LG Kiel, Urteil vom 02.03.2011 - 17 O 104/10
Fundstelle
openJur 2012, 72146
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus einem Steuerberatervertrag in Anspruch.

Die Klägerin war Gesellschafterin und Geschäftsführerin der ... GmbH (im Folgenden: GmbH). Der Beklagte war seit 2002 als Steuerberater für die GmbH tätig, er erstellte u.a. die Jahresabschlüsse und die Bilanzen. Mit der Buchhaltung war er nicht beauftragt.

Am 10.02.2006 fand anlässlich der Vorlage der Bilanz für das Jahr 2004 ein Gespräch zwischen den Parteien statt, an dem der Ehemann der Klägerin, der von ihr benannte Zeuge ..., teilnahm. In dem Gespräch ging es auch um die wirtschaftliche Situation der GmbH. Einzelheiten des Gesprächsinhalts sind zwischen den Parteien streitig.

Am 16.02.2006 erhöhte der Ehemann der Klägerin seine stille Beteiligung an der GmbH um 57.500,00 € und am 16.06.2006 um weitere 100.000,00 €. Danach betrug die stille Beteiligung des Ehemanns der Klägerin an der GmbH insgesamt 297.200,00 €.

Für die weitere Beteiligung in Höhe von 100.000,00 € verlangte der Ehemann der Klägerin zur Absicherung ein Schuldanerkenntnis, welches die Klägerin am 03.10.2007 abgab.

Nachdem die Klägerin die Bilanz der GmbH für das Jahr 2005, die vom 26.06.2006 datiert, erhalten hatte, stellte sie am 27.06.2006 einen Insolvenzantrag für die Gesellschaft „wegen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit“.

Der Insolvenzverwalter nahm die Klägerin als Geschäftsführerin vor der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kiel unter dem Aktenzeichen 14 O 71/08 auf Ersatz der Zahlungen in Anspruch, die von der GmbH nach Überschuldung geleistet wurden. Es handelte sich dabei um Zahlungen, die in der Zeit vom 01.01.2006 bis zum 27.06.2006 erfolgten. Das Landgericht verurteilte die Klägerin zur Zahlung des geltend gemachten Betrages in Höhe von 234.707,00 €. Eine Überschuldung der GmbH lag nach der Entscheidung des Landgerichts am 31.12.2005 vor. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.

In einem weiteren Verfahren vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts Kiel (17 O 164/08) nahm die ... die Klägerin und ihren Ehemann in Höhe von 40.039,06 € und darüber hinaus die Klägerin allein in Höhe von weiteren 41.301,46 € aus Bürgschaft in Anspruch. Die Parteien des Rechtsstreits einigten sich vergleichsweise auf eine Abfindungssumme von 67.570,39 €.

Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten Zahlung von insgesamt 452.648,17 €. Sie macht folgende Schadenspositionen geltend:

aus der Verurteilung durch das Landgericht Kielin dem Verfahren 14 O 71/08234.707,00 € die Prozesskosten für das Verfahren 14 O 71/0838.271,13 € aus dem Schuldanerkenntnis vom 03.10.2007100.000,00 € aus dem Vergleich in dem Verfahren 17 O 164/08    einschließlich Prozesskosten79.670,04 €.Die Klägerin ist der Ansicht, dass in dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der GmbH Schutzpflichten unmittelbar zu ihren Gunsten angelegt gewesen seien.

Sie trägt dazu vor, dass das Einbeziehungsinteresse in den Schutzbereich allein schon an ihrer persönlichen Verantwortungsnähe zu den Steuerberaterleistungen und ihrer daraus resultierenden, ohne weiteres erkennbaren Schutzbedürftigkeit deutlich werde. Ihre unmittelbar persönliche Einbindung ergebe sich auch daraus, dass sie als Geschäftsführerin verpflichtet gewesen sei, die Richtigkeit der vom Beklagten ausgearbeiteten Steuererklärungen zu versichern. Außerdem sei sie zur Beurteilung der Liquiditätslage, zur Einschätzung der Zahlungsfähigkeit der GmbH und zur Beurteilung der Ausgewogenheit von Aktiva und Passiva auf die Arbeit des Beklagten angewiesen gewesen. Im Laufe der Jahre habe sie bei den Erörterungen über neue Investitionen und deren Bezahlung, sowie über die Liquiditätslage und die Perspektive der GmbH auf eine sorgfältige wirtschaftliche Beratung durch den Beklagten Wert legen müssen. Ohne diese betriebswirtschaftliche Beratung wäre ihr die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Geschäftsführeraufgaben nicht möglich gewesen. Deswegen habe sie von Anfang an zu dem drittgeschützten Personenkreis des Vertrages gezählt. Die Mitwirkung des Beklagten an der Stärkung der Eigenkapitalbasis der GmbH und deren Zielsetzung, die Überschuldung oder die Zahlungsunfähigkeit der GmbH zu vermeiden, zeige, dass der Beklagte sich von Anbeginn seiner Tätigkeit auch seiner Verantwortung ihr gegenüber bewusst gewesen sei.

Die Klägerin behauptet, dass die betriebs- und finanzwirtschaftlichen Verhältnisse für das Jahr 2005 Inhalt des Gespräches im Februar 2006 gewesen seien. Dabei sei ausdrücklich erörtert worden, ob die GmbH weitergeführt werden könne oder liquidiert werden müsse. Sie habe den Beklagten um eine fundierte Beurteilung der wirtschaftlichen Situation gebeten und gefragt, ob Insolvenzreife vorliege. In diesem Zusammenhang habe ihr Ehemann, der sich allein um das strafrechtliche Risiko der Insolvenzverschleppung gekümmert habe, hervorgehoben, dass sie, die Klägerin, nicht Gefahr laufen dürfe, sich dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung auszusetzen. Obwohl dem Beklagten die Zahlen für das Jahr 2005 zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hätten, habe er eine Insolvenzreife verneint, auf die aktivierten Sonderkonten der stillen Gesellschafter verwiesen und erklärt, dass die Firma ohne Probleme fortgeführt werden könne, wenn ihr Ehemann seine stille Beteiligung um 57.000,00 € erhöhe. Auf diese Antworten des Beklagten habe sie sich verlassen dürfen.

Die dramatische Entwicklung der GmbH im Jahre 2005 habe dem Beklagten gefragt und ungefragt zwingende Veranlassung gegeben, ihr das Zahlenwerk spätestens während der Erörterungen im Februar 2006 zumindest in großen Zügen, aber mit klaren Warnhinweisen zu unterbreiten und ihr zu vermitteln, dass die Geschäftsperiode 2005 mit tiefroten Zahlen abgeschlossen worden und die GmbH nicht mehr lebensfähig sei. Dank seiner ständig aktualisierten Kenntnisse aus der Finanzbuchhaltung sei ihm bekannt und bewusst gewesen, dass die GmbH das zuvor aufgestockte Eigenkapital verloren und darüber hinaus kräftige Verluste erwirtschaftet habe.

Im Übrigen wäre bereits auf der Grundlage der Bilanzkennzahlen per 31.12.2004 die Überschuldung der GmbH festzustellen gewesen. Denn der Beklagte habe in diesem Jahresabschluss die Verlust-Sonderkonten der stillen Gesellschafter auf der Aktivseite verbucht, obwohl diese nicht zum Nachschuss verpflichtet gewesen seien. Der Jahresabschluss habe wegen der fehlerhaften Aktivierung der auf den Verlustsonderkonten verbuchten Forderungen gegen die stillen Gesellschafter ein unrealistisches Bild von der Situation der GmbH gezeichnet und deren Überschuldung verschleiert. Da der Beklagte für die Ordnungsgemäßheit der von ihm aufgestellten Bilanz hafte, hätte er ungefragt und frühzeitig auf dieses Problem aufmerksam machen müssen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 234.707,00 € nebst 5%-Punkten Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. Oktober 07 zu zahlen,

den Beklagten ferner zu verurteilen, an sie 38.271,13 € nebst 5%-Punkten Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klagschrift zu zahlen,

den Beklagten außerdem zu verurteilen, an sie weitere 100.000,00 € nebst 5%-Punkten Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

den Beklagten schließlich zu verurteilen, an sie weitere 79.670,04 € sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.249,93 € nebst nebst 5%-Punkten Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass Ersatzansprüche der Klägerin schon deswegen ausgeschlossen seien, weil der Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig nicht in den Schutzbereich zwischen dem Steuerberater und der Gesellschaft einbezogen sei. Der Steuerberatervertrag mit der GmbH beinhalte die steuerlichen Pflichten der GmbH gegenüber dem Finanzamt, ein bloßes Interesse des Geschäftsführers an der Richtigkeit der Steuerberaterleistungen reiche für eine Einbeziehung nicht aus.

Der Beklagte behauptet, dass er keinen Auftrag gehabt habe, die Klägerin insolvenzrechtlich zu beraten. Alleiniger rechtlicher Berater sei insoweit nur deren Ehemann gewesen. Er, der Beklagte, habe auch keine insolvenzrechtliche Beratung durchgeführt. Richtig sei allein, dass er in dem Gespräch am 10.02.2006, in dem es auch um die wirtschaftliche Situation der Firma gegangen sei, erklärt habe, dass aufgrund der Bilanz für das Jahr 2004 kein Insolvenzantrag gestellt werden müsse. Er wisse nicht mehr genau, ob er ausdrücklich gefragt worden sei, ob aufgrund der jetzigen Situation der Firma ein Insolvenzantrag gestellt werden müsse. Er könne dazu auch nur sagen, dass er eine solche Frage nicht hätte beantworten können, da ihm die entsprechenden Zahlen und Unterlagen für das Jahr 2005 nicht vorgelegen hätten.

Der Beklagte ist im Übrigen der Meinung, dass die von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen nicht kausal auf die behauptete Pflichtverletzung zurückzuführen seien, da am 31.12.2005 nicht nur eine Überschuldung der GmbH sondern auch Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe, so dass die Klägerin schon deswegen hätte Insolvenzantrag stellen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gegenseitig gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Kammer hat beide Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.02.2011 persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.02.2011 (Bl. 126 - 130 d.A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Denn der Vertrag zwischen dem Beklagten und der GmbH stellt keinen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier der Klägerin, dar.

In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass auch an einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen werden können. Allerdings kommt die Ausweitung vertraglicher Sorgfaltspflichten über den Kreis der Vertragsparteien hinaus von vornherein nur in engen Grenzen in Betracht.

Die Einbeziehung eines Dritten in die Schutzwirkung setzt voraus, dass Sinn und Zweck des Vertrages und die erkennbaren Auswirkungen der vertragsgemäßen Leistung auf den Dritten seine Einbeziehung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben erfordern und eine Vertragspartei, für den Vertragsgegner erkennbar, in redlicher Weise damit rechnen kann, dass die ihr geschuldete Obhut und Fürsorge in gleichem Maße auch dem Dritten entgegengebracht wird. Um die vom Gesetzgeber gewollte unterschiedliche Ausgestaltung von vertraglicher und deliktischer Haftung nicht aufzugeben, ist bei Vermögensschäden eine Beschränkung auf eng begrenzte Fälle geboten. Der Kreis der in den Vertragsschutz einbezogenen Dritten ist daher unter Beachtung einer sachgerechten Abwägung der Interessen der Beteiligten dahin zu begrenzen, dass der Dritte mit der Hauptleistung bestimmungsgemäß in Berührung kommt, ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten besteht, den Interessen des Schuldners durch Erkennbarkeit und Zumutbarkeit der Haftungserweiterung Rechnung getragen wird und der Dritte schutzbedürftig ist (vgl. BGH NJW 2008, 2245, 2247 m.w..N.).

Im vorliegenden Fall kann schon fraglich sein, ob die Voraussetzung der Leistungsnähe gegeben ist. Zwar kam die Klägerin als Geschäftsführerin der GmbH bestimmungsgemäß mit der Leistung des Beklagten in Berührung, sie war aber keineswegs den Gefahren von eventuellen Pflichtverletzungen des Beklagten ebenso ausgesetzt wie die GmbH selbst. Die Erteilung des Steuerberaterauftrages durch eine GmbH erfolgt grundsätzlich nicht im Interesse des Geschäftsführers. Denn es geht um die Hilfeleistung des Steuerberaters bei der Erledigung der steuerlichen Pflichten der GmbH gegenüber dem Finanzamt. Das bloße Interesse des Geschäftsführers an der Richtigkeit der Steuerberaterleistung genügt für eine Einbeziehung des Geschäftsführers in die Schutzwirkung nicht. Er wird durch den Steuerberatervertrag lediglich mittelbar berührt.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Tätigkeit des Beklagten auch eine wirtschaftliche Beratung umfasst habe und sie zur Beurteilung der Liquiditätslage, zur Einschätzung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft und zur Beurteilung der Ausgewogenheit von Aktiva und Passiva auf die Arbeit des Beklagten angewiesen gewesen sei, betrifft auch dieser Aufgabenbereich nur die Gesellschaft und keine eigenständigen Interessen der Klägerin.

Darüber hinaus ist ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers - vorliegend der GmbH - an der Einbeziehung nicht erkennbar. Weder ist die Gesellschaft für das „Wohl und Wehe“ ihres Geschäftsführers mit verantwortlich noch hat sie ein besonderes Interesse an der Einbeziehung ihres Geschäftsführers in den Vertrag. Der Inhalt des Steuerberatervertrages dient nicht dazu, den Geschäftsführer zu schützen bzw. Schadensersatzansprüche gegen ihn zu verhindern.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass ihr ohne die steuerliche und betriebswirtschaftliche Beratung des Beklagten die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Geschäftsführeraufgaben nicht möglich gewesen wäre und dass sich ihr Einbeziehungsinteresse sowie ihre Schutzbedürftigkeit bereits aus ihrer persönlichen Verantwortungsnähe zu den Steuerberaterleistungen ergebe, verkennt sie, dass es nicht darauf ankommt, welches Interesse sie an einer Einbeziehung in den Vertrag hat, sondern darauf, welches Interesse seitens der GmbH besteht.

Gegen eine Einbeziehung der Klägerin in die Schutzwirkung des Vertrages spricht auch, dass dem Beklagten die damit verbundene Haftungserweiterung nicht zumutbar ist. Denn ein Steuerberater hat gegenüber Dritten, anders als gegenüber seinem Mandanten, kaum eine Möglichkeit, seine Haftung rechtsgeschäftlich zu beschränken, und es entstehen Haftungsrisiken, ohne dass mit diesen Gebührenansprüche korrespondieren (vgl. OLG Celle, MDR 2007, 1228).

Etwas anderes kann nur gelten, wenn die GmbH und der Beklagte die Klägerin einvernehmlich in den Schutzbereich des Beratungsvertrages einbezogen haben. Eine solche einvernehmliche Einbeziehung ist aber nach Überzeugung der Kammer nicht erfolgt.

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass ihr Ehemann in dem Gespräch vom 10.02.2006 den Beklagten ausdrücklich gefragt habe, ob für die Firma Insolvenz angemeldet werden müsse, und dass er in diesem Zusammenhang drauf hingewiesen habe, dass sich ein strafrechtliches Problem für sie, die Klägerin, ergeben könne, wenn nicht rechtzeitig Insolvenzantrag gestellt würde. Der Beklagte hat erklärt, dass er sich vorstellen könne, dass über eine eventuelle Insolvenzreife der Firma gesprochen worden sei. Er hat weiter ausgeführt, dass er diese Frage aber nicht hätte beantworten können, da ihm konkrete Zahlen nicht vorgelegen hätten.

Durch die konkrete Nachfrage der Klägerin zur Insolvenzreife und insbesondere die Verknüpfung dieser Nachfrage mit der strafrechtlichen Problematik der Insolvenzverschleppung, die nicht die GmbH, sondern die Klägerin als deren Geschäftsführerin betrifft, könnte eine Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Steuerberatervertrages gewollt gewesen sein.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigten, dass der Steuerberater grundsätzlich nur zur steuerlichen und nicht zur insolvenzrechtlichen Beratung verpflichtet ist (vgl. OLG Schleswig GI 1993, 373). Er wird nicht für den Schutz des Unternehmens gegen Insolvenzgefahren bezahlt.

Die Überprüfung der Überschuldung nach § 64 GmbHG ist eine originäre, nicht delegierbare Verpflichtung des Geschäftsführers der GmbH. Die Leistungen des Steuerberaters für die GmbH, insbesondere die Aufstellung der Jahresabschlüsse und Bilanzen, können zwar die Grundlage für die unternehmerischen Entscheidungen des Geschäftsführers bilden. Von dem Geschäftsführer wird aber erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft stets selbst vergewissert und die Frage, ob insolvenzrechtlich Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung mit negativer Fortführungsprognose gegeben ist, eigenverantwortlich prüft.

Unter Berücksichtigung dieser Pflichtenverteilung sind an eine einvernehmliche Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Steuerberatervertrages hohe Anforderungen zu stellen. Allein die Frage der Klägerin nach der Notwendigkeit der Insolvenzanmeldung reicht dafür nicht aus. Denn diese Frage hatte in erster Linie Bedeutung für die Fortführungsprognose bezüglich der GmbH. Im Übrigen ist auch streitig, ob der Beklagte diese Frage überhaupt hätte verbindlich beantworten können, da ihm nach seiner Erklärung die Zahlen für das Jahr 2005 noch gar nicht vorlagen. Da die Buchhaltung von der GmbH erledigt wurde, hätten aber der Klägerin die Zahlen bekannt sein müssen, so dass nicht nachvollziehbar ist, welchen Wissensvorsprung der Beklagte bei der Beantwortung der Frage nach einer möglichen Insolvenz gehabt haben soll.

Auch wenn zwischen den Parteien streitig ist, wie der Beklagte die Frage nach der Insolvenzreife der GmbH beantwortet hat, bedurfte es der Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen ... nicht.

Denn selbst wenn der Beklagte die Frage nach der Insolvenzreife verneint hätte, wie es die Klägerin behauptet, hätte sie sich damit in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation der Firma nicht begnügen dürfen. Insbesondere ergäbe sich aus einer solchen Erklärung des Beklagten auch nicht, dass er die Klägerin in den Schutzbereich des Steuerberatervertrages mit einbeziehen und sich damit einem zusätzlichen Haftungsrisiko aussetzen wollte.

Auch der Hinweis des Ehemanns der Klägerin auf eine eventuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin im Falle einer Insolvenzverschleppung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es ist unstreitig zwischen den Parteien, dass der Ehemann der Klägerin ihr als strafrechtlicher Berater zur Seite stand. Daraus ergibt sich, dass für den Beklagten überhaupt keine Veranlassung bestand, im Rahmen der Besprechung vom 10.02.2006 zusätzlich zu seiner steuerrechtlichen Verantwortung für die GmbH noch eine Verantwortung für eventuelle strafrechtliche und haftungsrechtliche Risiken der Klägerin zu übernehmen.

Soweit die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung Antrag auf Schriftsatznachlass zum letzten Schriftsatz des Beklagten beantragt hat, war Schriftsatznachlass nicht zu gewähren, da der Schriftsatz des Beklagten vom 28.01.2011 keinen neuen Sachvortrag enthält, auf dem die Entscheidung beruht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.