LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.03.2011 - L 5 KR 37/11
Fundstelle
openJur 2012, 79154
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2010 wie folgt neu gefasst wird: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2009 verurteilt, dem Kläger für den Bewegungstrainer Motomed Viva 1 Kosten in Höhe von 3.125,98 Euro zu erstatten und die weitere Versorgung mit diesem Hilfsmittel sicherzustellen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme für den Bewegungstrainer Motomed Viva 1.

Der 1955 geborene Kläger leidet an den Folgen einer Aortenklappenendokarditis mit nachfolgender Sepsis und Hirnblutung bei Ruptur eines Endaneurysmas der Arteria cerebri media links im Februar 2008 mit schlaffer Parese und Hemiplegie rechts. Er ist pflegebedürftig nach Pflegestufe III und erhält je viermal wöchentlich Krankengymnastik und Ergotherapie.

Im Mai 2009 beantragte er die Kostenübernahme für einen Bewegungstrainer für Arme und Beine, wobei dem Antrag eine entsprechende ärztliche Verordnung von Dr. I, Fachärztin für Innere Medizin in I sowie ein Kostenvoranschlag für ein Motomed Viva 1 Bewegungstherapiegerät beigefügt waren. Der Kläger gab weiter an, er habe das begehrte Therapiegerät bereits für drei Wochen erfolgreich erprobt.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein, der die Auffassung vertrat, das beantragte Hilfsmittel sei medizinisch nicht indiziert. Die bisherige Versorgung mit Krankengymnastik und Ergotherapie sei vorrangig und ausreichend.

Mit Bescheid vom 19.05.2009 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für den begehrten Bewegungstrainer ab. In dem nachfolgenden Widerspruchsverfahren, in dem der Kläger vortrug, der Beintrainer fördere den Muskelaufbau und habe bereits zu Verbesserungen der körperlichen Ausdauer geführt, holte die Beklagte eine erneute Stellungnahme des MDK ein. Unter dem 02.07.2009 vertrat Dr. D die Auffassung, bei dem Kläger bestehe keine Indikation für die Verwendung eines passiven Bewegungstrainers. Der allgemeine Muskelaufbau sei insbesondere bei bestehender Pflegestufe im Rahmen der aktivierenden Pflege und der krankengymnastischen Übungsbehandlung zu erreichen. Es bestünden zudem erhebliche Zweifel, dass der Kläger das Gerät zielgerichtet einsetzen könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da der beantragte Bewegungstrainer medizinisch nicht indiziert sei.

Am 10.11.2009 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Er hat vorgetragen, durch den Bewegungstrainer werde der Muskelaufbau verbessert. Er nutze das Gerät täglich. Im Rahmen der durchgeführten Therapieeinheiten (Krankengymnastik und Ergotherapie) werde es zum Aufwärmen genutzt und darüber hinaus gebrauche er es an Wochenenden und an anderen therapiefreien Tagen auch selbständig. Es sei zu Fortschritten in der Kraftentfaltung gekommen, so dass mittlerweile ein fast selbständiger Transfer vom Bett zum Rollstuhl und auch längeres Sitzen im Rollstuhl möglich sei. Seit Juni 2009 habe er den Bewegungstrainer gegen einen monatlichen Betrag von 142,09 Euro mit der Option gemietet, das Gerät endgültig als Eigentum erwerben zu können, wobei dann 80 % der gezahlten Mietbeträge auf den Kaufpreis angerechnet würden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2009 zu veurteilen, die für die bisherige Versorgung mit dem Bewegungstrainer Motomed Viva 1 aufgewandten Kosten zu erstatten und die weitere Versorgung sicherzustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und weiter vorgetragen, es sei davon auszugehen, dass die Geräteanwendung in die Krankengymnastik und Ergotherapie einbezogen sei, so dass es sich insoweit um eine Sachleistung dieser Leistungserbringer handele. Im Übrigen hat die Beklagte auf eine Stellungnahme des MDK vom 19.07.2010 verwiesen, wonach medizinisch nicht begründet werden könne, dass die von den behandelnden Therapeuten beschriebenen Funktionsverbesserungen in gleichem Maße ohne die Benutzung des fremdkraftbetriebenen Bewegungstrainers eingetreten wären.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärztin Dr. I und des Prof. Dr. I1, Chefarzt der Abteilung Neurologie der St. N Therapieklinik in N sowie Auskünfte der Physiotherapeutin T und des Ergotherapeuten Q eingeholt. Dr. I hat dargelegt, zu Beginn der ambulanten Therapie sei der Kläger komplett pflegebedürftig und bettlägerig gewesen. Eigenaktivitäten sowie sprachliche Äußerungen seien nicht möglich gewesen und die Kommunikation habe lediglich mit Augenausdruck und Kopfbewegung erfolgen können. Bei passivem Aufsetzen habe er den Sitz aufgrund fehlender Rumpfhaltestabilität nicht halten können. Mittlerweile sei eine zunächst sehr zögerliche, dann aber stetige und anhaltende Besserung des Allgemeinzustandes und Rückbildung der Defizite zu verzeichnen. Die Kommunikation sei zwar weiter durch die motorische Aphasie behindert, es bestehe jedoch ein völliges Sprachverständnis. Lageänderungen im Bett seien zu großen Teilen möglich, beim Aufsetzen werde Hilfe benötigt, der freie Sitz könne aber mittlerweile sicher und andauernd gehalten werden, so dass er einige Zeit des Tages auch außerhalb von Therapieeinheiten im Rollstuhl verbringen könne. Der Stand sei ebenfalls möglich, beim Gehen werde noch überwiegend Unterstützung benötigt und auch dann könnten nur wenige Schritte erfolgen. Durch das Bewegungsgerät Motomed Viva solle die fehlende Kraft insbesondere der "gesunden" linken Seite gekräftigt werden, um die Körperbeherrschung und den Halt des Gleichgewichts bei Geh- und Stehübungen zu verbessern. Darüber hinaus ergebe sich dadurch die Möglichkeit, auch außerhalb der kostbaren, aber ambulant nicht uneingeschränkt durchführbaren Therapiestunden, Mobilität und Körperbeherrschung zu üben und vor allem Muskelaufbau zur Förderung der Kräfte durchzuführen. Die durch eigenständige Übungen erreichten Erfolge könnten durch verordnete Physiotherapie allein kaum erreicht werden, da Muskelaufbau- und auch Konditionstraining ein Langzeittraining sei und nicht unbedingt physiotherapeutisch dauerhaft begleitet werden müsse, da anderenfalls die Verordnungsmenge unter Umständen mehrere Stunden pro Tag umfassen müsse. Die eigenständig erreichten Verbesserungen seien zwinglich nötig, um bei derart schwerwiegenden Defiziten nach potentiell tödlich verlaufender Erkrankung das Ziel einer - zumindest - Teilselbständigkeit zu erreichen. Prof. Dr. I1 hat dargelegt, die Versorgung des Klägers mit einem Motorbewegungsgerät stelle über die verordnete Krankengymnastik hinaus einen hervorragenden Weg des Eigentrainings zur dauerhaften Konsolidierung der motorischen Situation dar. Selbstverständlich könne die Sequenz der Krankengymnastik darunter reduziert werden auf zunächst zweimal wöchentlich. Zu einem späteren Zeitpunkt könne dann entschieden werden, inwieweit auf die ambulante Krankengymnastik komplett verzichtet werden könne.

Durch Urteil vom 09.12.2010 hat das SG die Beklagte verurteilt, die für die bisherige Versorgung mit dem Bewegungstrainer aufgewandten Kosten zu erstatten und die weitere Versorgung sicherzustellen. Die Versorgung des Klägers mit dem Bewegungstrainer sei medizinisch notwendig, wie sich aus den befürwortenden Stellungnahmen der behandelnden Ärzte und Therapeuten ergebe.

Gegen das ihr am 06.01.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.01.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, beim Kläger sei der Muskelaufbau im Rahmen der aktivierenden Pflege und der krankengymnastischen Übungsbehandlung zu erreichen, wie der MDK bereits in seiner Stellungnahme vom 02.07.2009 deutlich gemacht habe. Im Übrigen sei das Maß des Notwendigen durch das streitgegenständliche Hilfsmittel überschritten, da der Kläger seit seiner Entlassung aus der stationären Akutbehandlung viermal wöchentlich Physiotherapie und Ergotherapie erhalte und dies auch nach Einsatz des fremdkraftbetriebenen Bewegungstrainers nicht verändert worden sei. Außerdem sei der Erstattungsbetrag für den zurückliegenden Zeitraum auch nicht konkret beziffert worden, so dass der Antrag unzulässig sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2009 verurteilt wird, ihm die Mietkosten für den Bewegungs- trainer Motomed Viva 1 in Höhe von 3.125,98 Euro zu erstatten und die weitere Versorgung mit einem Bewegungstrainer Motomed Viva 1 sicherzustellen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er benutze das Gerät vor den Therapien, insbesondere zum Aufwärmen. Darüber hinaus nutze er das Gerät auch an therapiefreien Tagen sowie am Wochenende. Mit dem Bewegungstrainer trainiere er aktiv sein Herz- und Kreislaufsystem sowie die Muskulatur insbesondere in den von Lähmungserscheinungen betroffenen Gliedmaßen. Der Bewegungstrainer sei für weitere gesundheitliche Fortschritte unentbehrlich. Der Mietvertrag für das streitige Hilfsmittel bestehe weiterhin, wodurch ihm bislang Kosten in Höhe von insgesamt 3.125,98 Euro entstanden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten in Höhe von 3.125,98 Euro und auf weitere Versorgung mit einem Bewegungstrainer Motomed Viva 1. Der Urteilstenor des SG ist deshalb entsprechend neu gefasst worden.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren den Kostenerstattungsanspruch beziffert hat, handelt es sich nicht um eine - unzulässige - Klageänderung, sondern um eine zulässige Änderung des Antrags gemäß §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Hiernach ist der Rehabilitationsträger zur Erstattung einer vom Leistungsberechtigten selbst beschafften erforderlichen Leistung u.a. dann verpflichtet, wenn er diese zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht. Ausgangspunkt zur Beantwortung der Frage, ob die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde, ist primär das für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltende Leistungsrecht (vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010 - B 3 KR 5/10 R -).

Die Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln bestimmt sich nach § 33 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Anspruch auf Versorgung besteht nur, soweit das begehrte Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenversicherung gemäß § 12 Abs. 1 SGB V nicht bewilligen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 11). Hiervon ausgehend hat die Beklagte die Versorgung mit dem begehrten Bewegungstrainer Motomed Viva 1 zu Unrecht abgelehnt.

Der Kläger hat zwar keinen Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit dem Ziel des Behinderungsausgleichs oder auf Versorgung zur Vorbeugung einer drohenden Behinderung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 3. Alternative und 2. Alternative SGB V); was vom Kläger selbst auch nicht in Abrede gestellt wird. Die Beklagte hat die Versorgung aber deshalb zu Unrecht abgelehnt hat, weil der streitgegenständliche Bewegungstrainer hier zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient (§ 33 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative SGB V) und ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere Alternativen nicht zur Verfügung stehen.

Grundsätzlich fallen Maßnahmen oder Hilfen zur Bewegungsförderung nur ausnahmsweise in die Leistungszuständigkeit der Krankenkassen. Der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient ein bewegliches sächliches Mittel nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dann, wenn es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 7). Keinen ausreichend engen Bezug zu einer konkreten Krankenbehandlung weisen diejenigen gesundheitsförderlichen Maßnahmen auf, die (nur) allgemein auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Mobilisierung von Restfunktionen des behinderten Menschen, die Erhöhung der Ausdauer und Belastungsfähigkeit sowie die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung zielen. Ein weitergehender spezifischer Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung i.S.v. § 27 Abs. 1 SGB V kommt nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung i.S.d. Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V als erforderlich anzusehen sind. Davon ist bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung - wie hier mit dem Bewegungstrainer - dann auszugehen, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat, die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz infolge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann und sich deshalb die Versorgung mit dem Hilfsmittel im Rahmen der Wahlmöglichkeit des Versicherten als wirtschaftlich darstellt (vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010 a.a.O.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn der Einsatz des Bewegungstrainers ist Teil des ärztlich verordneten komplexen therapeutischen krankheitsbezogenen Vorgehens, in dem das Hilfsmittel neben weiteren therapeutischen Maßnahmen wie insbesondere regelmäßiger Krankengymnastik und Ergotherapie zum Zwecke der Mobilisation und Verbesserung des Haltens des Gleichgewichtes bei Sitz-, Geh- und Stehübungen, zur Förderung des Muskelaufbaus und zur Verbesserung der Körperbeherrschung eingesetzt wird und dies von den behandelnden Ärzten bei der Planung von Intensität und Häufigkeit der Krankengymnastik als weiteres Therapieelement berücksichtigt wird.

Diese Versorgung ist zum Zwecke der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung entgegen der Ansicht der Beklagten auch erforderlich i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, denn ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere Alternativen als das Training mit dem Bewegungstrainer Motomed Viva 1 stehen entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zur Verfügung. Soweit die Beklagte meint, die dem Kläger gewährte Krankengymnastik und Ergotherapie seien hier ausreichend, verkennt sie die Schwere der Erkrankung des Klägers sowie ferner, dass die durch das begehrte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung die gewährten Heilmitteltherapien wesentlich fördert. Dr. I hat in ihrem Befundbericht nämlich eingehend und überzeugend dargelegt, dass die beim Kläger erreichten Erfolge durch die verordneten Heilmitteltherapien allein nicht erreicht werden konnten. Zu Beginn der Behandlung war der Kläger komplett pflegebedürftig und bettlägerig und Eigenaktivitäten waren nicht möglich. Die Kommunikation erfolgte lediglich mit Augenausdruck und Kopfbewegung. Bei passivem Aufsetzen konnte der Kläger den Sitz aufgrund fehlender Rumpfhaltestabilität nicht halten und selbst eigenständige Drehbewegungen im Bett waren nicht möglich. Infolge der eingeleiteten Therapien und der eigenen Betätigung mit dem Bewegungstrainer ist es, wie die behandelnde Ärztin darlegt, zu einer stetigen Besserung des Allgemeinzustandes und einer Rückbildung der Defizite gekommen. Lageänderungen im Bett sind nun zu großen Teilen möglich. Beim Aufsetzen wird zwar Hilfe benötigt, der freie Sitz kann aber mittlerweile sicher und anhaltend gehalten werden, so dass der Kläger einige Zeit des Tages außerhalb des Bettes im Rollstuhl sitzend verbringen kann. Der Stand ist ebenfalls möglich und mit Unterstützung können auch wenige Schritte zurückgelegt werden. Auch der von der Beklagten nochmals befragte MDK hat unter dem 19.07.2010 die Auffassung vertreten, es könne medizinisch nicht begründet werden, dass diese Funktionsverbesserungen in gleichem Maße auch ohne die Benutzung des Bewegungstrainers eingetreten wären. Der Umstand, dass - wie Dr. I eingehend dargelegt hat - ein gleicher Behandlungserfolg eine Physiotherapie über mehrere Stunden pro Tag erfordert hätte, verdeutlicht ebenfalls die Erforderlichkeit der Versorgung mit dem Bewegungstrainer. Denn angesichts der für den Bewegungstrainer vom Kläger aufgewandten Mietkosten in Höhe von 142,09 Euro pro Monat und der ansonsten notwendigen weiteren wöchentlichen Physiotherapiestunden wird deutlich, dass letzteres wirtschaftlich wesentlich ungünstiger wäre. Ein genereller Vorrang krankengymnastischer Leistungen als Heilmittel gegenüber der Versorgung mit Hilfsmitteln zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung besteht überdies nicht (vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010 a.a.O.).

Der streitige Bewegungstrainer ist auch kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, denn er soll, was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, bereits seiner Konzeption nach den Zwecken des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V dienen; von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen wird er praktisch nicht genutzt.

Der Kostenerstattungsanspruch ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Sachleistungspflicht nach § 33 Abs. 1 SGB V beschränkt sich zwar auf das kostengünstigste Hilfsmittel, es besteht demnach kein Anspruch auf Optimalversorgung sondern nur auf ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Hilfsmittel (vgl. BSG Urteil vom 07.10.2010). Dies gilt grundsätzlich auch für die Höhe des Erstattungsanspruchs. Der Versicherte soll wirtschaftlich so gestellt werden, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der vom Kläger gemietete Bewegungstrainer Motomed Viva 1 über eine ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Hilfsmittelversorgung hinausging.

Das Hilfsmittel war, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, für die gesamte Dauer der Mietzeit erforderlich und auch für die Zukunft sind, zur Erreichung weiterer Verbesserungen und zur Erreichung des Ziels einer zumindest Teilselbständigkeit, wie Dr. I eingehend begründet hat, weitere Trainingseinheiten auf dem Bewegungstrainer unabdingbar erforderlich, so dass auch weiterhin ein Anspruch auf Versorgung mit einem Bewegungstrainer Motomed Viva 1 besteht, wie das SG zutreffend dargelegt hat, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf verwiesen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, da die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.

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