OLG Hamm, Beschluss vom 04.04.1989 - 15 W 457/88
Fundstelle
openJur 2012, 72927
  • Rkr:
Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert im Verfahren der weiteren Beschwer de beträgt 3.000,00 DM.

Gründe

Die Beteiligten haben am xxx 1964 zu UR.-Nr. xxx des inzwischen verstorbenen Notars xxx in xxx einen Erbvertrag geschlossen, der von dem Amtsgericht unter Nr. xxx des Verwahrungsbuches in amtliche Verwahrung genommen worden ist. Ein Ergänzungserbvertrag der Beteiligten vom xxx 1981 (UR.-Nr. xxx des Notars xxx in xxx) ist unter Nr. xxx des Verwahrungsbuches in amtliche Verwahrung genommen worden. Die Beteiligten haben sodann am xxx 1988 einen weiteren Erbvertrag geschlossen (UR.-Nr. xxx des Notars xxx in xxx), in dem sie die beiden erwähnten früheren Erbverträge aufgehoben haben.

Die Beteiligten haben mit Schreiben vom xxx bei dem Amtsgericht den Antrag gestellt, ihnen die Erbverträge aus den Jahren 1964 und 1981 aus der amtlichen Verwahrung auszuhändigen. Diesen Antrag hat der Notar an das Amtsgericht weitergeleitet und zur näheren Begründung ausgeführt, daß den Beteiligten nach der zweifelsfreien Aufhebung ihrer früheren Erbverträge das Recht eingeräumt werden müsse, diese Urkunden aus der amtlichen Verwahrung zurückzunehmen. Es sei davon auszugehen, daß der Urkundsnotar auf der Grundlage des verfassungsrechtlich geschützten Rechtes der informationellen Selbstbestimmung die von ihm verwahrte Urkunde an die Vertragsschließenden nach vollständiger Aufhebung des Erbvertrages auszuhändigen habe. Diese Entscheidung müsse anstelle des verstorbenen Notars xxx das Nachlaßgericht treffen. Die Beteiligten legten besonderen Wert darauf zu vermeiden, daß der Inhalt ihrer aufgehobenen Erbverträge durch Verbleib in den Gerichtsakten und spätere Eröffnung als Verfügung von Todes wegen bekannt werde.

Durch Beschluß vom xxx 1988 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichtes den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen haben die Beteiligten mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom xxx 1988 Beschwerde eingelegt, der der Rechtspfleger und der Richter des Amtsgerichts nicht abgeholfen haben. Durch Beschluß vom xxx 1988 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom xxx 1988 bei dem Oberlandesgericht eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten.

Die weitere Beschwerde ist nach § 27 FGG statthaft und gem. § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG formgerecht eingelegt. Dabei ist davon auszugehen, daß der erstinstanzliche Antrag der Beteiligten von dem Notar als deren Bevollmächtigter gestellt worden ist. Die Beteiligten haben zwar den Antrag selbst in einem gesonderten privatschriftlichen Schreiben vom xxx 1988 gestellt. Der Antrag bildet jedoch mit der ihm von dem Notar bei gegebener Begründung vom xxx 1988 eine Einheit. Die Postulationsfähigkeit des Notars nach § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG ist im übrigen nicht davon abhängig, daß er den Antrag beurkundet oder eine Unterschriftsbeglaubigung vorgenommen hat (BayObLG Z 1972, 44, 45). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel indessen ohne Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichtes nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten ausgegangen, deren Beschwerdebefugnis aus der Zurückweisung ihres erstinstanzlich gestellten Antrages folgt.

In der Sache hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, daß die Vorschriften über die Verwahrung beurkundeter Erbverträge eine Herausgabe der in amtlicher Verwahrung befindlichen Urschriften an die Vertragsschließenden nicht zulassen. Erbverträge, deren amtliche Verwahrung die Vertragschließenden nach § 34 Abs. 2 BeurkG ausgeschlossen haben, sind nach näherer Maßgabe der §§ 25 Abs. 2 BNotO, 16 DONot in der Urkundensammlung des Notars zu verwähren. Schließen die Vertragsparteien in zulässiger Weise nachträglich die amtliche Verwahrung aus, kann die Urschrift des Erbvertrages nur entweder offen bei den Gerichtsakten weiterverwahrt oder in die Verwahrung durch den Urkundsnotar zurückgegeben werden. Diese Auffassung des Landgerichtes stützt sich auf die Entscheidung, des Senats in FamRZ 1974, 391 f. = DNotZ 1974, 460 ff.). Sie entspricht der einhelligen Auffassung in der Literatur (Staudinger-Kranzleiter, BGB, 12. Auflage, § 2277-, Rdnr. 3; MK-Muiselak, BGB, § 2277, Rdnr. 9; Soergel-Wolf, BGB, 11. Auflage, § 2277, Rdnr.7; RGRK-Johannsen, BGB, 12. Auflage, § 2277, Rdnr. 4; Dittmann/Reimann/Bengel, Testament und Erbvertrag, 2. Auflage, § 34 BeurkG Rdnr. 24; Firsching, Nachlaßrecht, 6. Auflage, S, 107; Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 12. Auflage, § 34 BeurkG, Rdnr. 14).

An dieser Auffassung hält der Senat fest. Entgegen dar Ansicht der weiteren Beschwerde bietet die vorliegende Fairgestaltung keinen Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung. Dabei braucht der Senat keine Entscheidung zu der Rechtsfrage zu treffen, inwieweit ein Notar, in dessen Verwahrung sich die Urschrift eines Erbvertrages befindet, über den Wortlaut des § 45 Abs. 1 BeurkG hinaus berechtigt oder verpflichtet ist, den Vertragschließenden nach Aufhebung des Erbvertrages die Urschrift aus seiner Urkundensammlung auszuhändigen. Der Umstand, daß Notar xxx, der den Erbvertrag der Beteiligten vom xxx 1964 beurkundet hat, verstorben ist, steht der Herbeiführung einer Entscheidung über die Aushändigung dieses Erbvertrages nicht entgegen. Gem. § 51 Abs. 1 Bundesnotarordnung ist zur Verwahrung seiner Urkunden entweder das Amtsgericht, in dem der verstorbene Notar seinen Amtssitz hatte, oder ein anderer Notar zuständig, dem der Präsident des Oberlandesgerichts die Verwahrung der Akten und Bücher übertragen hat. Dem Amtsgericht oder dem vom Präsidenten des Oberlandesgerichts dazu berufenen Notar obliegt es daher zunächst, die Urschrift des Erbvertrages vom xxx 1964 zu der Urkundensammlung des verstorbenen Notars zu nehmen, wenn die Beteiligten nunmehr nachträglich die amtliche Verwahrung gem. § 3 Abs. 2 Beurkundungsgesetz ausschließen. In die Zuständigkeit des Amtsgerichts beziehungsweise des dazu berufenen Notars als Aktenverwahrungsstelle fällt jedoch auch die Entscheidung über die Aushändigung der Urschrift einer Urkunde gem. § 45 Beurkundungsgesetz (Seybold/Hornig, Bundesnotarordnung, 5. Auflage, § 51, Rdnr. 27). Darin liegt der Kern des Anliegens der Beteiligten, über das in dem dafür vorgesehenen Verfahrensgang zu entscheiden ist. Der Senat hat bereits in seinem oben erwähnten Beschluß darauf hingewiesen, daß die unter Umständen schwierige Feststellung einer in jeder Hinsicht wirksamen Aufhebung früherer Erbverträge durch einen späteren Erbvertrag nach § 2290 BGB nicht zu dem der Verwahrungsstelle zugewiesenen Aufgabenbereich gehört.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

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