OLG Köln, Urteil vom 29.03.1996 - 19 U 163/95
Fundstelle
openJur 2012, 75231
  • Rkr:

Schließt der Inhaber eines Sparkontos mit der Bank einen Vertrag zugunsten eines Dritten, wonach dieser mit dem Tode des Kontoinhabers alle Rechte aus dem Konto erwerben soll, dann erwirbt der Begünstigte auch die Rechte aus einem Sparbrief, den der Kontoinhaber nach Abschluß des Vertrages zugunsten des Dritten mit Mitteln aus dem Sparkonto mit der Bestimmung gezeichnet hat, Zinsen und Kapital des Sparbriefs sollten bei Fälligkeit dem Sparkonto gutgeschrieben werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1.6.1995 verkün-dete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 21 O 474/94 - wie folgt abgeändert und neu gefaßt:Die Beklagte wird verurteilt, in die Auszahlung des Gegen-wertes des Sparbriefs Nr. ... der V. V-bank AG C. in Höhe von 30.000,00 DM, seit dem 30.12.1991 hinterlegt beim AG C., 4 HL 62/91, an die Klägerin einzuwilligen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Beklagte

ist um ihre Stellung als Hinterlegungsgläubigerin ungerechtfertigt

bereichert und muß daher in die Auszahlung des hinterlegten

Betrages an die Klägerin einwilligen (§ 812 I 1 BGB;

Palandt/Thomas, BGB 55. Aufl., § 812 Rn 22 m.N.). Dementsprechend

ist der Urteilstenor formuliert worden, der in der Sache dem

Begehren der Klägerin entspricht.

Die verstorbene Stiefmutter der Klägerin (Mutter der Beklagten),

die V. V-bank C. und die Klägerin haben 1987/88 einen Vertrag

zugunsten der Klägerin geschlossen, wonach diese mit dem Tod der

Stiefmutter alle Rechte aus deren Konten, darunter dem Sparkonto

Nr. ..., erwerben sollte, ohne daß sie in den Nachlaß fielen (§ 331

BGB). Das ist unstreitig, so daß es nicht darauf ankommt, daß in

dem verwendeten Formular (Bl. 17 d.A.) die zutreffende Alternative

nicht angekreuzt worden ist. Am 17.8.1990 hat die Stiefmutter bei

der Bank einen Sparbrief zum Ausgabepreis von 30.000 DM gezeichnet,

der eine Laufzeit bis zum 20.8.1991 hatte. Der Gegenwert sollte dem

o.g. Sparkonto belastet, die anfallenden Zinsen und das Kapital bei

Fälligkeit unstreitig auf dieses Konto überwiesen werden. Insoweit

handelt es sich deshalb um einen Schreibfehler, wenn in der

Zeichnungsurkunde (Bl. 14 d.A.) das begünstigte Konto die Nr. ...

statt ... trägt. In dem Schreiben der Bank an die Klägerin vom

5.9.1991 (Bl. 15 d.A.) ist dementsprechend auch die richtige

Konto-Nr. ... angegeben. Eine Sparbriefurkunde wurde

vereinbarungsgemäß nicht ausgestellt, wie aus dem Zeichnungsschein

hervorgeht. Vor Eintritt der Fälligkeit des Sparbriefs ist die

Stiefmutter verstorben. Weil die vier Erben sich nicht geeinigt

haben, hat die Bank die 30.000 DM beim AG C. hinterlegt.

Wenn das LG ausführt, die Klägerin sei nicht Eigentümerin des

Sparbriefs geworden, dieser sei vielmehr in den Nachlaß gefallen,

dann geht es offenbar davon aus, es habe eine Sparbriefurkunde

existiert. Das war aber nicht der Fall, sondern die Erblasserin

hinterließ einen nicht verbrieften Anspruch auf Auszahlung des

Sparbriefkapitals nebst Zinsen bei Fälligkeit. Abgesehen davon

steht das Recht an der Urkunde gemäß § 952 BGB dem Gläubiger der

verbrieften Forderung zu. Diese ist mit dem Tode der Erblasserin

unmittelbar auf die Klägerin übergegangen, ohne in den Nachlaß zu

fallen.

Die Vereinbarung der Erblasserin mit der Bank über die Zeichnung

des Sparbriefs ist auf dem Hintergrund des vorangegangenen

Vertrages zugunsten der Klägerin zu sehen, an dem die Erblasserin

und die Bank ebenfalls beteiligt waren, der also beiden bekannt

war. Daher wußten beide, daß das Konto Nr. ... mit dem Tod der

Erblasserin der Klägerin zustand. Die Regelung in dem

Sparbrief-Zeichnungsschein bedeutet unter diesen Umständen, daß

Versprechender (Bank) und Versprechensempfänger (Erblasserin) des

vorangegangenen Vertrags diesen zugunsten der Klägerin als Dritter

dergestalt ergänzten, daß ihr für den Fall, daß die Erblasserin vor

Fälligkeit des Sparbriefs starb, als bekannter neuer Inhaberin des

Kontos Nr. ... die Forderung auf Óbertragung des Kapitals zustehen

sollte. Die Klägerin erwarb damit die Forderung der Erblasserin so,

wie diese sie im Zeitpunkt ihres Todes innehatte, also noch nicht

fällig, sondern betagt. Ob die Erblasserin der Klägerin vor ihrem

Tod das Sparbuch übergeben hat, ist unerheblich.

In den Nachlaß fiel die Forderung damit nicht. Hätte die

Erblasserin die Fälligkeit erlebt, dann hätte mit ihrem Tode die

Klägerin das Kapital (soweit noch vorhanden) als Teil des

Kontoguthabens erworben.

Diese Auslegung scheint auch sachgerecht, weil nichts dafür

ersichtlich ist, daß die Erblasserin mit dem Erwerb des Sparbriefs

zum Nachteil der Klägerin handeln wollte. Offenbar war es

tatsächlich so, daß die Erblasserin nur eine bessere Verzinsung

erreichen, im übrigen aber alles beim alten, nämlich bei der

Regelung des vorangegangenen Vertrages, lassen wollte. Anscheinend

hat die Bank das im Grunde ähnlich gesehen; darauf deutet

jedenfalls das Schreiben an die Klägerin vom 5.9.1991 im zweiten

Absatz hin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Das Urteil ist

nach den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer der Beklagten: 7.500,00 DM.