LG Itzehoe, Urteil vom 15.03.2011 - 7 O 318/10
Fundstelle
openJur 2012, 72133
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.797,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins auf 1.425,12 Euro seit dem 31.7.2010, auf weitere 1.425,12 Euro seit dem 10.12.2010 und auf weitere 947,08 Euro seit dem 16.3.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden weiter verurteilt, die Klägerin von vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltkosten in Höhe von 402,82 Euro freizuhalten.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zwei Drittel, die Beklagten ein Drittel.

5. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich eines Teilbetrages von 1898,66 Euro vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist es für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Für die Beklagten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweils vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu jeweils vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Der Verkehrsunfall ereignete sich am 18.04.2010 gegen ca. 15 Uhr in Xxx im Bereich des Fußgängerüberweges auf der xxx. Die Klägerin fuhr mit ihrem Fahrzeug, einem Xxx mit dem amtlichen Kennzeichen xxx, auf der Xxx in Fahrtrichtung Norden. Hinter ihr fuhren die Zeugin Xxx (die Lebensgefährtin des Beklagten zu 1.) sowie der Beklagte zu 1. versetzt auf deren Motorrädern.

Etwa 35 Meter vor der Kreuzung zur xxx, ungefähr auf Höhe der dort befindlichen Fußgängerampel, kam es zu dem Unfall. Das Motorrad des Beklagten zu 1. rutschte von hinten in den Pkw der Klägerin. In Unfallendstellung befand sich der PKW der Klägerin etwa 1-2 Meter hinter dem Fußgängerüberweg am rechten Fahrbahnrand, das Motorrad des Beklagten hatte liegend die hintere Stoßstange den PKW etwa mittig bis leicht rechts getroffen und lag berührend an diesem. Wegen der Einzelheiten der Örtlichkeiten und der Unfallendstellung wird auf die beigezogene Skizze (Bl. 6 der Ermittlungsakte) und die Lichtbilder (Bl. 27 f. der Ermittlungsakte) verwiesen. Beide Fahrzeuge wurden bei dem Unfall erheblich beschädigt. Das Fahrzeug der Klägerin erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Die Reparaturkosten lagen deutlich über dem Wiederbeschaffungswert. Sie mietete für eine Übergangszeit einen Ersatzwagen und beschaffte sich dann ein Ersatzfahrzeug.

Der Klägerin entstanden folgende Schadenspositionen:

Wiederbeschaffungsaufwand4.000,00 Euro(Wiederbeschaffungswert 4.800 €, Restwert von 800 €)          An- und Abmeldekosten139, 36 EuroNutzungsausfall (4 Tagen zu je 29 €)116, 00 EuroSachverständigenkosten682, 82 EuroMietwagenkosten 737, 80 EuroInsgesamt5.675,98 EuroWeiter macht sie 280 Euro für einen Satz Winterräder geltend, für den sie infolge des Unfalls keine Verwendung mehr habe, sowie eine Kostenpauschale von 25 €, insgesamt 5.980,98 Euro.

Die Klägerin behauptet, sie habe von der Xxx nach links in die xxx abbiegen wollen. Sie sei ca. 40 km/h gefahren. Zu diesem Zweck habe sie ihr Fahrzeug kurz vor dem Fußgängerüberweg leicht verlangsamt. Sie sei im Begriff gewesen, sich auf der Fahrbahn nach links einzuordnen und zu blinken. Unvermittelt habe das Motorrad des Beklagten zu 1. sie von hinten getroffen. Sie habe sodann sofort eine Vollbremsung eingeleitet und sei zum Stehen gekommen. Durch den Aufprall des Motorrades sei sie noch ein Stück nach vorne gedrückt worden, wodurch sie schräg vor der Ausfahrt der Feuerwehrwache und damit deutlich hinter dem Fußgängerüberweg zum Stehen gekommen sei.

Sie meint, die alleinige Schuld an dem Verkehrsunfall treffe den Beklagten zu 1. Dieser habe nicht genügend Sicherheitsabstand gehalten, sei zu schnell gefahren oder unaufmerksam gewesen.

Sie nahm die Beklagte zu 2. außergerichtlich anwaltlich auf Zahlung des Schadens in Anspruch. Dadurch entstanden ihr Rechtsverfolgungskosten in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr nach einem Gegenstandswert von 5.980,98 Euro zuzüglich Kostenpauschale und Umsatzsteuer, insgesamt 546,99 Euro.

Die Beklagte zu 2. bot mit Schreiben vom 28.8.2010 (Anlage K4, Bl. 25 d.A.) an, den Schaden nach einer Quote von einem Drittel zu regulieren. Darauf ging die Klägerin nicht ein.

Ihr Anwalt holte daraufhin bei ihrer Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage für die Klage ein. Dafür stellte er der Klägerin Kosten in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr nach einem Gegenstandswert von 2.414,80 Euro zuzüglich Kostenpauschale und Umsatzsteuer, in Rechnung, insgesamt 272,87 Euro.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5.980, 98 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2010 zu zahlen,2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von den ihr vorprozessual bei den Rechtsanwälten xxx aus xxx außergerichtlich entstandenen, auf die Kostenfestsetzung nicht anrechenbaren Aufwendungen für die Rechtsverfolgung in Höhe von 546,68 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2010 freizuhalten,3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von den ihr vorprozessual bei den Rechtsanwälten xxx aus xxx außergerichtlich entstandenen, auf die Kostenfestsetzung nicht anrechenbaren Aufwendungen für die Rechtsverfolgung in Höhe von 272,87 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2010 freizuhalten.

Die Beklagten haben den Anspruch mit der Klagerwiderung hinsichtlich der Positionen Wiederbeschaffungsaufwand (4.000,-- Euro), An- und Abmeldekosten (139, 36 Euro) und Nutzungsausfall (116, 00 Euro) sowie hinsichtlich der Kostenpauschale nach einem Betrag von 20 Euro jeweils nach einer Quote von einem Drittel anerkannt, insgesamt in Höhe von 1.425,12 €. Weiter haben sie den Freihaltungsanspruch hinsichtlich der danach berechneten Rechtsverfolgungskosten (186,24 Euro) anerkannt. Hinsichtlich der Sachverständigenkosten (682, 82 Euro) und der Mietwagenkosten (737, 80 Euro) haben sie eine Regulierung vorerst im Hinblick darauf verweigert, dass die Ersatzforderungen unstreitig an den Sachverständigen und das Mietwagenunternehmen abgetreten waren. Nachdem die Rückabtretung vorgetragen worden war, haben sie auch diese Positionen nach einer Quote von einem Drittel anerkannt. Nachträglich haben sie auch die darauf entfallenden Rechtsverfolgungskosten in Höhe von weiteren 43,31 Euro anerkannt. Insgesamt haben die Beklagten die Klage hinsichtlich des Zahlungsantrages im Umfang von 1.898,66 Euro sowie hinsichtlich des Freihaltungsanspruchs im Umfang von 229,55 Euro anerkannt.

Im Übrigen beantragen die Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die Klägerin habe ihr Fahrzeug ohne erkennbaren Grund plötzlich stark abgebremst. Die Zeugin xxx, die auf ihrem Motorrad hinter dem Fahrzeug der Klägerin gefahren sei, habe nicht mehr abbremsen können, beim Versuch, auszuweichen, habe sie die Kontrolle über ihr Motorrad verloren und sei gestürzt. Der Beklagte zu 1., der rechts versetzt hinter dem Motorrad der Zeugin xxx gefahren sei, habe ebenfalls nicht mehr abbremsen können. Er habe auch nicht ausweichen können, ohne in die Zeugin xxx und deren Motorrad hineinzufahren. Deshalb sei er vom Motorrad abgesprungen. Dieses sei dann in den PKW der Klägerin hineingerutscht.

Die Beklagten meinen, die wesentliche Schuld am Verkehrsunfall treffe die Klägerin, die plötzlich und ohne erkennbaren Grund stark abgebremst und gehalten habe.

Das Gericht hat die amtliche Ermittlungsakte beigezogen, die unfallbeteiligten Parteien angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen xxx. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.3.2011 verwiesen.

Die Klage ist am 9.12.2010 zugestellt worden.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz nach § 7 StVG im Umfang von zwei Dritteln des ihr entstandenen ersatzfähigen Schadens (1.). Das ergibt 3.797,32 Euro (2.).

1. Der Schaden am PKW der Klägerin ist bei Betrieb sowohl des Motorrads des Beklagten zu 1. als auch des Pkws der Klägerin, jeweils die Halter der geschädigten Fahrzeuge, eingetreten. Beide Fahrzeuge befanden sich im öffentlichen Verkehrsbereich und in Betrieb. Ein Haftungsausschluss nach den § 7 Abs. StVG aufgrund höherer Gewalt kommt nicht in Betracht.

Die danach nach §§ 18 Abs. 3, 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung der jeweiligen Verantwortungs- und Verursachungsbeiträge unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr beider Fahrzeuge führt zu einer Haftung des Beklagten im Umfang von zwei Dritteln.

Im Falle eines Auffahrunfalls spricht zwar regelmäßig ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende entweder durch einen ungenügenden Sicherheitsabstand, durch unangepasste Geschwindigkeit und/oder durch Unaufmerksamkeit den Unfall verursacht und verschuldet hat. Die Annahme eines Anscheinsbeweises setzt aber voraus, dass der behauptete Vorgang zu jenen gehört, die schon auf den ersten Blick nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägten Muster abzulaufen pflegen (Zöller/Greger ZPO, 23. Aufl., Vor § 284, Rn. 29). Besteht die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des typischen Geschehensablaufs, dann führt die Gesamtschau zur Verneinung des Anscheinsbeweises (OLG Hamm, Urt. v. 8.12.1997 - 6 U 103/97, MDR 1998, 712, 713;OLG Naumburg, Urt. v. 17.12.2002 - U 178/ 02, NJW-RR 2003, 809).

Ein solcher atypischer Geschehensablauf ist vorliegend gegeben, da die Klägerin, wie nach Durchführung der Beweisaufnahme feststeht, ihr Fahrzeug aus dem fließenden Verkehr heraus ohne erkennbaren Grund abrupt abgebremst hat. Das folgt zum einen aus den glaubhaften Angaben der Zeugen xxx. Er hat angegeben, dass er ein verkehrsuntypisches Geräusch gehört habe, woraufhin er seine Aufmerksamkeit dem Geschehen zuwendete und beobachtete, dass der Pkw der Klägerin stand und die hinter ihr fahrenden Motorräder versuchten, diesem auszuweichen. Dies sei ihnen nicht gelungen. Die Zeugin xxx sei beim Ausweichversuch mit ihrem Motorrad gestürzt, der Beklagte zu 2. habe nicht mehr abbremsen können. Dass die Klägerin unvermittelt stark abgebremst habe, wird durch die glaubhaften Angaben der Zeugin xxx bestätigt. Dies entspricht auch den Angaben des Beklagten zu 1. in seiner Anhörung. Dieser Geschehensablauf ist auch plausibel mit den Lichtbildern der Unfallendstellung in Übereinstimmung zu bringen. Das Fahrzeug der Klägerin stand am rechten Fahrbahnrand. Das ist typisch für ein Anhalten, aber nicht für die normale Fahrt, die eher in der Fahrbahnmitte erfolgt. Die Klägerin kann auch nicht nach dem Unfall „rechts rangefahren“ sein, weil dann das Motorrad nicht mehr berührend am PKW der Klägerin läge. Es ist auch unwahrscheinlich, dass der Wagen der Klägerin vom Motorrad getroffen und nach rechts geschoben worden sein könnte. Dafür erfolgte der Anstoß zu sehr mittig und im Übrigen eher rechts. Dass das Motorrad berührend am PKW lag, spricht auch eher gegen einen Anstoß bei erheblicher Geschwindigkeit des PKW. Dann wäre eher zu erwarten gewesen, dass dieser nach vorn gestoßen wird und das Motorrad nicht berührend an ihm liegt. Schlussendlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass beide nachfolgenden Motorräder, das der Zeugin Kröger und das des Beklagten zu 1., beim Ausweichversuch stürzten. Dass zwei nachfolgende Motorradfahrer unabhängig voneinander beim Versuch, auszuweichen, die Kontrolle über ihre Fahrzeuge verlieren, spricht gegen den Vortrag der Klägerin, sie habe aus dem fließenden Verkehr nur leicht abgebremst. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Fahrzeug stark zum Stillstand abbremste.

Ein Grund für diese Bremsung bestand nicht. Ein Grund für die Bremsung lag nicht darin, dass die Klägerin, wie sie behauptet, nachfolgend nach links in die xxx. einbiegen wollte. Die Abbiegung war noch etwa 35 Meter entfernt. Die Klägerin hat, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, ihren Wagen nicht nur im Zusammenhang mit Rahmen eines Einordnens zur Fahrbahnmitte hin leicht verzögert, sondern am rechten Fahrbahnrand stark abgebremst. Das hat mit einem Abbiegevorgang nichts zu tun. Die Klägerin hat damit unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 2 StVO als Vorausfahrende ohne zwingenden Grund stark gebremst.

Treffen starkes Bremsen ohne zwingenden Grund sowie Unaufmerksamkeit und/ oder unzureichender Sicherheitsabstand zusammen, so fällt der Beitrag des Auffahrenden grundsätzlich doppelt so hoch ins Gewicht (OLG Celle, Urt. v. 09.03.2000 - 14 U 84/99, zit.n.juris, KG Urt. v. 13.02.2006 - 12 U 470/05, MDR 2006, 1404).

Besondere Gründe, von dieser Verteilung abzusehen, bestanden vorliegend nicht.

2. Der Höhe nach sind Kosten von insgesamt 5.695,98 ersatzfähig. Das setzt sich zusammen aus den unstreitigen Positionen Wiederbeschaffungsaufwand (4.000 Euro), An- und Abmeldekosten (139,36 Euro), Nutzungsausfall (116 Euro), Sachverständigenkosten (682,82 Euro) und Mietwagenkosten (737,80 Euro) und einer Kostenpauschale in Höhe von 20 Euro. Die Kostenpauschale ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer nur in Höhe von 20 Euro ersatzfähig.

Die Kosten eines Satzes Winterreifen in Höhe von 280 Euro sind nicht ersatzfähig. Einen ersatzfähigen Schaden stellen nur die Kosten durch die Neuanschaffung des Ersatzwagens dar. Die Kosten für dessen notwendige Bereifung sind im angesetzten Wiederbeschaffungswert bereits enthalten.

Danach ergibt sich ein ersatzfähiger Schaden von 5.695,98 Euro. Dafür haften die Beklagten im Umfang von zwei Dritteln. Das ergibt 3.797,32 Euro. Im Umfang von einem Drittel haftet die Klägerin mit.

3. Rechtsverfolgungskosten sind nach diesem Gegenstandswert ersatzfähig. Das ergibt 402,82 Euro (1,3-fache Geschäftsgebühr 318,50 Euro, Kostenpauschale 20 Euro, Umsatzsteuer 64,32 Euro).

Weitere Rechtsverfolgungskosten sind nicht ersatzfähig. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Einholung der Deckungszusage. Inwieweit Kosten für die Einholung einer Deckungszusage ersatzfähig sind, ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Teilweise wurden entsprechende Ansprüche zugesprochen (vgl. LG Amberg, Urt. v. 26.05.1993 - 24 S 1492/92, AGS 1993, 58; LG Amberg, Urt. v. 19.02.2009 - 24 O 826/08, NJW 2009, 2610; LG Berlin, Urt. v. 09.12.2009 - 42 O 162/09, zit. nach juris; LG Ulm, Urt. v. 08.04.2010 - 6 O 244/09, ZfS 2010, 521). Überwiegend sind diese Kosten als nicht ersatzfähig angesehen worden (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.09.2010 - 2 S 11198/09, MDR 2010, 1451; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 09.09.2010 - 8 O 1617/10, juris; LG Erfurt, Urt. v. 27.11.2009 - 9 O 1029/09, NZV 2010, 259; LG Berlin, Urt. v. 17.04.2000 - 58 S 428/99, VersR 2002, 333; LG Schweinfurt, Urt. v. 20.03.2009 - 23 O 313/08, NJW-RR 2009, 1254).

Obergerichtlich hat sich bislang, soweit ersichtlich, nur das Oberlandesgericht Celle (Urt. v. 12.01.2011 - 14 U 78/10, zitiert nach juris) mit der Ersatzfähigkeit dieser Kosten befasst. Es hat die Ersatzfähigkeit abgelehnt. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.

Die Einholung einer Deckungszusage gehört bei wertender Betrachtung nicht zu den Kosten, die der Durchsetzung berechtigter Schadensersatzansprüche dienen. Der Geschädigte unterhält eine Rechtsschutzversicherung, um sein eigenes Kostenrisiko abzudecken. Macht er seine Ansprüche gerichtlich erfolgreich geltend, bedeutet dies für ihn grundsätzlich kein Kostenrisiko. Denn ihm werden die ihm entstandenen Auslagen vom unterliegenden Gegner erstattet. Die Rechtsschutzversicherung hat im Falle des Obsiegens allein die Bedeutung, zu verhindern, dass der Geschädigte einstweilen mit Gerichtskosten und seinen Anwaltskosten in Vorlage treten müsste. Damit würde er zwar zeitweise (bis zum Obsiegen) finanzielle Mittel binden, die er in dieser Zeit nicht anders einsetzen kann und würde insoweit auch das Insolvenzrisiko seines Prozessgegners tragen. Diese beiden Punkte sind im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung aber von untergeordneter Bedeutung. Deren wesentliche Funktion besteht darin, denjenigen, der Ansprüche gerichtlich geltend macht, von dem Risiko freizuhalten, mit den Ansprüchen teilweise zu unterliegen. Denn durch die Prozessführung entstehen erhebliche Kosten beim Kläger, dem Gericht und dem Prozessgegner, die schlussendlich nach dem Maßstab des Unterliegens verteilt werden und die insbesondere bei amtsgerichtlichen und kleineren landgerichtlichen Streitwerten mindestens erhebliche Anteile dessen kosten, worum die Parteien eigentlich streiten. Die wesentliche Funktion der Rechtsschutzversicherung liegt darin, das Kostenrisiko des Geschädigten für den Fall abzusichern, dass er mit seiner Forderung ganz oder teilweise nicht durchdringt und insoweit die Prozesskosten selbst tragen müsste. Der Sache nach dient die Rechtsschutzversicherung daher im Wesentlichen der Geltendmachung von Forderungen, die ex ante (möglicherweise) unberechtigt oder nicht durchsetzbar sein könnten. Das Risiko, im Rahmen eines Rechtsstreits unbegründete Forderungen geltend zu machen, ist jedoch vom konkreten Verkehrsunfall als haftungsauslösendem Umstand unabhängig. Dieses Kostenrisiko gehört vielmehr zum allgemeinen Prozessrisiko. Ein derartiges Risiko muss der Geschädigte selbst tragen und kann es nicht auf den Schädiger abwälzen. Denn die Deckungszusage dient im Wesentlichen nicht der Geltendmachung berechtigter Forderungen, sondern deckt im Gegenteil vor allem das Risiko aus der Geltendmachung von Forderungen, die aus Anlass des Verkehrsunfalls erhoben werden, sich möglicherweise aber gerade nicht als berechtigt herausstellen. Der Schädiger muss aber nicht das Risiko tragen, dass sich daraus ergibt, dass der Geschädigte aus Anlass des Verkehrsunfalls (unbeabsichtigt) unberechtigte Forderungen gegen ihn erhebt.

Soweit die Deckungszusage hinsichtlich der Geltendmachung berechtigter Forderungen untergeordnet auch die Funktion hat, einem Geschädigten die Vorfinanzierung seiner Anwaltskosten abzunehmen, kommt es darauf vorliegend nicht an, weil ohnehin nur ein Freistellungsanspruch geltend gemacht wird. Die Klägerin hat diese Anwaltskosten aus eigenen Mitteln noch gar nicht aufgebracht. Das Insolvenzrisiko des Gegners ist vorliegend, da eine große deutsche Versicherungsgesellschaft mitverklagt ist, vernachlässigbar.

4. Zinsen stehen der Klägerin wie folgt zu: Ein Anspruch auf Verzugszinsen nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB besteht nur insoweit, wie die Klägerin Schadensersatzansprüche über die von den Beklagten bereits angebotene Regulierung nach einer Quote von einem Drittel hinaus hat. Soweit die Beklagte zu 2. eine Regulierung angeboten hatte und die Klägerin darauf nicht eingegangen war, befanden sich die Beklagten nicht im Verzug. Ersatzfähig waren vorgerichtlich 4.255,36 Euro (Wiederbeschaffungsaufwand 4.000 Euro, An- und Abmeldekosten 139,36 Euro, Nutzungsausfall 116 Euro, Kostenpauschale 20 Euro). Hinsichtlich der weiteren Positionen Sachverständigenkosten (682,82 Euro) und der Mietwagenkosten (737,80 Euro) war die Klägerin vorgerichtlich nicht aktivlegitimiert.

Auf die vorgerichtlich ersatzfähigen Kosten hat die Klägerin einen Anspruch auf Verzugszinsen ab dem 31.7.2010 auf ein Drittel, d.h. 1.425,12 Euro. Aufgrund des Schreibens Anlage K3 (Bl. 23 d.A.) befand sich die Beklagte zu 2. im Verzug. Hinsichtlich eines weiteren Drittels in Höhe von 1.425,12 Euro befanden sich die Beklagten zwar nicht im Verzug. Die Klägerin hat insoweit aber unabhängig vom Verzug einen Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen, §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB ab Rechtshängigkeit. Insoweit besteht ab Rechtshängigkeit auch ein Zinsanspruch. Hinsichtlich der Sachverständigenkosten und der Mietwagenkosten, insgesamt 1.420,62 Euro, besteht ein Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe der Haftungsquote von zwei Dritteln (947,08 Euro), seitdem die Klägerin insoweit die Rückabtretungen und damit ihre Aktivlegitimation mitgeteilt hat. Dies ist durch Schriftsätze der Klägerin vom 22.2.2011 und 14.3.2011 geschehen und war spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 15.3.2011 der Fall.

5. Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß §§ 92, 93 ZPO im Umfang von zwei Dritteln der Klägerin aufzuerlegen. Hinsichtlich der Hauptforderung unterliegt die Klägerin im Umfang eines Drittels. Dass sie mit den Kosten für Winterreifen (280 Euro) und mit der Zuvielforderung der Kostenpauschale (5 Euro) gänzlich unterliegt, kann wegen Geringfügigkeit außer Ansatz bleiben. Soweit die Beklagten die Klage anerkannt haben, waren die Kosten nach dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO ebenfalls der Klägerin aufzuerlegen, da die Anerkenntnisse der Beklagten sofortige waren. Die Beklagten haben die Positionen, die bei Klagerhebung begründet waren, nach einer Quote von einem Drittel bereits mit der Klagerwiderung anerkannt. Hinsichtlich der weiteren Positionen Sachverständigen- und Mietwagenkosten haben sie diese unverzüglich anerkannt, nachdem die Klägerin die Rückabtretung vorgetragen hatte. Die Beklagten hatten insoweit durch ihr Verhalten keine auch Veranlassung zur Klage gegeben. Eine Regulierung des Schadens zu einer Quote von einem Drittel hatten sie bereits vorgerichtlich angeboten. Nicht sofortig ist das Anerkenntnis der Beklagten lediglich, soweit sie den auf ein Drittel der Sachverständigen- und Mietwagenkosten entfallenden Mehrbetrag an Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 43,31 Euro nicht bereits in der mündlichen Verhandlung, sondern erst nachträglich anerkannt haben. Indes konnte dies bei der Kostenverteilung unberücksichtigt bleiben, da der Betrag geringfügig ist und lediglich die Nebenforderungen betrifft.

Hinsichtlich des restlichen Drittels, hinsichtlich dessen die Beklagten die Forderung nicht anerkannt haben, sondern Klagabweisung beantragt haben, aber unterlegen sind, waren die Kosten ihnen aufzuerlegen.

6. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt für die Klägerin aus § 708 Nr. 1 ZPO, soweit die Beklagten die Forderung anerkannt haben, im Übrigen aus § 709 ZPO. Für die Beklagten, die zwei Drittel ihrer Kosten vollstrecken können, folgt die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.