VerfGH für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.12.1996 - VerfGH 11/95
Fundstelle
openJur 2012, 75990
  • Rkr:

1.

Eine Kostenerstattungsregelung nach Art. 78 Abs. 3 LV NW ist willkürlich, wenn sie im Rahmen eines Erstattungssystems ohne rechtfertigenden Grund für Aufgaben mit gleich hohem Kostenaufwand unterschiedlich hohe Erstattungen vorsieht.

2.

Eine in diesem Sinne willkürliche Regelung innerhalb eines vom Gesetzgeber gewählten Erstattungssystems wird nicht durch den allgemeinen Finanzausgleich gerechtfertigt.

3.

Der Landesgesetzgeber darf die Gemeinden zwecks angemessener Finanzausstattung nicht an den Bund verweisen.

4.

Eine Kostenerstattungsregelung nach Art. 78 Abs. 3 LV NW darf der Landesgesetzgeber nicht in das Belieben der Exekutive stellen.

Tenor

§ 6 Abs. 1 FlüAG i. d. F. des 4. Änderungsgesetzes vom 29. November 1994 (GV NW S. 1087) sowie die Nichtgewährung einer Betreuungspauschale für den Personenkreis des § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG i. d. F. des 4. Änderungsgesetzes sind mit Art. 78 Abs. 3 LV unvereinbar. Bis zum Inkrafttreten einer alsbald zu treffenden Neuregelung ist § 6 Abs. 1 FlüAG in der geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Im übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführerinnen die Hälfte der durch das Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerinnen - 44 kreisangehörige Gemeinden - wenden sich gegen die Kostenerstattungsregelungen im Zusammenhang mit der ihnen übertragenen Aufgabe der Unterbringung und Versorgung von ausländischen Flüchtlingen durch das Gesetz zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AG AsylbLG), das 4. Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) und das 2. Gesetz zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes (LAufG) vom 29. November 1994 (GV NW S. 1087) - Artikelgesetz -.

I.

Das Artikelgesetz ist durch das am 1. November 1993 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber vom 30. Juni 1993 (BGBl. S. 1074) - AsylbLG - veranlaßt worden, dessen Ziel eine Absenkung der Leistungen war, die Asylbewerber zuvor gemäß § 120 BSHG erhalten hatten. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AG AsylbLG (Art. 1 Artikelgesetz) sind für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes grundsätzlich die Gemeinden zuständig. Sie tragen nach § 2 Satz 1 AG AsylbLG die Kosten für die Durchführung des Gesetzes. Das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt sich nach § 3 AG AsylbLG an den mit der Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes verbundenen Aufwendungen nach Maßgabe des Flüchtlingsaufnahmegesetzes.

Für jeden ausländischen Flüchtling im Sinne des § 2 Nrn. 1 bis 6 FlüAG i. d. F. des 4. Gesetzes zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (Art. 2 Artikelgesetz) - FlüAG n. F. -, der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG oder laufende Hilfe zum Lebensunterhalt entsprechend dem Bundessozialhilfegesetz (§ 2 AsylbLG) oder unmittelbar nach dem Bundessozialhilfegesetz durch eine kreisfreie Stadt oder durch eine nach § 3 AG BSHG herangezogene kreisangehörige Gemeinde erhält, gewährt das Land eine Vierteljahrespauschale. Für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 1 bis 3 FlüAG n. F. beträgt die Vierteljahrespauschale 1.935,-- DM (§ 4 Abs. 1 FlüAG n. F.) zuzüglich 90,-- DM zur Abgeltung des besonderen Betreuungsaufwandes (§ 4 Abs. 2 FlüAG n. F.). Für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. wird eine Vierteljahrespauschale in Höhe von 960,-- DM gewährt, für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 5 und 6 FlüAG n. F. jedoch nur, wenn die Landesregierung die Zahlung beschließt (§ 6 Abs. 1 FlüAG n. F.). Die Pauschalen werden für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nr. 1 FlüAG n. F. längstens für die Dauer von vier Monaten nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrags, für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 2 bis 6 FlüAG n. F. längstens für die Dauer von drei Jahren seit der Einreise bzw. der erstmaligen Anordnung nach §§ 32, 54 AuslG gewährt (§ 3 Abs. 3 FlüAG n. F.).

Art. 4 Artikelgesetz sieht verschiedene Óbergangsregelungen zum 4. Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vor. Nach Art. 4 Nr. 1 Artikelgesetz werden von der Regelung des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. auch Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina erfaßt, für die vor dem 1. Januar 1995 die Aussetzung der Abschiebung nach § 54 AuslG angeordnet worden ist. Für diesen Personenkreis beginnt die Anrechnung und Erstattung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. am 1. Januar 1995 und endet mit Ablauf des 31. Dezember 1997. Nach Art. 4 Nr. 4 Artikelgesetz können die Kostenträger für die Jahre 1995 und 1996 auch eine Erstattung auf der Grundlage der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Vorschriften verlangen. Die Erstattung für die nach näherer Maßgabe zu ermittelnden Aufwendungen beträgt für das Jahr 1995 90 v. H., für das Jahr 1996 80 v. H..

Mit dem Artikelgesetz (Art. 3) sind auch die Kostenerstattungsregelungen im Landesaufnahmegesetz geändert worden. Das Landesaufnahmegesetz regelt die Aufnahme und Betreuung von Aussiedlern, Spätaussiedlern und Zuwanderern im Sinne des § 2 LAufG; diese Aufgabe ist den Gemeinden als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung zugewiesen (§ 1 LAufG). Die mit der Errichtung und Unterhaltung der Óbergangsheime verbundenen Kosten tragen die Gemeinden (§ 9 Abs. 1 LAufG). Nach der Neuregelung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes (Art. 3 Artikelgesetz) erhalten die Gemeinden gemäß § 9 Abs. 2 und 3 LAufG für die mit der Unterhaltung der Óbergangsheime verbundenen Aufwendungen vom Land eine Vierteljahrespauschale in Höhe von 390,-- DM für jeden in einem Óbergangsheim untergebrachten Berechtigten. Art. 5 Nr. 3 Artikelgesetz sieht eine dem Art. 4 Nr. 4 vergleichbare Óbergangsregelung zum 2. Gesetz zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes vor.

II.

Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die angegriffenen Vorschriften des Artikelgesetzes verletzten sie in ihrem Recht auf Selbstverwaltung.

Die Beschwerdeführerin zu 1. beantragt,

1. festzustellen, daß § 4 und § 6 FlüAG i. d. F. des 4. Gesetzes zur Änderung des FlüAG vom 29. November 1994 (GV NW S. 1087 ff.) nichtig sind, soweit sie für den Personenkreis der ausländischen Flüchtlinge gemäß § 2 Nrn. 1 bis 3 FlüAG Kostenpauschalen von 1935,-- DM, für denjenigen gemäß § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG solche von 960,-- DM je Vierteljahr und ausländischen Flüchtling vorsehen,

anzuordnen, daß das Land Nordrhein-Westfalen ihr die notwendigen Auslagen zu erstatten hat.

Die Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 31. beantragen,

festzustellen, daß das Gesetz zur Ausführung des AsylbLG, das 4. Gesetz zur Änderung des FlüAG und das 2. Gesetz zur Änderung des LAufG sowie die zu den vorgenannten Gesetzen getroffenen Óbergangsregelungen vom 29. November 1994 (GV NW S. 1087 ff.) nichtig sind.

Die Beschwerdeführerin zu 32. beantragt,

festzustellen, daß das 4. Gesetz zur Änderung des FlüAG vom 29. November 1994 (GV NW S. 1087 ff.) nichtig ist.

Die Beschwerdeführerin zu 33. beantragt,

festzustellen, daß das Gesetz zur Ausführung des AsylbLG und das 4. Gesetz zur Änderung des FlüAG vom 29. November 1994 (GV NW S. 1087) nichtig sind.

Die Beschwerdeführerinnen zu 34. bis 44. beantragen,

festzustellen, daß § 4 Abs. 1 i. V. m. § 2 Nrn. 1 bis 3 und § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG i. d. F. des 4. Gesetzes zur Änderung des FlüAG vom 29. November 1994 (GV NW S. 1087) i. V. m. § 3 AG AsylbLG, § 6 Abs. 1 i. V. m. § 2 Nrn. 4 bis 6 i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG i. V. m. § 3 AG AsylbLG und Art. 4 Nrn. 1 und 4 Artikelgesetz nichtig sind.

1. Die Beschwerdeführerin zu 1. ist der Auffassung, es bestehe die Gefahr, daß die freiwilligen Leistungen der Gemeinde in vollem Umfang reduziert werden müßten. Das angefochtene Gesetz benachteilige Kommunen mit einem verhältnismäßig hohen Anteil an bosnischen Kriegsflüchtlingen in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise. Es gebe keinen sachlichen Grund, die Kostenerstattung in bezug auf Bürgerkriegsflüchtlinge anders zu regeln als bei Asylbewerbern. Die Óbergangsregelung des Art. 4 Ziffer 4 Artikelgesetz sei zeitlich ungenügend und der Höhe nach so unzureichend, daß sie von kaum einer Gemeinde in Anspruch genommen werde.

2. Die Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 31. tragen darüber hinaus vor: Die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 78 Abs. 3 LV sei korrekturbedürftig. Diese Vorschrift müsse als Verpflichtung zur Vollkostenerstattung im Sinne des Konnexitätsgrundsatzes verstanden werden. Derjenige, in dessen Interesse die Aufgaben erfüllt würden, habe auch die mit der Aufgabenwahrnehmung entstehenden Kosten zu tragen. Aber auch bei Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien die angegriffenen Kostenerstattungsregelungen verfassungswidrig. Es sei weder plausibel noch sach- und systemgerecht, daß folgende Personengruppen in die Erstattungsregelungen nicht einbezogen seien:

- geduldete Ausländer,

- abgelehnte Asylbewerber mit selbst zu vertretendem Ausreisehindernis,

- Asylbewerber, deren Asylantrag bereits vor mindestens vier Monaten unanfechtbar abgelehnt worden sei,

- Ausländer, die im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen oder nach § 33 AuslG aufgenommen worden seien, sowie Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, deren Einreise mehr als drei Jahre zurückliege,

- Ausländer, für die eine Aufnahmeanordnung nach § 32 AuslG vor dem 1. Januar 1995 getroffen worden sei (Altfälle),

- Ausländer, deren Abschiebung aufgrund einer vor dem 1. Januar 1995 getroffenen Anordnung nach § 54 AuslG ausgesetzt worden sei (Altfälle), soweit es sich nicht um Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina handele.

Die Kostenpauschale von 2.025,-- DM vierteljährlich bzw. 675,-- DM monatlich gemäß § 4 FlüAG n. F. sei zu niedrig; die tatsächlichen Kosten lägen nach den Berechnungen des Städte- und Gemeindebundes bei mindestens 800,-- DM bis 850,-- DM je Monat. Ebenso müsse die Kostenpauschale von 320,-- DM monatlich in § 6 FlüAG n. F. auf 850,-- DM angehoben werden. Ob der Bund seiner Verpflichtung zur finanziellen Beteiligung an den Kosten dieser Personengruppe nachgekommen sei, sei unerheblich; die Kommunen seien nicht Ausfallbürgen des Bundes. Für ungewöhnlich hohe Krankenkosten in Einzelfällen hätte es einer Härteregelung oder zumindest einer Fondslösung bedurft. Nicht ausreichend seien auch die Pauschale von 390,-- DM vierteljährlich bzw. 130,-- DM monatlich nach § 9 LAufG sowie die Óbergangsregelungen des Art. 4 Nr. 4 und Art. 5 Nr. 3 Artikelgesetz.

3. Die Beschwerdeführerin zu 32. trägt vor: Die Kostenerstattungsregelungen nach §§ 4, 6 FlüAG n. F. seien willkürlich und unzumutbar. Die Ungleichbehandlung in bezug auf die Erstattung von Kosten für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 1 bis 3 FlüAG n. F. und für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. sei sachlich nicht gerechtfertigt. Obwohl nach § 54 AuslG geduldete Flüchtlinge höhere Leistungen erhielten als Asylbewerber in den ersten zwölf Monaten, seien die den Gemeinden für diese Flüchtlingsgruppe zustehenden Erstattungsbeträge um 50 % abgesenkt. Gleiches gelte für Flüchtlinge, für die eine Anordnung nach § 32 AuslG getroffen worden sei. Der Gesetzgeber gehe selbst von der Vergleichbarkeit der verschiedenen Flüchtlingsgruppen aus, wenn er bei der Zuweisung nach § 3 FlüAG n. F. keine Differenzierungen treffe. Eine weitere Ungleichbehandlung sei darin zu sehen, daß die Gemeinden für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 1 bis 3 FlüAG n. F. eine Betreuungspauschale pro Person in Höhe von 30,-- DM monatlich erhielten, für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. jedoch nicht, obwohl die Betreuungskosten gleich seien. Soweit § 4 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 3 FlüAG n. F. für Asylbewerber die Vierteljahrespauschale in Höhe von 1.935,-- DM längstens für die Dauer von vier Monaten nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrages vorsehe, sei dies unverhältnismäßig, willkürlich und für die Gemeinden unzumutbar. Die Begrenzung der Erstattung verfolge das legitime Ziel, den Gemeinden einen Anreiz für den gebotenen sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln zu schaffen, indem diese Abschiebungen möglichst beschleunigt durchführten. In der Mehrzahl der Fälle unterbleibe die Abschiebung jedoch aus Gründen, die die Gemeinde nicht zu vertreten und auf die sie keinen Einfluß habe. Die Regelung führe zu einer Ungleichbehandlung solcher Gemeinden, in denen sich überproportional viele Asylbewerber aufhielten, deren rechtskräftige Asylantragsablehnung länger als vier Monate zurückliege; denn diese Flüchtlingsgruppe werde bei der Verteilung nach § 3 FlüAG n. F. nicht berücksichtigt. Die Kostenpauschalen nach §§ 4, 6 FlüAG n. F. seien ferner insofern willkürlich, unverhältnismäßig und unzumutbar, als von diesen Beträgen auch die Krankenkosten abgedeckt werden sollten. Die Krankenkosten seien nicht durch ein besonders kostengünstiges Verhalten der Gemeinden zu minimieren.

4. Die Beschwerdeführerin zu 33. führt zusätzlich aus: Die größten Belastungen entstünden durch den hohen Anteil von illegal eingereisten und zu duldenden Kriegsflüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina. Die insoweit gewährte monatliche Kostenpauschale in Höhe von 320,-- DM sei völlig unzureichend. Für diese Personengruppe fehle ein Verteilungsverfahren, so daß es zu einer ungleichgewichtigen Belastung der einzelnen Gemeinden komme.

5. Die Beschwerdeführerinnen zu 34. bis 44. tragen vor: Die Konnexitätsregelung des Art. 78 Abs. 3 LV habe gegenüber Art. 79 LV eigenständige Bedeutung. Das Konnexitätsprinzip solle verhindern, daß das Land die Kommunen durch die Óbertragung von staatlichen Aufgaben belaste und sich selbst mittels dieser Aufgabenübertragung von den Kosten, die an sich vollständig vom Landeshaushalt zu tragen wären, entlaste. Es schütze die Gemeinden davor, daß sie ihre "echten" Selbstverwaltungsaufgaben vernachlässigen müßten, weil sie mit Pflichtaufgaben und der daraus folgenden Kostenverantwortung überlastet seien. Die Aufgabenübertragung durch das Land ohne volle Kostenerstattung stelle einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht dar. Soweit der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf die rheinlandpfälzische Verfassungslage Art. 78 Abs. 3 und Art. 79 LV als einheitliche Verfassungsgarantie qualifiziert habe, die - aufgabeninakzessorisch - nur ein Gesamtvolumen hinreichender Mittel für die generelle Aufgabenerfüllung gewährleiste, sei diese Rechtsprechung korrekturbedürftig. Die Kostenpauschale des § 6 FlüAG n. F. sei danach verfassungswidrig, weil kein sachlicher Grund ersichtlich sei, Kommunen finanziell stärker zu belasten, die zufällig mehr Flüchtlinge im Sinne von § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. aufzunehmen hätten. Die Gemeinden seien nicht "Ausfallbürgen" für den Bund. Mit Art. 78 Abs. 3 LV unvereinbar sei ferner die in § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. getroffene Regelung, wonach das Land für ausländische Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nrn. 5 und 6 FlüAG n. F. nur dann eine Pauschale gewähre, wenn die Landesregierung diese Zahlung unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. beschließe. Entgegen Art. 78 Abs. 3 LV entscheide letztlich nicht der Gesetzgeber, sondern die Landesregierung, ob den Gemeinden eine Kostenerstattung gewährt werde. Zudem verstoße die Regelung gegen das verfassungsrechtliche Gebot der "gleichzeitigen" Bestimmung über die Kostendeckung, weil der in § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. vorgesehene Beschluß der Landesregierung in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der gesetzlichen Aufgabenübertragung stehe. Die zeitliche Begrenzung der Kostenerstattung durch das Land gemäß § 6 i. V. m. § 2 Nrn. 5 und 6 sowie § 3 Abs. 3 FlüAG n. F. verstoße ebenfalls gegen das Konnexitätsprinzip des Art. 78 Abs. 3 LV. Sachliche Gründe für diesen Ausschluß der Kostenerstattung bestünden nicht. Auch die zeitliche Begrenzung der Kostenerstattung gemäß § 4 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 FlüAG n. F. sei ausschließlich fiskalpolitisch motiviert und entbehre einer sachlichen Rechtfertigung. Gleiches gelte für die begrenzte Spitzabrechnung gemäß Art. 4 Nr. 4 und Art. 5 Nr. 3 Artikelgesetz.

6. Die Landesregierung ist den Verfassungsbeschwerden entgegengetreten. Sie bringt im wesentlichen vor: Die von Art. 78 Abs. 3 LV geforderte Kostenregelung müsse zwar der Finanzsituation der Gemeinden insgesamt gerecht werden. Art. 78, 79 LV legten jedoch keine bestimmte Deckungsquote für Kostenerstattungsregelungen fest, so daß dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zustehe. Bei der Anpassung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes an das Asylbewerberleistungsgesetz seien den Kommunen in ihrer Gesamtheit keine neuen Lasten entstanden. Die Leistungen der Kommunen an die Asylbewerber seien durch das Asylbewerberleistungsgesetz nicht erhöht, sondern vermindert worden. Den Kommunen sei auch keine neue Aufgabe auferlegt worden, weil die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz der Sache nach Sozialleistungen seien. Die Versorgungspauschale nach § 4 Abs. 1 FlüAG n. F. in Höhe von 645,-- DM monatlich beruhe auf realistischen Annahmen, strebe allerdings eine Vollkostenerstattung nicht an, sondern belasse den Gemeinden einen durchschnittlich geringen Eigenanteil. Dabei sei zu berücksichtigen, daß Asylbewerber in den ersten zwölf Monaten ihres Aufenthalts nur eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten, daß die Pauschale für alle leistungsbeziehenden Asylbewerber unabhängig von ihrem Familienstand gelte und daß die Pauschale auch dann in voller Höhe gewährt werde, wenn ein Asylbewerber aufgrund eigener Einkünfte nur ergänzende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalte. Zur Vermeidung von Härtefällen sei die Óbergangsregelung in Art. 4 Nr. 4 Artikelgesetz geschaffen worden. Höhere Krankenhilfeaufwendungen im Einzelfall könnten regelmäßig im Rahmen der Gesamtpauschale ausgeglichen werden. Gemeinden, die einer Óberforderung vorbeugen wollten, könnten auf freiwilliger Basis einen Fonds bilden, über den sie das Risiko teilten. Die unterschiedliche Kostenerstattung für Flüchtlinge nach § 2 Nrn. 1 bis 3 und solche nach § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. sei gerechtfertigt, weil sie aus verschiedenen Wurzeln entstanden sei. Die Kostenerstattungspauschale nach § 6 FlüAG n. F. habe das Land zur Entlastung der Kommunen freiwillig übernommen. Anlaß für die Kostenpauschale des § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. sei die Entschließung des Landtags vom 3. Februar 1994 gewesen, die auch die Höhe der Leistung vorgegeben habe. Danach habe das Land seinen Anteil in Höhe der Hälfte der für Asylbewerber vorgesehenen Kostenerstattungspauschale übernehmen und den Bund auf eine hälftige Beteiligung an den Kosten drängen wollen. Die Gemeinden und Gemeindeverbände seien insgesamt durch das Asylbewerberleistungsgesetz nicht belastet, sondern entlastet worden, so daß kein Grund für höhere Landeszuschüsse bestanden habe. Soweit Leistungen nur für Flüchtlinge erbracht würden, zu deren Gunsten Anordnungen ab dem 1. Januar 1995 getroffen worden seien, und nur, soweit die Landesregierung einen entsprechenden Beschluß fasse (§ 6 Abs. 1 FlüAG n. F. ), handele es sich um freiwillige Leistungen des Landes, die das Land durch eine Stichtagsregelung und darüber hinaus unter Wahrung des Gleichheitssatzes begrenzen dürfe. Sowohl die Vier-Monats-Frist für abgelehnte Asylbewerber als auch die Drei-Jahres-Frist für sonstige Flüchtlinge fänden sich bereits in der Urfassung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes von 1984. Grundlage der Befristung sei die zutreffende Einschätzung, daß Flüchtlinge die Gemeinden in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft stärker belasteten und mit zunehmender Aufenthaltsdauer ihren Lebensunterhalt selbst sicherstellen könnten. Auch die Kostenpauschale in Höhe von 130,-- DM monatlich gemäß § 9 LAufG sei angemessen. Erhebungen der Landesregierung hätten ergeben, daß der Betrag von 130,-- DM Platzkosten monatlich nur in sehr wenigen Fällen überschritten, häufig jedoch unterschritten werde.

B.

Die nach Art. 75 Nr. 4 LV, § 50 VerfGHG zulässigen Verfassungsbeschwerden sind begründet, soweit § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. für ausländische Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. eine Vierteljahrespauschale in Höhe von 960,-- DM vorsieht und die Gewährung dieser Pauschale von einem Beschluß der Landesregierung abhängig macht und soweit eine Betreuungspauschale für den Personenkreis des § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. nicht gewährt wird. Insoweit wird das Recht der gemeindlichen Selbstverwaltung der beschwerdeführenden kreisangehörigen Gemeinden wegen Verstoßes gegen Art. 78 Abs. 3 LV verletzt. Im übrigen sind sie unbegründet.

I.

Der Verfassungsgerichtshof hat die finanziellen Auswirkungen des Flüchtlingsaufnahmegesetzes und des Landesaufnahmegesetzes i. d. F. des Artikelgesetzes für die Beschwerdeführerinnen umfassend zu prüfen. Er ist an einer solchen Prüfung nicht dadurch gehindert, daß möglicherweise einzelne Teilregelungen der angegriffenen Gesetze der Sache nach bereits in früheren Fassungen enthalten waren. Mit dem Artikelgesetz hat der Gesetzgeber auf der Grundlage neuer leistungsgewährender Vorschriften die Zuständigkeiten der Verwaltung geändert, den Personenkreis, für den die Gemeinden und Gemeindeverbände Kostenerstattungen erhalten, erweitert und ein neues, im wesentlichen auf Kostenpauschalen beruhendes Erstattungsmodell eingeführt. Mit diesen grundlegenden Veränderungen hat der Gesetzgeber eine Gesamtlösung verabschiedet, die auch übernommene Bestandteile in einen neuen - verfassungsgerichtlich überprüfbaren - Zusammenhang stellt.

II.

Nach Art. 78 Abs. 3 LV kann das Land die Gemeinden und Gemeindeverbände durch gesetzliche Vorschriften zur Óbernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden.

1. Diese Verfassungsdirektive dient der finanziellen Sicherung der in Art. 78 Abs. 1 und Abs. 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG) gewährleisteten kommunalen Selbstverwaltung. Ihr Sinn besteht darin, den kommunalen Gebietskörperschaften die finanzielle Grundlage für eine ausreichende, eigenverantwortliche Selbstverwaltungstätigkeit zu erhalten. Die Gemeinden und Gemeindeverbände können ihre Aufgaben im eigenen und im übertragenen Wirkungskreis nur erfüllen, wenn sie über die notwendigen Finanzmittel verfügen. Art. 78 Abs. 3 LV will verhindern, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände infolge einer Óberlastung mit Pflichtaufgaben ihre traditionellen Aufgaben vernachlässigen müssen. Da die Óbertragung von Aufgaben auf die Kommunen ohne Erstattung der zusätzlichen Kosten zu Lasten der Erfüllung von (freiwilligen) Selbstverwaltungsaufgaben gehen kann, weil sie die finanziellen Mittel für diese mindert, kann sich infolge der Óbertragung eine Aushöhlung der finanziellen Basis der Selbstverwaltung ergeben. Deshalb verpflichtet Art. 78 Abs. 3 LV den Landesgesetzgeber, nicht nur zu prüfen, in welchem Umfang den Selbstverwaltungskörperschaften aus Anlaß der Aufgabenübertragung neue Deckungsmittel zuzuführen sind, sondern auch dazu, eine Regelung zu treffen (vgl. VerfGH NW, OVGE 38, 301, 302 f.). Das Land soll nicht beliebig Aufgaben auf die Kommunen verlagern dürfen, ohne für deren Finanzierung Sorge zu tragen. Der Landesgesetzgeber hat sich bei jeder Óbertragung von neuen öffentlichen Aufgaben auf die Gemeinden und Gemeindeverbände bewußt zu machen, daß diese damit finanziell belastet werden. Das gilt auch bei einer Erweiterung bereits früher übertragener Aufgaben (VerfGH NW, NWVBl. 1993, 7, 11).

2. Die Landesverfassung schreibt allerdings, abgesehen von dem Erfordernis der "Gleichzeitigkeit" einer Kostenregelung, weder die Modalitäten der Kostenregelung noch eine bestimmte Höhe der Kostendeckung ausdrücklich vor.

a) Art. 78 Abs. 3 LV regelt die Verpflichtung zur Óbernahme und Durchführung "bestimmter öffentlicher Aufgaben", ohne zwischen einzelnen Aufgabenarten zu unterscheiden (vgl. VerfGH NW, OVGE 38, 301). Dieser umfassende, nicht auf eine Aufgabenart beschränkte Wortlaut unterscheidet sich von der niedersächsischen Regelung des Art. 57 NV ("staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung"), die nach Auffassung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs einen Aufgabendualismus zum Ausdruck bringt (NdsStGH, DVBl. 1995, 1175 ff.).

b) Der Verfassungsgerichtshof hat ferner in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, Kosten im Sinne des Art. 78 Abs. 3 LV - sei es im Rahmen des Aufgabenübertragungsgesetzes, sei es im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes - gesondert abzugelten, und daß den Gemeinden und Gemeindeverbänden verfassungsrechtlich eine angemessene Finanzausstattung zur Erfüllung aller ihrer Aufgaben nur als Gesamtvolumen gewährleistet sei (OVGE 38, 301, 305 f. m. w. N.; NWVBl. 1993, 7, 11 f.). Soweit demgegenüber die Beschwerdeführerinnen die Auffassung vertreten, die Landesverfassung enthalte eine "dualistische Finanzgarantie" des Inhalts, daß Art. 79 Satz 2 LV eine für die Aufgabenerfüllung insgesamt ausreichende Finanzausstattung der Gemeinden gewährleiste und Art. 78 Abs. 3 LV eine aufgabenakzessorische Kostenerstattung bei Óbertragung neuer Pflichtaufgaben auf die Gemeinden (Konnexitätsprinzip) vorsehe, ist diese Frage für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens letztlich ohne Bedeutung. Der Gesetzgeber hat die Frage der Deckung der hier in Rede stehenden Kosten nicht im Zusammenhang mit dem allgemeinen Finanzausgleich geregelt, sondern - nach Ermittlung des Kostenbedarfs - gesonderte Bestimmungen im Artikelgesetz getroffen, die eine aufgabenakzessorische und finanzkraftunabhängige Kostenerstattung vorsehen. Er hat die übertragene Einzelaufgabe und die durch sie bewirkten Zusatzkosten für die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Grundlage der Kostendeckungsregelung gemacht. Es bedarf daher auch keiner Erörterung, ob einer dualen Finanzgarantie, wie sie von den Beschwerdeführerinnen vertreten wird, nicht bereits dann genügt wäre, wenn im allgemeinen Finanzausgleich ein einheitlicher Ansatz für unterschiedliche Pflichtaufgaben in der Form einer pauschalierenden Zusammenfassung vorgesehen wäre (so NdsStGH, DVBl. 1995, 1175, 1176).

c) Auch wenn sich der Gesetzgeber - wie hier - für eine auf die übertragene Einzelaufgabe bezogene Kostendeckungsregelung entscheidet, verlangt die Verfassung nicht, daß der Gesetzgeber eine Erstattung der Kosten gemeindlicher Pflichtaufgaben in vollem Umfang anordnet. Dem Gesetzgeber steht bei der Festlegung der Deckungshöhe ein Gestaltungsspielraum zu, der jedoch nicht unbegrenzt ist. Bindungen ergeben sich für den Gesetzgeber aus dem systematischen Zusammenhang von Art. 78 Abs. 3 LV, der der finanziellen Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung dient, mit Art. 78 Abs. 1 und 2 LV. Deshalb hat der Gesetzgeber bei der Ausfüllung der Verfassungsdirektive des Art. 78 Abs. 3 LV jedenfalls die Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 78 Abs. 1 und 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG) und das Verbot zu beachten, willkürliche, unverhältnismäßige und unzumutbare Regelungen zu treffen (VerfGH NW, OVGE 38, 301, 302, 306; VerfGH NW, NWVBl. 1993, 7, 11). Gemessen an Art. 78 Abs. 3 LV ist eine Kostenerstattungsregelung willkürlich, die im Rahmen eines Erstattungssystems ohne rechtfertigenden Grund für Aufgaben mit gleich hohem Kostenaufwand unterschiedlich hohe Erstattungen vorsieht.

Bei der Bestimmung der Deckungshöhe ist auch von Bedeutung, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände mit Bund und Ländern in einem gemeinsamen Finanzverbund zusammengeschlossen sind, so daß die Aufgaben und Belange der übrigen Mitglieder des Finanzverbundes zu berücksichtigen sind (VerfGH NW, OVGE 38, 301, 308). Eine Eigenbeteiligung kann sich darüber hinaus als Anreiz für den gebotenen sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln erweisen, zumal dann, wenn die im Rahmen von Art. 78 Abs. 3 LV zu beachtende Haushaltslage des Landes eine besondere Sparsamkeit angezeigt sein läßt (VerfGH NW, NWVBl. 1993, 7, 12).

Bei der Festlegung einer Deckungsquote hat der Gesetzgeber ferner die Finanzsituation der Gemeinden insgesamt zu berücksichtigen. Je höher die Deckungsquote ist, umso geringer sind die nach finanzkraftabhängigen Maßstäben zu verteilenden Mittel. Andererseits haben die besonders finanzstarken Gemeinden ein berechtigtes Interesse, gesondert ausgewiesene Zuweisungen zu den Kosten der Pflichtaufgaben zu erhalten (vgl. VerfGH NW, OVGE 38, 301, 309, m. w. N.; NdsStGH, DVBl. 1995, 1175, 1176 f.).

Im Rahmen des ihm von der Verfassung zugestandenen Gestaltungsspielraums kann der Gesetzgeber die Kostenerstattungsregelung auch in typisierender und pauschalierender Form treffen. Der hierfür gegebene Spielraum ist umso weiter, je mehr sich der zu regelnde Sachverhalt aufgrund seiner Komplexität und Wandlungsanfälligkeit einer Prognose entzieht. Im Einzelfall kann sich deshalb jede nicht offensichtlich sachwidrige Regelung als willkürfrei erweisen (VerfGH NW, NWVBl. 1996, 97, 99). Der Gesetzgeber hat seiner Prognoseentscheidung realistische Kostenberechnungen zugrundezulegen.

III.

Das Artikelgesetz ist mit den genannten verfassungsrechtlichen Maßstäben nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang vereinbar.

1. Die Pauschale in Höhe von vierteljährlich 1.935,-- DM zuzüglich 90,-- DM zur Abgeltung des besonderen Betreuungsaufwandes gemäß § 4 Abs. 1 und 2 FlüAG n. F. - also monatlich 645,-- DM zuzüglich 30,-- DM - für jeden ausländischen Flüchtling i. S. d. § 2 Nr. 1 FlüAG n. F. wird den Anforderungen des hier mit Blick auf die Aufgabenzuweisung in § 1 Satz 1 AG AsylbLG anzuwendenden Art. 78 Abs. 3 LV gerecht.

a) Die Höhe der Kostenpauschale von insgesamt 675,-- DM monatlich ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Umfang der durch das Asylbewerberleistungsgesetz bei den Gemeinden verursachten Kosten hängt von einer Vielzahl von Variablen ab und läßt sich nicht exakt ermitteln. So schwanken etwa die Unterbringungskosten für ausländische Flüchtlinge zwischen 50,-- und 400,-- DM in den einzelnen Kommunen (vgl. Gutachten von Mummert und Partner, S. 45 f.). Sofern die anderen Grundleistungen i. S. d. § 3 AsylbLG, wie vom Gesetz angestrebt, durch Sachleistungen gedeckt werden, hängen deren Kosten ebenfalls vom sparsamen und wirtschaftlichen Handeln der Gemeinden ab; Anhaltspunkte für deren Höhe geben die in § 3 Abs. 2 AsylbLG subsidiär vorgesehenen Geldleistungen, die je nach Familienstatus differieren. Die dem Personenkreis des § 2 AsylbLG zu gewährenden Leistungen entsprechend dem Bundessozialhilfegesetz liegen höher. Die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt (§ 4 AsylbLG), die von den Gemeinden nicht zu beeinflussen sind, weisen ebenfalls erhebliche Unterschiede auf. Die Pauschale des § 4 Abs. 1 und 2 FlüAG n. F. in Höhe von umgerechnet 675,-- DM monatlich deckt demnach - auch nach Auffassung der Landesregierung - in einem Teil der Gemeinden die tatsächlich entstehenden Kosten nicht voll.

Daß die demnach nicht gedeckten, von den Gemeinden zu tragenden Kosten die finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden berühren, läßt sich gleichwohl nicht feststellen. In den Anhörungen vor Erlaß des Gesetzes wurde von den kommunalen Spitzenverbänden ein Kostenerstattungsbetrag in Höhe von 800,-- DM monatlich (einschließlich Betreuungspauschale) als ausreichend erachtet. Soweit die Beschwerdeführerinnen hierzu Angaben gemacht haben (zum Teil auf der Grundlage von Hochrechnungen), betrugen ihre Kosten für Unterbringung, Versorgung und Betreuung einschließlich der Kosten der Krankenversorgung im Jahr 1995 je Person monatlich überwiegend zwischen 540,-- DM und 850,-- DM. Unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, der bei der Regelung der Kostenerstattung neben der finanziellen Lage der Gemeinden auch die des Landes berücksichtigen, einen Eigenanteil der Gemeinde vorsehen und eine Pauschalierung vornehmen darf, ist nicht erkennbar, daß die in § 4 Abs. 1 und 2 FlüAG n. F. vorgesehene Kostenerstattungspauschale in Höhe von 675,-- DM monatlich verfassungsrechtlich unvertretbar ist. Dabei durfte der Gesetzgeber auch in Rechnung stellen, daß sich die Entlastung der Kreise bei der Gewährung von Sozialhilfe für Asylbewerber bei der Kreisumlage zugunsten der Gemeinden auswirken kann.

b) Die Pauschalierung der Kostenerstattung gibt keinen Anlaß zu verfassungsrechtlichen Bedenken und wird auch von den Beschwerdeführerinnen im Kern nicht angegriffen. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht verfassungsrechtlich gehalten, für Einzelfälle besonders hoher Krankheitskosten über die Pauschalabrechnung hinaus ausnahmsweise eine Kostenerstattung vorzusehen. Der Gefahr, als einzelne Gemeinde mit außergewöhnlich hohen Krankheitskosten belastet zu werden, kann durch entsprechende Vereinbarungen der Gemeinden untereinander - etwa auf Kreisebene - oder mit den kassenärztlichen Vereinigungen - wie die Rahmenvereinbarung zwischen dem Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe - begegnet werden. Zudem ist - wie der Vertreter der Landesregierung in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich und unwidersprochen erklärt hat - die Möglichkeit gegeben, Härtegründe nach § 16 des jeweiligen Gemeindefinanzierungsgesetzes (für das Haushaltsjahr 1995: GV NW 1994 S. 1130; für das Haushaltsjahr 1996: GV NW 1996 S. 124) geltend zu machen.

2. Die beschwerdeführenden Gemeinden werden durch die Kostenpauschalen nach § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. für Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nrn. 2 bis 5 FlüAG n. F. nicht in ihren Rechten nach der Landesverfassung verletzt. Soweit sie den Flüchtlingsgruppen des § 2 Nrn. 2 bis 5 FlüAG n. F. Hilfe zum Lebensunterhalt unmittelbar nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes gewähren, wird ihnen nicht die in den §§ 4 und 6 FlüAG n. F. vorgesehene Kostenpauschale, sondern eine umfassende Erstattung der gewährten Sozialhilfeleistungen durch die Kreise gemäß § 5 Abs. 2 AG BSHG gewährt. Ausländische Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nrn. 2 bis 5 FlüAG n. F. sind nicht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt (§ 1 Abs. 1 und 2 AsylbLG), sondern erhalten Leistungen unmittelbar nach dem Bundessozialhilfegesetz. Zuständig für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an diese Personengruppen sind die beschwerdeführenden kreisangehörigen Gemeinden insoweit, als sie von den Kreisen hierzu gemäß § 96 BSHG i. V. m. § 3 AG BSHG herangezogen worden sind. Soweit eine nach § 3 AG BSHG herangezogene Gemeinde ausländischen Flüchtlingen i. S. d. § 2 Nrn. 2 bis 5 FlüAG n. F. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bewilligt, gewährt das Land nicht der Gemeinde, sondern dem entsprechenden Kreis die Kostenpauschale nach § 4 Abs. 1 Buchstabe c) FlüAG n. F. (für Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nrn. 2 und 3 FlüAG n. F.) oder nach § 6 Abs. 1 Buchstabe c) FlüAG n. F. (für Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nrn. 4 und 5 FlüAG n. F.). Die Kreise ihrerseits erstatten den Gemeinden gemäß § 5 Abs. 2 AG BSHG die aufgewendeten Kosten für die Sozialhilfegewährung in voller Höhe, mit Ausnahme der persönlichen und sächlichen Verwaltungskosten.

Die den beschwerdeführenden Gemeinden danach verbleibende geringe Belastung genügt, wie der Verfassungsgerichtshof bereits festgestellt hat (NWVBl. 1993, 7, 12), den verfassungsrechtlichen Anforderungen; sie ist weder unzumutbar noch unvertretbar und berührt auch nicht die finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden.

3. Die in § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. vorgesehene Kostenpauschale für die Personengruppe des § 2 Nr. 6 FlüAG (Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge) in Höhe von 960,-- DM vierteljährlich bzw. 320,-- DM monatlich verletzt die Rechte der Beschwerdeführerinnen aus Art. 78 Abs. 3 LV, weil sie sich im Rahmen des vom Gesetzgeber gewählten Erstattungssystems als willkürlich erweist.

a) Bei der Kostenpauschale für die Personengruppe des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. handelt es sich - entgegen der Auffassung der Landesregierung - nicht um eine "freiwillige" Leistung an die Gemeinden. Das Land ist vielmehr auch insoweit nach Art. 78 Abs. 3 LV zu einer Kostenregelung verpflichtet. Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. sind nach § 1 AsylbLG leistungsberechtigt und erhalten Leistungen entsprechend dem Bundessozialhilfegesetz (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG); mit der Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes hat das Land die Gemeinden beauftragt (§ 1 Satz 1 AG AsylbLG). Diese Aufgabenübertragung verpflichtet das Land zu einer "gleichzeitigen", nicht notwendig gesonderten Kostenregelung i. S. d. Art. 78 Abs. 3 LV. Entschließt sich der Gesetzgeber - wie hier - im Rahmen seines Gestaltungsspielraums zu einer gesonderten Kostenerstattung, so ist diese Kostenerstattung keine "freiwillige", sondern an den Grundsätzen des Art. 78 Abs. 3 LV und damit auch am Willkürverbot zu messen.

b) Bei der Regelung von Lebenssachverhalten, die einander nicht in allen, sondern nur in einzelnen Merkmalen gleichen, ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Merkmalen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Das Willkürverbot verwehrt ihm grundsätzlich nur, Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer acht zu lassen. Auch bei der Finanzausstattung der Gemeinden hat er eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Angesichts des generellen Charakters der gesetzgeberischen Einschätzung ist eine Typisierung und Pauschalierung zulässig (VerfGH NW, NWVBl. 1993, 7, 9). Von einem selbst gesetzten Regelungsystem oder von ihm getroffenen Wertungen darf der Gesetzgeber abweichen, wenn dies durch plausible Gründe gerechtfertigt und vertretbar ist (vgl. Gubelt, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 4. Aufl. 1992, Art. 3 Rdnr. 30 m. w. N.; Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl. 1984, S. 837 f.).

c) Die angegriffene Regelung genügt diesen Anforderungen nicht. Der Landesgesetzgeber hat den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum überschritten. Es widerspricht dem vom Gesetzgeber gewählten Erstattungssystem, für die Personengruppe des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. (Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge) in § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. lediglich die Hälfte der Erstattungspauschale vorzusehen, die nach § 4 Abs. 1 FlüAG n. F. für die Personengruppe des § 2 Nr. 1 FlüAG n. F. (Asylbewerber) gewährt wird.

Ein rechtfertigender Grund für diese Differenzierung liegt nicht darin, daß den Gemeinden im Zusammenhang mit der Personengruppe des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. geringere Kosten als bei der Personengruppe des § 2 Nr. 1 FlüAG n. F. entstünden. Dies ist weder von den Beteiligten behauptet worden, noch liegen Anhaltspunkte für eine solche Annahme vor. Der Leistungsumfang für Asylbewerber in den ersten zwölf Monaten ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland nach §§ 3 ff. AsylbLG ist sogar geringer als der für (Bürger-) Kriegsflüchtlinge entsprechend den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes, sofern die Grundleistungen an Asylbewerber in Form von Geldleistungen gewährt werden.

Ein sachlicher Differenzierungsgrund ist auch nicht die für die Entscheidung des Landesgesetzgebers maßgebliche Vorstellung, der Bund sei aufgrund des sogenannten Asylkompromisses verpflichtet, die andere Hälfte der Kostenerstattung zu übernehmen. Die Entstehungsgeschichte der "hälftigen" Kostenpauschale des § 6 Abs. 1 FlüAG n. F., die spätere Rechtfertigung der Vorschrift durch die Landesregierung sowie die Stellungnahme der Landesregierung im vorliegenden Verfahren lassen keinen Zweifel daran, daß das allein maßgebliche und entscheidende Motiv für die Regelung die Auffassung war, daß der Bund für verpflichtet gehalten wurde, die andere Hälfte der Kostenerstattung zu übernehmen. Alle Fraktionen im Landtag stimmten darin überein, daß der Bund sich seiner Verantwortung zur "hälftigen Kostenübernahme" entzogen habe und daß deshalb das Land Nordrhein-Westfalen (lediglich) "seinen Anteil" an der Erstattung der Kosten der Kommunen übernehmen müsse (vgl. Landtags-Drucksachen 11/6698, 11/6640 und 11/6705 sowie Plenarprotokoll 11/121 vom 3. Februar 1994, S. 15322 ff.). Der Landtag beschloß daher, daß die Bemühungen um eine Beteiligung des Bundes an den Aufwendungen der Kommunen fortgesetzt werden sollten und daß das Land "schon jetzt seinen Anteil an den Kosten der Kommunen für die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina (übernehmen sollte), und zwar mit einem Zuschuß in Höhe der Hälfte der Pauschale, die für Asylbewerber in Betracht kommt" (Plenarprotokoll 11/121 vom 3. Februar 1994, S. 15332 f. i. V. m. Landtags-Drucksachen 11/6640 und 11/6705).

Das danach maßgebliche Motiv für die "Halbierung" der Kostenpauschale ist sachwidrig und rechtfertigt die Differenzierung nicht. Das Land kann die Gemeinden zwecks angemessener Finanzausstattung nicht an den Bund verweisen, ohne gegen seine Verpflichtung aus Art. 78 Abs. 3 LV zu verstoßen. Der Bund ist weder berechtigt noch verpflichtet, die finanziellen Verhältnisse der Gemeinden unmittelbar ohne Einschaltung der Länder zu ordnen, sieht man von hier nicht vorliegenden ausdrücklich normierten Ausnahmefällen (z.B. Art. 106 Abs. 7 GG) ab. Ein unmittelbarer Durchgriff auf die Gemeinden wird dem Bund durch die bundesstaatliche Ordnung deshalb versagt. Die Sorge für die Gemeindefinanzen fällt grundsätzlich in die ausschließliche Kompetenz der Länder (BVerfGE 26, 172, 181 m. w. N.). Dementsprechend sind im Bundesstaat nicht Bund und Gemeinden Partner bei Finanzhilfen des Bundes zugunsten von Gemeinden, sondern stets Bund und Länder (BVerfGE 41, 291, 313). Die vom Land angenommene Verpflichtung des Bundes, sich an den Kosten für (Bürger-) Kriegsflüchtlinge zu beteiligen, kann daher nur gegenüber dem Land bestehen; sie berechtigt das Land nicht, seine eigene Verpflichtung gegenüber den Gemeinden zu einer Kostenregelung i. S. d. Art. 78 Abs. 3 LV zu ignorieren und die Gemeinden auf die Kostenerstattung durch den Bund zu verweisen. Ist es mithin Sache des Landes, eine etwaige Verpflichtung des Bundes zur Kostenbeteiligung durchzusetzen, vermag die vom Land erhoffte Bundesbeteiligung die Reduzierung der Kostenpauschale nicht zu rechtfertigen.

Ein sachlicher Grund für die Differenzierung liegt auch nicht darin, daß die Beauftragung der Gemeinden, (Bürger-) Kriegsflüchtlinge i. S. d. § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen, die Kreise finanziell entlasten und eine sich daraus ergebende Senkung der Kreisumlage zu einer entsprechenden Entlastung der Gemeinden führen kann. Einer Senkung der Kreisumlagen käme zwar Bedeutung zu für die Frage, ob die Kostenregelung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes insgesamt zu einer unzureichenden Finanzausstattung führt, rechtfertigt jedoch nicht eine in sich systemwidrige, willkürliche Kostenerstattungsregelung.

Ebensowenig kann die systemwidrige hälftige Kostenpauschale über den Finanzausgleich kompensiert werden. Das Gemeindefinanzierungsgesetz kann zwar Finanzierungsdefizite ausgleichen, nicht aber Systemwidrigkeiten im gewählten Erstattungsmodell. Normiert der Gesetzgeber ein bestimmtes Erstattungssystem, so werden willkürliche, in sich nicht stimmige Regelungen innerhalb des Erstattungssystems nicht durch den allgemeinen Finanzausgleich gerechtfertigt.

Auch eine Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die finanzielle Belastung der Gemeinden durch die Unterbringung und Versorgung ausländischer Flüchtlinge statt in einer gesonderten Kostenerstattungsregelung lediglich im Rahmen des allgemeinen Finanzausgleichs berücksichtigen zu können, würde - entgegen der Auffassung der Landesregierung - nicht die Verletzung des Willkürverbots im normierten Erstattungssystem rechtfertigen. Hat der Gesetzgeber sich für eine bestimmte gesonderte Kostenerstattungsregelung entschieden, muß diese Regelung dem Willkürverbot genügen; der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum, auf eine gesonderte Kostenregelung verzichten zu können, berechtigt nicht zu einer sachwidrigen Regelung.

Die Beschwerdeführerinnen können für die Jahre 1995 und 1996 auch nicht auf die - wie noch darzulegen sein wird - verfassungsmäßige Óbergangsregelung des Art. 4 Nr. 4 Artikelgesetz verwiesen werden; denn die Systemwidrigkeit der Kostenpauschale nach § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. bliebe davon unberührt.

4. § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. ist auch insoweit nicht mit Art. 78 Abs. 3 LV vereinbar, als er für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. die Gewährung einer Kostenpauschale nur für den Fall vorsieht, daß die Landesregierung die Erstattung unter Bezugnahme auf diese Regelung beschließt.

Art. 78 Abs. 3 LV verlangt, daß bei einer Aufgabenübertragung "gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden". Dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht eindeutig zu entnehmen, in welcher Form die "Bestimmungen" über die Kostendeckung zu treffen sind. Aufbau sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ergeben indes, daß die Kostendeckung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zu regeln ist. Muß die Óbertragung öffentlicher Aufgaben auf die Gemeinden und Gemeindeverbände nach Art. 78 Abs. 3 LV durch "gesetzliche Vorschriften" erfolgen, so hat eine "gleichzeitige Bestimmung" über die Kostendeckung ebenfalls der Landesgesetzgeber zu treffen. Sinn des Art. 78 Abs. 3 LV ist es, dem Gesetzgeber bei jeder Aufgabenübertragung vor Augen zu führen, daß diese eine finanzielle Belastung der Gemeinden bewirkt. Der Gesetzgeber ist nicht nur zu einer Prüfung der finanziellen Belastung verpflichtet, sondern auch dazu, selbst eine Regelung zu treffen (ständige Rechtsprechung seit VerfGH NW, OVGE 38, 301, 302). Der die Aufgabenübertragung regelnde Landesgesetzgeber wird der Schutzfunktion des Art. 78 Abs. 3 LV nicht gerecht, wenn er die Frage der Kostendeckung - wie hier - dem Belieben der Exekutive überläßt.

5. Die Beschwerdeführerinnen sind auch insoweit in ihrem Recht aus Art. 78 Abs. 3 LV verletzt, als ihnen für die Personengruppen des § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. nicht die Betreuungspauschale im Sinne des § 4 Abs. 2 FlüAG n. F. in Höhe von 30,-- DM monatlich gewährt wird. Darin liegt ebenfalls ein Verstoß gegen das Willkürverbot.

Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, den Gemeinden zwar für die Personengruppen des § 2 Nrn. 1 bis 3 FlüAG n. F. eine Betreuungspauschale zu gewähren, nicht jedoch für die Personengruppen des § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F.. Es sind weder Anhaltspunkte vom Land vorgetragen noch sonst ersichtlich, daß für Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nrn. 4 bis 6 FlüAG n. F. grundsätzlich geringere Betreuungskosten entstünden als für Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nrn. 1 bis 3 FlüAG n. F..

6. Die zeitliche Beschränkung der Kostenerstattung für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nr. 1 FlüAG n. F. (Asylbewerber) längstens für die Dauer von vier Monaten nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrags in § 4 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 1 FlüAG n. F. ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist weder unzumutbar noch unvertretbar, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Prognosespielraums von einer Kostenerstattung über diesen Zeitpunkt hinaus abgesehen hat.

Bereits § 6 Abs. 4 Nr. 1 FlüAG vom 27. März 1984 (GV NW S. 214), der eine Kostenerstattung des Landes zugunsten der Träger der Sozialhilfe (Kreise und kreisfreie Städte) vorsah, beschränkte die Erstattung auf einen Zeitraum von längstens vier Monaten nach rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Vorschrift, ohne zu der zeitlichen Beschränkung ausdrücklich Stellung zu nehmen, als verfassungsgemäß angesehen (VerfGH NW, NWVBl. 1993, 7; VerfGH NW, NWVBl. 1993, 132).

Die zeitliche Beschränkung der Erstattung verfolgt das legitime Ziel, auf eine zügige Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern hinzuwirken, um öffentliche Mittel zu sparen. Dieses Ziel rechtfertigt es, in pauschalierender Form die Erstattung der von den Gemeinden zu erbringenden Leistungen generell auf einen bestimmten Zeitraum nach Ablehnung des Asylantrags zu begrenzen. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht verfassungsrechtlich gehalten, solche Fallgestaltungen von der zeitlichen Beschränkung auszunehmen, in denen eine Verzögerung oder gar Unmöglichkeit der Abschiebung nicht in der Macht oder dem Einflußbereich der Gemeinde liegt. Die Frage, aus welchen Gründen eine Abschiebung nicht oder verspätet möglich ist, kann im Einzelfall nur schwer und mit nicht unerheblichem Aufklärungsaufwand zu beantworten sein.

Der pauschalierenden Beschränkung der Erstattung auf einen Zeitraum von bis zu vier Monaten nach Ablehnung des Asylantrags liegt allerdings die Prognose des Gesetzgebers zugrunde, daß im Regelfall eine Abschiebung möglich ist. Trotz der nach Angaben der Beschwerdeführerinnen wachsenden Zahl nicht abschiebbarer Flüchtlinge ist für den Verfassungsgerichtshof nicht feststellbar, daß dieser Prognose derzeit eine hinreichende Grundlage fehlt. Der Gesetzgeber wird die in Rede stehende Regelung unter Kontrolle zu halten und die zugrundeliegende Prognosebasis darauf zu überprüfen haben, ob sie sich in erheblicher Weise geändert hat.

7. Die zeitliche Beschränkung der Kostenerstattung für Flüchtlinge im Sinne des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. (Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge) längstens für die Dauer von drei Jahren seit der erstmaligen Anordnung nach § 54 AuslG (§ 6 Abs. 1 i. V. m § 3 Abs. 3 Nr. 3 FlüAG n. F.) begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Grundgedanke dieser Regelung, andere Flüchtlinge als Asylbewerber längstens für drei Jahre bei den Erstattungsregelungen zu berücksichtigen, war bereits in § 6 Abs. 4 Nr. 2 FlüAG vom 27. März 1984 (GV NW S. 214) verwirklicht. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Vorschrift - wie ausgeführt - ebenso als verfassungsrechtlich zulässig angesehen wie die Anrechungsvorschrift des § 3 Abs. 3 FlüAG i. d. F. des 3. Gesetzes zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 25. März 1993 (GV NW S. 102), wonach diese Flüchtlingsgruppen längstens für die Dauer von drei Jahren bei der Zuweisung von Flüchtlingen angerechnet werden (VerfGH NW, NWVBl. 1996, 97).

Mit der pauschalierenden Beschränkung der Erstattung in § 6 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 3 Nr. 3 FlüAG n. F. auf drei Jahre hat der Gesetzgeber keine offensichtlich sachwidrige oder willkürliche Regelung getroffen. Den zitierten Vorschriften liegt die plausible Annahme zugrunde, daß die Integration von ausländischen Flüchtlingen mit der Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland fortschreitet. Ihre Plausibilität wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß sie nicht für jede der zahlreichen und vielfältigen Ausländergruppen in Deutschland in gleichem Maße gilt. Ausmaß und Zeiterfordernis der Eingliederung werden je nach Kulturkreis bzw. Herkunftsland, aus dem die Flüchtlinge stammen, verschieden sein. Außerdem hängt die Möglichkeit einer kontinuierlichen Integration von den unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen in den Aufnahmegemeinden (etwa von der Lage auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt) ab (VerfGH NW, NWVBl. 1996, 97, 99). Je weiter die Integration der ausländischen Flüchtlinge fortschreitet, um so eher entfällt eine Hilfebedürftigkeit und ist ihre Situation derjenigen deutscher Familien vergleichbar. Dabei durfte der Gesetzgeber in Rechnung stellen, daß die Gemeinden für alle Einwohner, also auch für ausländische Flüchtlinge, Schlüsselzuweisungen erhalten, die auch die Soziallasten abdecken. Sinkt aber der prozentuale Anteil der unterstützungsbedürftigen Personen unter den ausländischen Flüchtlingen mit längerer Aufenthaltsdauer, ist es sachlich vertretbar, in bezug auf diese Personengruppen nicht mehr von einer Sonderlast auszugehen, für die besondere Erstattungsregelungen gelten.

8. Die Beschränkung der Kostenerstattung für Flüchtlinge i. S. d. § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. auf solche, deren Anordnung nach § 54 AuslG ab dem 1. Januar 1995 getroffen worden ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Gesetzgeber wollte mit dem Stichtag in § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. - wie auch mit dem vergleichbaren Stichtag in § 2 Nr. 5 FlüAG n. F. - im Sinne eindeutiger Verhältnisse nur solche Flüchtlinge erfassen, deren Anordnung nach § 54 AuslG (bzw. nach § 32 AuslG) nach dem Inkrafttreten der Änderungen durch das Artikelgesetz getroffen worden ist. Zugleich hat der Gesetzgeber für die große Gruppe der Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina in Art. 4 Nr. 1 Artikelgesetz eine für die Beschwerdeführerinnen vorteilhafte Ausnahmeregelung geschaffen, nach der - ungeachtet einer früheren Anordnung - die dreijährige Anrechnung und Erstattung (erst) mit dem 1. Januar 1995 beginnt. Diese in einem inneren Zusammenhang stehenden Óbergangsregelungen dienen der Schaffung klarer Verhältnisse bei Inkrafttreten der Neuregelung und dürften bei einer Gesamtbetrachtung die Gemeinden gegenüber der ohne sie geltenden Normlage sogar begünstigen. Als Óbergangsregelungen von begrenzter Dauer und Auswirkung sind sie jedenfalls nicht offensichtlich sachwidrig.

9. Die in § 9 Abs. 2 und 3 LAufG i. d. F. des Artikelgesetzes normierte Kostenpauschale von umgerechnet 130,-- DM monatlich, die die Gemeinden vom Land für jeden in einem Óbergangsheim untergebrachten Berechtigten i. S. d. § 2 LAufG (Aussiedler, Spätaussiedler, Zuwanderer) erhalten, genügt den Anforderungen des Art. 78 Abs. 3 LV.

Mit der verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässigen Pauschalierung der Kostenerstattung in § 9 LAufG hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Der Regelung sind Erhebungen vorausgegangen, nach denen die Kosten für einen Platz im Óbergangsheim zwischen 50,-- und 400,-- DM (Gutachten Mummert und Partner, S. 45 f.) schwanken. Angesichts dieser Bandbreite ist es weder offensichtlich sachwidrig noch unvertretbar, die Kostenpauschale auf einen Wert unterhalb des statistischen Mittelwertes von 186,-- DM festzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Gemeinden nach dem Kommunalabgabengesetz Benutzungsgebühren verlangen können. Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß die Pauschalabgeltung in § 9 LAufG zu einer entscheidenden Schwächung der Finanzkraft der Gemeinden geführt und einer sinnvollen Betätigung der Selbstverwaltung die finanzielle Grundlage entzogen hätte.

10. Die Neuregelung durch das Artikelgesetz führt auch nicht für eine Óbergangszeit zu unzumutbaren oder unvertretbaren Belastungen der Beschwerdeführerinnen. Daß die Umstellung der Erstattung von einer konkreten Abrechnung der tatsächlichen Aufwendungen auf eine Abrechnung nach Pauschalen im Einzelfall zu finanziellen Einbußen einzelner Gemeinden führen kann, ist systembedingt. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und durch die verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Óbergangsregelungen in Art. 4 Nr. 4 und Art. 5 Nr. 3 Artikelgesetz berücksichtigt.

Die abgestuften Óbergangs- und Härteregelungen sind im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums sachlich vertretbar. Sie lassen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine unzumutbare Belastung der Beschwerdeführerinnen erkennen. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehalten, bei einer Umstellung des Erstattungssystems die betroffenen Kostenträger von jeder nachteiligen Veränderung freizustellen. Mit den beschriebenen Óbergangsregelungen hat der Gesetzgeber seiner Pflicht, übermäßige Härten zu vermeiden, genügt.

IV.

Die Anrechnungsvorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG n. F. verletzt die Beschwerdeführerinnen nicht in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung nach Art. 78 Abs. 1 und 2 LV (Art. 28 Abs. 2 GG) i. V. m. dem Willkürverbot.

Soweit die Beschwerdeführerinnen Bedenken gegen die Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG n. F. vorbringen, wenden sie sich der Sache nach ausschließlich gegen die je nach Flüchtlingsgruppe unterschiedlichen Kostenerstattungsvorschriften. Sie sehen die Anrechnungsvorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG n. F. allein deshalb als nicht sachgerecht und willkürlich an, weil mit der Zuweisung der einzelnen Flüchtlinge je unterschiedliche Kostenlasten für die betroffenen Gemeinden verbunden sind. Dies kann jedoch nicht zu einem "eigenständigen" Verstoß der Anrechnungsvorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG n. F. gegen das Willkürverbot führen. Soweit die Kostenerstattungsregelungen - wie ausgeführt - nicht willkürlich sind, ist auch die Anrechnungsvorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG n. F. und die mit ihr verbundene Kostenlast nicht sachwidrig. Soweit die hälftige Kostenpauschale des § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. - wie ausgeführt - verfassungswidrig ist, beruht die sich daraus ergebende ungleichgewichtige Belastung der Gemeinden allein auf der Kostenerstattungsregelung des § 6 Abs. 1 FlüAG n. F., nicht jedoch auf der Anrechnungsvorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG n. F.. Nicht die Anrechnung der fraglichen Personengruppe ist sachwidrig, sondern ausschließlich die zugehörige Kostenerstattungsregelung des § 6 Abs. 1 FlüAG n. F.. Dementsprechend kann das Land die insoweit systemwidrige Belastung der Gemeinden auch nur durch Änderung der Kostenerstattungsregelungen, nicht aber der Anrechnungsvorschrift beseitigen.

V.

Von den angegriffenen Kostenerstattungsregelungen ist nach alledem § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. insoweit mit der Landesverfassung unvereinbar, als die Beschwerdeführerinnen hinsichtlich der Flüchtlingsgruppe des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. von ihr betroffen sind. Dieselben Gründe, die zur Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. in bezug auf die Flüchtlingsgruppe des § 2 Nr. 6 FlüAG n. F. führen, gelten auch für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Vorschrift, soweit sie sich auf die Flüchtlingsgruppen des § 2 Nrn. 4 und 5 FlüAG n. F. bezieht (vgl. dazu auch die Parallelentscheidung - VerfGH 38/95 -). In Anwendung der §§ 52 Abs. 3, 49 Satz 2 VerfGHG hat deshalb der Verfassungsgerichtshof die landesverfassungsrechtliche Unvereinbarkeit des gesamten ersten Absatzes des § 6 FlüAG n. F. ausgesprochen.

Die Unvereinbarkeit des § 6 Abs. 1 FlüAG n. F. mit der Landesverfassung bestand für den gesamten Geltungszeitraum der Vorschrift. Ob und inwieweit eine Rückabwicklung bereits abgeschlossener Haushaltsperioden im Hinblick auf eine verläßliche und kalkulierbare Haushalts- und Finanzwirtschaft ausscheidet (vgl. BVerfGE 72, 330, 422 f.; BVerfGE 86, 148, 279), wird der Gesetzgeber unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden haben. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alsbald eine Neuregelung zu treffen (§ 52 Abs. 3 i. V. m. § 49 Satz 1 VerfGHG). Bis zu ihrem Inkrafttreten ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nach der bisherigen Vorschrift zu verfahren.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 54 Abs. 4 VerfGHG.