LG Düsseldorf, Urteil vom 01.02.2011 - 6 O 273/09
Fundstelle
openJur 2012, 78973
  • Rkr:
Tenor

I.

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin € 208.250,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 125.000,00 seit dem 01. März 2009 und aus € 83.250,00 seit dem 11. März 2010 sowie weitere € 3.560,40 an vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.880,30 seit dem 01. März 2009 und aus € 1.680,10 seit dem 26. März 2010 zu zahlen.

II.

Die Widerklage wird abgewiesen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zwangsweise durchzusetzenden Betrages, die auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden darf.

Gründe

Die Klägerin hat zum Geschäftsgegenstand eine Unternehmensberatung.

Die Beklagte betreibt eine Privatuniversität. Sie beabsichtigte im Jahr 2006, den Studiengang „International Sales & Distribution Management“ in ihr Studienangebot neu aufzunehmen.

Für die Konzeption und die Realisierung dieses Vorhabens schloss sie unter dem 16. Juni 2006 mit der Klägerin einen schriftlichen Kooperationsvertrag.

Zu der für diese Dienste zu leistenden Vergütung legten die Parteien unter anderem fest, dass die Klägerin 25 Prozent der bei jedem Sponsor / Spender geworbenen Zuwendung erhalten sollte. Dieses  Honorar sollte der Klägerin nur im Erfolgsfall, nämlich dann zustehen, wenn der Sponsor / Spender sich schriftlich und verbindlich gegenüber der Beklagten dazu verpflichtet hatte, die (Mit-) Finanzierung des Studiengangs in der mit der Beklagten vereinbarten Form durchzuführen und der entsprechende Zahlungseingang bei der Beklagten erfolgt war. Weitere Zahlungsvoraussetzung war, dass die Gesamtfinanzierung des Studiengangs in Höhe von € 2,5 Mio. für die Dauer von 5 Jahren gewährleistet war.

Schließlich legten die Parteien fest, dass der von ihnen für eine Dauer von wenigstens 5 Jahre  abgeschlossene Vertrag neben einer auszusprechenden Kündigung auch dann enden sollte, wenn nicht innerhalb einer Zeit von einem Jahr nach Vertragsunterzeichnung für den neuen Studiengang ein Akkreditierungsantrag bei der zuständigen Akkreditierungsbehörde eingereicht würde. Daraus sollten für beide Parteien keinerlei Pflichten resultieren.

Unter dem 26. September 2006 legte die Klägerin der Beklagten den ersten Entwurf eines Akkreditierungsantrages vor. Dieser wurde in der Folgezeit um eine Prüfordnung ergänzt und der Beklagten am 03. Oktober 2006 als Endfassung vorgelegt. Ob dieser Antrag von der Beklagten freigegeben und dann bei der Akkreditierungsbehörde eingereicht wurde, steht zwischen den Parteien in Streit.

Unstreitig ist, dass der inzwischen für die Beklagte neu bestellte Präsident am 01. Oktober 2007 ankündigte, der eingangs bezeichnete Studiengang und dessen Grundlagen sollten überprüft werden. Die Prüfung führte schließlich dazu, dass es zu der Neueinführung des Studiengangs nicht kam.

Auf eine Sachstandsanfrage der Klägerin vom 25. Oktober 2007 antwortete dann die Beklagte unter dem 05. November 2007, dass der Vertrag beendet sei.

Zu einer Zahlung des vorstehend beschriebenen Honorars fand sie sich nicht bereit.

Die Klägerin behauptet, Prof. Dr. X habe als Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät ihren Akkreditierungsantrag vom 03. Oktober 2006 am 06. Dezember 2006 frei gegeben. Dieser sei am 07. Dezember 2006 von Prof. Dr. X bei der Agentur für Qualitätssicherung durch Akkreditierung von Studiengängen eingereicht worden. Auf einer Sitzung vom 06. März 2007 habe dann der damalige Präsident der Beklagten mitgeteilt, dass der Antrag zurück genommen werden solle.

Für die Konzeption und Realisierung des Studiengangs habe sie € 198.494,40 an Professorenhonoraren zur Ausarbeitung der Akkreditierungsanträge, Rechtsberatungskosten und Mitarbeiterkosten aufgewandt.

Als eingeworbene Sponsoren hätten unter anderem die XX mit Sitz in Gelsenkirchen € 500.000,00 und die C.C. Umwelt AG mit Sitz in Krefeld € 100.000,00 an Zuwendungen verbindlich zugesagt gehabt.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt die Beklagte,

die Klägerin zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsverteidigungskosten  in Höhe von € 658,50 freizustellen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte wendet ein, das von der Klägerin ausgedungene Honorar sei im Lichte der weiteren im Kooperationsvertrag geregelten Vergütungen sittenwidrig überhöht. Das dort bezeichnete Gesamtfinanzierungsvolumen hätte die Klägerin zu keiner Zeit eingeworben.

Der Akkreditierungsantrag sei von ihr nicht freigegeben und auch nicht bei der zuständigen Zulassungsbehörde eingereicht worden. In jedem Fall sei Prof. Dr. X zu solchen Rechtshandlungen nicht berechtigt gewesen. Dessen ungeachtet sei der Akkreditierungsantrag nicht dazu geeignet gewesen, die beabsichtigte Studiengangzulassung herbeizuführen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage hat bis auf eine geringe Zuvielforderung Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet, so dass sie ebenso wie die Widerklage - letztere umfassend - abzuweisen ist.

I.

Die Beklagte ist der Klägerin aus §§ 675, 611 BGB zur Zahlung des zugesprochenen Honorars verpflichtet.

Sie hat der Klägerin in dem schriftlichen Kooperationsvertrag vom 16. Juni 2006 versprochen, ein Honorar in Höhe von 25 Prozent der von den akquirierten  Sponsoren / Spendern für den neu einzuführenden Studiengang geleisteten Zuschüssen zu zahlen. Dieser Anspruch sollte davon abhängen, dass sich der Sponsor verbindlich zur Finanzierung des Studiengangs verpflichtete, die zugesagte Zahlung leistete und die Gesamtfinanzierung des Studiengangs in Höhe von € 2,5 Mio. für die Dauer von 5 Jahren gewährleistet war.

Diese Honorarvereinbarung ist wirksam. Ihrer Wirksamkeit steht der § 138 BGB nicht entgegen. Nach § 138 Abs. 2 BGB ist insbesondere ein solches Rechtsgeschäft nichtig, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Eine solche Willensbildungsschwäche lässt sich bei der Beklagten, die sich bei der Konzeption und der Realisierung des beabsichtigten Studiengangs unter anderem durch Hochschullehrer ihrer wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät beraten und vertreten ließ, nicht einsehen. Sie ist von ihr auch nicht schlüssig vorgetragen worden.

Die Honorarzusage ist auch im Übrigen nicht sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Für die Frage der Sittenwidrigkeit kommt es nicht auf die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit und die Zweckbindung der Beklagten sondern darauf an, ob das ausgedungene Honorar ein derart unangemessenes Äquivalent für die Gegenleistungen der Klägerin ist, dass es schlechterdings nicht hinnehmbar ist. Ein solches Missverhältnis liegt nicht vor. Die Beklagte hatte der Klägerin für die Konzeption und die Realisierung des neu einzuführenden Studiengangs ein umfassendes Mandat erteilt. Für solche Mandate sind Honorare in der im Kooperationsvertrag beschriebenen Größenordnung in jedem Fall nicht völlig unüblich.

Die für die Honorarzahlung vereinbarten Voraussetzungen sind erfüllt. In jedem Fall muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als wären die Voraussetzungen eingetreten.

Die  Klägerin hat durch zwei schriftliche Zusagen vom 4. März 2010 (Bl. 75 GA) und vom 23. Mai 2007 (Anlage K16) nachgewiesen, dass die XX der Beklagten € 500.000,00 und die XXX € 100.000,00 an Fördermitteln für den neu einzuführenden Studiengang verbindlich zugesagt hatten. Dem Inhalt dieser beiden Schriftstücke ist die Beklagte nicht entgegen getreten, so dass die dort dokumentierten Erklärungen als zugestanden gelten, § 138 Abs. 3 ZPO.

Für das von der Klägerin verlangte Honorar kommt es nicht darauf an, dass es zu der Auszahlung der Fördermittel an die Beklagte letztendlich nicht gekommen ist. Wenn sich nämlich die Beklagte aus allein ihr zuzurechnenden Erwägungen dazu entschlossen hat, den beabsichtigten Studiengang doch nicht einzuführen, hat sie den Wegfall der Fördergeldzusagen und somit den Nichteintritt der hiermit für das versprochene Honorar zusammenhängenden Voraussetzung zu verantworten. Gemäß § 162 Abs. 1 BGB muss sie sich dann so behandeln lassen, als wäre die Bedingung eingetreten.

Aus dem gleichen Grund kommt es nicht darauf an, dass die Parteien die Gesamtfinanzierung für den einzuführenden Studiengang nicht sicher stellen konnten. Auch dies ist auf die Entscheidung der Beklagten zurückzuführen, den beabsichtigten Studiengang doch nicht einzuführen. Damit war dem Einwerben weiterer Fördermittel die Grundlage entzogen. Es lässt sich auch nicht einsehen, dass die Klägerin nicht dazu in der Lage gewesen wäre, die vorgegebene Gesamtfinanzierung zu gewährleisten. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten ist unspezifiziert. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Finanzierung eines neu einzuführenden Projekts durch Fördermittel eines unter Umständen erheblichen Vorlaufs bedarf. Warum es der Klägerin in keinem Fall gelungen wäre, die zur Finanzierung des Studiengangs erforderlichen Fördermittel innerhalb eines solchen Vorlaufs einzuwerben, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Das der Klägerin zustehende Honorar ist nicht erloschen.

Nach § 7 Abs. 3 sollte der Kooperationsvertrag erlöschen, wenn für den neu einzuführenden Studiengang nicht innerhalb eines Jahres nach der Vertragsunterzeichnung ein Akkreditierungsantrag bei der zuständigen Zulassungsbehörde eingereicht würde. Dafür, dass es zu einer solchen Vorlage des Akkreditierungsantrages nicht gekommen ist, hat die zur Frage einer vorzeitigen Vertragsbeendigung und zum Wegfall des versprochenen Honorars beweisbelastete Beklagte keinen Beweis angeboten. Gegen ihr Bestreiten spricht im Übrigen ihr zum Protokoll der Sitzung vom 16. Februar 2010 genommenes Schreiben vom 20. Februar 2008 (Bl. 66-69 GA), in dem ihr Präsident umfassend ausführt, warum es zu einer Rücknahme des am 03. Dezember 2006 gestellten Akkreditierungsantrages gekommen sei.

Für einen Wegfall der Vertragspflichten kommt es schließlich nicht darauf an, ob die beabsichtigte Zulassung bereits auf der Grundlage des am 03. Dezember 2006 eingereichten Akkreditierungsantrages hätte erreicht werden können. Denn es liegt im Wesen eines Genehmigungsverfahrens, dass eine Zulassung behördlicherseits von Bedingungen,  Auflagen oder nachzureichenden Unterlagen und/oder Nachweisen abhängig gemacht werden kann. Dass der von der Klägerin ausgearbeitete Akkreditierungsantrag in einer so verstandenen Weise schlechterdings nicht genehmigungsfähig gewesen ist, lässt sich nicht einsehen und ist von der Beklagten auch nicht hinreichend konkret vorgetragen worden. 

II.

Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten rechtfertigen sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 und 2 BGB, mit der Maßgabe, dass die mit der Klageerweiterung vom 29. März 2010 zusammenhängende anwaltliche 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale lediglich € 1.680,10 beträgt. Insoweit war die Klage geringfügig abzuweisen.

III.

Auf die Widerklage ist die Klägerin nicht aus §§ 241, 280 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Beklagte von deren vorgerichtlichen Rechtsverteidigungskosten freizustellen. Das Zurückweisen des von der Klägerin geforderten Honorars steht im Lichte der vorstehenden Ausführungen mit einer sach- und interessengerechten Rechtsverteidigung nicht in Einklang.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 108 ZPO.

V.

Der Streitwert wird auf € 208.250,00 festgesetzt, § 43 Abs. 1 GKG.

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