OLG Hamm, Urteil vom 08.02.1989 - 20 U 121/88
Fundstelle
openJur 2012, 72911
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 04. Februar 1988 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Dem Kläger werden die Kosten der Berufung auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 13.000,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit durch Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts zu leisten.

Tatbestand

Der Kläger, ein Versicherungsanstellter der Beklagten, unterhielt bei ihr im Mai 1986 eine Unfallversicherung nach den AUB mit den Summen 372.000,- DM für Invalidität und 80,- DM täglich als Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld.

Am 25.5.1986 gegen 18.30 Uhr trennte sich der Kläger beim Holzhacken in seinem Kleingarten den linken Daumen ab. Er wurde von diesem Tage bis zum 30.5.1986 im Krankenhaus behandelt. Ärztlicherseits wurde eine schräge glatte. Amputation im Grundgliedbereich des linken Daumens festgestellt; der verbliebene Stumpf ist innen an der Beugeseite länger als außen an der Streckseite. Die anderen vier Finger der linken Hand waren völlig unverletzt. Der abgetrennte Daumen des Klägers blieb an der Unfallstelle zurück. Er wurde später mit dem gehackten Holz und dem benutzten Beil von der Ehefrau des Klägers weggeworfen.

Der Kläger meldete der Beklagten den Unfall mit der Unfallschadensanzeige vom 30.5.1986. In dem Vordruck wird unter den Punkten 8 und 9 nach Vorerkrankungen und früheren Unfällen gefragt. Die Frage 8.1 "Lag zur Zeit des Unfalls ein Leiden oder Gebrechen vor" verneinte der Kläger. Die Frage 9.1 nach früheren Unfällen beantwortete der Kläger mit "ja. 1984 Knochenabsplitterung (linkes Bein), Knöchel". Auf die Frage 9.2 nach für frühere Unfälle gezahlten Entschädigungen antwortete er mit nein. Der Vordruck enthält eine Belehrung über die Folgen vorsätzlicher Falschangaben, auch wenn durch diese dem Versicherer kein Nachteil erwachsen ist.

Wenige Tage später, am 4.6.1986, beantragte der Kläger einen Schwerbehindertenausweis. Dabei hatte er unter anderem Gesundheitsstörungen anzugeben, die ihn behindern und im alltäglichen Lebensablauf gegenüber einem gleichaltrigen Nichtbehinderten nicht nur vorübergehend erheblich beeinträchtigen. Der Kläger erwähnte dazu drei Meniskusoperationen, ferner eine Lumboischialgie im Jahre 1983, eine Lungen- und Rippenfellentzündung 1983, eine Knochenabsplitterung am rechten Fuß 1984, eine Beinumstellung links 1984 und die Amputation des linken Daumens 1986. Er gab ferner an, erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr und außergewöhnlich gehbindert zu sein. Mit Bescheid vom 07.10.1986 stellte das Versorgungsamt ... beim Kläger folgende Behinderungen fest: Verschleiß des linken Kniegelenkes, Innenmeniskusverlust links, Narben nach Schienbeinkopfoperation, Wadennervteillähmung links, Wirbelsäulengefügestörung, Verlust des linken Daumens, Herzbeutellungenfellentzündung. Den Grad der Behinderung setzte es auf 50 % fest. Die beantragte Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung im Straßenverkehr und außergewöhnlichen Gehbehinderung wurde abgelehnt.

Im Jahre 1984 hatte der Kläger der Beklagten keinen Unfall gemeldet. Wohl hatte er eine Entschädigung wegen eines Unfalls vom 13.01.1983 beantragt, bei dem er sich an der Wirbelsäule verletzt haben wollte. Die Beklagte hatte damals keinen Unfall anerkannt und eine geringfügige Entschädigung kulanzhalber gezahlt.

Der Kläger verlangt von der Beklagten für den Verlust des Daumens nach der Gliedertaxe in §8 II 2 AUB 20 % der vereinbarten Invaliditätssumme, also 74.400,- DM, ferner Krankenhaustagegeld für 6 Tage in Höhe von 480,- DM sowie Genesungsgeld in gleicher Höhe. Die Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 10.02.1987 endgültig Leistungen für den Schadensfall, weil der ... Kläger sich absichtlich verstümmelt und vorsätzlich falsche Angaben in der Schadensanzeige gemacht habe. Die Beklagte hatte zuvor ein Sachverständigengutachten des Gerichtsmediziners Prof. Dr. ... vom 05.01.1987 eingeholt, der aufgrund der medizinischen Befunde und der vom Kläger vorgeführten Haltung beim Holzhacken zu dem Ergebnis kam, daß die Amputation nicht auf die vom Kläger angegebene Weise entstanden sein könne. Der glatte Wundrand beweise, daß der Daumen auf einer festen Unterlage gelegen habe, als er vom Beil getroffen worden sei. Wenn der Kläger das Rundholz, das er habe spalten wollen, an der unteren Kante auf der als Unterlage benutzten Gartenbank festgehalten Daumen habe - wie es von ihm demonstriert worden sei - dann könne der nicht fest aufgelegen haben. Auch sei nicht erklärlich, daß bei dem behaupteten Vorgehen die übrige Hand unverletzt blieb und der Daumen schräg abgetrennt wurde. Der Verletzungserfolg sei nur so zu erkären, daß der Kläger die flache Hand auf eine feste Unterlage gelegt, den Daumen abgespreizt und mit dem Beil parallel zu den Fingern zugeschlagen habe. Der Kläger müsse daher in Selbstverstümmelungsabsicht gehandelt haben.

Der Kläger hält das Parteigutachten der Beklagten für unrichtig. Er hat behauptet, er habe beim Holzhacken vor einerBank gestanden, auf die er eine stabile Platte als Unterlage gelegt habe. Er habe ein größeres Rundholz spalten wollen. Wahrscheinlich habe er, als es zum Unfall kam, ein bereits einmal geteiltes Rundholz mit der linken Hand gehalten, das er mit dem Beil in der rechten Hand weiter habe zerkleinern wollen. Er könne sich nicht mehr genau darauf festlegen, ob er das Holz oben oder unten angefaßt habe. Der Kläger hat ein Gutachten des Arbeitswissenschaftlers Prof. ... vom 08.01.1988 vorgelegt, der darauf hinweist, daß der Daumen des Klägers auf der Oberseite des Holzes gelegen haben könne. Bei der Größe des Klägers und der geringen Höhe der Bank sei das sogar wahrscheinlicher. Es sei durchaus möglich, daß der Kläger den Daumen erst auf die Seitenfläche des Holzes gehalten, diesen Griff aber während der Ausholbewegung mit dem rechten Arm gelöst und beim Wiederzugreifen den Daumen auf die Oberseite des Holzes gelegt habe.

Zum Vorwurf der Obliegenheitsverletzung hat der Kläger vorgetragen, daß die Schadensanzeige der Versicherungsagent ... aufgenommen habe. Er, der Kläger, kenne sich, obwohl er Mitarbeiter der Beklagten sei, mit Schadensmeldungen nicht aus, weil er nur Kunden werbe. ... und er hätten gemeinsam überlegt, was die Frage nach Vorerkrankungen bedeute. Beide hätten sie sie als Frage danach verstanden, ob der Kläger zur Zeit des Unfalls arbeitsunfähig krank gewesen sei. Was den Vorunfall angehe, so sei dieser richtig angegeben, nur habe sich der Kläger im Jahr vertan. Der Versicherungsagent ... habe aber hinzusetzen sollen, daß die Daten darüber bei der Beklagten vorlägen; diesen Zusatz habe Hagel offenbar vergessen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 75.360,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.02.1987 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger müsse sich vorsätzlich den Daumen abgehackt haben, um in den Genuß der Invaliditätsentschädigung zu kommen. Ferner habe er die Frage nach Vorerkrankungen, die inhaltich eindeutig gewesen sei, vorsätzlich falsch beantwortet; das ergebe sich daraus, daß er wenige Tage später bei seinem Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis zahlreiche Erkrankungen angegeben habe. Auch habe der Kläger den ihr gemeldeten Unfall aus dem Jahre 1983 verschwiegen, bei dem er sich angeblich beim Möbeltragen an der Wirbelsäule verletzt habe. Allerdings hätten sich schon damals der behauptete Unfallhergang und die Unfallfolgen als unrichtig erwiesen. Offenbar habe der Kläger absichtlich ein falsches Jahr angegeben, um die Beklagte zu hindern, den Fall erneut aufzurollen. Denn allein dieser Vorunfall wäre für sie Grund genug gewesen, die Amputation des Daumens besonders kritisch zu betrachten.

Das Landgericht hat die Klage wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß der Kläger die sachdienlichen Fragen nach den Vorerkrankungen und dem früheren Unfall falsch beantwortet habe und daß die Vorsatzvermutung nicht ausgeräumt sei. Eine falsche Auslegung der Frage durch den Versicherungsagenten ... könne den Kläger nicht entlasten; da ... offenbar, wie der Kläger selbst vortrage, auch nicht genau gewußt habe, was die Frage bedeute, müsse ein bedingter Vorsatz des Klägers zur falschen Angabe angenommen werden. Die Obliegenheitsverletzungen seien auch relevant.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Zu der Frage in der Schadensanzeige nach Vorerkrankungen meint er, diese könne nur akute Leiden betreffen. So habe er die Frage aufgefaßt. Die Erkrankungen, die er beim Versorgungsamt angegeben habe, seien aber, so behauptet er, nicht akut gewesen. Das gelte für die Schäden am Meniskus, an dem er zuletzt drei Jahre zuvor operiert worden sei. Die Lungenentzündung habe schon drei Jahre zurückgelegen; daß von ihr auch der Herzbeutel betroffen gewesen sei, habe er nicht gewußt. Auch die Wirbelsäulenerkrankung sei ihm unbekannt gewesen; er habe nur gelegentlich Rückenschmerzen gehabt.

Im übrigen verweist der Kläger darauf, daß er am 01.07.1985 bei der Beklagten eingestellt worden sei. Bei der Gelegenheit habe er den Meniskusschaden angegeben; die Beklagte habe sogar eine Röntgenaufnahme verlangt. Da sie überdies einen Bericht seines Hausarztes eingeholt habe, müsse sie auch von Rückenschmerzen und von der durchgemachten Lungenentzündung erfahren haben.

Zu dem früheren Unfall behauptet der Kläger nun, daß er auch im Jahre 1984 einen Unfall erlitten habe, aus dem er aber keine Ansprüche gegen die Beklagte hergeleitet habe. Den Unfall aus dem Jahre 1983 habe er bei Ausfüllung der Schadensanzeige dem Agenten ... genannt. Der habe die Einzelheiten - nach Feststellung der bei der Beklagten vorliegenden Daten - nachtragen wollen.

Ferner behauptet der Kläger wiederum, daß er beim Holzhacken versehentlich den linken Daumen getroffen habe. Das Parteigutachten des Sachverständigen ... unterstelle ihm zu Unrecht eine bestimmte Handhaltung, die er, der Kläger, vielleicht gar nicht eingenommen habe. Weiterhin trägt der Kläger zu dem Unfall - entsprechend seinen mündlichen Angaben im Senatstermin - folgendes vor:

Daß der Daumen ab gewesen sei, habe er erst im Fahrstuhl des Krankenhauses bemerkt. Unmittelbar nach dem Unfall habe er nur das viele Blut gesehen. Er habe sogleich ein Handtuch darum geschlagen. Nur mit der verbundenen Hand hätten auch seine Frau sowie sein Schwager und seine Schwägerin, die im Kleingarten anwesend waren, ihn nach dem Unfall gesehen.

Erst im Fahrstuhl des Krankenhauses habe eine Schwester ihm gesagt, der Daumen sei ab.

Der Stationsarzt habe sich mit seinem Schwager unterhalten und ihn zum Garten geschickt, um nach dem Daumen zu suchen. Davon habe er, der Kläger, erst später erfahren. Der Schwager habe den Daumen nicht gefunden, weil im Garten so viele Holzspäne gelegen hätten und es bereits dunkel gewesen sei. Nach seiner Rückkehr habe der Arzt gesagt, es sei auch ohnehin schon zu spät, um den Daumen wieder anzunähen. Am nächsten Tage habe ein Arzt scherzhaft gesagt, vielleicht sei der Daumen nicht zu finden gewesen, weil ihn der Hund gefressen habe. Darauf habe er, der Kläger, geantwortet: "So wird es wohl gewesen sein".

Seine Frau sei von dem Unfall sehr geschockt gewesen und habe später alles weggeworfen. Er, der Kläger, habe vor dem Unfalltage im Garten noch kein Holz gehackt gehabt. Er habe die Hütte und alle Geräte vom Vorpächter übernommen. Auch früher habe er praktisch nie Holz gehackt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 75.360,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.02.1987 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz und behauptet, nach den Akten des Versorungsamtes seien die Leiden des Klägers durchaus akut gewesen; dieser müsse daher unter Schmerzen gelitten haben. Bei der Prüfung der Schadensanzeige habe sie keine Möglichkeit gehabt, sich über die Vorerkrankungen des Klägers zu informieren. Diese habe er - das ist unstreitig - im Jahre 1985 der ... Versorgungskasse aber sei eine andere Rechtsperson als die Beklagte.

Die Beklagte hält an ihrer Behauptung fest, daß der Kläger sich die Daumenamputation freiwillig beigebracht habe. Da die glatte Wunde nur habe entstehen können, wenn der Daumen auf einer festen Unterlage gelegen habe, müsse der Kläger ihn entweder oben auf das Rundholz gehalten oder auf die Unterlage gelegt haben. Im letzteren Falle aber habe er das Rundholz gar nicht festhalten können; im ersteren Falle handele es sich um eine "Exekutionshaltung", die die natürlichen Selbstschutzreflexe eines Hackenden nicht zuließen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die von ihnen überreichten Unterlagen einschließlich der Fotos Bezug genommen.

Die Akte des Versorgungsamtes ... war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat zu der Frage, ob ein unfreiwilliger Daumenverlust ausgeschlossen ist, ein Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. ... eingeholt. Dieser hat unter dem 04.10.1988 ein schriftliches Gutachten erstattet, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 178 bis 1914 d.A.). Der Senat hat sich im Termin am 08.02.1989 das Gutachten erläutern lassen und die Zeugen ... und ... uneidlich vernommen.

Der Zeuge ... hat bekundet:

Herr ... und ich fingen am 01.07.1985 gemeinsam bei der ... an. Daher kennen wir uns. Die Schadensanzeige habe ich aufgenommen. Ich habe sie ausgefüllt, aber nicht unterschrieben. Die einzelnen Punkte gingen wir gemeinsam durch.

Ich hatte von Unfallversicherungen auch nicht mehr Ahnung als Herr ... selbst.

Ich weiß nichts davon, daß wir uns über Vorerkrankungen unterhalten hätten. Ich kann mich auch nicht erinnern, ob und welche Unfälle besprochen worden sind.

Die Zeugin ..., die Ehefrau des Klägers, hat ausgesagt: Im Krankenhaus habe ich erfahren, daß der Daumen ab war. Mein Mann hatte im Garten das Handtuch schon um die Hand gewickelt, als ich dazu kam. Er hatte geschrieen: "Meine Hand!" Das Handtuch war ganz blutig.

Als im Krankenhaus eine Schwester das Handtuch abwickelte, sah ich die Wunde. Ich war nicht mehr fähig, zum Garten zu fahren, um nach dem Daumen zu suchen. Das tat mein Schwager.

Später hat mein Schwager im Garten alles zusammengefegt; dabei war auch der Daumen. Ich habe mir das nicht angesehen. In einem Anfall habe ich alle Geräte, das Beil, die Säge usw. weggeworfen.

Am Unfalltage machte mein Mann Holz zum Grillen klein. Das Holz hatten wir zusammen mit dem Garten übernommen.

Als Herr ... zur Aufnahme der Schadensanzeige bei uns war, war ich zeitweise anwesend. Ich ging auch mal hinaus, um Getränke zu holen. Die Anzeige interessierte mich nicht allzu sehr.

Von dem früheren Unfall wußte mein Mann das Datum nicht mehr. Es ging dabei um die Sache mit dem Rücken. Ich glaube, daß bei dem Gespräch nur von einem Unfall die Rede war.

Über die Frage der Vorerkrankungen sprachen mein Mann und ... Sie erörterten das. Sie wußten nicht, wie die Frage zu verstehen war.

Der Sachverständige hat sein Gutachten wie folgt erläutert: Im normalen Arbeitsgang kann die Verletzung beim Holzhacken nicht entstanden sein, insbesondere nicht bei einer Person, die schon einmal handwerklich tätig war. Aus arbeitsphysiologischen Gründen ist es sehr unwahrscheinlich, daß die Verletzung beim Holzhacken entstanden ist. Ausschließen kann man das aber aus medizinischen Gründen nicht.

Amnesien nach einem Daumenverlust sind nicht typisch.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache unbegründet. Es steht zur Überzeugung des Senates fest, daß der Kläger seine Daumenamputation nicht unfreiwillig erlisten hat; damit liegt kein Unfall im Sinne des §2 Nr. 1 AUB vor (I). Selbst wenn ein Unfall vorläge, wäre die Beklagte nach §§15 II 4, 17 AUB wegen vorsätzlich falscher Angaben über Vorerkrankungen leistungsfrei (II).

I.

Ausgangspunkt für die vom Senat gewonnene Überzeugung, daß sich der Kläger seinen linken Daumen vorsätzlich abgehackt hat, ist die unstreitige ärztliche Feststellung vom Unfalltage, daß die Amputationswunde einen glatten Wundrand aufwies und daß der verbliebene Daumenstumpf an der Beugeseite länger als an der Streckseite ist.

Ein glatter Wundrand entsteht, wie der Sachverständige Prof. Dr. ... - in Übereinstimmung mit dem Gutachter der Beklagten Prof. Dr. ... - ausgeführt hat und wie dem Senat auch aus anderen ähnlichen Verfahren bereits bekannt ist, ausschließlich dann, wenn der Daumen auf einer Unterlage fest auflag, als er getroffen wurde. Als solche kommt nur die feste Unterlage unter dem zu spaltenden Holzstück oder die Oberseite des Holzstückes selbst in Betracht. Wenn er Kläger hingegen, wie es ein Holzhackender gewöhnlich tut, um das Rundholz herum gefaßt hätte, sei es, daß er ein ganzes Rundstück an den Seitenflächen umfaßte, sei es, daß er um ein bereits geteiltes, halbes Rundstück griff, wobei wiederum gleichgültig ist, ob der Daumen auf der runden Außenfläche oder auf der geraden Schnittfläche auflag, so konnte ein Beilhieb entweder den Daumen gar nicht vollständig abschlagen oder zumindest nur einen unregelmäßig begrenzten Wundrand hervorrufen. Von vornherein ist also die beim Kläger festgestellte Verletzung nur bei einem ungewöhnlichen Griff denkbar.

1.

Bei seinen mehreren Demonstrationen, einmal mit einem Backstein in Gegenwart eines Vertreters der Beklagten, dann mit einem Rundholz in Gegenwart Prof. Dr. ... hielt der Kläger das stehende Rundholz an dessen unterer Kante an der Unterlage fest. Auch bei diesem Griff liegt der Daumen bei normalem Zufassen nicht mit seiner ganzen Länge auf der Unterlage auf. Normalerweise liegt er gar nicht auf, weil die linke Hand mit ihrer linken Außenseite aufgesetzt wird und der Daumen dann etwa waagerecht mehrere Zentimeter über der Unterlage das Holz umfaßt. Selbst wenn man aber die linke Hand sehr schräg und flach hält, wie es auf den vom Kläger gefertigten Fotoaufnahmen zu sehen ist, liegt der linke Daumen immer noch nicht ganz auf; das ist auch auf den genannten Fotos sichtbar. Sogar wenn derjenige, der das Holz auf so ungewöhnliche Weise hält, den Daumen nach unten richtet, so stößt dieser doch nur mit seiner Spitze auf der Unterlage auf, nicht mit seiner ganzen Länge. Lag aber nur die Spitze des Daumens auf, so konnte kein völlig glatter Wundrand entstehen. Das ist in dem vorgerichtlichen Gutachten Prof. Dr. ... das Prof. Dr. ... bestätigt hat, ausdrücklich ausgesprochen. Lediglich dann, wenn der Kläger den Daumen in seiner ganzen Länge auf die Unterlage legte, ihn dort also "fixierte", konnte der glatte Wundrand zustande kommen. Dazu mußte der Kläger aber die ganze Hand fast flach auf die Unterlage halten; es mußte nämlich mit dem Daumen zugleich der Handballen flach aufliegen. Bei dieser Haltung wird das Holzstück nicht mehr im eigentlichen Sinne festgehalten, da es nur vom Zeigefinger und vom Daumen überhaupt berührt wird und verhältnismäßig lose zwischen beiden steht. Diese Haltung ist nicht nur keine vernünftige Arbeitshaltung, sie kann auch beim Ausholen mit der rechten Hand kaum beibehalten werden. Wie sowohl Prof. Dr. ... als auch die vorprozeßual für die Parteien tätig gewesenen Professoren, nämlich Dr. ... und der vom Kläger eingeschaltete Arbeitswissenschaftler Dr. ..., ausgeführt haben, muß wegen der Körpergröße des Klägers von 1,85 m im Verhältnis der niedrigen, zum Hacken benutzten Bank, falls der Kläger stand, beim Ausholen der rechten Hand auch die linke Hand eine Aufwärtsbewegung gemacht haben, die es ausschließt, daß sie beim Zuschlagen der rechten Hand noch so wie vorher an der Unterkante des Holzstückes auf die Unterlage fixiert war. Daß der Kläger beim Hacken vor der Bank stand, wenn auch in gebückter Haltung, und nicht etwa hockte, hat er Prof. ... wie sich aus dessen Gutachten ergibt, selbst geschildert; so hat er es auch bei allen Demonstrationen vorgeführt, als er fotografiert wurde, und etwas anderes hat er auch im Prozeß nicht vorgetragen.

Hinzu kommt, daß der Amputationsstumpf schräg verläuft. Prof. Dr. ... hat einen Winkel von 105° zu einer gedachten Längsachse des Daumens festgestellt. Damit aber steht die Amputationsebene im Gegensatz zur normalen Schlagrichtung eines mit der Rechten geführten Beiles. Wenn der Kläger die linke Hand normal entspannt hielt, so mußte er, um im festgestellten Winkel den Daumen abzutrennen, das Beil der rechten Hand so halten, daß es nicht - wie beim Arbeiten normal - schräg nach links, sondern schräg nach rechts zeigte. Er hätte dazu das Beil so greifen müssen, daß das Ende des Stieles links seitlich vor dem Körper gelegen und die Schneide nach rechts in die Mitte vor dem Körper gezeigt hätte. Hielt er aber die rechte Hand normal, so müßte er die linke Hand von der Normalstellung abgedreht nach außen in einer verkrampften Stellung halten. Das hat der Sachverständige Prof. Dr. ... in Übereinstimmung mit dem vorprozeßualen Gutachten Prof. Dr. ... überzeugend ausgeführt. Die dargelegte Haltung ist auch bei jemandem, der das Holzhacken nicht gewöhnt ist und der mit ungünstigen Verhältnissen, nämlich einer bei seiner Körpergröße zu niedrigen Schlagunterlage, fertig werden muß, so außergewöhnlich, daß sie auszuschließen ist.

Als weiterer Umstand gegen die bislang erörterte Möglichkeit des Schadenseintritts ist anzuführen, daß der Hieb mit großer Wucht durch das Holz hätte geführt werden müssen, um anschließend den Daumen noch glatt abschlagen zu können. Da der Kläger nach seiner Erklärung bei Prof. Dr. ... bereits mehrere Hölzstücke zerkleinert hatte, als der "Unfall" geschah, auch wenn er sich letztlich nicht festlegen will, ob das Holzstück, bei dem das Unglück passierte, bereits einmal geteilt war, konnte der Kläger - auch wenn er ungeübt war - die zum Zerteilen des Holzes erforderliche Wucht einigermaßen abschätzen, so daß das eingesetzte Übermaß an Kraft unverständlich ist. Ohnehin ist es - insbesondere bei ungeübten Personen und ungünstigen Arbeitsverhältnissen - eigentlich nicht üblich, ein so langes Stück Holz mit einem Schlag durchzuteilen, anstatt das Beil hineinzuschlagen und dann das Holz mit dem darin steckenden Beil ein zweites Mal aufzuschlagen.

2.

Die zweite Möglichkeit, bei der der Daumen mit glattem Wundrand abgeschlagen werden konnte, ist die, daß der Daumen auf der Oberseite des Holzes auflag. Das Holz auf diese Weise festzuhalten, wäre jedoch vollkommen ungewöhnlich. Will man im Stehen mit ausgestrecktem Arm das Holz von oben auf die Unterlage drücken, so nimmt man dazu, worauf auch Prof. Dr. ... hingewiesen hat, nicht den Daumen, sondern die Finger, die man auch nicht der Länge nach, sondern mit den Spitzen auf das Holz drückt. Legt man dagegen den Daumen vollständig auf die Oberfläche des Holzstückes - bei bloßem Berühren des Holzes mit der Daumenspitze kann die Verletzung nicht eingetreten sein -, so ist die Verletzungsgefahr offensichtlich. Der Hackende nimmt dann eine Stellung ein, die Prof. ... als "Exekutionshaltung" bezeichnet hat. Daß der Kläger bewußt eine solche Gefahr in Kauf genommen, aber gleichwohl eine Verletzung nicht gewollt hätte, ist auszuschließen; er hat das auch nicht vorgetragen. Es kann auch nicht sein, daß der Kläger - wie Prof. Dr. ... zu erwägen gegeben hat - das Holzstück zunächst an der Unterkante oder an den Seiten umfaßte, dann während der Ausholbewegung der rechten Hand diesen Griff löste und ... versehentlich mit dem Daumen der linken Hand auf die Oberseite des Holzes geriet. Wie bereits dargelegt, muß der Daumen aus medizinischen Gründen fest aufgelegen haben, damit ein glatter Wundrand entstehen konnte. Daß bei der Ausholbewegung der rechten Hand die linke Hand mitging, konnte aber nicht dazu führen, daß der linke Daumen fest auf die Oberseite des Holzes gelegt wurde. Das konnte nur geschehen, wenn der Kläger es willentlich tat.

Nach alledem ist nach den medizinischen Befunden bei der vom Kläger für den Unfall angegebenen Tätigkeit des Holzhackens ein unfreiwilliger Eintritt des Schadens nur unter so unwahrscheinlichen Umständen möglich, daß er als eine rein theoretische Möglichkeit betrachtet werden muß und daher nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auszuschließen ist. Eine absichtliche Abtrennung des Daumens mit dem Beil ist hingegen mit den medizinischen Befunden ohne Schwierigkeit in Einklang zu bringen. Der Kläger brauchte nämlich nur die flache Hand auf eine feste Unterlage zu legen, den Daumen abzuspreizen und dann mit dem Beil parallel zum Zeigefinger zuzuschlagen. Dann wurde der Daumen in der von den Ärzten vorgefundenen Weise abgetrennt. Der Senat ist überzeugt, daß der Kläger genau das getan hat.

3.

Für eine Selbstverstümmelung sprechen außer den oben dargelegten Erwägungen, die zur Überzeugungsbildung des Senates bereits ausgereicht haben, noch die folgenden weiteren Umstände:

Der Kläger gibt keine eindeutige Darstellung des Geschehensablaufes. Auch wenn nachvollziehbar ist, daß er sich nicht mehr an alle Einzelheiten erinnert, so ist doch zu erwarten, daß er weiß, ob er das Holz an der Oberseite oder an der Unterkante angefaßt. Der Senat geht davon aus, daß der Kläger dies absichtlich im Unklaren läßt.

Der Kläger unternahm nichts, um den abgetrennten Daumen zu retten und mit ins Krankenhaus zu bringen. Daß abgetrennte Glieder in vielen Fällen wieder angenäht werden können, gehört heute zum Allgemeingut des Wissens und war auch dem Kläger bekannt. Dieser gibt dazu an, er habe an der Unfallstelle nicht bemerkt, daß der Daumen ab war. Diese Angabe ist nach Überzeugung des Senates unwahr. Nach seiner eigenen Darstellung bemerkte der Kläger, daß der Daumen stark blutete; er sah also zu ihm hin; anschließend schlug er ein Handtuch um die verletzte Hand, das griffbereit an der Hütte hing. Er will, so hat er es Prof. ... gesagt, nicht "registriert" haben, daß der Daumen abgetrennt war. Das kann aber, wenn er zu seiner Hand hinsah, nicht stimmen. Von einer Bewußtsteinstrübung oder gar Ohnmacht beim Kläger ist nichts bekannt. Amnesien sind auch, wie der Sachverständige ... ausgeführt hat, nach einem Daumenverlust nicht typisch.

Nach alledem ist die Klage im Ergebnis schon deshalb zu Recht abgewiesen worden, weil der Daumenverlust des Klägers nicht auf einem Unfall beruht.

II.

Darüber hinaus ist die Beklagte auch deshalb leistungsfrei, weil der Kläger in der Schadensanzeige vorsätzlich falsche Angaben zu Vorerkrankungen gemacht hat, während er den der Beklagten im Jahre 1983 angegebenen "Unfall" nach Auffassung des Senates nicht anzugeben brauchte, weil es sich nach der eigenen Darstellung und Bewertung der Beklagten bei dem zugrundeliegenden "Verheben" nicht um ein Unfallereignis handelte.

1.

Die Frage 8.1 der Beklagten nach Vorerkrankungen ist objektiv eindeutig. Der Kläger hätte anzugeben, ob zur Zeit des Unfalls bei ihm ein Leiden oder Gebrechen vorlag. Die Frage war allgemein gefaßt; sie beschränkte sich weder auf unfallursächliche Leiden und Gebrechen noch auf solche akuter Art; es war auch nicht nach der Arbeitsunfähigkeit des Klägers gefragt, die in der Frage überhaupt nicht erwähnt oder auch nur angedeutet wurde. Die gestellte Frage war sachdienlich (§15 II 4 AWB). Die Beklagte hat nämlich ein berechtigtes Interesse daran, über Leiden und Gebrechen, sofern sie nicht unerheblicher Art sein, informiert zu werden, um sowohl das behauptete Unfallereignis selbst als auch dessen Ursächlichkeit für die eingetretene Invalidität und die Mitbeteiligung anderer Krankheiten an den Unfallfolgen prüfen und beurteilen zu können.

2.

Der Kläger hat die Frage objektiv falsch beantwortet, nämlich verneint. Von den im Verfahren nach dem Schwerbehinderten-Gesetz mitgeteilten und festgestellten Krankheiten brauchte der Kläger allerdings die Lungen- und Herzbeutelentzündung nicht anzugeben, weil sie lange überstanden war, auch nicht die Knochenabsplitterung am Fuß, für die dasselbe gilt. Ob er ein Rückenleiden mitzuteilen hatte, mag offenbleiben; das hängt davon ab, ob die aus dem Verheben im Jahre 1983 hervorgegangenen Beeinträchtigungen endgültig überwunden waren. Zumindest aber hatte der Kläger seinen Knieschaden anzugeben. Am Meniskus war er, wie die beigezogene Akte des Versorgungsamtes ergibt, deren Inhalt unstreitig ist, seit 1973 mehrfach operiert worden. Im Jahre 1984 wurde er wegen Beschwerden im Wadenbein und im Oberschenkelbereich erneut behandelt und operiert. Auch wenn der Kläger, was sein Knie und Bein angeht, im Zeitpunkt des Unfalls gerade beschwerdefrei war und wenn seine Angabe beim Versorgungsamt, er sei außergewöhnlich gehbehindert, nicht zutraf, so lag doch an seinem Knie ein nicht mehr behebbarer Schaden vor, der immer wieder zu irgendwelchen Beeinträchtigungen führen konnte. Zumindest dieser Schaden mußte daher der Beklagten angegeben werden.

3.

Gemäß §17 AUB wird die Beklagte wegen dieser Falschangabe leistungsfrei, es sei denn, die Obliegenheitsverletzung beruht weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit. Der Kläger hat den Vorsatz, der vermutet wird, zu widerlegen. Das ist ihm nicht gelungen.

Der Kläger vorgetragen, er habe geglaubt, die Beklagte habe nur nach akuten Leiden gefragt und wissen wollen, ob er zur Zeit des Unfalles arbeitsunfähig krank gewesen sei. Diese Auslegung ist so fernliegend und vom Kläger auch nicht näher erläutert worden, daß sie ihm nicht ohne weiteres geglaubt werden kann, sondern voll bewiesen werden muß. Seine Behauptung, er habe mit dem Versicherungsvertreter ... darüber gesprochen und sie seien beide zu diesem Ergebnis gekommen, hat sich nicht erweisen lassen. Der Zeuge ... hat das nicht bestätigt; er konnte sich nicht erinnern, mit dem Kläger über die Bedeutung dieser Frage gesprochen zu haben. Er hat im übrigen auch nicht bestätigt, daß im Verhältnis zum Kläger er der "Spezialist" für Schadensanzeigen gewesen sei, sondern bekundet, daß er davon nicht mehr verstehe, als der Kläger. Die Ehefrau des Klägers hat als Zeugin ausgesagt, der Kläger und Herr ... hätten die Frage erörtert und beide nicht gewußt, was sie bedeute. Damit ist die Behauptung des Klägers, daß ... und er gemeinsam zu der von ihm behaupteten Auslegung gefunden hätten, nicht bestätigt worden. Gegen die Auslegung des Klägers spricht ferner, wie er nicht verkennen konnte, die weitere Frage der Beklagten unter 8.2 danach, welche Ärzte den Kläger in den letzten Jahren untersucht oder behandelt hätten. Aus dieser Frage war ersichtlich, daß es der Beklagten nicht nur auf akute Erkrankungen, die im Zeitpunkt des Unfalls Arbeitsunfähigkeit bewirkten, ankam. Die Frage 8.2 hat der Kläger einfach unbeantwortet gelassen. Die Verneinung der Frage 8.1 ist auch nicht etwa deswegen gerechtfertigt, weil der Beklagten angeblich durch die Aufnahmeuntersuchung des Klägers der Meniskus schaden bekannt sein mußte. Selbst wenn das gestimmt hätte, durfte der Kläger die Frage nicht wahrheitswidrig verneinen, sondern allenfalls sie bejahen und wegen der Einzelheiten auf die bei der Beklagten vorhandenen Unterlagen verweisen. Im übrigen ist aber die Untersuchung des Klägers, wie unstreitig geworden ist, nicht durch die Beklagte, sondern durch die mit ihr nicht identische ... Versicherungsverein a.G. erfolgt.

4.

Die Beklagte hat den Kläger auch deutlich auf den drohenden Anspruchsverlust hingewiesen. In der Schadensanzeige findet sich über der Unterschrift in Fettdruck der folgende Hinweis: "Mir ist bekannt, daß ich durch bewußt unrichtige und unvollständige Angaben den Versicherungsschutz auch dann verliere, wenn dem Versicherer durch diese Angaben kein Nachteil entsteht." Daß die Beklagte durch die falsche Angabe keinen Nachteil erlitten hat, steht deshalb ihrer Leistungsfreiheit nicht entgegen.

5.

Die Falschangabe war auch relevant.

Leistungsfrei wird der Versicherer bei einer vorsätzlichen Falschangabe des Versicherungsnehmers nur dann, wenn diese generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und wenn den Versicherungsnehmer der Vorwurf eines schwerwiegenden Verschuldens trifft. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Fall eine Interessengefährdung tatsächlich eingetreten ist. Deswegen nützt es dem Kläger nichts, daß die Beklagte auf andere Weise von seinen Leiden und Gebrechen erfahren hat und daß sie ohnehin den Versicherungsschutz wegen Selbstverstümmelung ablehnt. Es spielt auch keine Rolle, daß im Falle des Daumenverlustes nach der Gliedertaxe ein fester Prozentsatz der Invalidität vorgesehen ist und andere Erkrankungen daher für die Prüfung des Umfangs der Invalidität unerheblich sind. Andere Leiden und Gebrechen - wenn auch nicht das im konkreten Fall verschwiegene - konnten aber als mitwirkende Ursachen für die Invalidität in Frage kommen und konnten ferner für das vom Kläger auch, beanspruchte Krankentagegeld und Genesungsgeld bedeutsam werden. Damit waren falsche Angaben generell geeignet, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden. Ein schweres Verschulden des Klägers liegt ebenfalls vor. Der Kläger hat - abgesehen von der behaupteten Auslegung der Frage, die ihm nicht der Senat nicht glaubt - keine Umstände vorgetragen, die sein Verschulden aus besonderen Gründen als gering erscheinen lassen könnten.

Nach alledem ist die Beklagte nach §15 II 4, 17 AUB leistungsfrei geworden.

III.

Die Berufung ist damit zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer des Klägers beträgt 75.360,- DM.

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