AG Menden, Urteil vom 16.02.2011 - 4 C 447/10
Fundstelle
openJur 2012, 78939
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der am 7.2.1926 geborene Kläger fordert von den Beklagten - seiner Tochter sowie seinem Schwiegersohn - die Beteiligung an den verbrauchsabhängigen Betriebs- kosten für das Haus I.-straße xx in N. für den Zeitraum von Januar 2008 bis einschließlich April 2010.

Durch notariellen Vertrag des Notars L. in N., Urkundenrolle Nummer 2/2002 vom 3.1.2002, übertrug der Kläger seinen Anteil von 75 % an dem Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schenkweise an die Beklagte zu 1), welche dadurch - unter Hinzukauf des 12,5 %-Anteils ihrer Schwester - Alleineigentümerin der Grundbesitzung wurde. In § 8 des notariellen Vertrages wurde dem Kläger auf Lebenszeit das ausschließliche Wohnungsrecht an allen Wohnräumen als beschränkt persönliche Dienstbarkeit eingeräumt.

Die Ehefrau des Klägers und Mutter der Beklagten zu 1) war bereits im Jahre 1994 verstorben. Der Kläger lebte dann von 1995-2003 zusammen mit seiner Lebensgefährtin in dem Haus. Die Beklagten und ihre minderjährige Tochter sind dann im April 2004 auf Wunsch des Klägers in das Haus eingezogen. Eine vertragliche Regelung hierüber erfolgte zwischen den Parteien nicht. Insbesondere ist hinsichtlich der Tragung der verbrauchsabhängigen Betriebskosten keine Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen worden. Der Kläger erwartete sich aber ein familiäres Zusammenleben und eine Mitversorgung seitens seiner Tochter und seines Schwiegersohnes im Hinblick auf Einkäufe, Hausarbeiten, Essen etc.. Er selbst bewohnte seitdem nur ein einzelnes Zimmer (ausgebaute Garage bzw. sogenanntes "Jagdzimmer ") und konnte Küche, Flur und Bad im Haus mitbenutzen. Das Zusammenleben funktionierte auch einige Jahre. Es kam jedoch im Jahre 2008 zum Zerwürfnis zwischen den Parteien. Der Kläger verlangte daraufhin unter Berufung auf sein Wohnungsrecht den Auszug der Beklagten. Diesen Anspruch hat er gerichtlich in dem Verfahren vor dem Amtsgericht N. zu Az.: 4 C 428/08 durchgesetzt. Die Beklagten wurden durch Urteil vom 5.2.2010 zur Räumung verpflichtet.

Infolge der Räumungsverpflichtung sind die Beklagten mit ihrer Familie am 25.4.2010 aus dem Haus ausgezogen.

Der Kläger verlangt im Nachgang von den Beklagten nun eine Beteiligung an den verbrauchsabhängigen Betriebskosten für den Zeitraum ab Januar 2008 bis einschließlich April 2010. Unstreitig hat der Kläger in diesem Zeitraum für Wasser 683,57 EUR und für Strom 2457,91 EUR bezahlt. Darüber hinaus hat er im November 2008 Heizöl bestellt und dafür 2247,20 EUR bezahlt. Unstreitig ist weiter, dass im Übrigen das Heizöl von den Beklagten bestellt und bezahlt worden ist. Die Beklagten haben im Haus Sanierungsarbeiten durchgeführt, deren Ausmaß jedoch zwischen den Parteien streitig ist.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagten müssten sich zu einem Anteil von 3/4 an den verbrauchsabhängigen Betriebskosten beteiligen und zwar entweder aufgrund einer konkludenten Vereinbarung oder aus dem Gesichtspunkt der ungerecht- fertigten Bereicherung.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, für die Zeit von Januar 2008 bis zum 30.4.2010 die Nebenkosten des Wohnhauses I.-straße xx, N., in Höhe von 3/4 der für diesen Zeitraum angefallenen Nebenkosten zu tragen;

hilfsweise,

die Beklagten zu verurteilen, von den angefallenen Nebenkosten für Wasser, Strom und Öl für den Zeitraum Januar 2008 bis April 2010 in Höhe von insgesamt 5188,68 EUR einen Anteil von 3/4 = 4041,51 EUR zuzüglich Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie halten die Feststellungsklage für unzulässig und verneinen das Vorliegen einer Anspruchsgrundlage.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt sowie auf den Inhalt der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akte des Amtsgerichts N., Az.: 4 C 428/08, verwiesen.

Gründe

Die Feststellungsklage ist unzulässig und der Hilfsantrag unbegründet.

Die Feststellungsklage (Hauptantrag) ist gemäß § 246 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil der Kläger kein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis festgestellt werde.

Das notwendige Feststellungsinteresse fehlt, wenn eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist. Das ist hier der Fall. Der Kläger kann für den streitbefangenen Zeitraum von Januar 2008 bis April 2010 den von ihm erhobenen Anspruch genau beziffern, wie er es ja auch getan hat. Dieser Anspruch befindet sich auch nicht mehr in einer Fortentwicklung, und es ist insbesondere nicht ersichtlich, welche darüber hinaus gehenden Betriebskostenarten anfallen könnten, die nicht jetzt schon bezifferbar wären.

Damit ist der Hauptantrag als unzulässig abzuweisen.

Aber auch der hilfsweise geltend gemachte Zahlungsantrag hat keinen Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf eine finanzielle Beteiligung an den im Zeitraum Januar 2008 bis April 2010 angefallenen verbrauchsabhängigen Betriebskosten in Höhe von 4041,51 EUR zu, weil hierfür eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich ist.

Unstreitig ist zwischen den Parteien ein Mietvertrag weder ausdrücklich noch stillschweigend abgeschlossen worden. Der Annahme eines Mietvertrages steht zudem entgegen, dass die Beklagten die ihnen vom Kläger überlassenen Räumlichkeiten ohne Zahlung einer Miete nutzen durften.

Ebenso wenig kann der Kläger Ansprüche aus einem Leihvertrag herleiten. Zwar ist der Abschluss eines Leihvertrages über gemeinsam genutzten Wohnraum grundsätzlich möglich. Zu seiner Annahme bedarf es nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 30.4.2008 (BGHZ 176, 262 ff.) jedoch besonderer tatsächlicher Anhaltspunkte, die erkennbar werden lassen, dass die Parteien gerade die Gebrauchsüberlassung aus dem wechselseitigen tatsächlichen Gefüge ausnehmen und einer besonderen und für beide Seiten rechtlich bindenden Regelung zuführen wollten.

In entsprechender Wertung zu dem vorgenannten Urteil sieht auch das erkennende Gericht im vorliegenden Fall ein besonderes Näheverhältnis zwischen den Parteien.

Es muss berücksichtigt werden, dass der Kläger seiner Tochter, der Beklagten zu 1), das Elternhaus schenkweise übertragen und sich ein Wohnrecht vorbehalten hat.

Als er dann das Haus nur noch allein bewohnte, hat er seine Tochter und deren Familie in das Haus einziehen lassen und dabei auf eine Mitversorgung im Sinne der Erledigung von Hausarbeiten, Einkäufen und der Bereitstellung von Essen etc. gehofft, welche dann ja auch über mehrere Jahre durchgeführt wurde. Erkennbar ist darüber hinaus, dass über all die Jahre hinweg die Beklagten das Heizöl bestellt und bezahlt haben, während der Kläger die Strom- und Wasserkosten trug.

Schließlich haben die Beklagten bereits kostenträchtige Renovierungsarbeiten im Haus vorgenommen, was ebenfalls ein Grund für eine finanzielle Entlastung seitens des Vaters gewesen sein kann.

Dies alles belegt ein besonderes Näherverhältnis, in welchem persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht aufgrund von wechselseitig abgeschlossenen Verträgen erbracht wurden. In einem solchen Gemeinschaftsverhältnis ist die Einräumung der Mitbenutzung nur eine von vielfältigen Leistungen im Rahmen des wechselseitigen Gebens und Nehmens; sie dient - wie die anderen Beiträge auch - dem gemeinsamen Interesse der Parteien und erfolgt im Zweifel auf tatsächlicher, nicht jedoch auf vertraglicher Grundlage. Regeln die Parteien einer solchen Gemeinschaft ihre Beziehung nicht erkennbar besonders, handelt es sich bei der gemeinsamen Nutzung um einen rein tatsächlichen Vorgang, der keine rechtliche Bindung begründet.

Gerade aufgrund des wechselseitigen Gebens und Nehmens verbietet sich hier auch die Annahme einer stillschweigend (konkludent) zustande gekommenen Vertragsvereinbarung hinsichtlich der Tragung der verbrauchsabhängigen Betriebskosten.

Ersatzansprüche auf der Grundlage eines Leihvertrages scheiden danach aus.

Ebenso wenig können unter den vorgenannten Umständen Ausgleichsansprüche nach den Vorschriften über die bürgerlichrechtliche Gesellschaft bestehen.

Einen Anspruch wegen Erschleichens dieser Leistungen aus § 823 BGB herleiten zu wollen, hält das Gericht für abwegig.

Schließlich steht dem Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt der ungerecht- fertigten Bereicherung gemäß § 812 BGB ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagten zu.

Er hat nicht dargelegt und bewiesen, dass seine Leistungen auf die verbrauchsabhängigen Betriebskosten gegenüber den Beklagten "ohne Rechtsgrund" erfolgt sind.

Zum einen ist anerkannt, dass ein Wohnungsberechtigter ohne besondere Vereinbarung - wie hier - jedenfalls die verbrauchsabhängigen Betriebskosten selbst zu tragen hat. Zum anderen ist er nach § 1093 Abs. 2 BGB berechtigt, seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen ihn die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räumlichkeiten aufzunehmen. Will er nun gegenüber diesen Personen eine Abwälzung der ihn treffenden verbrauchsabhängigen Betriebskosten vornehmen, so bedarf dies einer besonderen Vereinbarung, welche hier jedoch nach den obigen Ausführungen zu verneinen ist.

Der Rechtsgrund im Sinne des § 812 BGB für die Entgegennahme der Leistung ist damit die Einräumung der unentgeltlichen Mitbenutzung auf der Grundlage der durch § 1093 Abs. 2 BGB eingeräumten Befugnis. Darüber hinaus folgt der Rechtsgrund aus der familiären Verbundenheit der Parteien, die hier in einem gemeinsamen Haushalt im beiderseitigen Interesse bei gegenseitigem Nehmen und Geben gewirtschaftet haben.

Nach allem fehlt es der Klage an einer tragfähigen Anspruchsgrundlage, so dass sie mit den prozessualen Nebenentscheidungen aus §§ 91,708 Nr. 11,711 ZPO abzuweisen war.

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