OLG Hamm, Urteil vom 22.03.1988 - 26 U 133/87
Fundstelle
openJur 2012, 72818
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15. Mai 1987 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt,

a)

an die Klägerin 19.000,- DM nebst 8 % Zinsen seit dem 12. September 1986 zu zahlen,

b)

einzuwilligen, daß die beim Amtsgericht Meschede (AZ: 1 HL 20/85) zugunsten der Parteien hinterlegten 25.000,- DM an die Klägerin ausgezahlt werden,

c)

an die Klägerin 8 % Zinsen von 25.000,- DM seit dem 5. Dezember 1985 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 57.500,- DM abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung darf die Beklagte auch durch selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Das Urteil beschwert die Beklagte in Höhe von 48.800,- DM.

Tatbestand

In den Jahren 1978 bis 1984 baute die Firma ... (Firma ...), die im September 1984 in Konkurs fiel, in ... u.a. in der ... als Bauträgerin Reihenhäuser. Zur Finanzierung dieser Bauvorhaben stellte die Beklagte der Firma ... Kredite zur Verfügung. Zur Sicherung der für das Bauvorhaben in der ... gewährten Kredite bestellte die Firma ... der Beklagten Grundschulden von über 1,8 Millionen DM.

Am 10. Mai 1978 schlossen die Firma ... und die Beklagte einen "Treuhandvertrag" (Bl. 75 G.A.), in dem die Firma ... sich verpflichtete, die Käufer der Reihenhäuser zu veranlassen, die Kaufpreiszahlungen nur auf ein bei der Beklagten eingerichtetes Treuhandkonto zu leisten (§1). Die Beklagte verpflichtete sich, "Verfügungen - auch solche im Wege der Aufrechnung und sonstigen Verrechnung - über die auf diesem Konto eingehenden Gelder nur unter Beachtung der Bestimmungen von §3 der notariellen Kaufverträge zuzulassen" (§2). Außerdem sollten die getroffenen Regelungen nicht nur zwischen der Firma ... und der Beklagten, sondern "zugleich zugunsten der einzelnen Käufer, die Zahlungen auf das Treuhandkonto leisten," gelten (§3).

Durch notariellen Vertrag vom 17. Mai 1983, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 63 bis 74 GA) verkaufte die Firma ... das Grundstück ... an Herrn ... (Käufer) und verpflichtete sich, auf dem Grundstück ein Reihenhaus zu errichten. Nach §3 Abs. II, III des "Kaufvertrages" war der Käufer verpflichtet, den Gesamtkaufpreis von 325.030,00,- DM auf das Treuhandkonto der Firma ... bei der Beklagten einzuzahlen; 30 % des Kaufpreises sollten innerhalb von 10 Tagen nach Abschluß des Vertrages (§3 Abs. III des "Kaufvertrages"), der Rest der Summe bei Bezugsfertigkeit und Besitzübernahme zu entrichten sein (§3 Abs. IV des "Kaufvertrages").

Die Firma ... und der Käufer vereinbarten zudem (§3 Abs. IV des "Kaufvertrages"), daß über die auf das Treuhandkonto gezahlten Beträge in Höhe von 96,5 % des "Kaufpreises" nach Bezugsfertigkeit und Besitzübernahme in Höhe der restlichen 3,5 % nach Abnahme des Hauses zugunsten der Firma ... verfügt werden dürfe. Die vertragschließenden Parteien waren sich im übrigen einig, daß die Beklagte die eingezahlten Beträge für die Kaufvertragsparteien nach Maßgabe des Treuhandvertrages vom 10. Mai 1978 verwalte.

Am 25. August 1983 nahm der Käufer das ihm bezugsfertig übergebene Haus ab.

Mit Schreiben vom 1. September 1983 (Bl. 23 BA 2 O 505/85 LG Arnsberg) stundete die Firma ... dem Käufer ... den "Restkaufpreis" von 45.500,- DM bis zur Auszahlung des beantragten Darlehens aus öffentlichen Mitteln.

Am 28. März 1984 gab die Beklagte die Grundpfandrechte frei, die zur Sicherung der Kredite für die Bauvorhaben in der Gebke Str. bestellt waren.

Mit Vertrag vom 3. Mai 1984 trat die Firma ... die gestundete "Restkaufpreisforderung" gegen den Käufer ... von 45.500,- DM an die Klägerin ab (Bl. 3, 13 GA). Die Beklagte wurde davon nicht in Kenntnis gesetzt.

Am 4. September 1984 wurde über das Vermögen der Firma ... das Konkursverfahren eröffnet und ein Konkursverwalter bestellt (10 N 28/84 AG Olpe).

Im Juni 1985 wurde dem Käufer ... das Darlehen aus öffentlichen Mitteln ausgezahlt. Die Klägerin nahm den Käufer alsbald (Mahnbescheid vom 5. Juli 1985) vor dem Landgericht Arnsberg (BA 2 O 505/85) auf Zahlung von 45.500,- DM nebst 8 % Zinsen seit dem 26. Juni 1985 in Anspruch. Unter dem 20. August 1985 teilte der Konkursverwalter der Klägerin mit, daß er die am 3. Mai 1984 an die Klägerin abgetretene "Restkaufpreisforderung" freigebe; er sei mit Einziehung mit Forderung durch die Klägerin einverstanden (Bl. 13 BA).

Während des Vorprozesss 2 O 505/85 LG Arnsberg hinterlegte der Käufer 25.000,- DM zugunsten der Beklagten und der Klägerin beim Amtsgericht Meschede (1 HL 20/85) unter Verzicht auf die Rücknahme. In Höhe dieses Betrages erklärten die Parteien während des Vorprozesss den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Die Klägerin beantragte daraufhin, den Käufer zur Zahlung des Restbetrages an sie, hilfsweise auf das Treuhandkonto bei der Beklagten zu verurteilen. Entsprechend verurteilte das Landgericht Arnsberg durch (nunmehr rechtskräftiges) Urteil vom 21. Februar 1986 den Käufer zur Zahlung von 17.236,67 DM nebst Zinsen auf das Treuhandkonto bei der Beklagten (Bl. 56 ff. BA).

Bereits mit Schreiben vom 27. November 1985 hatte die Beklagte auf ein Aufforderungsschreiben der Klägerin hin die Freigabe des hinterlegten Betrages an die Klägerin verweigert. Bei Freigabe des hinterlegten Betrages hätte der Betrag der Klägerin am 4. Dezember 1985 zur Verfügung gestanden.

Der Käufer zahlte aufgrund der Verurteilung durch das Landgericht Arnsberg am 7. Juli 1986 19.000,- DM auf das Treuhandkonto bei der Beklagten ein. Die Klägerin forderte die Beklagte zur Auszahlung dieses Betrages an sie auf. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 11. September 1986, bei der Klägerin am 12. September 1986 eingegangen, die Auszahlung der auf das Treuhandkonto gezahlten 19.000,- DM ab.

Am 23. September 1986 trat der Konkursverwalter den Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung der auf dem Treuhandkonto gutgeschriebenen 19.000,- DM an die Klägerin ab (Bl. 7 GA). Am 23. März 1987 (Bl. 23 GA) trat er zudem den Anspruch auf Auszahlung des beim Amtsgericht Meschede hinterlegten Betrages von 25.000,- DM an die Klägerin ab und erklärte, daß er die hinterlegten Beträge zugunsten der Klägerin freigebe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, daß die Beklagte zur Auszahlung der auf dem Treuhandkonto befindlichen 19.000,- DM an die Klägerin verpflichtet sei, weil die Voraussetzungen für eine treuhänderische Verwaltung für den Käufer nicht mehr gegeben seien. Die Kontosperre zugunsten des Käufers sei entfallen, seit dieser das auf seinem Grundstück errichtete Haus bezogen und es abgenommen habe. Sie könne diesen Auszahlungsanspruch geltend machen, weil er ihr aufgrund eines Ersatzaussonderungsrechts gem. §46 KO von dem Konkursverwalter wirksam abgetreten sei. Aus denselben Erwägungen sei die Beklagte auch zur Freigabe des hinterlegten Betrages an sie verpflichtet.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zur verurteilen,

1.

an sie 19.000,- DM nebst 8 % Zinsen seit dem 12. September 1986 zu zahlen,

2.

gegenüber dem Amtsgericht Meschede die Freigabe des dort unter dem Aktenzeichen 1 HL 20/85 zugunsten der Parteien hinterlegten Betrages von DM 25.000,- an sie zu erklären und

3.

an sie 8 % Zinsen aus 25.000,- DM seit dem 5. Dezember 1985 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe mit der Firma ... bei Abschluß des Treuhandvertrages vereinbart, daß die auf das Treuhandkonto eingezahlten Beträge nach Beendigung der treuhänderischen Verwaltung für die Käufer der Beklagten zur Tilgung der für die Bauvorhaben gewährten Kredite zur Verfügung stünden (Beweis: Zeuge ... Bl. 25 GA).

Im Zeitpunkt der Abtretung der "Restkaufpreisforderung" von der Firma ... an die Klägerin habe sie fällige Rückzahlungsansprüche wegen der der Firma ... gewährten Finanzierungskredite in Höhe von 814.536,44 DM gehabt (13 GA). Die Kredite seien zwischenzeitlich auch nicht zurückgezahlt worden.

Die Beklagte hat an dem Anspruch auf Auszahlung des Kontoguthabens wegen der noch nicht getilgten Finanzierungskredite ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht (Bl. 12, 13 GA). Hilfsweise für den Fall, daß ihr ein Zurückbehaltungsrecht nicht zustehe, hat sie die Aufrechnung mit ihren Ansprüchen gegen die Firma ... auf Rückzahlung der gewährten Kredite erklärt. Sie hat die Meinung vertreten, daß ihr das Zurückbehaltungsrecht und das Aufrechnungsrecht nach den Abreden zustehe, die sie bei Abschluß des Treuhandvertrages mit der Fa. ... getroffen habe. Durch diese Abreden sei sichergestellt worden, daß das auf dem Treuhandkonto eingezahlte Geld bei Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen von ihr mit den ausstehenden Finanzierungskrediten verrechnet werden dürfe. Diese Rechte stünden ihr auch nach Konkurseröffnung noch zu. - Im übrigen hat sie die Höhe des geltend gemachten Zinsanspruches bestritten.

Die Klägerin hat demgegenüber die Ansicht vertreten, die Beklagte könne mit eigenen Ansprüchen gegen den Auszahlungsanspruch nicht aufrechnen. Eine Aufrechnung sei nicht möglich, weil diese angesichts der zwischen der Beklagten und der Fa. ... vereinbarten zweckgebundenen Treuhand treuwidrig sei. Darüber hinaus sei eine Aufrechnung nach §55 Satz 1 Ziff. 1 KO unzulässig. Auch ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten nicht zu. Ein derartiges Zurückbehaltungsrecht ergebe sich weder aus dem "Kaufvertrag" zwischen der Firma ... und dem Käufer noch aus dem Treuhandvertrag zwischen der Beklagten und der Firma ... Der Treuhandvertrag enthalte im weiteren auch keine Abtretung der "Kaufpreisansprüche" an die Beklagte. Eine materielle Berechtigung an der "Kaufpreisforderung" habe der Beklagten nicht zugestanden. Der Konkursverwalter wäre ohne die Abtretungen an die Klägerin verpflichtet gewesen, die "Kaufpreisforderung" zur Masse zu ziehen.

Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten auch nicht in bezug auf die Freigabe des hinterlegten Betrages von 25.000,- DM zu. Der hinterlegte Betrag müsse nicht zunächst erst auf das Treuhandkonto eingezahlt werden, denn die Beklagte sei verpflichtet, den Betrag an sie, Klägerin, weiterzuleiten.

Das Landgericht Arnsberg hat mit dem angefochtenen Urteil vom 15. Mai 1987 (Bl. 31 bis 37 GA) die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagten stehe aufgrund der bereits vor dem Konkurs bestehenden Vertragsbeziehungen mit der Firma ... ein Zurückbehaltungsrecht zu. Die Beklagte habe auch bei Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen von der Firma ... verlangen können, daß diese zunächst mit den auf das Treuhandkonto eingezahlten Geldern die Schulden bei der Beklagten begleiche. Diese Einrede, die durch das Konkursverfahren nicht berührt worden sei, könne die Beklagte auch der Klägerin entgegenhalten.

Mit diesem Urteil ist die Klägerin nicht einverstanden (Bl. 53 ff.):

Die Klägerin trägt vor, daß die Beklagte bei Abschluß des Treuhandvertrages mit der Firma ... nicht vereinbart habe, daß die auf das Treuhandkonto eingezahlten Beträge nach Beendigung der treuhänderischen Verwaltung der Beklagten zur Tilgung der für die Bauvorhaben gewährten Kredite zur Verfügung stehen sollte. Der Beklagten stünde auch Rückzahlungsansprüche gegen die Gemeinschuldnerin wegen gewährter Kredite nicht zu. Im übrigen ist sie der Ansicht, die Beklagte könne sich gegen den Auszahlungsanspruch nicht auf ein Absonderungsrecht berufen, weil ihr die "Kaufpreisforderung" nicht abgetreten worden sei; auch habe der Beklagten kein Pfandrecht an der "Kaufpreisforderung" zugestanden. Aus dem Treuhandvertrag ergebe sich weder eine schlüssige Sicherungsabtretung noch eine Pfandrechtsbestellung, dafür wäre eine eindeutige Vereinbarung zwischen der Firma ... und der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte sei auch mit dem geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen, weil dessen Ausübung zur Umgehung des nach §55 Satz 1 Ziff. 1 KO bestehenden Aufrechnungsverbots führe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil (Bl. 82 bis 91) und hält die Klage schon deshalb für unbegründet, weil die Klägerin weder am 3. Mai 1984 die Kaufpreisforderung noch am 23. September 1986 einen Auszahlungsanspruch der Firma ... gegenüber der Beklagten durch Abtretung erworben habe. Der Treuhandvertrag vom 10. Mai 1978 i.V.m. §3 des Kaufvertrages (Bl. 65) sei dahin auszulegen, daß der Beklagten der Kaufpreisanspruch gegenüber dem Erwerber ... spätestens mit Abschluß des Kaufvertrages am 17. Mai 1983 zur Sicherheit für ihre Kreditansprüche gegenüber der (späteren) Gemeinschuldnerin abgetreten worden sei, eine derartige Sicherungsabtretung ergebe sich aus der Auslegung der geschlossenen Verträge, insbesondere aus §3 Abs. V des Kaufvertrages, wo es heiße: "Die Verkäuferin kann den Anspruch auf Einzahlung auf das Treuhandkonto im eigenen Namen geltend machen".

Der Mitarbeiter der Beklagten, ... habe seinerzeit im Zusammenhang mit dem Abschluß des Treuhandvertrages bereits mit der Firma ... mündlich vereinbart, daß auf dem Treuhandkonto eingehende Zahlungen nach Erfüllung der Auszahlungsvoraussetzungen unmittelbar dem Geschäftskonto der Firma ... zugeführt werden sollten, um die Forderungen der Beklagten gegenüber der Firma ... aus den Finanzierungsgeschäften zurückzuführen. Die Klägerin habe auch kein Ersatzabsonderungsrecht gegenüber dem Konkursverwalter betreffend den Erlös aus der Kaufpreisforderung gegen den Erwerber ... erworben, dieses zwar grundsätzlich bestehende Recht sei durch Zahlung des Kaufpreises untergegangen. Ansprüche auf Auszahlung der gezahlten 19.000,- DM und auf Freigabe des hinterlegten Betrages von 25.000,- DM bestünden nicht, weil die Beklagte durch Aufrechnung die durch den Konkursverwalter am 23. September 1986 und 23. März 1987 abgetretenen Ansprüche zum Erlöschen gebracht habe, denn sie sei gegenüber dem Konkursverwalter zur Aufrechnung berechtigt. Die Klägerin müsse sich dies nach §406 BGB entgegenhalten lassen. Ihre bei Konkurseröffnung begründete Rechtsstellung dürfe und könne nicht durch Abtretung verkürzt werden. Ihre Ansprüche gegenüber der Gemeinschuldnerin hätten sich bei Konkurseröffnung am 4. September 1984 auf mindestens 820.000,- DM belaufen. In jedem Fall stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Im übrigen bestreitet sie den Zinsanspruch nach Grund und Höhe.

Die Akten 2 O 505/85 LG Arnsberg waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 19.000,- DM nebst 8 % Zinsen seit dem 12. September 1986 zu zahlen und darin einzuwilligen, daß die beim Amtsgericht Meschede zugunsten der Parteien hinterlegten 25.000,- DM an die Klägerin ausgezahlt werden, zusätzlich hat die Beklagte insoweit 8 % Zinsen von 25.000,- DM seit dem 5. Dezember 1985 an die Klägerin zu zahlen.

I.

Anspruch auf Zahlung von 19.000,- DM

Die Klägerin hat einen bereicherungsrechtlichen Anspruch (§816 Abs. II BGB) gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht (§398 BGB), weil die Beklagte als Nichtberechtigte der Klägerin als Berechtigter zur Herausgabe der 19.000,- DM verpflichtet ist, die der Käufer ... aufgrund des seit dem 28. Mai 1986 rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Arnsberg vom 21. Februar 1986 (Bl. 56 BA 2 O 505/85 LG Arnsberg) auf das bei der Beklagten in Meschede geführte Treuhandkonto Nr. ... gezahlt hat.

Der Kaufer ... hat damit in Befolgung der landgerichtlichen Entscheidung bewußt und zweckgerichtet (BGHZ 40, 272, 277; BGHZ 58, 184, 188) das Vermögen der Beklagten vermehrt, die nach Eröffnung des Konkurses am 4. September 1984 über das Vermögen der Firma ... zum Empfange dieser Leistung nicht mehr berechtigt war.

Nach §§2, 3 des Treuhandvertrages vom 10. Mai 1978 war die Beklagte als Treuhänderin verpflichtet, Auszahlungen von dem Treuhandkonto an die Firma ... nur nach Maßgabe des §3 der notariellen "Kaufverträge" zwischen der Firma ... und den jeweiligen Käufern vorzunehmen. Dieses Treuhandverhältnis ist mit Konkurseröffnung nach §23 KO erloschen.

Aus dem Treuhandvertrag vom 10. Mai 1978 und dem "Kaufvertrag" vom 17. Mai 1983 ergibt sich, daß die Beklagte zu dem Zweck eingesetzt worden ist, zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Durchführung der Bauvorhaben dafür Sorge zu tragen, daß der von den "Käufern" zu zahlende "Kaufpreis" zweckentsprechend verwendet, d.h., zur Fertigstellung der Häuser und daß er danach an die Firma ... ausgezahlt werden sollte. Die Beklagte ist deshalb nach den bestehenden Rechtsbeziehungen (BGH WM 1969, 935) nicht zur Sicherung ihrer eigenen, sondern zur Sicherung der Interessen der Firma ... und des "Käufers" tätig geworden (vgl. §3 Abs. VI des "Kaufvertrages").

Eine Sicherungsabtretung der Kaufpreisforderungen, aus der sich die Annahme einer eigennützigen (Sicherungs-)Treuhand ergeben könnte, enthält der von der Beklagten mit der Firma ... geschlossene Treuhandvertrag nicht. Ausdrücklich ist eine Sicherungsabtretung nicht erfolgt, sie kann dem Treuhandvertrag auch sonst nicht entnommen werden. §1 des Treuhandvertrages kann nicht dahin ausgelegt werden, daß die Firma ... und die Beklagte eine Einigung über den (dinglichen) Forderungsübergang erzielt hätten. Zwar hätte eine Sicherungsabtretung den Interessen der Beklagten entsprochen, in deren Interesse auch die Verpflichtung der Firma ... lag, die "Käufer" der Reihenhäuser zur Zahlung auf das Treuhandkonto zu veranlassen. Auch wäre eine umfassende Kreditsicherung gerade durch eine Sicherungsabtretung an die Beklagte zu erreichen gewesen, der im Falle eines (später dann auch eingetretenen) Konkurses der Firma ... ein Absonderungsrecht zugestanden hätte (§48 KO). Die Beklagte wäre zudem vor treuhandswidrigen Verfügungen und der Pfändung durch Drittgläubiger der Firma ... geschützt gewesen. Die Annahme einer erfolgten Sicherungsabtretung an die Beklagte hätte auch die erkennbaren Interessen der Firma ... nicht berührt. Letztlich wäre auch eine Offenlegung der Abtretung zumindest so lange nicht erforderlich gewesen, wie die Firma ... die "Käufer" - wie vereinbart - zur Zahlung auf das Treuhandkonto veranlaßt hätte. Die in §1 des Treuhandvertrages getroffene Regelung läßt jedoch einen entsprechenden, auf Vereinbarung einer Sicherungsabtretung gerichteten Willen der Vertragsparteien zu einer gewollten (dinglichen) Rechtsänderung nicht hinreichend erkennen. Der getroffenen Vereinbarung läßt sich nur entnehmen, daß die Beklagte lediglich durch die ihr eingeräumte Möglichkeit gesichert werden sollte, die gewährten Finanzierungskredite mit dem Guthaben auf dem Treuhandkonto zu verrechnen. Dafür spricht auch, daß die Beklagte die gewährten Kredite durch Grundpfandrechte abgesichert hatte. Zudem durfte die Firma ... unter bestimmten Umständen Auszahlung vom Treuhandkonto an sich bewirken (§3 Abs. V des "Kaufvertrages"). Damit ist davon auszugehen, daß die getroffene Vereinbarung nur schuldrechtliche Wirkung haben sollte. Im Interesse der Rechtssicherheit hätte es gerade bei einer gewollten (dinglichen) Rechtsänderung einer Vereinbarung bedurft, die die Rechtsänderung deutlich zum Ausdruck bringt (BGH ZP 1984, 1118, 1120). Im übrigen war es der in Kreditsicherungsgeschäften erfahrenen Beklagten möglich, eine Sicherungsabtretung deutlich zum Ausdruck zu bringen, wenn sie hätte vereinbart werden sollen.

Der getroffenen Regelung kann allenfalls entnommen werden, daß die Sicherung der Rückzahlung gewährter Finanzierungskredite auch dadurch geschehen sollte, daß die Beklagte die Rückzahlungsansprüche gegen die Ansprüche auf Auszahlung des Guthabens auf dem Treuhandkonto aufrechnen konnte.

Eine treuhänderische Abtretung der "Kaufpreisforderung" an die Beklagte ist auch nicht aufgrund des von der Firma ... und dem jeweiligen "Käufer" abgeschlossenen "Kaufvertrags" möglich. Eine derartige Vereinbarung wäre als Vertrag zugunsten Dritter gem. §328 BGB anzusehen, der lediglich bei (schuldrechtlichen) Verpflichtungsgeschäften, nicht aber bei (dinglichen) Verfügungsgeschäften zulässig ist (u.a. BGH WM 1986, 749, 750). Eine Vernehmung des in der Berufungserwiderung S. 4 und (B. 85, 88 d.A.) als Zeugen benannten Herrn ... bedürfe es daher nicht; das ist im Termin erörtert worden.

Ob die (fremdnützige, uneigennützige) Verwaltungstreuhand (BGH WM 1969, 935; Soergel-Leptien, Komm. zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1988, vor §164 Rz 59) in Form der Verfügungsermächtigung (§185 BGB) oder in der Weise ausgeübt werden sollte, daß die Beklagte die Kaufpreisforderungen erwerben sollte, ist für den rechtlichen Charakter der Treuhand als Verwaltungstreuhand (fremdnützige Treuhand) angesichts des eindeutigen Zweckes - den von dem "Käufer" zu zahlenden Kaufpreis für den Hausbau zu verwenden und diesen dadurch zu sichern, nach Fertigstellung der Häuser die Mittel für ... zur Verfügung zu halten - an sich unerheblich. Wie oben ausgeführt spricht jedoch die vertragliche Regelung insgesamt gegen eine Abtretung der Kaufpreisforderungen an die Beklagte zur Sicherung des der ... von der Beklagten gewährten Kredits.

Handelt es sich aber um eine (uneigennützige) Verwaltungstreuhand, so erlischt im Konkurs des Treugebers (hier: Firma ...) in Fällen der vorliegenden Art der Treuhandvertrag nach §23 Abs. I/II KO (BGH WM 1964, 318; Soergel-Leptien, a.a.O., vor §164 Rz 70 und 75; Jaeger, Konkursordnung, 8. Aufl. 1958 Rz 7/8; Kilger, Konkursordnung, 15. Aufl. 1987, §23 Anm. 2/3; Kuhn-Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., §23 Rz 7 c). Ausnahmefälle, die unter Umständen die Fortdauer des Treuhandverhältnisses zur Folge haben könnten (§§672 S. 2, 674 BGB), liegen ersichtlich nicht vor.

Angesichts dessen, daß die 25.000,- DM am 22.10.1985 hinterlegt und die 19.000,- DM am 7.7.1986 gezahlt worden sind, beide Vorgänge also zeitlich eindeutig nach der Konkurseröffnung am 4.9.1984 liegen, hat die Beklagte die 19.000,- DM und den Vorteil aus der Hinterlegung nicht mehr aufgrund des Treuhandvertrages mit der Firma ... erworben und "wurzelt" der Erwerb nach Konkurseröffnung rechtlich nicht mehr in dem vor Konkurseröffnung entstandenen und mit Konkurseröffnung beendeten Treuhandschuldverhältnis. In derartigen Fällen ist nach §55 Abs. I Ziff. 1) die Aufrechnung mit evtl. zugunsten der Beklagten bestehenden Rückzahlungsansprüchen gegenüber der Gemeinschuldnerin nicht möglich. Die Beklagte kann deshalb auch nicht wirksam gegenüber der Klägerin aufrechnen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der - beendete - Treuhandvertrag wirksam eine derartige Aufrechnung ausschloß. Vergleiche hierzu (BGHZ 14, 346, 347; WPM 1960, 842, 843; Kuhn Uhlenbruck a.a.O. §53 Rn. 13; auch BGHZ 28, 123, 128). Nach Beendigung des Treuhandverhältnisses kommt auch ein Zurückbehaltungsrecht nicht in Betracht.

Die Firma ... hat mit Vertrag vom 3. Mai 1984 die gestundete "Restkaufpreisforderung" in Höhe von insgesamt 45.500,- DM an die Klägerin abgetreten (Bl. 3, 13 GA). Aufgrund der weiteren Vereinbarungen mit dem Konkursverwalter vom 23.9.1986 und 23.3.1987 ist damit die Aktivlegitimation der Klägerin gegeben.

Der Anspruch auf Zahlung von 8 % Zinsen von 19.000,- DM seit dem 12. September 1986 folgt aus §§284 Abs. I, 286 Abs. I, 252 S. 2, 288 Abs. II BGB. Die Beklagte ist mit der Auszahlung der 19.000,- DM seit dem 12. September 1986 in Verzug. Sie hat auf das Aufforderungsschreiben der Klägerin mit Schreiben vom 11. September 1986 die Auszahlung des Guthabens von dem Treuhandkonto an die Klägerin abgelehnt. Zu dieser Zeit stand der Klägerin bereits der fällige und durchsetzbare Anspruch auf Auszahlung der 19.000,- DM zu. Den von der Klägerin zu erzielenden Wiederanlagezins schätzt der Senat nach §287 ZPO im Anschluß an die Rechtsprechung des hiesigen 11. Senats (WM 1986, 1246, 1247; WM 1985, 1338, 1340) anhand der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen durchschnittlichen Sollzinssätze für Kontokorrentkredite unter 1 Mill. DM auch nicht unter 8 %.

II.

Freigabe des beim Amtsgericht Meschede hinterlegten Betrages von 25.000,- DM

Die Beklagte ist zur Herausgabe des hinterlegten Betrages nach §812 Abs. 1 Satz 1, 2. Variante BGB (Eingriffskondition) verpflichtet, weil sie ihre durch Hinterlegung erlangte Rechtsstellung ohne Rechtsgrund auf Kosten der Klägerin erlangt hat. Wie ausgeführt war die Klägerin im Zeitpunkt der Hinterlegung Forderungsinhaberin, der Beklagten standen aufgrund des erloschenen Treuhandverhältnisses keine Rechte an dem Geld mehr zu. Die Beklagte ist verpflichtet, die Freigabe des bei dem Amtsgericht Meschede hinterlegten Betrages zu erklären.

III.

Der Zinsanspruch der Klägerin in Höhe von 8 % besteht ab dem 5. Dezember 1985. Der fällige Freigabeanspruch der Klägerin gegen die Beklagte besteht seit der am 22. Oktober 1985 erfolgten Hinterlegung der 25.000,- DM. Die Beklagte befindet sich seit ihrem die Freigabe zugunsten der Klägerin ablehnenden Schreiben vom 27. November 1985 in Verzug. Da bei sofortiger Erklärung der Freigabe der Klägerin der hinterlegte Betrag am 4. Dezember 1985 zur Verfügung gestanden hätte, hätte die Klägerin aus den oben genannten Gründen ab dem 5. Dezember 1985 den hinterlegten Betrag zu einem Zins von mindestens 8 % gewinnbringend anlegen können.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen (§§91, 97 ZPO).

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§708 Nr. 10, 711 ZPO.

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