Óberläßt ein Ehegatte die Vermögensverwaltung seinem Ehepartner, so bestimmen sich Ansprüche gegen den verwaltenden Ehegatten nach den Regeln des Auftragsverhältnisses (§§ 1364, 662 BGB).
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24.4.1997 - 21 O 156/95 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:Das Versäumnisurteil vom 21.3.1996 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, daß der Beklagte der Klägerin zur Rechenschaftsle-gung über die Verwendung der anläßlich des Unfallgeschehens vom 13.8.1985 gezahlten und von ihm verwalteten Gelder sowie zur Heraus-gabe eventueller Óberschüsse verpflichtet ist. Hinsichtlich der Feststellungen zur Höhe wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten wird.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung von
Geldern, die er in den Jahren 1985 bis 1992 unrechtmäßig beiseite
geschafft haben soll.
Die Parteien, damals noch miteinander verheiratet, erlitten am
13.8.1985 unverschuldet einen Verkehrsunfall, bei dem beide schwer
verletzt wurden; der Beklagte war bis zu diesem Zeitpunkt als
Buchhalter tätig, die Klägerin als Sekretärin. Der Beklagte genas
vollständig, die Klägerin ist seither erwerbsunfähig; sie bedarf
der ständigen ärztlichen sowie stundenweise auch der pflegerischen
Betreuung. Seit 1990 befindet sich die Klägerin darüber hinaus in
psychiatrischer Behandlung. Um die Schadensregulierung kümmerte
sich - jedenfalls zunächst - der Beklagte, der auch für die
Klägerin eingehende Gelder verwaltete; die Óberweisung der
Versicherungsleistungen erfolgte zum Teil auf Konten des Beklagten,
zum Teil auf die der Klägerin. Die Ehe der Pareien ist inzwischen
rechtskräftig geschieden.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe, nachdem sie auf den
Sparbüchern keine Gegenwerte vorgefunden habe, erstmals im Januar
1992 den vagen Verdacht gehabt, daß der Beklagte eingegangene
Gelder beiseite geschafft haben könnte; sie habe sich deshalb
entschlossen, sich von ihm zu trennen. Im August 1992 habe sie in
einem Hängeschrank im Keller, indem sich ansonsten Putzlappen und
dergleichen befunden hätten, versteckte Kontoauszüge vom Konto des
Beklagten bei der Sparkasse L. gefunden. Deren Auswertung habe
ergeben, daß der Beklagte ab November 1995 beträchtliche Summen
abgehoben habe; Kontoauszüge von ihrem eigenen Girokonto bei der D.
Bank seien dagegen nicht mehr auffindbar gewesen. Weitere
Nachforschungen hätten ergeben, daß der Beklagte erhebliche Gelder
veruntreut haben müsse, wie sich aus ihren verschiedenen
Auflistungen ergebe. Diese stellen sich, um Rechenfehler korrigiert
und tabellarisch geordnet wie folgt dar:
Zahlungen
an Klägerin
an Beklagten
S.
123.345,00 DM
Schmerzensg.
20.000,00 DM
G.
46.357,20 DM
Gothaer
22.657,20 DM
N.
86.020,00 DM
Steuerrück.
36.894,00 DM
11.600,00 DM
BU-Rente
54.208,25 DM
A.
32.149,23 DM
Scheckeinzg
9.618,51 DM
EU-
57.670,44 DM
3.749,97 DM
EU-R.
91.813,20 DM
Wertpapiervk.
13.309,04 DM
Kredit
58.752,36 DM
Mieteinnahm.
32.916,00 DM
Geldbuße
10.000,00 DM
Sonderzahl.
24.987,55 DM
Summe:
517.707,43 DM
Summe:
218.340,52 DM
Summe Einnahmen:
736.047,95 DM
Summe Ausgaben: (=Lebensführung)
-289.537,49 DM
Differenz
446.510,46 DM
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, von den Gesamteinnahmen
entfielen 73,72 % auf sie. Aus Vereinfachungsgründen werde dieser
Prozentsatz lediglich von der fehlenden Differenz von 446.510,46 DM
beansprucht.
Die Klägerin hat beantragt,
das Versäumnisurteil der Kammer vom 21.3.1996 aufzuheben und den
Beklagten zu verurteilen, an sie 329.175,37 DM zuzüglich 6,5 %
Zinsen seit dem 12.5.1995 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Er hat behauptet, von ihm abgehobenes Geld sei ausschließlich
ffür die Belange beider Parteien bestimmt gewesen. Die Kosten der
Lebensführung hätten sich auf 306.225,-- DM belaufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und
Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils
Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die
Klägerin habe ihren Zahlungsanspruch in keiner Weise schlüssig
dargelegt. Wegen der weiteren Begründung wird auch insoweit auf den
Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten und auch rechtzeitig
begründeten Berufung macht die Klägerin geltend:
Sie habe erstinstanzlich sehr detailliert dargelegt und unter
Beweis gestellt, teilweise durch unbestrittene Urkunden auch
bewiesen, daß der Beklagte Versicherungsleistungen an sich gebracht
habe, die ihr zugestanden hätten. Das Landgericht habe sich nicht
mit allen in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen befaßt, die
Subsumtion der im Urteil angesprochenen Anspruchsgrundlagen sei
zudem dürftig und fehle zum Teil vollständig. So fehlten jegliche
Ausführungen zu Anspruchsgrundlagen aus einem Auftragsverhältnis.
Bei der Prüfung zu § 812 Abs. 1 BGB sei nicht berücksichtigt, daß
die Vollmacht den Beklagten nicht berechtigt habe, Gelder für sich
zu behalten. Die Voraussetzungen einer Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB
i.V.m. § 266 StGB lägen ebenfalls vor
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung des
Versäumnisurteils vom 21.3.1996 den Beklagten zu verurteilen, an
die Klägerin 329.173,37 DM zzgl. 6,5 % Zinsen seit dem 12.3.1995 zu
zahlen;
ihr zu gestatten, Sicherheiten auch durch Bürgschaften einer
deutschen Großbank, einer Genossenschaftsbank oder einer
öffentlichen Sparkasse erbringen zu können.
Der Beklagte beantragt,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen;
ihm zu gestatten, Sicherheiten auch durch Bürgschaften einer
deutschen Großbank, einer Genossenschaftsbank oder einer
öffentlichen Sparkasse erbringen zu können.
Er ist der Ansicht, keine Untreue oder eine sonstige zum
Schadensersatz verpflichtende Handlung begangen zu haben.
Finanzielle Dispositionen seien einvernehmlich getroffen worden.
Die Klägerin habe sich selbst auch um die Verwaltung, Anlage und
Ausgabe der eingehenden Gelder gekümmert. Das Rechenwerk der
Klägerin sei unzutreffend und nicht nachvollziehbar.
Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die
Schriftsätze der Parteien nebst den überreichten Unterlagen Bezug
genommen.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist zum Grunde begründet.
Wegen der noch erforderlichen Aufklärung zur Höhe war die Sache
gem. § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Landgericht
zurückzuverweisen.
Die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts überzeugen nicht;
insbesondere hat es sich, wie die Klägerin zu Recht beanstandet,
nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Beklagte der
Klägerin nicht aufgrund eines Auftragsverhältnisses haftet.
Richtig ist, daß nach § 1364 Abs. 1 BGB jeder Ehegatte sein
Vermögen selbständig verwaltet. Hieraus zu schließen, die Klägerin
habe nicht schlüssig dargelegt, daß der Beklagte eine
Vermögensbetreuungspflicht gehabt habe, ist jedoch verfehlt. Denn
selbstverständlich kann ein Ehegatte dem anderen die Verwaltung
seines Vermögens überlassen, was keiner Form bedarf. Mangels
konkreter Absprachen sind die Einkünfte in einem solchen Fall für
die ganze Familie anzulegen. Ansprüche gegen den verwaltenden
Ehegatten ergeben sich in diesem Fall aus §§ 662 ff. BGB (vgl. zu
allem Palandt - Diederichsen, BGB, 56. Aufl., § 1364 Rn 2). Der
Beklagte hat eingeräumt, die Vermögensangelegenheiten der Klägerin
nach dem Unfall von 1985 wahrgenommen und Gelder verwaltet zu haben
(Bl. 181 d.A.), was angesichts der Schwere der Verletzungen, die
die Klägerin erlitten hatte und seiner beruflichen Tätigkeit
(Buchhalter) auch naheliegt. Er ist deshalb nach §§ 662, 666, 667
BGB der Klägerin zur Rechenschaftslegung und Herausgabe des
Erlangten verpflichtet. Hat er, wie die Klägerin behauptet, ihr aus
dem Unfallgeschehen gezahlte Gelder beiseite geschafft, so handelte
er treuwidrig.
Nach den bisherigen Zahlen, die, was die Geldzuflüsse betrifft,
zum großen Teil unstreitig sind, ist der Verbleib erheblicher
Beträge vom Beklagten unerklärt geblieben. Selbst wenn man die
Anforderungen an seine Rechenschaftspflicht deshalb niedrig
ansetzt, weil die Vorgänge bis ins Jahr 1985 zurückreichen und die
Parteien damals noch in intakter Ehe zusammenlebten, so handelt es
sich doch um Summen, deren Verbleib der näheren Erläuterung
bedürfte.
Hinsichtlich der Einkünfte der Klägerin hat der Beklagte
keinerlei Beanstandungen erhoben; bei seinen eigenen Einkünften hat
er den Erlös aus Wertpapierverkäufen niedriger angesetzt, während
er die Summe der Ausgaben heraufgesetzt hat. Trotzdem verbleibt
auch dann ein ungeklärter Betrag von rund 422.000,-- DM, den der
Beklagte grundsätzlich herauszugeben hätte. Obwohl der Beklagte
sich im wesentlichen nur pauschal gegenüber dem Zahlenmaterial der
Klägerin verteidigt hat, kommt aber eine Verurteilung zur Zahlung
bestimmter Beträge noch nicht in Betracht, da weder das Landgericht
noch er selbst bisher gesehen haben und das Landgericht in
folgerichtig auch nicht darauf hingewiesen hat, daß ihn die
Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der bestimmungsgemäßen
Verwendung der Gelder trifft (vgl. Palandt-Thomas, a.a.O., § 667 Rn
10) und daß seine bisherigen Ausführungen hierzu nicht ausreichen.
Sie zu vervollständigen hat der Beklagte Gelegenheit durch die nach
§ 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO notwendige Zurückverweisung an das
Landgericht. Insbesondere hat er in dem sich anschließenden
Verfahren sämtliche Konten und Kontenbewegungen offenzulegen,
eventuell durch Vorlage und (notfalls sachverständige) Auswertung
"verdichteter" Kontoauszüge, soweit diese noch beschaffbar sind;
größere Ausgabenposten und Geldbewegungen sind nachvollziehbar zu
erläutern. Schließlich enthalten die Aufstellungen der Parteien
auch noch keine Ansätze über die Kosten des täglichen Bedarfs für
den hier in Betracht kommenden Zeitraum.
Sollte sich hiernach noch ein Zahlungsanspruch der Klägerin
ergeben, so wird das Landgericht auch der Frage nachzugehen haben,
welchen Anteil an dem unerklärten Betrag die Klägerin
herausverlangen kann. Denn es handelt sich um Vermögen, das während
der Ehe erworben wurde und damit nach Einleitung des
Scheidungsverfahrens grundsätzlich dem Zugewinnausgleich
unterfällt, den die Parteien schon durchgeführt haben. Wäre dieser
Betrag verfügbar gewesen, hätte er in dieser Höhe den des Beklagten
überstiegen mit der sich aus § 1378 Abs. 1 BGB ergebenden Folge:
die Klägerin hätte die Hälfte des Óberschusses an den Beklagten
auskehren müssen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens war dem
Landgericht vorzubehalten, da sie abhängig vom Ausgang des weiteren
Verfahrens ist.
Beschwer für beide Parteien: über 60.000,-- DM