LG Itzehoe, Urteil vom 24.02.2011 - 6 O 209/09
Fundstelle
openJur 2012, 72139
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der (Vorstands-) Anstellungsvertrag vom 12. Januar 2009 (Anlage K 4) über die Anstellung des Klägers als Vorstand der mit Wirkung zum 01. Januar 2009 durch Vereinigung entstandenen Betriebskrankenkasse nach Maßgabe der Ziffer 14. Abs. 3 fortbesteht und dieses Dienstverhältnis nicht durch die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 07.04.2009 (Anlage K 10) ausgesprochene außerordentliche Kündigung beendet worden ist.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 408.502,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Feststellungsklage hat zum Klagantrag zu 1) in der Sache Erfolg; im übrigen ist die Klage unbegründet.

I.

F e s t s t e l l u n g s a n t r a g  zu Ziffer 1) und 1 a)

Diese Anträge beziehen sich auf die Feststellung der Fortgeltung des (Vorstands-) Anstellungsvertrages vom 12. Januar 2009 (Anlage K 4) und die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 07.04.2009 ( Anlage K 10 ).

Der Feststellungsantrag zu 1 ) ist begründet.

Zwischen den Parteien besteht der Vorstands-Anstellungsvertrages vom 12. Januar 2009 über die Anstellung des Klägers als Vorstand nach Maßgabe der Ziffer 14 Abs. 3 fort, dieses Dienstverhältnis ist nicht durch die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 7. April 2009 ausgesprochene außerordentliche Kündigung beendet worden.

1.

Die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin in Folge zweimaliger Kassenfusion zum 1. April 2009 und zum 1. Oktober 2010 Vertragspartnerin des Klägers bezüglich des am 12. Januar 2009 geschlossenen Vorstands-Anstellungsvertrages geworden. Auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens steht fest, dass die ursprüngliche Vertragspartnerin des Klägers, die N. BKK - Die Präventionskasse - mit der Kassenfusion zum 1. April 2009 ihre Rechtsfähigkeit verloren hat und die neu entstandene Betriebskrankenkasse mit dem gleichen Namen, N. BKK - Die Präventionskasse - , gemäß § 150 Abs. 5 SGB V in alle Rechte und Pflichten eingetreten ist. Während des Prozesses hat diese öffentlich - rechtliche Körperschaft nach dem ebenfalls unstreitigen Parteivorbringen zum 1. April 2010 erneut fusioniert, so dass die Beklagte auf der Grundlage von § 150 Abs. 5 SGB V Vertragspartnerin des Klägers aus dem Vorstands-Anstellungsvertrag ist.

2.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat bei dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung mit dem Anwaltsschriftsatz vom 7. April 2009 (Anlage K 10) die formellen Voraussetzungen für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses beachtet.

Vor dem Ausspruch der Kündigung sind die Personalräte der fusionierten Betriebskrankenkasse beteiligt worden. Die Prozessbevollmächtigten der Rechtsvorgängerin der Beklagten waren von den neu gewählten alternierenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie dem neu bestellten Vorstandsvorsitzenden der Rechtsvorgängerin der Beklagten auch ordnungsgemäß bevollmächtigt.

Die außerordentliche Kündigung ist außerdem unter Beachtung der in § 626 Abs. 2 BGB geregelten Zwei-Wochen-Frist ausgesprochen worden.

Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Kenntnis von dem nach Auffassung der Beklagten pflichtwidrigen Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Durchführung des sogenannten IGV-Vertrages vom 13. April 2006 (Anlage B 3) hatten die für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zuständigen alternierenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates der N. BKK - Die Präventionskasse - (alt) frühestens am 31. März 2009. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ihnen der sogenannte Revisionsbericht vom 26. Februar 2009 zusammen mit einer rechtlichen Bewertung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten erst zu diesem Zeitpunkt zur Kenntnis gebracht worden sind. Frühestens am 31. März 2009 hatte der Verwaltungsrat der Betriebskrankenkasse Veranlassung, das vermeintlich pflichtwidrige Verhalten des Klägers zum Gegenstand für eine Prüfung der Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung zu machen. Deshalb war der Ausspruch der fristlosen Kündigung - im Kern gestützt auf vermeintlich pflichtwidriges Verhalten des Klägers bei dem Abschluss und der Durchführung des sogenannten IGV-Vertrages - am 7. April 2009 in Ansehung von § 626 Abs. 2 S. 1 BGB noch fristgerecht.

3.

Die außerordentliche Kündigung vom 7. April 2009 ist sachlich unbegründet und hat das Anstellungsverhältnis des Klägers nicht beendet. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung besteht nicht.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Tatsachen, die den wichtigen Grund darstellen, sind nach allgemeiner Ansicht von dem Kündigenden darzulegen und zu beweisen (vergl. BGH NJW 2003, 431; NJW-RR 2007, 690). Ob ein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Hierbei können auch frühere Verfehlungen, der genossene Vertrauensgrad und die Höhe der Vergütung für die entfaltete Tätigkeit in die Abwägung einbezogen werden.

Vorliegend ist für die Kammer bezüglich der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile an der Fortsetzung des Dienstverhältnisses ganz entscheidend darauf abzustellen, dass der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der BKK G. + J. eine Leitungsfunktion inne hatte, dort alleiniger organschaftlicher Vertreter der juristischen Person war und die Beklagte nachträglich die Verletzung von Dienstpflichten zum Gegenstand der fristlosen Kündigung gemacht hat. Für eine derart verhaltensbedingte Kündigung ist die negative Prognose erforderlich, dass aus der konkreten Pflichtverletzung der Schluss zu ziehen ist, der Dienstverpflichtete werde den Vertrag erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen; die Kündigung ist nicht Sanktion, sondern dient der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen (vergl. BAG NJW 2009, 105).

Für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften führt § 84 AktG exemplarisch drei „wichtige Gründe“ an, die die Abberufung rechtfertigen können, namentlich die grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Vergleichbare Regelungen finden sich für organschaftlich bestellte Vorstandsmitglieder gesetzlicher Krankenkassen in § 59 SGB IV. Dort sind als Beispiele für Amtspflichtverletzungen genannt: Im Zusammenhang mit der Amtsführung begangene strafbare Handlungen zum Nachteil des Versicherungsträgers; Verschaffen von ungerechtfertigten Vorteilen für Geschäftsführer, Organmitglieder und sonstige Bedienstete; der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie die Nichtabwendung vermeidbarer Schäden des Sozialversicherungsträgers.

Vorliegend geht es allerdings nicht um die Beurteilung der Frage, mit welcher Begründung ein Vorstandsmitglied einer gesetzlichen Krankenkasse aus dieser Funktion abberufen werden kann, sondern um die davon zu unterscheidende Frage, ob der mit dem Kläger als Vorstandsmitglied geschlossene Vorstands-Anstellungsvertrag wegen der Verletzung von Pflichten aus diesem Anstellungsvertrag fristlos gekündigt werden kann. Bei der Entscheidung dieser Frage ist nach Überzeugung der Kammer maßgeblich darauf abzustellen, ob der festgestellte Sachverhalt den Vorwurf eines schuldhaft grob pflichtwidrigen Vorstandsverhaltens rechtfertigt.

Dem Vorstand einer gesetzlichen Krankenkasse wird- genauso wie dem Vorstand einer Aktiengesellschaft - bei der Leitung der Geschäfte ein Handlungsspielraum zugebilligt werden müssen. Denn ohne eine quasi unternehmerische Tätigkeit ist die Ausübung des Vorstandsamtes schlechterdings nicht denkbar. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, der jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist (vergl. BGH NJW 1997, 1929 f.). Das bedeutet, dass grob pflichtwidriges Verhalten eines Vorstandsvorsitzenden als Kündigungsgrund nur dann in Betracht kommt, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind; im übrigen besteht eine sogenannte Entscheidungsprärogative, die zur Beschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Fehlprognosen bei unternehmerischen Entscheidungen führt.

Die Beklagte hat unter Berücksichtigung des unstreitigen Parteivorbringens und auf der Grundlage ihres eigenen Parteivortrages - einschließlich des Vorbringens in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 01. Februar 2011 - keine Tatsachen vorgetragen, die sie zur außerordentlichen Kündigung des Vorstandsanstellungsvertrages vom 10. Januar 2009 aus wichtigem Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB berechtigten.

(a)

Die dem Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgeworfenen pflichtwidrigen Verhaltensweisen bei dem Abschluss sowohl des Kooperationsvertrages als auch des IGV-Vertrages und dessen Umsetzung bei der BKK G. + J. bis Ende des Jahres 2008 sind Anfang April 2009 vornehmlich auf den Inhalt des Revisionsberichtes vom 26.02.2009 und den Bericht des Abteilungsleiters Ba. vom 02. April 2009 gestützt worden. Diese vermeintlichen Verfehlungen sind im vorliegenden Rechtsstreit nicht in der Weise konkretisiert worden, dass anhand dieses Tatsachenmaterials grob pflichtwidriges Vorstandsverhalten des Klägers abgeleitet und darauf die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Anstellungsvertrages gestützt werden könnte.

Für die Beurteilung der Qualität der Vorstandsarbeit des Klägers in seiner Eigenschaft als alleiniger Vorstand der BKK G. + J. bis zum Ende des Jahres 2008 war es für die Kammer im ersten Schritt unabdingbar, die Relevanz eines IGV-Vertrages im Aufgabenfeld des Vorstandsvorsitzenden im Verhältnis zu seinen sonstigen Aufgaben zu bestimmen. Für diese Einordnung ist nach dem unstreitigen Parteivorbringen entscheidungserheblich, dass der Kläger im Jahre 2008 eine öffentlich - rechtliche Krankenkasse mit insgesamt 157 Mitarbeitern am Standort I. geführt hat. Bei dieser Krankenkasse waren 100.000 Versicherte eingeschrieben, von denen sich bis Mitte des Jahres 2008 etwa 1000 Mitglieder und bis Ende des Jahres 2008 nicht mehr als 2000 Mitglieder für die Beteiligung an dem m. -Konzept entschieden hatten. Das bedeutet, dass sich unter der Verantwortung des Klägers höchstens 2 % der Versicherten für dieses Konzept entschieden hatten. Andererseits bewegte sich während der Vorstandstätigkeit des Klägers das jährliche Leistungsvolumen der BKK in einer Größenordnung von 127 Millionen EUR, während sich die Ausgaben für Teilnehmer am m. - Konzept im Bereich von ca. 1 Million EUR beliefen. Selbst in der Darstellung der Beklagten in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 01. Februar 2011 wird diese geringe wirtschaftliche Bedeutung des IGV-Vertrages im Vergleich zu dem Gesamtvolumen der Leistungsvergütungen der BKK G. + J. daran deutlich, dass die insgesamt von der G. + J. BKK gezahlten sogenannten Versorgungspauschalen auf der Grundlage des IGV-Vertrages mit der m. GmbH vom 13.04.2006 lediglich auf etwas mehr als 1 Million EUR - verteilt auf einen Zeitraum von 3 Jahren - beziffert worden sind.

Diese im Vergleich zum Gesamtgeschäftsvolumen der BKK G. + J. überschaubare wirtschaftliche Bedeutung des IGV-Vertrages mit der m. GmbH bestimmt die Einordnung der daraus abzuleitenden Pflichten des Klägers nach Auffassung der Kammer ganz maßgeblich. Es ist nämlich lediglich zu beurteilen, welche Anforderungen an die Qualität der Arbeit des Klägers bezogen auf einen 1 % Anteil seines gesamten Aufgabenfeldes zu stellen sind.

Der Kläger hat seine aus dem Anstellungsvertrag zu entnehmende Verpflichtung zur sachgerechten Organisation der Arbeitsabläufe in der BKK G. + J. bezogen auf den Abschluss und die Umsetzung des IGV-Vertrages vom 13.04.2006 auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens erfüllt. Für den Abschluss und die Durchführung des IGV-Vertrages war der Abteilungsleiter Herr Ba. zuständig. Diese organisatorische Entscheidung des Klägers war grundsätzlich und auch vorliegend geboten und geeignet, um seine Dienstpflichten als alleiniger Vorstand der BKK G. + J. zu erfüllen.

Hinsichtlich der betriebsinternen Zuständigkeiten für den IGV-Vertrag (und den vorgeschalteten Kooperationsvertrag) ist im Verlaufe des Rechtsstreits unstreitig geworden, dass der Kläger als Vorstand der BKK G. + J. eine sachgerechte Organisationsstruktur geschaffen hatte. Dies ergibt sich aus dem unstreitigen Inhalt der Anlage K 34. Aus diesem Organigramm folgt, dass der Kläger Herrn Ba. als Leiter Vertrags- und Versorgungsmanagement eingesetzt hatte. Dieser war nach dem ebenfalls unstreitigen Inhalt seiner Stellenbeschreibung jedenfalls ab dem Jahre 2005 betriebsintern für IGV- Verträge zuständig. Damit beschränkte sich die Verpflichtung des Klägers als Vorstand in erster Linie auf Kontrollaufgaben und ggf. auf seine Richtlinienkompetenz für den Fall der Überschneidung von Zuständigkeiten der unterschiedlichen Abteilungen.

Die Zuweisung der Bearbeitung der Angelegenheit IGV-Vertrag „an den Abteilungsleiter Ba.“ ist von dem Kläger zu keinem Zeitpunkt aufgehoben worden. Herr Ba. ist unstreitig bis Ende des Jahres 2008 entsprechend der Aufgabenzuteilung auch tätig geworden. Dieser Einordnung des Parteivorbringens zu dem Aufgabenfeld des Abteilungsleiters Ba. als unstreitig steht nicht entgegen, dass die Beklagte in der Klagerwiderung und auch noch in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 01. Februar 2011 ausdrücklich Bezug genommen hat auf die Niederschrift über eine Befragung des Abteilungsleiters Ba. vom 02.04.2009 (Anlage B 5). Darin hat der Abteilungsleiter Ba. gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten zwar in der Tat angegeben, dass der Kläger ihm bereits im Jahre 2006 mitgeteilt habe, dass er für den „IGV-Vertrag“ nicht mehr zuständig sei und Herr Br. sowie der Kläger selbst dafür zuständig seien. Die Beklagte hat im laufenden Rechtsstreit aber kein Schriftstück vorlegen können, aus dem sich diese von dem Abteilungsleiter Ba. am 02.04.2009 ins Feld geführte „schriftliche Anweisung“ des Klägers ergeben könnte. Obwohl die Beklagte zu allen Geschäftsunterlagen Zugang hatte, ist es ihr auch mit Unterstützung des Abteilungsleiters Ba. im laufenden Rechtsstreit nicht gelungen, die vermeintlich existierende schriftliche Anweisung zur Veränderung des Zuständigkeitsbereichs des Abteilungsleiters Ba. vorzulegen. Die Beklagte hat im Gegenteil auf ausdrückliche Nachfrage in der letzten mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben (Bl. 358 d.A.), dass mit der schriftlichen Verfügung des Klägers zur Veränderung des Zuständigkeitsbereichs von Herrn Ba. „ein Vermerk vom 02. Oktober 2006“ gemeint sei. Dieser Vermerk vom 02. Oktober 2006 beinhaltet indes weder formell noch materiell eine Änderung des Zuständigkeitsbereichs des Abteilungsleiters Ba..

Bei der von der Beklagten vorgetragenen schriftlichen Äußerung des Klägers vom 2. Oktober 2006 handelt es sich ersichtlich nicht um eine gegenüber dem Abteilungsleiter Ba. abgegebenen Erklärung zur Veränderung seiner Zuständigkeit. Denn Herr Ba. war schon nicht Adressat dieses „Vermerks“ auf der von dem Abteilungsleiter Be. an den Kläger übersandten Mail (Anlage B 16). Darüber hinaus zeigt die Verbindung des „Vermerks“ vom 2. Oktober 2006 mit dem Ausdruck der Mail des Abteilungsleiters Be., dass sich die interne Äußerung des Klägers nicht auf die betriebsinterne Zuständigkeit des Abteilungsleiters Ba. für die Durchführung des IGV-Vertrages bezog, sondern um einen Kommentar zur Vorgehensweise gegenüber der m. GmbH bezüglich eines konkreten Anlasses. Aus dem Inhalt der Mail des Abteilungsleiters Be. vom 2. Oktober 2006 ergibt sich, dass zum damaligen Zeitpunkt Meinungsverschiedenheiten zwischen der BKK G. + J. und der m. GmbH über die Qualität der Arbeit des eingeschalteten gewerblichen Callcenters zur Betreuung der Mitglieder des m. - Konzepts bestanden. Aus dem Sachzusammenhang des Vermerks mit der Mail vom 2. Oktober 2006 ergeben sich damit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Zuständigkeit des Abteilungsleiters Bau. für die Durchführung der IGV-Verträge durch schriftliche Anweisung verändern wollte. Es ist seitens der Beklagten auch nichts dafür vorgetragen worden, dass die Stellenbeschreibung des Abteilungsleiters Ba. und das Organigramm über die betriebsinternen Zuständigkeiten im Anschluss an den Vermerk vom 02. Oktober 2006 verändert und im Hause der BKK G. + J. publik gemacht worden sind.

Letztlich ist das Parteivorbringen der Beklagten zur vermeintlichen Veränderung des Aufgabenkatalogs des Abteilungsleiters Ba. auch widersprüchlich, denn die Beklagte hat die von dem Kläger vorgelegte E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Abteilungsleiter Ba. und dem Geschäftsführer der m. GmbH gemäß Anlagen K 29 - K 31 zu verschiedenen Abrechnungsfragen auf der Grundlage des IGV-Vertrages nicht bestritten. Außerdem war der Abteilungsleiter Ba. noch am 5. Dezember 2008 als Vertreter der BKK G. + J. an einer Besprechung über verschiedene Abrechnungs- und Abstimmungsmodalitäten auf der Grundlage des IGV-Vertrages tätig. Diese zugestandene tatsächliche Wahrnehmung der Aufgaben bei der Umsetzung des IGV-Vertrages durch den Abteilungsleiter Bau. bedeutet, dass die ursprüngliche Annahme der Rechtsvorgängerin der Beklagten aus Anfang April 2009 zum „Kaltstellen“ des Abteilungsleiters Ba. im Rechtsstreit ohne jegliche Substanz geblieben ist.

Da der Kläger als alleiniger Vorstand der BKK G. + J. demnach seinen damaligen Abteilungsleiter Vertrags- und Versorgungsmanagement Ba. unstreitig als Verantwortlichen für die Ausgestaltung des IGV-Vertrages und die Durchsetzung/Umsetzung des Vertrages bestimmt hatte, könnte grob pflichtwidriges Verhalten des Klägers als Vorstandsvorsitzender der BKK G. + J. nur in Betracht kommen, wenn er den von ihm eingesetzten Abteilungsleiter bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben in diesem Geschäftsfeld nicht hinreichend kontrolliert, angewiesen oder beaufsichtigt hätte und der Rechtsvorgängerin der Beklagten dadurch ein Vermögensschaden in beachtlichem Umfang entstanden wäre. Das ist indes nicht der Fall.

Das von der BKK G. + J. sowohl in dem Kooperationsvertrag als auch in § 10 Ziffer 4 des IGV-Vertrages vom 13. April 2006 mit der m. GmbH übernommene sogenannte Verlustrisiko beinhaltete keine maßgebliche Vermögensgefährdung der Beklagten. Denn diese vertragliche Regelung in § 10 Ziffer 4 beinhaltete für die Betriebskrankenkasse kein zusätzliches, über die allgemeine Leistungsverpflichtung für den Fall der Erkrankung von Versicherten hinaus gehendes finanzielles Risiko. Ohne den IGV-Vertrag mit der m. GmbH wären diese Vergütungen von der BKK G. + J. unter Beteiligung der regionalen kassenärztlichen/ kassenzahnärztlichen Vereinigungen unmittelbar an die Leistungserbringer zu zahlen gewesen. Aus dem Sachzusammenhang der vertraglichen Regelung in § 10 Ziffer 4 des IGV-Vertrages ergibt sich zudem, dass die BKK G. + J. sich entgegen der Auffassung der Beklagten gerade nicht verpflichtet hatte, auch die Verluste aus dem allgemeinen Geschäftsbetrieb der m. GmbH zu übernehmen. Dieses Risiko trugen die Gesellschafter der m. GmbH.

Damit bedeutete die Übernahme des sogenannten Verlustrisikos in der Anlaufphase des sogenannten m. -Projektes nicht mehr und nicht weniger als das die Betriebskrankenkasse - allerdings unter Zwischenschaltung der m. GmbH - verpflichtet war, für den Fall, dass die vereinbarte Versorgungspauschale nicht kostendeckend sein würde, die Rechnungen der Leistungserbringer für Behandlungen der Versicherten der BKK G. + J. - wie gesetzlich vorgesehen - zu bezahlen. Da mit der Übernahme des Verlustrisikos auf der Grundlage von § 10 Ziffer 4 des IGV-Vertrages kein zusätzliches finanzielles Risiko für die Versichertengemeinschaft verbunden war, stellte auch die vom Kläger am 31. Oktober 2007 erklärte Verlängerung der Verlusttragungspflicht bis zum Ende der Projektphase (Ende des Jahres 2008) ebenfalls kein grob pflichtwidriges Verhalten dar. Letztlich ist an dieser Stelle erneut hervorzuheben, dass die Zahl der Mitglieder, die sich für das m. -Konzept entschieden hatten, im Vergleich zu der Gesamtmitgliederzahl von 100.000 als gering anzusehen ist und damit das finanzielle Risiko ebenfalls keinen beachtlichen Umfang einnehmen konnte.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sind dem Kläger auch bezüglich der Umsetzung des § 6 Ziffer 3 des IGV-Vertrages vom 13. April 2006 keine schwerwiegenden Pflichtverletzungen anzulasten, die die Beklagte zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung des Vorstands- Anstellungsvertrages hätte berechtigen können.

Zwar sind im vorliegenden Rechtsstreit von den Parteien keine schriftlichen Unterlagen über den - im Jahre 2008 vorgenommenen - quartalsmäßigen Abgleich von Forderungen und Verbindlichkeiten nach § 6 Ziffer 3 des IGV-Vertrages vorgelegt worden. Der Inhalt des von dem Kläger selbst in Auftrag gegebenen Revisionsberichts vom 26. Februar 2009 lässt auch den Schluss zu, dass offenbar von dem Abteilungsleiter Ba. keine vollständigen förmlichen quartalsmäßigen Abrechnungen auf der Grundlage von § 6 Ziffer 3 des IGV-Vertrages vorgenommen worden sind. Aus dem eigenen Parteivorbringen der Beklagten aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 1. Februar 2011 ergibt sich, dass die von dem Abteilungsleiter Ba. im Kontakt mit dem Kläger getroffene Entscheidung bis Ende 2008 auf eine förmliche Abrechnung und Erfassung vermeintlicher „Doppelzahlungen“ zu verzichten, bei der gebotenen unternehmerischen Betrachtungsweise sachgerecht war und damit dem Kläger nicht nachträglich als pflichtwidriges Verhalten anzulasten ist.

Maßgeblich für diese Bewertung ist für die Kammer, dass dem Abteilungsleiter Ba. und dem Kläger anhand der von der Beklagten selbst vorgelegten Quartalsabrechnungen der m. GmbH zu den sogenannten Versorgungspauschalen sowie der Listen der dem m. -Konzept beigetretenen Mitglieder der finanzielle Umfang etwaiger „Gegenforderungen“ aus sogenannten Doppelzahlungen abschätzbar war. Der Kläger und sein Abteilungsleiter durften, ohne dass dies als Dienstpflichtverletzung gewertet werden könnte, bei einer Mitgliederzahl zum Ende des Jahres 2007 von 50 als Beteiligte am m. -Konzept und auch bei einer Mitgliederzahl Mitte des Jahres 2008 und zum 1. Dezember 2008 von 1.362 auf eine förmlich errechnete Gegenforderung aus etwaigen Doppelzahlungen verzichten bzw. zunächst zurückstellen. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge Ba. hatten sich ab Oktober 2008 einen Überblick zu etwaigen „Doppelzahlungen“ verschafft. Insoweit ist außer Streit geblieben, dass der Abteilungsleiter Ba. dem Kläger im Oktober 2008 davon berichtet hat, dass möglicherweise Doppelzahlungen in einer Größenordnung von 20.000,00 € angefallen sein könnten. Bei dieser Größenordnung im Verhältnis zum Gesamtleistungsvolumen von 127.000.000,00 € durfte der Kläger im Oktober 2008 angesichts der nachvollziehbaren Mehrbelastung des Führungspersonals der BKK G. + J. während der im letzten Quartal 2008 geführten Fusionsverhandlungen die zeitaufwendige und personalintensive Erfassung und Verrechnung von sogenannten Doppelzahlungen auf der Grundlage von § 6 Ziffer 3 des IGV-Vertrages zurückstellen.

Es war sachgerecht, diese interne Überprüfung von Buchungsvorgängen wegen der anderen wahrzunehmenden Aufgaben auf Januar 2009 zu verschieben. Im Januar 2009 ist der Kläger dann als Mitglied des Vorstandes der fusionierten Kasse selbst tätig geworden und hat einen Auftrag zur Innenrevision erteilt, der zu dem Revisionsbericht vom 26. Februar 2009 (Anlage B 6) geführt hat.

Auf der Grundlage des eigenen Parteivorbringens der Beklagten in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 1. Februar 2011 ergibt sich, dass die Entscheidung des Klägers, die förmliche Erfassung von etwaigen Doppelzahlungen für ein Quartal zurückzustellen, gut vertretbar war. Denn nach den nachträglichen Ermittlungen der Beklagten im laufenden Prozess betrug das Anfang Oktober 2008 erkennbare Abrechnungsvolumen gegenüber der m. GmbH lediglich 58.858,95 € und zum Jahresende 2008 nur 112.014,24 €. Durch das Unterlassen der Erfassung der Gegenansprüche gegenüber der m. GmbH in dieser Größenordnung ist im Vergleich zu dem Gesamtleistungsvolumen von 127.000.000,00 EUR der BKK G. + J. keine maßgebliche Vermögensgefährdung während der Zeit des Klägers als alleiniger Vorstandsvorsitzender der BKK G. + J. eingetreten.

Die Verneinung einer maßgeblichen Vermögensgefährdung ergibt sich auch aus dem Vergleich der Gesamtsumme der Doppelzahlungen nach § 6 Ziffer 3 des IGV-Vertrages zum Ende des Jahres 2008 in Höhe von 112.014,24 € zu den Versorgungspauschalen, die im Januar, Februar und März 2009 von der m. GmbH gefordert und mit monatlich 67.700,00 € von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unter der Verantwortung ihres jetzigen Vorstandsvorsitzenden auch tatsächlich gezahlt worden sind. Die Außenstände hätten durch Verrechnung gegenüber den Pauschalen - nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten - in zwei Monaten ausgeglichen werden können.

Schließlich hat die Beklagte mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 1. Februar 2011 erstmalig Bezug genommen auf das Kündigungsschreiben ihrer Rechtsvorgängerin vom 23. März 2009 gegenüber der m. GmbH (Anlage B 39). Mit diesem Schreiben begehrte die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf der Grundlage der Erhebungen in dem Revisionsbericht vom 26. Februar 2009 eine auf § 6 Ziffer 3 des IGV-Vertrages gestützte Ausgleichszahlung in der Größenordnung von 171.808,63 €. Diesem Anspruch stand die mit der Quartalsabrechnung vom 25. März 2009 gemäß Anlage B 43 geltend gemachte Restzahlung der Versorgungspauschale der m. GmbH für das erste Quartal 2009 mit 110.060,00 € gegenüber. Daraus ist mit dem eigenen Zahlenwerk der Beklagten zu schlussfolgern, dass die Ausgleichsforderung bei Fortführung des IGV-Vertrages bzw. fristgerechter Kündigung zum Ende des Jahres 2009 durch Verrechnung mit der am 1. April angeforderten Restsumme in Höhe von 110.060,00 € und der zum 10. April 2009 fällig werdenden Monatspauschale in Höhe von 30 % der letzten vorliegenden Quartalsabrechnung (30 % von 360.360,00 € = 108.108,00 €) hätte befriedigt werden können. Mithin hätten die Außenstände bis zum 10. April 2009 ausgeglichen werden können.

(b)

Die von der Beklagten angeführten Zweifel an der formellen und materiell-rechtlichen Zulässigkeit des Kooperationsvertrages von der BKK G. + J. mit der m. GmbH vom 03.08.2004 und des darauf aufbauenden IGV-Vertrages vom 13.04.2006 stellen auch für sich betrachtet keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB dar.

Entscheidend ist hinsichtlich dieses Sachverhalts, dass nur grobe Pflichtverletzungen eines Vorstandsvorsitzenden geeignet sein können, die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses zu begründen. Die Ausgestaltung der Verträge vom 03.08.2004 und dem 13.04.2006 war wegen der vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Verträge über die integrierte Versorgung (weniger als 1 % des Leistungsvolumens) nicht geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig zu stören. Dabei kann nach Auffassung der Kammer in jeder Beziehung offen bleiben, ob die während des Prozesses von der Beklagten ins Feld geführten Zweifel an der formellen und materiell-rechtlichen Verbindlichkeit der beiden Verträge aus heutiger Sicht zutreffen. Vielmehr ist für die Frage der Begründetheit einer fristlosen Kündigung auf die Erkenntnismöglichkeiten des Klägers in den ersten beiden Jahren nach Inkrafttreten der Neuregelung der §§ 140 a f. SGB V, also in der Zeit zwischen dem 01.01.2004 und dem 13.04.2006, abzustellen. In dieser Zeit wurde von den gesetzlichen Krankenkassen auf der Grundlage der Neuregelung der §§ 140 a f. SGB V Neuland betreten. Es gab unstreitig eine breite öffentliche Diskussion über den Sinn und Zweck und die Möglichkeiten der vertraglichen Ausgestaltung der integrierten Versorgung. Der Kläger hat in dieser Anlaufphase das getan, was ein verantwortungsbewusster Vorstand einer gesetzlichen Krankenkasse zu tun hat. Er hat die öffentliche Diskussion beobachtet, den Gedankenaustausch zum BKK-Landesverband Nord gepflegt, sich Rechtsrat eingeholt und Vertragsentwürfe bei dem Bundesversicherungsamt eingereicht und förmliche Beanstandungen des Bundesversicherungsamtes in die Vertragsgestaltung eingearbeitet bzw. einarbeiten lassen. Aus dieser Handhabung durch den Kläger selbst und die von ihm beteiligten Mitarbeiter der BKK G. + J. ist für das Gericht erkennbar, dass der Kläger auf zum Teil unsicherer Tatsachengrundlage und auch rechtlich in der Entwicklung befindlicher Fragestellungen angemessen reagiert hat. Die von ihm im September 2004 zu verantwortende Anschubfinanzierung in Höhe von 10.000,00 EUR zugunsten der m. GmbH ist von ihm auf Veranlassung der BVA durch Umwandlung in ein Darlehen rückgängig gemacht worden.

(c)

Auch die Übernahme der Funktion eines (stellvertretenden) Geschäftsführers der m. GmbH in der Zeit vom 03. August 2004 bis 30. Juni 2007 stellt keine grobe Verletzung seines vormals mit der BKK G. + J. geschlossenen Vorstands-Anstellungsvertrages (Anlage K 1) dar. Allerdings war dem Kläger nach § 1 des vormaligen Vorstands-Anstellungsvertrages eine Nebentätigkeit verboten und der Kläger hat diese vertraglich vereinbarte Nebentätigkeit auch gegenüber dem vormaligen Verwaltungsrat der BKK G. + J. nicht angezeigt. Dem Kläger hätte außerdem auffallen müssen, dass die Übernahme der Funktion eines Geschäftsführers bei einem Vertragspartner der von ihm geleiteten Betriebskrankenkasse einen Interessenkonflikt hervorrufen konnte. Denn sowohl der Kooperationsvertrag als auch der IGV-Vertrag vom 13.04.2006 enthielten allgemein gefassten Vertragsbestimmungen, die ergänzende Vertragsverhandlungen erforderlich machen konnten, bei denen der Kläger durchaus in einen Konflikt zwischen den Interessen der m. GmbH und der BKK G. + J. hätte geraten können.

Für die nachträgliche Gewichtung der Pflichtverletzung des Klägers im Rahmen der Anwendung des § 626 Abs. 1 BGB als nicht grob pflichtwidrig ist indes entscheidend, dass der Kläger in der Zeit seiner formellen Bestimmung als (stellvertretender) Geschäftsführer der m. GmbH tatsächlich keine Geschäftsführertätigkeit entfaltet hat. Die m. GmbH war über den gesamten Zeitraum jeweils durch einen anderen Geschäftsführer vertreten, so dass - unstreitig - der Kläger für die m. GmbH überhaupt nicht als Geschäftsführer tatsächlich tätig geworden ist. Außerdem hatte der Kläger die Funktion eines (stellvertretenden) Geschäftsführers der m. GmbH bereits zum 30.06.2007 beendet. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der fristlosen Kündigung im April 2009 hatte der Kläger seine „Nebentätigkeit“ demnach bereits seit fast 2 Jahren aufgegeben.

Allein daraus ergibt sich, dass die Fortsetzung des Vorstands-Anstellungsvertrages im April 2009 für die Beklagte ersichtlich nicht unzumutbar war.

(d)

Der Kläger hat seine Berichtspflicht gegenüber dem Verwaltungsrat der BKK G. + J. erfüllt, so dass die Beklagte die außerordentliche Kündigung nicht auf eine Verletzung der Berichtspflicht stützen kann.

Gemäß § 35 a Abs. 2 SGB IV ist der Vorstand einer gesetzlichen Krankenkasse verpflichtet, dem Verwaltungsrat über (1.) die Umsetzung von Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung und (2.) die finanzielle Situation und die voraussichtliche Entwicklung sowie (3.) außerdem dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates aus sonstigen wichtigen Anlässen zu berichten. Ob Geschäftsvorfälle bei einer gesetzlichen Krankenkasse für den Vorstand im Verhältnis zum Verwaltungsrat von „grundsätzlicher Bedeutung“ und damit berichtspflichtig sind, bedarf im Einzelfall sicher einer Konkretisierung durch Geschäftsordnungen oder konkrete Absprachen zwischen dem Vorstand einer gesetzlichen Krankenkasse und dem Verwaltungsrat bzw. dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates. Einzelheiten dazu sind dem Gericht bezüglich der Zusammenarbeit des Vorstandes der BKK G. + J. und dem seinerzeitigen Verwaltungsrat nicht vorgetragen worden. Die Kammer geht aber mit der insoweit übereinstimmenden Einschätzung der Parteien davon aus, dass die Beteiligung einer gesetzlichen Krankenkasse an dem am 01.01.2004 neu geschaffenen Instrumentarium der sog. integrierten Versorgung nach §§ 140 a f. SGB V für den Kläger berichtspflichtig war. Er war verpflichtet, seinen damaligen Verwaltungsrat in groben Zügen darüber zu informieren, ob und welche IGV-Verträge geschlossen und umgesetzt werden.

Auf der Grundlage des eigenen Parteivorbringens der Beklagten steht aber fest, dass der Kläger den früheren Verwaltungsrat der BKK G. + J. in dem gebotenen Umfang informiert hat. Denn der Kläger hat den Verwaltungsrat ausweislich des Protokolls vom 17.12.2004 über den zuvor geschlossenen Kooperationsvertrag mit der m. GmbH informiert und - wie vom BVA verlangt - einen Beschluss zur Gewährung des Darlehens von 10.000,00 EUR fassen.lassen Damit war dem Verwaltungsrat die Existenz des Kooperationsvertrages und die grundsätzliche Bedeutung für den Geschäftsbetrieb der BKK G. + J. bekannt. Seit diesem Zeitpunkt konnte der Verwaltungsrat gestützt auf die am 17.12.2004 erfolgte Unterrichtung nachfragen und gegebenenfalls weitere Informationen seitens des Vorstandes einfordern.

Weitere nicht konkret nachgefragte Berichte schuldete der Kläger als Vorstand dem früheren Verwaltungsrat nach Auffassung der Kammer nicht. Dies ist insbesondere aus der lediglich begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung des mit der m. GmbH abgeschlossenen Kooperationsvertrages und des anschließend förmlich vereinbarten IGV-Vertrages vom 13.04.2006 abzuleiten. Bis zur Fusion der früheren BKK G. + J. zur Jahreswende 2009 lag die wirtschaftliche Bedeutung für die BKK G. + J. deutlich unter 1 %. Damit bestand für den Kläger bis zum Ende des Jahres 2008 keine weitergehende Verpflichtung, dem Verwaltungsrat über den IGV-Vertrag zu berichten.

(e)

Die Begründung einer Mitgliedschaft in dem Wirtschaftsrat der CDU zu Lasten der BKK G. + J. mit einem Mitgliedsbeitrag von 960,00 EUR pro Jahr führte im April 2009 nicht zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vorstands-Anstellungsvertrages für die Rechtsvorgängerin der Beklagten.

Dabei lässt die Kammer offen, ob die Mitgliedschaft einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in einer parteinahen Organisation zulässig ist oder nicht. Denn der Kläger wollte mit der Begründung der Mitgliedschaft die Interessen der BKK G. + J. in der öffentlichen Diskussion fördern und weder sich noch andere mit der Begründung der Mitgliedschaft wirtschaftliche oder persönliche Vorteile verschaffen. Für den Fall einer rechtlichen Unzulässigkeit befand er sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum.

(f)

Auch die von dem Kläger rückwirkend ab 01.01.2005 in Kraft gesetzte „interne Verwaltungsrichtlinie zu Leistungen“ mit einer Vielzahl von Unterpunkten bei der Leistungsgewährung berechtigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten im April 2009 nicht, den Vorstands- Anstellungsvertrag fristlos zu kündigen. Es ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, weshalb eine von der BKK G. + J. über 4 Jahre praktizierte Verwaltungsrichtlinie im April 2009 dazu hätte führen können, dass die Vertrauensbasis zwischen dem Verwaltungsrat der fusionierten Kasse und dem ehemaligen Vorstand gestört wird. Das überzeugt umso weniger, als dem Kläger Jahr für Jahr als Vorstandvorsitzender der BKK G. + J. Entlastung erteilt worden ist. Nachträgliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einiger weniger Ziffern in einer umfassenden Verwaltungsrichtlinie sind generell nicht geeignet, die weitere Zusammenarbeit mit dem - früher - verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden für die Zukunft unzumutbar zu machen.

(g)

Auch die Gesamtschau aller von den Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe rechtfertigt die fristlose Kündigung nicht.

4.

Die am 07.04.2009 ausgesprochene Kündigung ist auch nicht als ordentliche Kündigung gemäß §§ 620 ff BGB wirksam. Denn die vertragsschließenden Parteien haben in Ziffer 14. des (Vorstands-) Anstellungsvertrages vom 12.01.2009 (Anlage K 4) das Recht zur ordentlichen Kündigung auch für den Fall der Kassenfusion ausgeschlossen.

II.

F e s t s t e l l u n g s a n t r a g  zu Ziffer 2.)

Das Feststellungsbegehren bezieht sich auf die Frage der Wirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 (Anlage K 6) und die Unwirksamkeit des am 24. April 2009 erklärten Rücktritts ( Anlage K 12 ) von der Ergänzungsvereinbarung.

Der Feststellungsantrag zu 2) ist insgesamt unbegründet.

Die Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 ist insgesamt nichtig. Sie verstößt gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB und stellt sich außerdem als Rechtsgeschäft dar, das gegen die guten Sitten i.S. von § 138 BGB verstößt. Die Nichtigkeit der Ergänzungsvereinbarung erfasst nicht den Hauptvertrag vom 12.01.2009.

1. Gesetzesverstoß nach § 134 BGB

§ 134 BGB regelt, dass ein Rechtsgeschäft, welches gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, wenn sich aus dem Gesetz nicht ein anderes ergibt. Verbotsnormen können sich aus den Gesetzen im formellen Sinne, d.h. aus Bundes- oder Landesrecht, ergeben. Das Verbot braucht im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen zu sein. Es ist ausreichend, wenn sich aus dem Zusammenhang des Gesetzes ergibt, dass der Gesetzgeber mit einer gesetzlichen Regelung die Nichtigkeitsfolge für den Fall der Missachtung der Norm anordnen wollte (vergl. Palandt-Ellenberger, BGB, 69. Auflage, § 134 Rdnr. 2).

Die von dem Kläger mit der Rechtsvorvorgängerin der Beklagten am 12. Januar 2009 geschlossene Ergänzungsvereinbarung (Anlage K 6) verstößt gegen § 35 a Abs. 3, Satz 2 SGB IV. Dieses Gesetz stellt ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB dar.

§ 35 a SGB IV steht in dem Abschnitt über gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung und beinhaltet Regelungen zum Vorstand bei Orts-, Betriebs- und Innungskassen sowie Ersatzkassen. Das Gesetz schreibt in § 35 a Abs. 1 SGB IV fest, dass u.a. Betriebskrankenkassen von einem Vorstand verwaltet werden, der die Krankenkasse gerichtlich und außergerichtlich vertritt.

Absatz 3 dieser Vorschrift regelt dann ausdrücklich, dass die Mitglieder des Vorstandes ihre Tätigkeit hauptamtlich ausüben und die Amtszeit bis zu sechs Jahren (bei einmaliger Wiederwahlmöglichkeit) beträgt. Dem Wortlaut dieser Vorschrift nach ist also die regelmäßige Amtszeit eines Vorstandsmitgliedes auf höchstens sechs Jahre begrenzt.

Die Kammer ist mit dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht ( Beschluss vom 13. Oktober 2009 ) der Auffassung, dass sich aus Sinn und Zweck der befristeten Bestellung von Vorstandsmitgliedern gemäß § 35 a Abs. 3 S. 2 SGB IV ergibt, dass dieses Gesetz ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB ist. Es verbietet die Wahl und die Bestellung eines Vorstandsmitgliedes für einen Zeitraum, der sechs Jahre überschreitet. Zwar ordnet § 35 a Abs. 3 SGB IV nicht ausdrücklich an, dass ein Verstoß gegen diese Norm zur Nichtigkeit längerfristiger Vorstandsbestellungen führt. Aus der Bedeutung gesetzlicher Vorschriften für die Vertretungsbefugnis von Organen öffentlich-rechtlicher Krankenkassen folgt aber, dass der Verstoß gegen eine zentrale Vorschrift zur Organisation von öffentlich - rechtlichen Krankenkassen die Nichtigkeit zur Folge hat. Denn Sinn der gesetzgeberischen Bestimmung einer Höchstfrist für die Organstellung eines Vorstandsmitgliedes ist es, dass die vertretene Körperschaft nicht über diesen Zeitraum hinaus wirtschaftlich an das Vorstandsmitglied gebunden sein soll.

Die Qualifizierung von § 35 a Abs. 3 S. 2 SGB IV als Verbotsgesetz folgt für die Kammer auch aus einem Vergleich zum Aktienrecht. Bezogen auf die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften ist in § 84 Abs. 1 Aktiengesetz Vergleichbares zur Vertretung der privatrechtlichen juristischen Personen geregelt. Danach bestellt der Aufsichtsrat Vorstandsmitglieder auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung und Verlängerung der Amtszeit für höchstens fünf weitere Jahre ist nach dem Aktienrecht zulässig. Diese dem Reglungsgehalt des § 35 a Abs. 3 S. 2 SGB IV vergleichbare gesetzliche Regelung zur Befristung der Bestellung von Vorstandsmitgliedern einer juristischen Person des Privatrechts hat der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 26. August 2009 - Az. 5 AZR 522/08, NZA 2009, 1205 als gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB eingestuft. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei hervorgehoben, dass es sich aus dem Sinn und Zweck dieser Regelung im Aktiengesetz ergebe, dass eine längere zeitliche Bindung unwirksam ist, weil die Aktiengesellschaft nicht unbegrenzt - jedenfalls nicht länger als fünf Jahre - an ihren Vorstand gebunden sein soll. § 84 Abs. 1 Aktiengesetz begrenze gerade auch das wirtschaftliche Risiko, das mit der Berufung und Abberufung eines Vorstandsmitgliedes verbunden sei.

Diese vom Bundesarbeitsgericht für die Aktiengesellschaft hervorgehobenen Erwägungen gelten nach Auffassung der Kammer auch für die Begrenzung der Dauer des Vorstandsamtes gemäß § 35 a Abs. 3, Satz 2 SGB IV. Auch für den Bereich der öffentlich - rechtlich organisierten Krankenkassen gilt, dass jede Bestellung eines Vorstandes, die über sechs Jahre (mit einmaliger Wiederwahl) hinaus geht, nach dem Willen des Gesetzgebers unwirksam ist.

Aus der Qualifizierung von § 84 Abs. 1 Aktiengesetz als Verbotsgesetz hat das Bundesarbeitsgericht den weitergehenden überzeugenden Schluss gezogen, dass jede objektive Umgehung der als zwingend angesehenen Rechtsnorm ebenfalls unwirksam ist, wenn der Gesetzeszweck dadurch vereitelt wird. Da andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten häufig genutzt werden, um ohne sachlich gerechtfertigen Grund eine längerfristige Bindung der Anstellungskörperschaft zu bewirken, hat das Bundesarbeitsgericht in der o.a. Entscheidung konsequenterweise geurteilt, dass ( Vorstands-) Anstellungsverträge, die eine über die gesetzliche Höchstfrist für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern hinausgehende Bindung entfalten, als Umgehungsgeschäft ebenfalls nach § 134 BGB nichtig sind.. Das BAG hat einen (Vorstands-) Anstellungsvertrag -- mit einer über die aktienrechtlich zulässige zeitliche Begrenzung hinausgehenden Bindung von sechs Jahren -- für nichtig erachtet, weil damit eine wirtschaftliche Belastung der juristischen Person verbunden sei, die nach dem Gesetzeszweck über die Befristung der Vorstandsämter nicht gewollt und damit nicht zulässig sei.

Der vom BAG formulierte Maßstab für die Unwirksamkeit von Umgehungsgeschäften, die darauf gerichtet sind, eine wirtschaftliche Bindung der juristischen Körperschaft über das gesetzliche Höchstmaß der Wählbarkeit von Vorstandsmitgliedern hinaus zu bewirken, ist nach Überzeugung der Kammer richtig. Die Interessenlage ist in der öffentlich-rechtlichen Sozialversicherung vergleichbar. Auch für den Bereich der Vertretung von Krankenkassen gilt, dass Rechtsgeschäfte, mit denen eine Umgehung der Höchstbindungsfrist für Vorstandsämter aus § 35 a Abs. 3 S. 2 SGB IV erreicht werden soll, unwirksam sind, d.h. die Versichertengemeinschaft gerade nicht über die gesetzliche Höchstfrist hinaus wirtschaftlich belastet werden soll.

Für die Kammer steht auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens fest, dass die von den vertragsschließenden Parteien am 12. Januar 2009 schon so bezeichnete „Ergänzungsvereinbarung“ ( Anlage K 6 ) zu einem auf einem anderen Papier - zeitgleich- geschlossenen (Vorstands-) Anstellungsvertrag ( Anlage K 4 ), ein Rechtsgeschäft darstellt, das objektiv eine Umgehung der zwingenden Rechtsnorm des § 35 a Abs. 3 S. 2 SGB IV darstellt und deswegen vor der Rechtsordnung keinen Bestand haben kann.

Den Umgehungscharakter der gesamten Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 mit allen Alternativen macht das Gericht nicht nur an dem Umstand fest, dass die vertragsschließenden Parteien am 12. Januar 2009 die Bedingungen zur Weiterbeschäftigung des Klägers trotz Beendigung seines Vorstandsamtes ohne nachvollziehbare und erläuterte Begründung in einem gesonderten Vertrag geregelt haben. Die Umgehungswirkung der Ergänzungsvereinbarung folgt für das Gericht ohne weiteres aus der auf Seite 2 abschließend zu Papier gebrachten Formulierung „die übrigen Bestandteile Ihres Anstellungsvertrages bleiben hiervon unberührt“. d.h. die vertragsschließenden Parteien wollten erreichen, dass der Kläger trotz der Beendigung seines Vorstandsamtes / Nichtwiederwahl aus Anlass einer Kassenfusion wirtschaftlich durch Weiterzahlung seines Gehalts so gestellt wird, als würde er weiterhin Vorstand einer Betriebskrankenkasse sein.

Hinzu kommt, dass die Auslegung anhand des Wortlautes und nach dem Sinn und Zweck der „Ergänzungsvereinbarung“ ergibt, dass die Parteien eine abschließende Vereinbarung für den Fall treffen wollten, dass der Kläger nicht mehr in den Vorstand einer fusionierten Betriebskrankenkasse berufen wird und damit sein Vorstandsamt endet. Für diesen - zum 1. April 2009 dann tatsächlich eingetretenen - Fall haben die vertragsschließenden Parteien auf Seite 1 der Ergänzungsvereinbarung sprachlich eindeutig festgelegt, d.h. eine Einigung dahingehend getroffen, dass der Kläger in der fusionierten Betriebskrankenkasse in einer leitenden Funktion als Geschäftsführer (mit einem noch zu definierenden und seiner Qualifikation und seinen Fähigkeiten entsprechenden Geschäftsbereich) zu den Bedingungen des ( Vorstands-) Anstellungsvertrages gemäß Anlage K 4 weiter beschäftigt wird. Um diese „Weiterbeschäftigung“ nach der Regelung auf Seite 1 der Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 zu erreichen, musste der Kläger nach der Überzeugung der Kammer keine Wahl „treffen“, vielmehr sollte diese Regelung für den tatsächlich per 1. April 2009 eingetretenen Fall der Nichtberufung in den Vorstand der neu entstandenen BKK, ohne weiteres gelten.

Diese von den vertragsschließenden Parteien der Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 gewollte Fortsetzung des Dienstverhältnisses als Arbeitsverhältnis in leitender Funktion als Geschäftsführer beinhaltet eine wirtschaftliche Belastung der Beklagten und damit der Versichertengemeinschaft, die über die Sechs-Jahresfrist des § 35 a Abs. 3 S. 2 SGB IV hinaus geht. Dies ergibt die Auslegung der Ergänzungsvereinbarung, die im Tatbestand wörtlich zitiert worden ist, bereits aus dem Grunde, weil die Parteien ausdrücklich geregelt haben, dass die in dem Hauptvertrag vom 12. Januar 2009 korrekterweise geregelte Befristung des (Vorstands-) Anstellungsvertrages gemäß Punkt 14 auf die Dauer des Vorstandsamtes bis zum 31. Dezember 2014 entfallen sollte. Die Parteien haben weitergehend sogar klargestellt, dass das „Anstellungsverhältnis“ für den damals 58-jährigen Kläger bis zum gesetzlich festgelegten Rentenalter fortgesetzt werden sollte.

Da mit Ausnahme der in Ziffer 14 des Hauptvertrages vom 12. Januar 2009 geregelten Befristung des (Vorstands-) Anstellungsvertrages per 31. Dezember 2014 alle anderen Bestimmungen des Hauptvertrages auch nach dem Sinn und Zweck der Ergänzungsvereinbarung Bestand haben sollten, beinhaltete die Ergänzungsvereinbarung automatisch eine über den 31. Dezember 2014 hinausgehende wirtschaftliche Bindung der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Vertragspartnerin des Klägers zu den Bedingungen des Hauptvertrages. Dies noch dazu ohne Vereinbarung einer adäquaten Dienstverpflichtung als Gegenleistung. Zwar sollte nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien die Befristung per 31. Dezember 2014 entfallen, jedoch wurde eine neue Befristung in die Ergänzungsvereinbarung aufgenommen, nämlich bis zum Ablauf des Monats bis der Kläger das für ihn geltende gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht.

Für die Kammer ergibt sich demnach der Umgehungscharakter und die über die Höchstfrist des § 35 a Abs. 3 S. 2 SGB IV hinausgehende vom Verbotsgesetzgeber gerade nicht gewollte wirtschaftliche Belastung der Versichertengemeinschaft bereits aus der Regelung auf Seite 1 der Ergänzungsvereinbarung. Daher kann für die abschließende Bewertung als Umgehungsgeschäft dahinstehen, ob die weiteren, dem Kläger auf Seite 2 der Ergänzungsvereinbarung angebotenen Alternativen zum vorzeitigen Ausscheiden aus einer fusionierten Kasse auch oder sogar noch eine weitergehende wirtschaftliche Belastung der Beklagten darstellen würden.

Die Nichtigkeit erstreckt sich gemäß § 139 BGB auch auf die bisher nicht ausgeübten Alternativen auf Seite 2 der Ergänzungsvereinbarung vom 12.01.2009.

Die Kammer lässt ausdrücklich offen, ob sich die Nichtigkeit der Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 (Anlage K 6) gemäß § 134 BGB zusätzlich aus einem Verstoß gegen die Organisations- und Personalkompetenz des Vorstandes der fusionierten Betriebskrankenkasse ergeben könnte. Insoweit kann offen bleiben, ob die von der Beklagten angeführten öffentlich - rechtlichen Vorschriften der §§ 197 Abs. 1 Nr. 4 SGB V, § 35 a Abs. 1 S. 1 SGB IV Verbotsvorschriften darstellen, die für den Fall der Umgehung als Rechtsfolge die zivilrechtliche Nichtigkeit gemäß § 134 BGB nach sich ziehen könnten.

2. Teilnichtigkeit der Ergänzungsvereinbarung vom 12.01.2009

Die sich aus § 134 BGB ergebende Nichtigkeit der Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 (Anlage K 6) beschränkt sich auf diesen Teil der Vereinbarungen vom 12. Januar 2009. § 139 BGB führt nicht zugleich auch zu einer Nichtigkeit des am 12. Januar 2009 geschlossenen Hauptvertrages (Anlage K 4). Vorliegend ergibt sich aus dem Umstand, dass die Parteien ihre vertraglichen Regelungen am 12. Januar 2009 in zwei Dokumenten niedergelegt haben, dass sie die Gültigkeit der einen Vereinbarung nicht von dem Fortbestand der anderen Vereinbarung abhängig machen wollten. Es ist also mit anderen Worten anzunehmen, dass die Parteien den Hauptvertrag vom 12. Januar 2009 (Anlage K 4) auch geschlossen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass die Ergänzungsvereinbarung gegen § 134 BGB verstößt.

Dazu hat der Kläger im übrigen bei seiner Anhörung angegeben, dass er - selbstverständlich - den Hauptvertrag gemäß Anlage K 4 auch geschlossen hätte, wenn die damals vertragsschließenden Parteien sich nicht auf eine Ergänzungsvereinbarung hätten verständigen können.

3. Nichtigkeit nach § 138 BGB

Die Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 (Anlage K 6) verstößt gegen die guten Sitten und ist deswegen auch gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Rechtsgeschäfte sind nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig, wenn sie dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprechen. Dies beurteilt sich nach den in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen danach, ob eine vertragliche Regelung die der herrschenden Wirtschafts- und Sozialordnung immanente Rechtsethik missachtet (vergl. Münchener Kommentar, BGB, Armbrüster, § 138 Rdnr. 14 und 15). Ausgehend von diesem Obersatz stellt die Rechtsprechung in den von ihr beurteilten Fallgestaltungen auf eine Gesamtwürdigung des Rechtsgeschäfts ab; es entscheidet der „aus der Zusammenfassung von Inhalt, Motiv und Zweck zu entnehmende Gesamtcharakter“ über die Einordnung als sittenwidrig (vergl. Münchener Kommentar, § 138, Rdziffer 30). Auf der Grundlage der von der Rechtsprechung herausgebildeten allgemeinen Definitionen der Sittenwidrigkeit sind in Rechtsprechung und Literatur Fallgruppen gebildet worden, für die wegen der Unschärfe der allgemeinen Begriffsbildung fallbezogene Unterdefinitionen des Begriffs der Sittenwidrigkeit herausgearbeitet worden sind. In der Rechtsprechung des BGH ist zum Beispiel der Umgehungszweck einer gesetzlichen Vorschrift als Grund für eine Sittenwidrigkeit angeführt worden. Im Zentrum der Abwägung steht dabei einerseits der Schutz gesamtwirtschaftlich oder gesamtstaatlich besonders wichtiger Gesetze, andererseits die Durchsetzung und die Respektierung sozialer Schutznormen (vergl. BGHZ NJW 1961, 822; BGHZ NJW 1972, 1575). Dieser Ansatz der Rechtsprechung ist in der Literatur jedenfalls für den Fall übernommen worden, dass weder die Auslegung noch die analoge Anwendung von Verbotsgesetzen zu einer Verbotswidrigkeit nach § 134 BGB führt (vergl. Münchener Kommentar, § 138 Rdnr. 54).

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 25. Januar 2006, Az. VIII ZR 398/03, einen von einer politischen Gemeinde geschlossenen Immobilien-Leasingvertrag als sittenwidrig ungestuft, weil die Gemeinde haushaltsrechtliche Vorschriften missachtet hatte. Dabei hat der BGH für die Bestimmung eines auffälligen Missverhältnisses im Sinn § 138 Abs. 2 BGB nicht entscheidend auf die Frage eines auffälligen Missverhältnisses zwischen dem vereinbarten Inhalt des Leasingvertrages im Vergleich zu anderen Leasingraten in Leasingverträgen, sondern auf die Verletzung der Verpflichtung zur sparsamen Haushaltsführung abgestellt.

Sittenwidrig können nach dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Fallgruppe „der Schädigung der Allgemeinheit oder Dritter“ auch Geschäfte sein, durch die Dritte gefährdet oder geschädigt werden oder die im Falle einer Beteiligung der öffentlichen Hand in krassem Widerspruch zum Gemeinwohl stehen, sofern alle an dem Geschäft beteiligten sittenwidrig handeln, d.h. die Tatsachen, die die Sittenwidrigkeit begründen, kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen (BGH a.a.O. m.w.N.). So steht der Bundesgerichtshof auf dem Standpunkt, dass Rechtsgeschäfte mit einer Gemeinde, die das öffentliche Haushaltsrecht missachten, sittenwidrig sein können, sofern der Verstoß beiden Seiten subjektiv zurechenbar ist.

Diese vom Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung zur Sittenwidrigkeit eines Immobilien-Leasingvertrages mit einer Gemeinde entwickelten Grundsätze hält die Kammer für richtig. Diese Prinzipien sind auf die hier zu beurteilende Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 ( Anlage K 6 ) anzuwenden. Denn vorliegend war mit der Rechtsvorvorgängerin der Beklagten - wie in dem vom BGH entschiedenen Fall - eine öffentlich - rechtliche Körperschaft an dem Vertragsschluss beteiligt und auch die Rechtsvorvorgängerin der Beklagten hatte bei Abschluss der Verträge öffentliches Haushaltsrecht (hier: § 69 SGB IV) zu beachten. Eine Betriebskrankenkasse ist an die Grundsätze der sparsamen Haushaltsführung auch bei Abschluss zivilrechtlicher Verträge gebunden.

Auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens geht die Kammer davon aus, dass die von der Rechtsvorvorgängerin der Beklagten mit dem Kläger am 12. Januar 2009 geschlossene Ergänzungsvereinbarung (Anlage K 6) objektiv im krassen Widerspruch zum Gemeinwohl steht. Entscheidend für diese Wertung als krasser Widerspruch zum Gemeinwohl ist für die Kammer, dass die am 12. Januar 2009 vertragsschließenden Parteien nach dem auszulegenden Regelungsinhalt der Ergänzungsvereinbarung auf Seite 1 dieses Dokuments dem Kläger eine Weiterbeschäftigung bei einer fusionierten Kasse als Geschäftsführer unterhalb der Ebene des Vorstandes auch für den Fall ermöglichen wollten, dass er nicht als Vorstand gewählt wird. Ziel dieser Vereinbarung war demnach dem Kläger trotz des Verlustes des Vorstandsamtes bis zum Eintritt des Rentenalters eine Vergütung zu sichern, die dem Gehalt bei Ausübung der Tätigkeit als Vorstand entsprechen sollte. Das haben die Parteien vereinbart, obwohl die Rechtsordnung mit den Vorschriften in § 35 a SGB V geregelt hat, dass ein Vorstandsamt im Grundsatz nur sechs Jahre dauern soll, außerdem eine Betriebskrankenkasse nur eine bestimmte Zahl von Vorstandsmitgliedern haben darf und im übrigen in § 150 SGB V auch bestimmt, dass ein Vorstandsamt selbstverständlich erlischt, wenn eine Kassenfusion erfolgt.

Das krasse Missverhältnis der von den vertragsschließenden Parteien am 12. Januar 2009 mit der Ergänzungsvereinbarung getroffenen Regelung für den Fall der Beendigung des Vorstandsamtes des Klägers im Zusammenhang mit einer Kassenfusion im Vergleich zu der wirtschaftlichen Belastung nach der Gesetzeslage aus § 35 a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 150 SGB V ergibt sich schließlich aus dem eklatanten Widerspruch zu den jedenfalls seit Dezember 2005 bestehenden Richtlinien des Bundesversicherungsamtes zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen.

Dabei geht die Kammer davon aus, das die Nichtbeachtung von berufsständischen Richtlinien, Verordnungen oder Richtlinien der Aufsichtsbehörde zwar keine Nichtigkeit wegen eines Gesetzesverstoßes nach § 134 BGB nach sich zieht. Denn diese Regeln sind keine formellen Gesetze i.S.v. § 134 BGB. Es ist jedoch anerkannt (vergl. Staudinger, BGB, Sack, § 134 Rdnr. 29), das Richtlinien und allgemeine Regeln unterhalb formeller Gesetze den Inhalt der guten Sitten i.S.v. § 138 BGB mitbestimmen. Seit dem Jahre 2005, also mindestens vier Jahre vor der hier zu beurteilenden Vereinbarung vom 12. Januar 2009, existiert ein Arbeitspapier der Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger, das sich mit der Angemessenheit von Vorstandsvergütungen im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen beschäftigt. In dieser Richtlinie ist zum Beispiel geregelt, dass Übergangsgelder für den Fall der Nichtwiederwahl bzw. des Verlustes des Vorstandsamtes allenfalls für die Dauer von sechs Monaten vereinbart werden dürfen. Dies ist in den Richtlinien des Bundesversicherungsamtes nachvollziehbar damit begründet worden, dass seit Anfang des Jahres 1996 deutlich höhere Vergütungen für Vorstandsmitglieder der gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden.

Demgegenüber sollte der Kläger nach der am 12. Januar 2009 getroffenen Ergänzungsvereinbarung - trotz Verlustes des Vorstandsamtsamtes im Wege der Fusion - nicht nur sechs Jahre lang, sondern bis zum Eintritt ins Rentenalter - das volle Vorstandsgehalt beziehen. Wobei für die Beurteilung des krassen Missverhältnisses auf den Vergleich zwischen dem Anspruch nach der Richtlinie des Bundesversicherungsamtes (Übergangsgeld für ein halbes Jahr) und der gewollten Vergütung nach dem (Vorstands-) Anstellungsvertrag bis zum Rentenalter abzustellen und nicht auf einen Vergleich zwischen dem Gehalt eines Vorstandsmitglieds und dem Gehalt eines Geschäftsführers mit neu zu definierenden Aufgabenkreisen unterhalb der Vorstandsebene. Denn diese Position hätte für den Kläger in der fusionierten Kasse erst neu geschaffen werden müssen und deswegen insgesamt eine zusätzliche Belastung des Haushalts der fusionierten Kasse dargestellt.

Die Kammer geht auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Anhörung des Klägers davon aus, dass auch die weitere Voraussetzung für die Begründung der Sittenwidrigkeit, dass „alle an dem Geschäft Beteiligten sittenwidrig handeln, d.h. die Tatsachen, die die Sittenwidrigkeit begründen, kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen“, vorliegen.

Dazu bedarf es keiner weiteren Feststellung zu der Frage, ob und wann der Kläger und die Herren W. und P. die im Dezember 2005 allen Verwaltungsräten der Krankenkassen übermittelten Richtlinien des Bundesversicherungsamtes als Aufsichtsbehörde gelesen und verinnerlicht haben. Als Vorstand einer Betriebskrankenkasse und als Vorsitzender des Verwaltungsrates einer Betriebskrankenkasse mit der Kompetenz zum Abschluss von Vorstandsverträgen in Vertretung der öffentlich - rechtlichen Körperschaft und damit letztlich der Versichertengemeinschaft waren die am 12. Januar 2009 handelnden Personen von Amts wegen verpflichtet, sich sichere Kenntnisse über die Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen, auch für den Fall einer beabsichtigten Fusion, zu verschaffen. Dies hätten die damals handelnden Personen unschwer dadurch tun können, dass sie über die Anfang Januar 2006 veröffentlichten Mitteilungen den Bezug zu den Richtlinien des Bundesversicherungsamtes hergestellt hätten. Sie hätten auch eine konkrete Anfrage an das Bundesversicherungsamt richten können. Die handelnden Personen hätten auch dann sichere Kenntnis von den Richtlinie des Bundesversicherungsamtes erlangt, wenn sie ihren Pflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde nachgekommen wären. Denn die Vorstände und die Verwaltungsratsvorsitzenden waren gemäß § 88 Abs. 2 SGB IV gegenüber dem Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde verpflichtet, schon die Entwürfe beabsichtigter Anstellungsverträge vorzulegen. Generelles Ziel der Aufsicht durch das Bundesversicherungsamt ist es, von vornherein Rechtsverstöße bei Abschluss zivilrechtlicher Verträge zu vermeiden.

Wenn die am 12. Januar 2009 am Vertragsschluss beteiligten Personen dieser Verpflichtung nachgekommen wären, hätten sie die Antwort und die aufsichtsrechtlichen Bedenken des Bundesversicherungsamtes zur Kenntnis nehmen können, die das Bundesversicherungsamt im März 2009 im Vorgriff auf die damals beabsichtigte weitere Fusion verlautbart hat. Insoweit ist zwischen den Parteien außer Streit, dass vor der zum 1. April 2009 in Aussicht genommenen Fusion dem Bundesversicherungsamt Entwürfe von ( Vorstands-) Anstellungsverträgen und Ergänzungsvereinbarungen entsprechend den Anlagen K 4 und K 6 zur Prüfung vorgelegt worden sind. Bezogen auf die vergleichbaren beabsichtigten Verträge mit den damals designierten Vorstandsvorsitzenden hat das Bundesversicherungsamt unstreitig am 30. März 2009 (Anlage B 25) unter Bezugnahme auf die Richtlinien aus dem Jahre 2005 zum Ausdruck gebracht, dass die beabsichtigte Zusatzvereinbarung entsprechend Anlage K 6 rechtlich bedenklich und im Ergebnis entbehrlich sei.

Damit steht fest, dass die am 12. Januar 2009 am Vertragsschluss beteiligten Personen sich der Erkenntnis zur Fragwürdigkeit der beabsichtigten Fortschreibung der Vorstandsvergütung für den Kläger grob fahrlässig verschlossen haben.

Demnach ist die unter Missachtung der Richtlinien des BVA und der Rechtsauffassung des BVA geschlossene zivilrechtliche Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig. Diese Nichtigkeit erstreckt sich gemäß § 139 BGB auch auf die bisher nicht ausgeübten Alternativen auf Seite 2 der Ergänzungsvereinbarung vom 12.01.2009.

4. Wirksamkeit des Rücktritts vom 24. April 2009

Da die Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 nichtig ist, bezieht sich die Rücktrittserklärung vom 24. April 2009 auf ein unwirksames Rechtsgeschäft.

Das bedeutet, dass mit der Feststellung, dass die Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 nicht fortbesteht, zugleich auch festgestellt ist, dass der Rücktritt ins Leere geht.

III.

F e s t s t e l l u n g s a n t r a g  zu Ziffer 3.) und 3. a)

Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Die oben dargelegte Nichtigkeit der Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 erfasst gemäß § 139 BGB die „gesamte Ergänzungsvereinbarung“, also auch die von den Parteien gewollten Regelungen auf Seite 2 dieser Ergänzungsvereinbarung.

Es ist nicht ersichtlich, dass die vertragsschließenden Parteien der Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 2009 (Anlage K 6) einen Teil der auf zwei DIN A 4 - Seiten getroffenen Regelungen für den Fall der Unwirksamkeit einer der Vertragsregelung - ausnahmsweise - wollten.

IV.

N e b e n e n t s c h e i d u n g en

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Aufhebung der Kosten erscheint angemessen, weil die wirtschaftliche Bedeutung der Ergänzungsvereinbarung vom 12.01.2009 der Bedeutung des Hauptvertrages gleich kommt und die Feststellungsklage nur bezogen auf den Anstellungsvertrag selbst Erfolg hat und im übrigen unbegründet ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 2 ZPO.

Der Streitwert ist auf der Grundlage von § 42 Abs. 2 GKG nach dem dreifachen Jahreswert der Gesamtvergütung des Klägers festgesetzt worden. Ein Abschlag wegen des Umstandes, dass lediglich über Feststellungsanträge zu entscheiden war, hält die Kammer wegen der Bedeutung der Gesamtangelegenheit nicht für geboten.