Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. August 1994 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 91 O 82/94 - teilweise abgeändert und wie folgt neu ge-faßt:Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 51.855,89 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Mai 1992 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die Anschlußberufung des Klägers werden zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfah-rens werden zu 82 % dem Kläger und zu 18 % der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitslei-stung in Höhe von 51.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheits-leistung in Höhe von abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Voll-streckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die jeweils zu erbringende Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschafts-bank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Der Kläger war seit 1957 als
Vertragshändler für die Beklagte tätig, zuletzt auf der Grundlage
des Eigen-Händlervertrages vom 14. Oktober 1985. Wegen der
Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vertragsurkunde
Bezug genommen. Im Zuge der Wiedervereinigung 1989/90 nahm das
Geschäft des Klägers in erheblichem Umfang zu. Bei den
Kundenumfragen der Beklagten zur Frage der Betreuung durch den
jeweiligen Händler schnitt der Kläger jeweils in den Jahren 1989
bis 1991 überdurchschnittlich ab.
Mit Schreiben vom 18. April 1990
kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis ordentlich zum 30.
April 1992. Nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der
Beklagten übernahm der Kläger eine Vertretung für die Firma
Skoda.
Der Kläger hat vorgetragen, daß er in
dem Zeitraum 1. Mai 1991 bis 30. April 1992 insgesamt 220 Renault
Neufahrzeuge verkauft habe und damit auf der Basis der von der
Beklagten empfohlenen Endverkaufspreise einen Umsatz in Höhe von
netto 4.219.531,00 DM erzielt habe. Er hat hierzu die entsprechende
Kundenliste sowie Neufahrzeugrechnungen vorgelegt (Bl. 54 ff, 140
d. A.). Er hat im einzelnen unter Nennung von Name, Anschrift und
Verkaufsdaten sowie des Verkaufspreises auf der Basis der
unverbindlichen Preisempfehlung dargelegt, daß 30 der 220
Neufahrzeuge an Kunden verkauft worden seien, die bereits zuvor bei
ihm ein Fahrzeug erworben hatten. Er hat weiterhin unter Angabe der
Umsatzzahlen sowie der davon auf Mehrfachkunden entfallenden
Beträge für die zurückliegenden sechs Geschäftsjahre den jeweils
jährlichen Mehrfachkundenanteil in Prozent mitgeteilt. Ergänzend
hat er vorgetragen und insoweit auf einen entsprechenden
Computerausdruck (Bl. 156 d. A.) hingewiesen, daß jede Bestellung
bei der Beklagten über EDV mittels Modem erfolgte, wobei bei der
Bestellung Name und Anschrift des Kunden sowie die für die
Identifizierung des bestellten Fahrzeugs erforderlichen Angaben
(Fahrgestell-Nr., Modell etc.) angegeben werden mußten.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten,
ihm stehe analog § 89 b HGB ein Ausgleichsanspruch gegenüber der
Beklagten zu, da er wie ein Handelsvertreter in die
Absatzorganisation der Beklagten einbezogen gewesen sei und er
zudem verpflichtet gewesen sei, bei Vertragsbeendigung der
Beklagten seinen Kundenstamm zu übertragen. Den Ausgleichsanspruch
hat er berechnet, indem er zu dem Mehrfachkundenanteil aus dem
Geschäftsjahr 1. Mai 1991 bis 30. April 1992 einen hypothetischen
Mehrfachkundenumsatz hinzugerechnet hat, den er aus den letzten
sechs Vertragsjahren mit durchschnittlich 28,71 % errechnet hat.
Unter Hinweis auf die bei Mercedes und Jaguar gezahlten
Haupthändlerprovisionen und unter Abzug eines Verwaltungsanteils
von 2,5 % hat der Kläger sodann seine Provision mit 13 %
berechnet. Die so errechnete Provisionssumme hat er einem
Prognosezeitraum von 5 Jahren zugrundegelegt, wobei er jährlich
einen Provisionsverlust durch Abwanderung von 25 % eingerechnet
hat. Die daraus ermittelte Endsumme hat er abgezinst gemäß der
Methode Gillardon und auf den so errechneten Nettobetrag 15 % MwSt
aufgeschlagen (vgl. im einzelnen Bl. 26 f d. A.).
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte zu verurteilen, an ihn
287.756,93 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Mai 1992 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten,
dem Kläger stehe kein Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB zu. Es
habe keine Verpflichtung des Klägers zur Óbertragung des
Kundenstammes bei Vertragsbeendigung bestanden. Sie hat
darüberhinaus die Angaben des Klägers zur
Mehrfachkundeneigenschaft für unzutreffend gehalten. Hinsichtlich
einiger Kunden hat sie darauf hingewiesen, daß es sich dabei um
Mehrfachkäufe innerhalb eines Geschäftsjahres gehandelt habe, so
daß ihrer Ansicht nach schon von daher eine Stammkundeneigenschaft
zu verneinen sei. Die Kunden Eckmann und Schulz u. Waldeck müßten
schon deshalb aus der Ausstellung des Klägers herausfallen, da
diese Verkäufe nach Vertragsbeendigung gelegen hätte. Hinsichtlich
der übrigen noch verbleibenden Namen hat die Beklagte die
Mehrfachkundeneigenschaft mit Nichtwissen bestritten, da sie über
keine entsprechenden Daten verfüge.
Die Einbeziehung eines hypothetischen
Mehrfachkundenumsatzes hat die Beklagte dem Grunde nach für
unzulässig gehalten und darüber hinaus auch nicht für ausreichend
dargelegt angesehen. Darüberhinaus hat sie die Ansicht vertreten,
dem Kläger könne allenfalls eine Provision von 5 % zustehen. Die
Abwanderungsquote von 25 % sei willkürlich festgesetzt worden.
Ihrer Ansicht nach müßten darüber hinaus von einem evtl.
bestehenden Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen 25 % für die
sogenannte Sogwirkung des Produkts sowie weiter 25 % für den
nachfolgenden Vertrieb des Konkurrenzprodukts Skoda abgezogen
werden. Darüber hinaus war der Kläger nach Ansicht der Beklagten
nicht berechtigt, 15 % MwSt auf den Ausgleichsbetrag zu
verlangen.
Durch Urteil vom 17. August 1994, auf
dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird,
hat das Landgericht der Klage im Umfang von 118.871,56 DM
stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen
ausgeführt, daß die Voraussetzungen der analogen Anwendung des
Paragraphen 89 b HGB erfüllt seien. Hinsichtlich der Berechnung des
somit dem Grunde nach gegebenen Ausgleichsanspruchs hat das
Landgericht den Vortrag des Klägers zum Mehrfachkundenumsatz
ausgehend von den unverbindlichen Preisangaben der Beklagten für
substantiiert, das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten mit
Nichtwissen für unzulässig gehalten. Das Landgericht hat lediglich
die Kunden nicht als Mehrfachkunden angesehen, bei denen der
Wiederholungskauf erst nach Ende des letzten Verkaufsjahres
stattgefunden hat. Einen Umsatz mit hypothetischen Mehrfachkunden
hat das Landgericht dem Kläger nicht zugebilligt, da es seiner
Ansicht nach allein auf Stammkunden zum Zeitpunkt der
Vertragsbeendigung ankommen könne. Den Provisionsverlust analog §
89 b Abs. 1 Ziffer 2 HGB hat das Landgericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO
auf 10 % geschätzt. Es ist bei der Ermittlung der
Provisionsverluste des Klägers von einem Prognosezeitraum von 5
Jahren ausgegangen, hat den dann errechneten Betrag abgezinst und
dem Kläger auf den verbleibenden Betrag 15 % MwSt zugesprochen, da
Bemessungsgrundlage für den Ausgleichsanspruch die Bruttoprovision
des Handelsvertreters sei, der Mehrfachkundenumsatz seitens des
Klägers jedoch auf der Basis von Nettoverkaufspreisen errechnet
worden sei. Einen weitergehenden Abzug wegen der Sogwirkung der
Marke und der nachvertraglichen Tätigkeit des Klä-gers für die
Firma Skoda hat das Landgericht nicht vorgenommen.
Gegen dieses ihr am 15. September 1994
zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 12. Oktober 1994
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. Dezember
1994 mit einem am 8. Dezember 1994 bei Gericht eingegangenen
Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger hat seinerseits gegen das
ihm am 19. September 1994 zugestellte Urteil mit am 19. Oktober
1994 eingegangenem Schriftsatz Anschlußberufung eingelegt, die er
nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.
Dezember 1994 mit einem am selben Tage bei Gericht eingegangen
Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte verfolgt in der
Berufungsinstanz den geltend gemachten Klageabweisungsantrag
weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Ergänzend führt sie hinsichtlich des vom Landgericht
angenommenen Provisionssatzes von 10 % aus, daß dieser erheblich
überhöht sei, da angesichts der ihr vorliegenden
Durchschnittsangaben anderer Vertragshändler von dem allenfalls
anzunehmenden Bruttogewinn von 16,5 %, 6,5 % für unabhängige
Kosten, 4,8 % für indirekte Betriebskosten sowie jeweils 1,5 % für
Miet- und Zinskosten abzuziehen seien.
Die Beklagte beantragt,
1. das angefochtene Urteil abzuändern
und die Klage abzuweisen,
2. der Beklagten zu gestatten, eine
Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Groß-
bank, Genossenschaftsbank oder
öffentlichen
Sparkassse zu erbringen.
Der Kläger beantragt,
1. unter teilweiser Aufhebung des
Urteils des
Landgerichts Köln vom 17.08.1994
- Az. 91 0 82/94 - die Beklagte zu
verur-
teilen, an den Kläger DM 287.756,93
nebst
11,2 % Zinsen seit dem 1.05.1992 zu
zahlen.
sowie
Zurückweisung der Berufung der
Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers
zurückzuweisen.
Der Kläger vertieft und wiederholt sein
erstinstanzliches Vorbringen. Er ist seinerseits ebenfalls der
Ansicht, daß der vom Landgericht angesetzte Provisionssatz von 10
% falsch sei, da er zu niedrig sei. Im Durchschnitt der
Vergleichszahlen anderer Haupthändler liege der Provisionssatz
deutlich über 13 %. Er trägt darüber hinaus vor, daß die
Rabattmarge bei Renault-Fahrzeugen durchschnittlich 17 % betragen
habe und legt darüber hinaus im einzelnen dar, daß und warum sein
Verwaltungskostenaufwand allenfalls 2,5 % betragen habe. Der
Kläger vertritt im übrigen die Ansicht, daß es Sache der Beklagten
sei, substantiiert darzulegen, warum 2,5 % zu niedrig seien.
Der Kläger behauptet, ständig in einer
die Klagesumme übersteigenden Höhe einen Kontokorrentkredit in
Anspruch zu nehmen, für den er derzeit 11,2 % Zinsen p. a. zahlen
müsse.
Die Beklagte bestreitet den Zinsschaden
des Klägers.
Wegen der weiteren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von
den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen
Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte
und im übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise
begründet; die ebenfalls form- und fristgerecht eingelegte und im
übrigen zulässige Anschlußberufung des Klägers hat hingegen in der
Sache keinen Erfolg.
I.
Dem Kläger steht in entsprechender
Anwendung des § 89 b HGB gegen die Beklagte ein Ausgleichsanspruch
auf Zahlung von 51.855,89 DM zu.
Der Kläger war zwar für die Beklagte
nicht als Handelsvertreter, sondern als Eigenhändler tätig. Nach
ständiger Rechtsprechung ist dem Eigenhändler aber ein
Ausgleichsanspruch zuzubilligen, wenn zwischen ihm und dem
Lieferanten ein Rechtsverhältnis besteht, das sich nicht in einer
bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern den
Eigenhändler aufgrund vertraglicher Abmachungen so in die
Absatzorganisation seines Lieferanten eingliedert, daß er
wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter
vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat und er verpflichtet ist, bei
Vertragsende seinem Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen,
so daß dieser sich die Vorteile des Kundenstamms nutzbar machen
kann (BGH ZIP 1987, 1383; DB 1993, 1031; DB 1993, 2526). Diese
Voraussetzungen sind hier erfüllt.
1.
Der Kläger war in die
Absatzorganisation der Beklagten eingebunden, wie sich u. a. aus
seiner vertraglich übernommenen Verpflichtung ergibt, eine
Konkurrenztä-tigkeit zu unterlassen, die Richtlinien der Beklagten
betreffend Lagerung und Auslieferung von Neufahhrzeugen zu befolgen
sowie ein Ersatzteillager und eine Werkstatt zur Reparatur von
Renault-Fahrzeugen zu unterhalten. Der Kläger war ferner zur
Óbertragung seines in der Vertragszeit gewonnenen Kundenstamms
verpflichtet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese
Verpflichtung erst bei Vertragsbeendigung oder schon während der
Vertragszeit durch laufende Óbermittlung der Kundendaten an den
Hersteller zu erfüllen ist; entscheidend ist, daß der Hersteller
dadurch tatsächlich in die Lage kommt, sich den Kundenstamm auch
nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weiter nutzbar zu machen
(BGH DB 1993, 2526). Der Kläger mußte nach den Vorgaben der
Beklagten, wie diese nicht näher bestritten hat, jede
Bestellung/Zulassung eines Neufahrzeugs über EDV an die Beklagte
melden. Hierbei wurden der Beklagten auch die Kundendaten (Namen,
Anschrift) mitgeteilt. Aufgrund dieser Meldungen verfügte die
Beklagte über alle sie interessierenden Kundendaten des Klägers.
Sie war deshalb in der Lage, seinen Kundenstamm nach
Vertragsbeendigung weiter zu nutzen.
2.
Nach dem vorgetragenen Sachverhalt muß
auch davon ausgegangen werden, daß die Beklagte aus der
Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Kläger geworben hat,
noch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Vorteile hat,
während der Kläger keine der Provision vergleichbaren Teile des
Händlerrabatts mehr erhält. Der Kläger hat insoweit seiner
Dalegungslast genügt, indem er für das letzte Vertragsjahr eine
Liste der von ihm geworbenen Mehrfachkunden vorgelegt und darin
die Daten dieser Kunden und der an sie getätigten Verkäufe
aufgeführt hat. Aufgrund der bereits oben angesprochenen Pflicht
des Klägers, jede Bestellung/Zulassung eines Neufahrzeugs über EDV
an die Beklagte zu melden, war die Beklagte ohne weiteres in der
Lage, die Angaben des Klä-gers zu überprüfen. Ihr diesbezügliches
Bestreiten mit Nichtwissen ist daher unzulässig.
3.
Die vorgetragene Liste der
Mehrfachkunden kann jedoch nicht in vollem Umfang Grundlage für den
Ausgleichsanspruch des Klägers sein. Herauszunehmen sind insoweit
die Kunden Schulz u. Waldeck (Bl. 90 f d. A.), Eckmann (Bl. 84 f
und 86 f d. A.), die Wohnbaugemeinschaft Greifswald (Bl. 58-75 d.
A.) sowie der Kunde Tertin (Bl. 137 f d. A.).
Berechnungsgrundlage für den
Ausgleichsanspruch des Klägers ist nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (vgl. u. a. NJW 1983, 2877 ff; ZIP 1987,
1383 ff) der Eigenumsatz des Händlers mit Neuwagen im letzten
Geschäftsjahr, d. h. hier konkret in der Zeit vom 1. Mai 1991 bis
30. April 1992. Ein dem Geschäftsjahr zurechenbarer Umsatz ist
jedoch erst erzielt, wenn das Geschäft, d. h. der Neuwagenkauf
endgültig durchgeführt ist. Es kommt somit nicht auf den Zeitpunkt
der Bestellung, sondern auf die Auslieferung des Fahrzeugs an den
Käufer unter gleichzeitig erfolgender Rechnungstellung an. Dies hat
entgegen seiner im Prozeß vertretenen Ansicht letztlich der Kläger
stets auch so gesehen. Aus den von ihm überreichten Unterlagen geht
nämlich hervor, daß er z. B. in den Umsatz des Jahres 1. Mai 1991
bis 30. April 1992 Verkäufe einberechnet hat, bei denen die
Auslieferung und Rechnungstellung in diesem Geschäftsjahr lag, die
Bestellung jedoch bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr erfolgt
war (siehe z. B. den Kunden Böttcher, Bl. 55, 57 d. A.).
Zutreffend hat daher das Landgericht
den mit dem Kunden Schulz u. Waldeck erzielten Umsatz in Höhe von
40.798,47 DM sowie die letzten beiden mit dem Kunden Heinz Eckmann
erfolgten Geschäftsabschlüsse in Höhe von 17.992,00 DM und
19.517,54 DM nicht dem Umsatz des Geschäftsjahres 1. Mai 1991 bis
30. April 1992 zugerechnet, da bei diesen drei Verkäufen die
Auslieferung und Rechnungsstellung erst im Mai bzw. Juni 1992
erfolgt ist.
Nach Ansicht des Senats kann darüber
hinaus der mit der Wohnbaugemeinschaft Greifswald und dem Zeugen
Tertin erzielte Umsatz nicht in den Ausgleichsanspruch mit
einbezogen werden, da in diesen Fällen die anspruchsbegründende
Stammkundeneigenschaft nicht bejaht werden kann. Zur Begründung der
Mehrfachkundeneigenschaft reicht nämlich nicht aus, daß mit einem
Kunden mehrere Geschäfte getätigt worden sind. Man muß vielmehr
danach differenzieren, ob die Mehrfachverkäufe auf einem oder
mehreren Kaufentschlüssen des Kunden beruhten. Denn in der
Rechtsprechung wird zutreffend (von dem hier nicht einschlägigen
Sonderfall BGH NJW-RR 1991, 1050 abgesehen) mindestens ein
Nachkauf gefordert, um von einem Stammkunden sprechen zu können.
Ein Nachkauf liegt aber nach Ansicht des Senats nur vor, wenn das
nachfolgende Geschäft auf einem neuen Kaufentschluß beruht. Da die
Verkäufe an die Wohnbaugemeinschaft Greifswald und den Zeugen
Tertin auf Bestellungen beruhten, die jeweils am selben Tag
erfolgten, fehlt diesen Kunden die Mehrfachkundeneigenschaft. Die
Umsätze in Höhe in Höhe von 135.298,40 DM und 22.650,00 DM sind
daher ebenfalls abzuziehen.
Für die weitere Berechnung des
Ausgleichsanspruchs gilt im einzelnen folgendes:
3.
Das Landgericht ist bei seiner
Berechnung zutreffend von den unverbindlichen Preisempfehlungen der
Beklagten ausgegangen. Soweit der Kläger seinen Kunden einen Rabatt
gewährt hat, minderte dies zwar seinen Gewinn, nicht aber den
Vorteil, den die Beklagte aus dem übertragenen Kundenstamm hat.
Dies rechtfertigt es, die unverbindlichen Preisempfehlungen der
Beklagten zugrunde zu legen. Die Gewinneinbußen des Klägers durch
gewährte Rabatte führen jedoch, wie noch darzulegen ist, im Rahmen
der Billigkeitserwägungen zu einer Herabsetzung des
Ausgleichsanspruchs (vgl. BGH NJW 1961, 120, 121).
4.
Das Landgericht hat bei der Berechnung
der Höhe der "Provisionsverluste" im Einklang mit der
Rechtsprechung auf den Umsatz des Klägers im Neuwagengeschäft im
letzten Vertragsjahr abgestellt, und zwar beschränkt auf den
Umsatz mit Mehrfachkunden (vgl. BGH NJW 1983, 2877 ff; ZIP 1987,
1383 ff). Nach den insoweit zugrunde zu legenden Zahlenangaben des
Klägers mit den unter I, 2 ausgeführten Abzügen betrug dieser
Umsatz auf der Basis der unverbindlichen Preisempfehlungen der
Beklagten 330.579,24 DM.
Ein weiterer potentieller
Mehrfachkundenumsatz aus dem Kreis der Neukunden des letzten
Vertragsjahres ist vom Landgericht zu Recht außer Betracht gelassen
worden. Der Handelsvertreter kann nur für geworbene neue
Stammkunden einen Ausgleich fordern, nicht aber für eine erst bei
Fortsetzung seiner Tätigkeit zu erwartende weitere Vermehrung des
Kundenstammes (BGH NJW 1974, 1242 ff). Etwas anderes ergibt sich
entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus dem Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 2. Juli 1987 (ZIP 1987, 1383, 1386).
Vielmehr hat der Bundesgerichtshof auch dort unter B 1 b) auf die
in der Vertragszeit ermittelten Mehrfachkunden abgestellt.
5.
Bei einem Eigenhändlervertrag wie im
vorliegenden Fall ist die der Provision des Handelsvertreters
vergleichbare Händlervergütung in dem vom Hersteller gewährten
Händlerrabatt enthalten. Der durchschnittliche Händlerrabatt der
Beklagten, nämlich die Differenz zwischen ihren unverbindlichen
Preisempfehlungen und dem Einkaufspreis des Händlers, ist vom
Kläger mit 17 % und von der Beklagten zunächst mit 16,5 % und
später in ihrem Schriftsatz vom 30. Mai 1995 mit rund 16 %
angegeben worden. Der Senat geht im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO)
von einem Mittelwert von 16,5 % aus, da die Differenz zwischen den
Angaben der Parteien gering ist und eine genaue Ermittlung nur mit
unverhältnismäßigem Aufwand möglich wäre.
Von diesem Händlerrabatt kann jedoch
nach ständiger Rechtsprechung für den Ausgleich nach § 89 b HGB nur
der Anteil berücksichtigt werden, mit dem die werbende Tätigkeit
des Händlers abgegolten wird (BGH NJW 1985, 1860, 1861; ZIP 1987,
1383, 1388).
Von dem Händlerrabatt sind zunächst die
Verwaltungskosten abzuziehen (BGH NJW 1985, 860, 861). Der Kläger
hat diese Kosten mit 2,5 % der unverbindlichen Preisempfehlung
angegeben und die Grundlagen seiner Berechnung im Schriftsatz vom
16. Mai 1995 im einzelnen nachvollziehbar dargelegt. Bedenken, daß
diese Angaben zu niedrig sein könnten, bestehen nicht. Es war Sache
der Beklagten, die für einen höheren Verwaltungskostenanteil
darlegungspflichtig ist (BGH BB 1988, 2199, 2200), eine auf die
konkreten Verhältnisse des Klägers bezogene abweichende Darstellung
vorzutragen. Ihre Ansicht, sie könne dies nicht tun, da der Kläger
ihr keine Ergebnismeldungen eingereicht und auch an internen
Betriebsvergleichen nicht teilgenommen habe, kann nicht gefolgt
werden. Die Beklagte war vielmehr, insbesondere nachdem der Kläger
detailliert zu der Zusammensetzung seiner Verwaltungskosten
vorgetragen hatte, verpflichtet und auch ohne Kenntnis der
Betriebsergebnisse des Klägers durchaus in der Lage, konkret
darzulegen, daß und warum die Ansätze des Klägers falsch bzw. zu
niedrig sind. Ihre diesbezüglichen Ausführungen sind zu pauschal,
um der sie treffenden Darlegungslast genügen zu können. Es ist
daher ein Verwaltungskostenanteil von 2,5 % zugrunde zu legen.
6.
Abzuziehen sind im Rahmen der
Billigkeitserwägungen ferner die vom Kläger gewährten
Preisnachlässe, weil hierdurch der in dem Händlerrabatt der
Beklagten enthaltene Gewinnanteil gemindert wird (vgl. BGH NJW
1961, 120, 121; OLG Stuttgart Urteil vom 22. Dezember 1994 - 13 U
72/94 -). Die Beklagte beziffert die durchschnittlichen Nachlässe
ihrer Händler mit 6,5 %. Durchschnittsangaben für die Nachlässe des
Klägers sind nicht ermittelt. Nach den zu den Akten gereichten
Unterlagen des Klägers erscheinen seine Nachlässe im Mittel
niedriger als die Durchschnittsangaben der Beklagten von 6,5 %.
Unter Berücksichtigung dieses Umstands und auch der Inzahlungnahme
von Gebrauchtwagen zu günstigem Preis schätzt der Senat den
durchschnittlichen Preisnachlaß des Klägers auf 5 %.
Damit verbleibt nach Abzug der
Verwaltungskosten und des Preisnachlasses ein der Provision des
Handelsvertreters entsprechender Gewinnanteil des Klägers von 9 %,
so daß auf seinen Stammkundenumsatz von 1992 (330.579,24 DM) eine
"Provision" von 29.752,13 DM entfiel.
7.
Hiervon ist eine jährliche
Abwanderungsquote abzuziehen, die der Senat mit 25 % ansetzt
(ebenso BGH ZIP 1987, 1386). Die Prognosedauer bemißt der Senat mit
Rücksicht darauf, daß bei Kraftfahrzeugen Neubestellungen in der
Regel erst nach einem längeren Zeitraum erfolgen, mit 5 Jahren
(vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Küstner/von Manteuffel,
Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band II, 5. Aufl., Rn.
302). Die Abwanderungsquote von 25 % bezieht sich allerdings
entgegen der Auffassung der Beklagten nur für das erste
Prognosejahr auf 100 % des letzten Vertragsjahres, für die
folgenden Prognosejahre dagegen immer auf den prozentual
geminderten Betrag des vorangehenden Prognosejahrs (vgl.
Küstner/von Manteuffel, a.a.O. Rn. 299). Hierfür spricht, daß der
überlassene Kundenstamm sich durch die Abwanderung im Zweifel
gleichmäßig mindert, so daß die Verlustquote von 25 % ab dem
zweiten Prognosejahr von dem bereits geminderten Betrag des
Vorjahres abzuziehen ist.
Danach ergibt sich für die Jahre
1993-1997 folgender Provisionsausfall des Klägers:
1993 22.314,10 DM,
1994 16.735,58 DM,
1995 12.551,69 DM,
1996 9.413,77 DM,
1997 7.060,33 DM
68.075,47 DM.
8.
Entgegen der Auffassung des
Landgerichts ist von diesem Betrag allerdings im Rahmen der
Billigkeitserwägungen ein Abzug wegen der "Sogwirkung" der Marke
veranlaßt (vgl. BGH NJW 1982, 2819; ZIP 1987, 1386). Der Entschluß
zum Kauf eines neuen Kraftfahrzeugs wird erfahrungsgemäß nicht
allein durch die werbende Tätigkeit des Eigenhändlers beeinflußt,
sondern in erheblichem Umfang auch durch die Besonderheiten des
Fabrikats der Beklagten und durch deren Werbung. Der Senat schätzt
diese Sogwirkung auf 25 %, so daß nach Abzug dieser Quote ein
Betrag von 51.056,60 DM verbleibt.
Der Umstand, daß der Kläger sein
Unternehmen mit Fahrzeugen der Marke Skoda weitergeführt hat,
rechtfertigt entgegen der Ansicht der Beklagten hingegen keinen
weiteren Abzug.
Das Landgericht hat insofern zutreffend
ausgeführt, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sei nicht
vereinbart gewesen, so daß insofern das Verhalten des Klägers
nicht zu beanstanden ist. Es mag zwar durchaus Fälle geben, in
denen bei Fortführung des Geschäft mit einem Konkurrenzprodukt ein
Teil des in früherer Zeit geworbenen Kundenstamm zu dem
Konkurrenzprodukt übergeht. Das setzt aber nach Ansicht des Senats
eine erhebliche Vergleichbarkeit der konkurrierenden Produkte
voraus. Gründe für eine derartige Vergleichbarkeit der beiden
Marken sind aber von der Beklagten nicht vorgetragen und auch sonst
nicht erkennbar, worauf auch das Landgericht schon hingewiesen
hat. Die Möglichkeit der Óbernahme des Kundenstamms durch den
Kläger könnte deshalb allenfalls in einem ganz geringen Umfang
bestanden haben; dies rechtfertigt keinen weiteren Abzug.
9.
Wegen der vorzeitigen Fälligkeit der
Ausgleichssumme ist - unstreitig - eine Abzinsung erforderlich, die
nach der Methode Gillardon (51.056,60 : 60 x 52,9907) einen Betrag
von 45.092,08 DM ergibt.
10.
Hierauf kann der Kläger 15 % MwSt
aufschlagen, da für den Ausgleichsanspruch die Bruttoprovisionen
maßgebend sind und der Kläger seinen Stammkundenumsatz auf der
Basis von Nettopreisen errechnet hat (BGH ZIP 1987, 1387). Der
Ausgleichsanspruch beträgt damit insgesamt 51.855,89 DM.
11.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§
352, 353 HGB. Ein höherer Zinssatz konnte nicht zugesprochen
werden, da die Beklagte die Aufnahme von Bankkredit bestritten hat
und eine Bankbescheinigung vom Kläger nicht vorgelegt worden
ist.
II.
Die Anschlußberufung des Klägers war
aus den unter I. dargelegten Gründen insgesamt als unbegründet
abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91,
92, 97 ZPO,
die Entscheidung über die vorläufige
Volstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert für das
Berufungsverfahren:
bis zum 19. Oktober 1994: 118.871,56
DM,
danach: 287.756,93 DM.
Urteilsbeschwer des Klägers: 235.900,11
DM
Urteilsbeschwer der Beklagten:
51.855,89 DM.