüber hinaus ist es für einen Blind-Pool-Fonds gerade wesentlich, dass bei der Herausgabe des Prospekts die Investitionsobjekte noch nicht feststehen, sondern lediglich nach den benannten allgemeinen Kriterien hinreichend bestimmbar sind.

Der Prospekt täuscht auch nicht über das Vorhandensein eines Sachverständigenbeirats und dessen tatsächlichen Funktion. Durch die Beschreibung des Sachverständigenbeirats auf Seite 14 des Prospekts wird nicht der Eindruck hervorgerufen, dass es sich hierbei um ein besonderes Sicherungsinstrument handele, von dessen Positivvotum die Anlageentscheidung abhänge. Eine "Empfehlung", wie es auf Seite 14 des Prospekts heißt, bzw. die "Einschaltung und Kontrolle des Sachverständigenbeirats", wie es auf Seite 16 des Prospekts heißt, suggerieren gerade nicht das Erfordernis eines Positivvotums des Sachverständigenbeirats für die einzelne Anlageentscheidung. Aus einer "Empfehlung" des Beirats folgt keine Bindungswirkung.

Der im Prospekt dargestellte Investitions- und Finanzierungsplan (Seite 15) ist weder irreführend noch fehlerhaft. Ein Fehler des Prospekts kann weder darin gesehen werden, dass in dem Investitions- und Finanzierungsplan keine strenge Differenzierung zwischen einerseits substanzbildenden Kosten und andererseits den übrigen Kosten, die nicht in die Substanz fließen bzw. werterhöhend sind, vorgenommen wird, noch dass in dem Plan das Agio in Höhe von 5 Mio. € nicht berücksichtigt ist. Auf Seite 15 des Prospekts heißt es insoweit eindeutig, dass das Agio im Investitionsplan nicht berücksichtigt wurde. Ebenso ergibt sich keine Fehlerhaftigkeit des Prospekts aus den mit 4 Mio. DM angegebenen Kosten für die Objektaufbereitung. Insofern wird auf Seite 13 des Prospekts ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vergütung für die Akquisition und Objektaufbereitung 2% des jeweiligen Kaufpreises bzw. des Gesamtinvestitions-Volumens betrage und sich diese Gebühr auch um weitere 2 Prozentpunkte erhöhen könne. Der Investitionsplan ist auch nicht unvollständig. Die Kosten der allgemeinen Geschäftsbesorgung durch die DG ……- Gesellschaft mbH sind auf Seite 13 angegeben, die Kosten der Treuhandkommanditistin auf Seite 19 und die Kosten der Komplementäre auf Seite 23 in § 6 des Gesellschaftsvertrags.

Wesentlich für die Beurteilung eines Prospektfehlers ist die Konzeption des Fonds als Blind-Pool-Fonds. Bei einem solchen Prospekt stehen im Zeitpunkt der Herausgabe des Prospekts die Investitionsobjekte noch nicht endgültig fest. Bei einer solchen Fondskonzeption liegt es in der Natur der Sache, dass der Prospekt nur darlegen kann, in welchem Umfang Investitionen geplant sind. Durch die Angaben auf Seite 15 des Prospekts verbunden mit den auf Seite 14 dargelegten Anlagekriterien wird das Informations- und Aufklärungsinteresse eines Anlegers in einen Blind-Pool-Fonds erfüllt.

Aus diesem Grund stellt es auch keinen Prospektfehler dar, dass in dem Prospekt eine Ertragsprognose nicht enthalten ist. Es ist für die Fondsgesellschaft bei einem als Blind-Pool konzipierten Fonds schlechterdings unmöglich eine Ertragsprognose, die über die im Prospekt gemachten Angaben hinausgehen, zu treffen, da im Zeitpunkt der Prospektherausgabe eine bezifferbare Einnahmerechnung nicht aufgestellt werden kann. Auf Seite 15 ist insofern erklärt, dass beabsichtigt wird, eine Anfangsausschüttung von mindestens 4% p.a. auf den eingezahlten Betrag ohne Agio zu zahlen. Diese Absichtserklärung reicht zur Information des Anlegers aus.

Der Prospekt ist ebenfalls nicht fehlerhaft, weil eine ordnungsgemäße Risikoaufklärung nicht erfolgt. Auf Seite 16 des Prospekts sind die Risiken des Fonds in Bezug auf Objekte, Vermietung, Finanzierung, rechtliche und steuerliche Konzeption sowie Fungibilität der Anlage aufgeführt. Eine solche Aufführung reicht im Rahmen eines Prospekts aus. Es ist weder fehlerhaft, dass eine Risikoaufklärung erst auf Seite 16 und nicht auf den ersten Seiten eines Prospekts erfolgt, noch muss eine darüberhinausgehende Aufklärung dahingehend erfolgen, dass grundsätzlich auch das Risiko eines Totalausfalls besteht. Insofern ist eine fixe Fremdkapitalquote, ab der über ein Totalverlustrisiko aufgeklärt werden muss, nicht bezifferbar. Es ist auch zu beachten, dass bei einem Immobilienfonds - anders etwa als bei einem Film-Fonds - zunächst noch Sachwerte vorhanden sind, die dem Totalverlustrisiko entgegenwirken können. Anders wäre es zu beurteilen, wenn der Prospekt den Eindruck vermitteln würde, der Anleger gehe ein nur begrenztes Risiko ein oder es gebe unbekannte, risikoerhöhende Umstände. Diesen Eindruck vermittelt der Fondsprospekt indes gerade nicht, da auf Seite 16 die bestehenden Risiken aufgezeigt werden.

Ebenso wird auf Seite 16 des Prospekts hinreichend darauf hingewiesen, dass es sich bei Anteilen geschlossener Immobilienfonds um eine eingeschränkt veräußerbare Beteiligung handelt und dass eine Garantie für die jederzeit mögliche Veräußerbarkeit nicht übernommen werden kann. Eine solche Aufklärung, die darüber hinaus in der Sache zutreffend ist, reicht zur Information des Anlegers aus.

Gleichfalls reicht der Hinweis auf Seite 23 in § 3 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags über die Kündigungsmöglichkeit der Fondsanteile zum 31.12.2020 aus, um ein insofern bestehendes Aufklärungsinteresse des Anlegers zu erfüllen. Ein Anleger ist ausweislich des klaren Wortlauts auf Seite 19 des Prospekts, dass die Kündigungsmöglichkeit zum 31.12.1992 sich nur auf das einzelne Treuhandverhältnis bezieht, und bei Beachtung des Hinweises auf Seite 16 des Prospekts, dass Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds als langfristige Kapitalanlage konzipiert sind, in der Lage zu erkennen, dass ein Unterschied zwischen der Kündigung der Treuhandbedingungen und des Gesellschaftsverhältnisses besteht.

Der Prospekt ist auch nicht fehlerhaft, weil er über Sondervergütungen an Komplementäre nicht aufklärt. Nach Auffassung der Kammer muss ein Fondsprospekt schon nicht zwingend über die Vergütungen an die Komplementärin oder den Sachverständigenbeirat informieren, da ein Anleger nicht davon ausgehen kann, dass die in dem Prospekt genannten Personen oder Gremien entgeltfrei tätig werden. Unabhängig davon ergibt sich aber auf Seite 23 des Prospekts in § 6 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags die Vergütung des geschäftsführenden Gesellschafters und auf Seite 24 in § 14 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags die Vergütung des Sachverständigenbeirats.

Schließlich ergibt sich eine Haftung der Beklagten auch nicht daraus, dass es sich bei dem Fonds von Beginn an um ein wirtschaftlich nicht tragfähiges Konzept gehandelt hat und der Fonds, so wie er gemäß dem Emissionsprospekt gestaltet werden sollte, am Markt aufgrund der seinerzeitigen Marktgegebenheiten nicht umsetzbar war, wie der Kläger behauptet. Das vom Kläger eingereichte Gutachten des Sachverständigen …. geht insoweit davon aus, dass der Hauptgrund hierfür in der zu hohen Fremdfinanzierung von 50% des Fondsvolumens liege, da die überdurchschnittlich hohen Fremdkapitalzinsen in 1990 und auch danach nicht zu erwirtschaften gewesen seien und die Wirtschaftlichkeit äußerst negativ beeinflussten (Seite 59). Allerdings ist dieser Vortrag des Klägers nicht geeignet, eine fehlerhafte Konzeption des Fonds und damit eine etwaige Haftung der Beklagten zu 2) zu begründen. Der Privatsachverständige geht auf Seite 49 seines Gutachtens davon aus, dass eine Wirtschaftlichkeitsprognose nicht erkennbar sei. Diese war aber auch nicht erforderlich. Auf Seite 15 des Prospekts wird erklärt, dass konkrete Angaben über die wirtschaftliche Rentabilität der Beteiligung, insbesondere den Barüberschuss der nächsten Jahre, nicht gemacht werden könnten. Diese Aussage ist nach Auffassung der Kammer der Konzeption des Fonds als Blind-Pool-Fonds geschuldet und nicht zu beanstanden. Wenn aber der Sachverständige in seinem Gutachten selbst erkennt, dass aufgrund fehlender tatsächlicher Vorgaben nicht beurteilt werden kann, ob das Fondskonzept wirtschaftlich tragfähig ist (Seite 49) und dass wegen der Blind-Pool-Konzeption des Fonds nur Schätzungen möglich sind (Seite 53 ff.) und er schließlich fehlende Angaben durch geschätzte Beträge ersetzt (Seite 54 ff.), kann der Schluss, den der Privatsachverständige …. zieht, von der Kammer nicht nachvollzogen werden. Eigene Schätzungen eines Privatsachverständigen ohne hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte bieten keine hinreichende Grundlage für die Beurteilung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit einer Fondskonzeption. Aus diesem Grund war über die Behauptung des Klägers, es handele sich um ein wirtschaftlich nicht tragfähiges Konzept, kein Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Gerade im Hinblick auf die Besonderheit der Blind-Pool-Konstruktion sieht die Kammer keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen, die ein von ihr bestellter Sachverständige seiner Bewertung zugrunde legen könnte. Insbesondere steht auch die Fremdkapitalquote nicht fest, sie ist lediglich mit maximal 50% angegeben. Dabei hat die Kammer auch bedacht, dass eine derartige Bewertung auf den Zeitpunkt der Prospekterstellung - ex ante - abstellen müsste und deshalb nicht auf die wirtschaftlichen Werte des Fonds im weiteren zeitlichen Ablauf zurückgreifen kann.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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