OLG Köln, Beschluss vom 21.02.2011 - 18 U 149/10
Fundstelle
openJur 2012, 78456
  • Rkr:
Tenor

Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11.06.2010 - 8 O 466/09 - werden zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufungsverfahren.

Gründe

Die Berufungen waren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig der Überzeugung ist, dass das Rechtsmittel der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hat und eine Entscheidung darüber durch Urteil nicht geboten ist. Zur Begründung wird zunächst auf den Beschluss des Senats vom 17.11.2010 Bezug genommen. Auch die Ausführungen der Beklagten vom 08.12.2010 sowie 15. und 16.02.2011 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Sie geben lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass:

1. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 17.11.2010 (dort Seite 9, Ziffer III.) dargelegt, weshalb die Ansicht des Landgerichts, die Beklagte zu 1), über die die Kläger als Treuhandkommanditistin an der zu 3) beklagten Fondsgesellschaft beteiligt sind, habe gemäß § 9 Nr. 2 der Treuhandabrede in Verbindung mit § 666 BGB Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen Treugeber/Gesellschafter zu erteilen, zutreffend ist. Darauf, ob der Auskunftsanspruch aus § 666 BGB folgt, kommt es im Streitfall nicht mehr entscheidend an. Nach der den Beklagten bekannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11.01.2011 - II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern), zitiert nach juris, Rn. 10 ff) steht das Recht der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, von der Treuhandkommanditistin Auskunft über die Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter zu verlangen, auch Anlegern zu, die sich als Treugeber an einer Publikumsgesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft beteiligt haben, wenn diese aufgrund der im konkreten Fall getroffenen vertraglichen Vereinbarung im Innenverhältnis eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bilden. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) ergibt die Auslegung des von den Anlegern mit ihr abgeschlossenen Treuhandvertrages, dass zwischen ihnen eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts besteht. Eine solche setzt die von den Gesellschaftern erzielte Einigkeit darüber voraus, durch Beitragsleistung einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen (BGH, Urteil vom 11.01.2011 - II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern), zitiert nach juris, Rn. 13). Der Regelungsgehalt der vorliegenden gleichlautend mit allen Anlegern abgeschlossenen Treuhandverträge erschöpft sich nicht in der Ausgestaltung des jeweiligen Treuhandverhältnisses zwischen der Beklagten zu 1) und dem einzelnen Anleger. Im Ausgangspunkt regelt er auch die Rechtsbeziehungen der Treugeber untereinander im Sinne einer Innengesellschaft mit der Beklagten zu 1) als handelndem Organ im Außenverhältnis gegenüber der zu 3) beklagten Fondsgesellschaft. Dazu bedarf es nicht unbedingt besonderer Regelungen, welche die Einberufung einer Anlegerversammlung vorsehen. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen gesellschaftsrechtlichem und einem partiarischem Rechtsverhältnis ist vielmehr, ob sich die Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes verbunden haben und die schuldrechtlichen Beziehungen ein gesellschaftsrechtliches Element in sich tragen oder ob sie ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt werden (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.1987 - II ZR 50/86, FamRZ 1987, 676-679, zitiert nach juris, Rn. 17 mit weiteren Nachweisen).

Für den Streitfall ergibt die Auslegung der gleichlautend abgeschlossenen Treuhandverträge, dass die Anleger die Wahrnehmung der ihnen als Gesamtheit eingeräumten Rechte zum Gegenstand einer gemeinschaftlichen Zweckvereinbarung gemacht haben. Nach § 1 Nr. 6 und § 2 Nr. 1 Satz 1 des Treuhandvertrages hält die Beklagte zu 1) die Anteile sämtlicher Treugeber im Außenverhältnis als einheitlichen Kommanditanteil. Mag auch der Umstand, dass § 9 des Treuhandvertrages („Rechenschaftspflicht“) den Treugebern Informations- und Kontrollrechte eingeräumt, noch sowohl als Ausfluss eines Gemeinschaftsverhältnisses als auch Ausdruck eines einseitigen Sicherungsbedürfnisses der einzelnen Treugeber gedeutet werden können, so verleiht der Treuhandvertrag der Gemeinschaft der Anleger mit der in § 14 des Treuhandvertrages („Ausscheiden des Treuhandkommanditisten“) vorgesehenen Befugnis, einen neuen Treuhandkommanditisten anstelle des ausgeschiedenen Amtsinhabers durch Mehrheitsbeschluss zu bestellen, eigene Rechte, die über die Rechte des einzelnen Anlegers unmittelbar gegenüber der Treuhänderin hinausgehen, sich von den Rechten der Gesellschafterversammlung unterscheiden und denen die Pflicht zur Förderung des gemeinsamen Zwecks korrespondiert (unzutreffend deshalb Altmeppen, ZIP 2011, 326, 328, der eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Auswechselung des Treuhandkommanditisten verneint; wie hier dagegen BGH, Urteil vom 11.01.2011 - II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern), zitiert nach juris, Rn. 13).

2. Der Senat bleibt auch unter Berücksichtigung der Ausführungen vom 08.12.2010 sowie 15. und 16.02.2011 dabei, dass die Beklagte zu 3) gleichfalls zur Erteilung der begehrten Auskunft verpflichtet ist. Dass allein die Treuhandkommanditistin als das geschäftsführende Organ der durch die Gesamtheit der Treugeber gebildeten Innengesellschaft auskunftspflichtig sei, lässt sich der von der Berufung herangezogenen Passage aus den Gründen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 11.01.2011 (II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern), zitiert nach juris, Rn. 11 a.E.) nicht entnehmen. Die Auskunftspflicht der in Form einer Kommanditgesellschaft organisierten Publikumsgesellschaft selbst war nicht Gegenstand der angeführten Entscheidung vom 11.01.2011; sie wird vom Senat vielmehr in Einklang mit den Erwägungen des Bundesgerichtshofs in dem Beschluss vom 21.09.2009 (II ZR 264/08, NJW 2010, 439-440, zitiert nach juris, Rn. 10) zur Publikums-GbR aus § 166 Abs. 3 HGB abgeleitet und findet ihre Grundlage darin, dass die Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag (dort § 6 Nr. 2) im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt werden. Der Umstand, dass sich die Anleger lediglich mittelbar über einen Treuhänder an der Publikums-KG beteiligt haben, begründet, wie der Bundesgerichtshof für die Auskunftspflicht des Treuhänders hervorgehoben hat (Urteil vom 11.01.2011 - II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern), zitiert nach juris, Rn. 16 a.E.), entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht (vgl. Altmeppen, NZG 2010, 1321, 1326; ders. ZIP 2011, 326, 328) kein Recht auf Anonymität.

3. Dass neben dem aus der Mitgliedschaft abgeleiteten Informationsrecht des Kommanditisten gegenüber der Gesellschaft (§ 166 HGB) auch der von dem einzelnen Gesellschafter im Wege der actio pro socio verfolgbare Informationsanspruch gegen den geschäftsführenden Gesellschafter (hier also gegen den Beklagten zu 2) besteht, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.1992 - II ZR 128/91, NJW 1992, 1890-1892, zitiert nach juris, Rn. 14) und muss - wie der Senat mit Beschluss vom 17.11.2010 ausgeführt hat - auch für den Treugeber gelten, der sich über einen Treuhandkommanditisten einer Publikums-KG jedenfalls dann gelten, wenn dieser - wie hier - gesellschaftsvertraglich einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist. Weshalb sich an dieser Rechtslage durch die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung vom 11.01.2011 (II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern), zitiert nach juris, Rn. 11 a.E.) etwas ändern sollte, ist weder ersichtlich noch dargelegt.

4. Die mit der Klage verfolgten Ansprüche auf Erteilung einer Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen Treugeber/Gesellschafter sind auch nicht verjährt; es handelt sich um so genannte verhaltene Ansprüche (vgl. dazu Palandt-Ellenberger, BGB, 70. Auflage, § 199 Rn. 8), bei denen die Beklagten erst erfüllen konnten, als die Kläger die Leistung verlangten. Dementsprechend hat die Verjährungsfrist überhaupt erst mit der Geltendmachung der Ansprüche im Jahr 2009 gemäß § 199 BGB zu laufen begonnen (vgl. dazu Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 199 Rn. 8).

5. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die Voraussetzungen, unter denen über die Berufungen durch Urteil zu entscheiden, nicht vor.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage klärungsbedürftig ist, die sich allgemein, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellt (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss 05.11.2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437, zitiert nach juris, Rn. 4). Das ist vorliegend nicht der Fall. Mit der Entscheidung vom 11.01.2011 (II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern) hat der Bundesgerichtshof die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Treugeber von der Treuhandkommanditistin, über die sie sich an einer Publikums-KG beteiligt haben, Auskunft über Namen und Anschrift der übrigen Treugeber/Gesellschafter verlangen können, beantwortet. Danach besteht eine Auskunftspflicht jedenfalls dann, wenn die Treugeber untereinander eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Treuhandkommanditistin als dem handelnden Organ im Außenverhältnis zur Fondsgesellschaft bilden (BGH; Urteil vom 11.01.2011 - II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern), zitiert nach juris, Rn. 10 ff). Dementsprechend hat der Senat, der sich der Rechtsausfassung des Bundesgerichtshofs anschließt, im vorliegenden Fall aufgrund der Würdigung der konkreten Einzelfallumstände eine solche Innnengesellschaft bejaht. Entgegen der Auffassung von Altmeppen (ZIP 2011, 326, 328) werfen Fälle der vorliegenden Art abstrakte, der Verallgemeinerung zugängliche Rechtsfragen nicht auf, weil die abstrakten Voraussetzungen, unter denen eine Innengesellschaft angenommen werden kann höchstrichterlich geklärt sind.

Soweit Ansprüche gegen die zu 3) beklagte Fondsgesellschaft sowie ihren zu 2) beklagten Komplementärs im Streit stehen, hat der Senat - wie aus den Ausführungen zu Ziffer 2. und 3. ersichtlich - gleichfalls in jeder Hinsicht auf höchstrichterlich bereits geklärte abstrakte Rechtssätze abgestellt und auf dieser Grundlage unter Würdigung der Einzelfallumstände - namentlich der gesellschaftsvertraglich normierten Gleichstellung von mittelbar und unmittelbar an der KG beteiligten Anlegern - eine Auskunftspflicht bejaht.

Auch zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist eine (weitere) höchstrichterliche Entscheidung nicht geboten. Diese ist nur erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 05.11.2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437, zitiert nach juris, Rn. 6). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Soweit sich die Beklagten auf Unterschiede des dem vorliegenden Fall zugrundeliegenden Sachverhalts zu den Sachverhalten, die den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 21.09.2009 (II ZR 264/08, NJW 2010, 439-440) und vom 11.01.2011 (II ZR 187/09, NSW BGB § 705 (BGH-intern) zugrunde lagen, berufen, begründet das keine rechtliche Divergenz. Dass der Senat ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantworten würde als die Vergleichsentscheidungen, ist weder ersichtlich noch dargelegt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.