LAG Niedersachsen, Urteil vom 01.08.2012 - 16 Sa 654/11
Fundstelle
openJur 2012, 70713
  • Rkr:
Tenor

Unter Zurückweisung im Übrigen wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 05.04.2011 - 10 Ca 489/10 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.392,23 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatzauf 1.143,10 € brutto seit dem 01.09.2011,auf 993,61 € brutto seit dem 01.10.2007,auf 984,32 € brutto seit dem 01.11.2007,auf 744,32 € brutto seit dem 01.12.2007,auf 878,31 € brutto seit dem 01.01.2008,auf 779,29 € brutto seit dem 01.02.2008,auf 867,81 € brutto seit dem 01.03.2008,auf 876,51 € brutto seit dem 01.04.2008,auf 801,11 € brutto seit dem 01.05.2008,auf 778,11 € brutto seit dem 01.06.2008,auf 875,73 € brutto seit dem 01.07.2008,auf 683,63 € brutto seit dem 01.08.2008,auf 855,21 € brutto seit dem 01.09.2008,auf 788,93 € brutto seit dem 01.10.2008,auf 725,07 € brutto seit dem 01.11.2008,auf 752,33 € brutto seit dem 01.12.2008,auf 746,47 € brutto seit dem 01.01.2009,auf 820,12 € brutto seit dem 01.02.2009,auf 834,81 € brutto seit dem 01.03.2009,auf 914,65 € brutto seit dem 01.04.2009 undauf 548,79 € brutto seit dem 01.05.2009.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 16 % und die Beklagte zu 84 % zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin macht als Leiharbeitnehmerin der Beklagten das Gehalt geltend, dass vergleichbare Arbeitnehmerinnen bei dem Entleiher erhalten hätten (equal pay).

Die 1976 geborene Klägerin hat von 09/1995 bis 07/1997 den Beruf der Kauffrau für Bürokommunikation erlernt und war als solche bei verschiedenen Arbeitgebern in der Folgezeit tätig. Wegen der Einzelheiten wird auf ihren bei der Beklagten eingereichten Lebenslauf verwiesen (Bl. 212 f. d.A.).

Mit Arbeitsvertrag vom 31.07.2007 (Bl. 14 ff. d.A.) stellte die Beklagte die Klägerin als kaufmännische Angestellte zwecks Verleihung an die H. ein. Dort war sie bis zum 20.04.2009 in der Personalverwaltung eingesetzt und insbesondere mit folgenden Aufgaben betraut:

- Allg. Personalsachbearbeitung einschließlich der Mitarbeiter- und Bewerberkorrespondenz

- Bewerbermanagement

- Zeugniserstellung

- Erstellung von Mitarbeiterausweisen

- Vorbereitung interner Stellenausschreibungen

- Erstellung des Zeitplanes für Azubi-Reportschulungen

- Datenpflege und Datenaufbereitung in SAP u. a. Steuerdaten, Pflegegelder, Beihilfen, Terminpflege

- Kontierung, Buchung und Zahlung von Seminarrechnungen

- Postbearbeitung und Postverteilung

- Bearbeitung der Ablage

Da die Beklagte für sie keine Anschlussbeschäftigung fand, kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2009.

Die Klägerin erhielt Entgelt entsprechend dem Entgeltrahmentarifvertrag und dem Entgelttarifvertrag West zwischen der Tarifgemeinschaft CGZP und dem Arbeitgeberverband AMP (§ 5 Arbeitsvertrag), da die Parteien gemäß § 2 Nr. 4 Sätze 1 und 2 Arbeitsvertrag ihr Arbeitsverhältnis den fachlich einschlägigen Tarifverträgen zwischen der Tarifgemeinschaft CGZP und dem Arbeitgeberverband AMP in der jeweils gültigen Fassung unterstellt hatten. Weiter war in § 2 Nr. 4 in den Sätzen 4 bis 6 geregelt:

Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages; Wortlautwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch.

Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen.

Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

In § 13 Arbeitsvertrag war geregelt:

1. Beide Arbeitsvertragparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

3. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Demgegenüber war in dem Manteltarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft CGZP und dem Arbeitgeberverband AMP vom 29.11.2004 in § 19 geregelt:

19.2 Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

19.3 Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

19.4 Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Mit ihrer am 30.12.2010 eingereichten und am 05.01.2011 zugestellten Klage hat die Klägerin für das Jahr 2007 die Differenz zwischen dem Tarifgehalt der Gehaltsgruppe III 6./7. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für das private Versicherungsgewerbe in Höhe von 2.389,00 € und dem gezahlten Gehalt geltend gemacht und zwar für August 2007 1.143,10 €, September 2007 993,61 €, Oktober 2007 1.361,38 €, November 2007 863,80 € und Dezember 2007 879,01 € brutto.

Mit Klageerweiterung vom 18.01.2011, zugestellt im Gütetermin vom 20.01.2011, hat die Klägerin die Differenz zu dem Tarifgehalt für 2008 in Höhe von 2.461,00 € und für 2009 in Höhe von 2.500,00 € brutto geltend gemacht und zwar für Januar 2008 960,97 €, Februar 2008 885,83€, März 2008 876,51 €, April 2008 927,29 €, Mai 2008 936,86 €, Juni 2008 880,44 €, Juli 2008 994,42 €, August 2008 855,21 €, September 2008 934,26 €, Oktober 2008 970,48 €, November 2008 752,33 €, Dezember 2008 958,52 €, Januar 2009 980,73 €, Februar 2009 834,81 €, März 2009 924,32 €, April 2009 955,51 €, Mai 2009 821,46 € brutto.

Die Klägerin hat sich wegen des Entgelts, das vergleichbare Arbeitnehmerinnen bei der H. erhalten, auf deren Auskunft berufen (Email vom 10.01.2011, Bl. 180 d.A., auch Schreiben vom 10.07.2012, Bl. 199 d.A.). Sie hat die Auffassung vertreten, dass auf ihr Arbeitsverhältnis Ausschlussfristen nicht anwendbar seien. Hilfsweise hat sie die Wahrung der Ausschlussfristen geltend gemacht, da Fälligkeit im Tarifsinne erst mit Bekanntwerden des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - eingetreten sei. Jedenfalls sei eine frühere Geltendmachung unverschuldet im Sinne von § 13 Nr. 2 Arbeitsvertrag beziehungsweise § 19 Nr. 3 MTV CGZP unterblieben.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.240,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.143,10 € brutto seit dem 01.09.2007, aus weiteren 993,61 € brutto seit dem 01.10.2007, aus weiteren 1.361,38 € brutto seit dem 01.11.2007, aus weiteren 863,80 € brutto seit dem 01.12.2007 und aus weiteren 879,01 € seit dem 01.01.2008 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 10.933,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 960,97 € brutto seit dem 01.02.2008, aus weiteren 885,83 € brutto seit dem 01.03.2008, aus weiteren 876,51 € brutto seit dem 01.04.2008, aus weiteren 927,29 € brutto seit dem 01.05.2008, aus weiteren 936,86 € brutto seit dem 01.06.2008, aus weiteren 880,44 € brutto seit dem 01.07.2008, aus weiteren 994,42 € brutto seit dem 01.08.2008, aus weiteren 855,21 € brutto seit dem 01.09.2008, aus weiteren 970,48 € brutto seit dem 01.10.2008, aus weiteren 934,26 € brutto seit dem 01.11.2008, aus weiteren 752,33 € brutto seit dem 01.12.2008, aus weiteren 958,52 € brutto seit dem 01.01.2009 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 4.516,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 980,73 € brutto seit dem 01.02.2009, aus weiteren 834,81 € brutto seit dem 01.03.2009, aus weiteren 924,32 € brutto seit dem 01.04.2009, aus weiteren 955,51 € brutto seit dem 01.05.2009, aus weiteren 821,46 € brutto seit dem 01.06.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin Tätigkeiten der Tarifgruppe III bei der H. ausgeübt habe. Sie habe lediglich einfache Hilfstätigkeiten ausgeführt. Im Übrigen hat sie sich auf die Ausschlussfristen des Arbeitsvertrags, des § 19 MTV CGZP und des § 24 MTV privates Versicherungsgewerbe berufen.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils vom 05.04.2011 Bezug genommen, mit dem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, weil die Klageforderungen gemäß § 13 Nr. 1 Arbeitsvertrag verfallen seien. Wegen der Einzelheiten seiner Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen, das der Klägerin am 28.04.2011 zugestellt worden ist und gegen das sie am 09.05.2011 Berufung eingelegt hat, die sie am 28.06.2011 begründet hat.

Die Klägerin greift das Urteil aus den in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 28.06.2011 wiedergegebenen Gründen an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift und die ergänzenden Schriftsätze vom 02. und 30.07.2012 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.690,85 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.143,10 € brutto seit dem 01.09.2007, aus weiteren 993,61 € brutto seit dem 01.10.2007, aus weiteren 1.361,38 € brutto seit dem 01.11.2007, aus weiteren 863,80 € brutto seit dem 01.12.2007, aus weiteren 879,01 € brutto seit dem 01.01.2008, aus weiteren 960,97 € brutto seit dem 01.02.2008, aus weiteren 885,83 € brutto seit dem 01.03.2008, aus weiteren 876,51 € brutto seit dem 01.04.2008, aus weiteren 927,29 € brutto seit dem 01.05.2008, aus weiteren 936,86 € brutto seit dem 01.06.2008, aus weiteren 880,44 € brutto seit dem 01.07.2008, aus weiteren 994,42 € brutto seit dem 01.08.2008, aus weiteren 855,21 € brutto seit dem 01.09.2008, aus weiteren 970,48 € brutto seit dem 01.10.2008, aus weiteren 934,26 € brutto seit dem 01.11.2008, aus weiteren 752,33 € brutto seit dem 01.12.2009, aus weiteren 958,52 € brutto seit dem 01.01.2009, aus weiteren 980,73 € brutto seit dem 01.02.2009, aus weiteren 834,81 € brutto seit dem 01.03.2009, aus weiteren 924,32 € brutto seit dem 01.04.2009, aus weiteren 955,51 € brutto seit dem 01.05.2009, aus weiteren 821,46 € brutto seit dem 01.06.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 18.07.2011. Zudem bestreitet sie, dass der Verfasser der Email vom 10.01.2011 und des Schreibens vom 10.07.2012 befugt gewesen sei, für die H. Auskünfte nach § 13 AÜG zu erteilen. Weiter bestreitet sie, dass die H. überhaupt vergleichbare Arbeitnehmer beschäftige, da sie für einfache Aushilfstätigkeiten nur auf Leiharbeitnehmer zurückgreife. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung und die Schriftsätze vom 16. und 30.07.2012 Bezug genommen.

Die Berufungskammer hat gemäß Beschluss vom 01.08.2012 (Seite 2 des Protokolls vom selben Tag) über die dort näher bezeichneten Fragen Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen A.. Wegen dessen Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.08.2012, Seite 2 und 3 (Bl. 207 f. d.A.) Bezug genommen.

Gründe

Die statthafte Berufung (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

Die mithin zulässige Berufung ist ganz überwiegend begründet.

I.

1. Die Klägerin hat für die Zeit vom 01.08.2007 bis zum 20.04.2009 gemäß den §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG Anspruch auf die Differenz zwischen dem Tarifgehalt der Gehaltsgruppe III 6./7. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für die private Versicherungswirtschaft, das im Jahr 2007 2.389,00 €, im Jahr 2008 2.461,00 € und im Jahr 2009 2.500,00 € betrug. Dagegen hat sie für die Zeit vom 21.04. bis 31.05.2009 keinen Anspruch nach den §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG, da sie in dieser Zeit nicht verliehen war.

2. Für die Zeit vom 01.08.2007 bis zum 20.04.2009 ist die Klage nicht in voller Höhe begründet, weil die Klägerin ihre Klageforderungen fehlerhaft berechnet hat, indem sie das vergleichbare monatliche Tarifgehalt in ein Stundengehalt umgerechnet und mit den effektiv geleisteten Stunden multipliziert hat. Vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer der Gehaltsgruppe III erhielten jedoch ein festes Monatsgehalt (§ 3 Nr. 2 MTV privates Versicherungsgewerbe), so dass die Klägerin lediglich Anspruch auf die Differenz zwischen dem monatlichen Tarifgehalt und dem von der Beklagten gezahlten Entgelt hat. Anders wäre es nur dann, wenn sie in einzelnen Monaten Überstunden geleistet hätte, wofür sie, auch in der Berufungsverhandlung nichts vorgetragen hat.

3. Das führt zu folgenden Ansprüchen:

a) August 2007

2389,00 € abzüglich gezahlter 1.194,62 € ergibt eine Differenz von 1.245,90 €. Eingeklagt hat die Klägerin jedoch nur 1.143,10 €, so dass ihr nur dieser Betrag zugesprochen werden kann.

b) September 2007

2389,00 € abzüglich gezahlter 1.039,19 € ergibt eine Differenz von 1.349,81 € brutto. Eingeklagt hat die Klägerin jedoch lediglich 993,61 € brutto, so dass ihr nur dieser Betrag zugesprochen werden kann.

c) Oktober 2007

2.389,00 € abzüglich gezahlter 1.404,68 € ergibt eine Differenz von 984,32 € brutto. Insoweit ist die Klageforderung begründet. Die darüber hinausgehende Klageforderung ist unbegründet.

d) November 2007

2.389,00 € abzüglich gezahlter 1.644,68 € ergibt eine Differenz von 744,32 € brutto. Insoweit ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

e) Dezember 2007

2.389,00 € abzüglich gezahlter 1.510,69 € brutto ergibt eine Differenz von 878,31 € brutto. In dieser Höhe ist die Klageforderung begründet. Die darüber hinausgehende Klage ist unbegründet.

f) Januar 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.681,71 € ergibt eine Differenz von 779,29 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klageanspruch ist unbegründet.

g) Februar 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.593,19 € ergibt eine Differenz von 867,81 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

h) März 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.573,69 € brutto ergibt eine Differenz von 887,51 €. Eingeklagt hat die Klägerin für diesen Monat jedoch nur 876,51 € brutto, so dass ihr nur dieser Klagebetrag zuerkannt werden kann.

i) April 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.659,89 € ergibt eine Differenz von 801,11 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

j) Mai 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.682,89 € ergibt eine Differenz von 778,11 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

k) Juni 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.585,27 € ergibt eine Differenz von 875,73 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

l) Juli 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.777,37 € ergibt eine Differenz von 683,63 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

m) August 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.533,75 € brutto ergibt eine Differenz von 927,25 € brutto. Eingeklagt hat die Klägerin jedoch nur 855,21 €, so dass ihr nur dieser Klagebetrag zugesprochen werden kann.

n) September 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.672,07 € ergibt eine Differenz von 788,93 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

o) Oktober 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.735,93 € brutto ergibt eine Differenz von 725,07 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

p) November 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.628,70 € ergibt eine Differenz von 832,30 € brutto. Eingeklagt hat die Klägerin nur den Betrag von 752,33 €, so dass ihr nur dieser Klageanspruch zuerkannt werden kann.

q) Dezember 2008

2.461,00 € abzüglich gezahlter 1.714,83 € ergibt eine Differenz von 746,47 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

r) Januar 2009

2.500,00 € abzüglich gezahlter 1.679,88 € brutto ergibt eine Differenz von 820,12 € brutto. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

s) Februar 2009

2.500,00 € abzüglich gezahlter 1.435,31 € ergibt eine Differenz von 1.064,69 € brutto. Eingeklagt hat die Klägerin nur 834,81 € brutto, so dass ihr nur dieser Klagebetrag zuerkannt werden kann.

t) März 2009

2.500,00 € abzüglich gezahlter 1.585,35 € brutto ergibt eine Differenz von 914,65 € brutto. In dieser Höhe ist der Klageanspruch begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

u) April 2009

Der Anspruch der Klägerin nach §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG ist nur bis zum 20.04.2009 entstanden. Von den 22 entgeltspflichtigen Tagen des Monats April entfallen auf diese Zeit 14 entgeltspflichtige Tage. Das bedeutet, dass sich das anteilige Tarifgehalt der Gehaltsgruppe III 6./7. Berufsjahr auf 2.500,00 € : 22 x 14 = 1.590,91 € beläuft.

Das anteilige von der Beklagten gezahlte Entgelt beläuft sich auf 1.637,61 € : 22 x 14 = 1.042,12 €, so dass sich eine Differenz in Höhe von 548,49 € ergibt. In dieser Höhe ist die Klage begründet. Der darüber hinausgehende Klagebetrag ist unbegründet.

v) Mai 2009

Mangels Verleihung hat die Klägerin keinen Anspruch nach den §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG.

Die Differenzansprüche belaufen sich folglich auf insgesamt 17.392,23 € brutto. Die monatlichen Differenzansprüche sind jeweils ab dem 01. des Folgemonats gemäß den §§ 247, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

II.

1. Auf Grund des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, AP Nr. 6 zu § 2 TVG Tariffähigkeit = EzA § 2 TVG Nr. 31) und des seit dem 22.05.2012 rechtkräftigen Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 (24 TaBV 1285/11 u.a., BB 2012, 1733 ff., Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde: BAG, Beschluss vom 22.05.2012 - 1 ABN 27/12, BB 2012, 1471) steht gemäß § 97 ArbGG auch für den vorliegenden Rechtsstreit fest, dass die im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifverträge, auch die Entgeltstarifverträge und Entgeltsrahmentarifverträge zwischen der CGZP und der AMP von Anfang an nichtig gewesen sind (vgl. dazu zum Beispiel BAG, Beschluss vom 23.05.2012 - 1 AZB 67/11, BB 2012, 1471 f.). Das bedeutet, dass sich die Beklagte nicht auf § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG berufen kann, sondern gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 und 4 AÜG der Klägerin gegenüber zur Zahlung der Differenz zwischen dem gezahlten Entgelt und dem Entgelt einer vergleichbaren Arbeitnehmerin der H. verpflichtet ist.

2. a) Die Klägerin hat ihrer Darlegungslast hinsichtlich des Entgelts für eine vergleichbare Stammkraft zunächst durch die Mitteilung der von der H. gemäß § 13 AÜG erlangten Auskunft genügt (BAG, Urteil vom 19.09.2007 - 4 AZR 656/06, AP Nr. 17 zu § 10 AÜG = EzA § 13 AÜG Nr. 1).

b) Die Auskunft ist von einer autorisierten Person der H. erteilt worden. Das ergibt sich aus der Aussage des Zeugen A., der für die H. die Auskunft erteilt hat. Er ist bei dieser als Personaljurist tätig und nach eigener Aussage und nach der beigebrachten Bescheinigung des Leiters der Personalbetreuung Melde vom 31.07.2012 (Bl. 211 d.A.) befugt, Auskünfte gemäß § 13 AÜG zu erteilen.

c) Die Auskunft ist auch in der Sache zutreffend.

Nach der Bekundung des Zeugen wenden die Versicherungen der Versicherungsgruppe , also auch die H. , die Tarifverträge des privaten Versicherungsgewerbes an, weichen jedoch zu Gunsten ihrer Arbeitnehmer insoweit von dem Entgeltssystem des § 4 Nr. 1 MTV privates Versicherungsgewerbe ab, dass sie auch Arbeitnehmer mit Tätigkeiten der ersten beiden Tarifgruppen I und II in die höhere Tarifgruppe III eingruppieren und darüber hinaus jegliche Berufstätigkeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres abweichend von § 5 Nr. 3 MTV privates Versicherungsgewerbe als Berufsjahre anerkennen, auch wenn diese nicht fachspezifisch oder zweckdienlich für die geschuldete Tätigkeit gewesen sind. Abweichungen vom Entgeltsystem werden bei der Versicherungsgruppe nach Auskunft des Zeugen nur in den Fällen des § 1 Nr. 2 Abs. 3 MTV privates Versicherungsgewerbe gemacht, also zum Beispiel für vorübergehend beschäftigte Aushilfen, was vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen ist, weil die Klägerin nicht nur vorübergehend für drei Monate zur Aushilfe tätig geworden ist, sondern von Anfang an für längere Zeit der H. verliehen war. Zu diesem Zweck ist sie von der Beklagten eingestellt worden, wie von dem Geschäftsführer der Beklagten in der Berufungsverhandlung erklärt.

Da die Klägerin mit ihrer Ausbildungszeit und der übrigen Berufstätigkeit mehr als 7 Berufsjahre aufzuweisen hatte, bevor sie bei der H. tätig geworden ist, wäre sie nach allem nach dem praktizierten Entgeltsystem in die Gehaltsgruppe III und in die höchste Gehaltsstufe der Gehaltsgruppe nämlich 6./7. Berufsjahr als Stammkraft eingestellt worden.

Der Zeuge hat auch die Behauptung der Beklagten nicht bestätigt, dass die H. für einfache Hilfstätigkeiten überhaupt keine Stammkräfte einstelle, sondern nur Leiharbeitnehmer beschäftige, so dass es keine vergleichbaren Arbeitnehmer im Sinne der §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG gebe. Der Zeuge hat vielmehr bekundet, dass ohne weiteres Arbeitnehmer für einfache Tätigkeiten im Sinne der Gehaltsgruppen I und II eingestellt, gleichwohl aber in die Gehaltsgruppe III eingruppiert werden.

d) Die Klägerin erfüllte im Übrigen mit ihrer Tätigkeit bei der H. auch originär die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe III.

In diese Gehaltsgruppe sind die Angestellten eingruppiert, die Tätigkeiten ausüben, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie durch eine abgeschlossene Berufsaufbildung oder durch entsprechende Erfahrungen erworben werden (vgl. § 4 MTV privates Versicherungsgewerbe). Nach den tariflichen Tätigkeitsbeispielen zur Tarifgruppe III erfüllt zum Beispiel die Tätigkeit der einfachen Personalsachbearbeitung für den Innendienst und/oder Außendienst die Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe III. Die Klägerin hat eine Berufsausbildung als Kauffrau für Bürokommunikation und ausweislich des Zeugnisses (Bl. 86 d.A.) berufsentsprechende Tätigkeiten im Bereich der Personalverwaltung der H. ausgeübt, die wiederum das einschlägige Tätigkeitsmerkmal erfüllten.

Auch hat die Klägerin nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres unter Einschluss ihrer Berufsausbildung vor ihrer Tätigkeitsaufnahme bei der H. mehr als sieben Berufsjahre mit einschlägiger Tätigkeit als Bürokauffrau aufzuweisen, die für ihre Hilfssachbearbeitertätigkeiten in der Personalverwaltung verwertbar im Sinne des § 5 Nr. 3 MTV privates Versicherungsgewerbe gewesen sind.

III.

Die Klageansprüche unterfallen keiner Ausschlussfrist.

1. Entgegen dem arbeitsgerichtlichen Urteil unterfallen die Klageansprüche nicht der Ausschlussfrist des § 13 Nr. 1 Arbeitsvertrag. Dazu bedarf es keines Rückgriffs auf § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das ergibt sich vielmehr aus der Auslegung des § 2 Nr. 4 Sätze 4 bis 6 Arbeitsvertrag.

Nach Satz 4 sind nachfolgende Regelungen im Arbeitsvertrag lediglich deklaratorisch, soweit sie mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge übereinstimmen. Das ist jedoch bei § 13 Nr. 1 Arbeitsvertrag und § 19 Nr. 2 MTV CGZP/AMP nicht der Fall. Nach der arbeitsvertraglichen Klausel verfallen beiderseitige Ansprüche in der ersten Stufe innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, nach der tarifvertraglichen Regelung des § 19 Nr. 2 MTV CGZP/AMP jedoch bereits nach zwei Monaten. Das bedeutet, dass § 13 Nr. 1 Arbeitsvertrag nicht anwendbar ist, da gemäß § 2 Nr. 4 Satz 5 in diesem Fall die tarifliche Regelung gilt. Von einer Rückausnahme gemäß § 2 Nr. 4 Satz 6 Arbeitsvertrag kann nicht ausgegangen werden, da die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist für die Klägerin nicht günstiger gewesen ist. Da es sich um beidseitige Ausschlussfristen handelt, beinhaltet § 13 Nr. 1 Arbeitsvertrag lediglich eine günstigkeitsneutrale Regelung (ErfK/Franzen, 12. Auflage, § 4 TVG, Rdnr. 40 m.w.N.), so dass es bei der Regelung des § 2 Nr. 4 Satz 5 verbleibt. Das hat zur Folge, dass nicht § 13 Nr. 1 Arbeitsvertrag Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden ist, sondern § 19 Nr. 2 MTV CGZP/AMP. Da dieser Tarifvertrag aber von Anfang an nichtig gewesen ist (oben II 1), beinhaltet der Arbeitsvertrag damit in der ersten Stufe überhaupt keine Ausschlussfrist. Für eine ergänzende Vertragsauslegung ist kein Raum, weil keine Regelungslücke entstanden ist, sondern gemäß § 306 Abs. 2 BGB die §§ 194 ff. BGB - Verjährung - zum Zuge kommen.

2. Soweit die Beklagte sich erstinstanzlich auch auf die bei der Entleiherin geltende tarifliche Ausschlussfrist des § 24 MTV privates Versicherungsgewerbe berufen hat, ist diese auf die Ansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG nicht anwendbar (BAG, Urteil vom 23.03.2011 - 5 AZR 7/10, AP Nr. 32 zu § 10 AÜG = EzA § 10 AÜG Nr. 15).

IV.

Es kann dahin stehen, ob die Berufung auf den Verfall der Klageansprüche die Erhebung der Einrede der Verjährung umfasst, denn die Klageansprüche sind nicht verjährt.

Dabei kann dahin stehen, ob Fälligkeit im Sinne der Verjährung und des Verfalls erst ab dem Bekanntwerden des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 (a.a.O.) angenommen werden kann, wie die Klägerin meint (ebenso: Schüren in Schüren/Hammann, AÜG, 4. Auflage, § 10, Rdnr. 245, 257; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.09.2011 - 7 Sa 1318/11, Revision eingelegt 5 AZR 954/11; andere Ansicht zum Beispiel LAG Nürnberg, Urteil vom 02.05.2012 - 2 Sa 516/11, Revision eingelegt unter 5 AZR 541/12; LAG Hamm, Urteil vom 25.04.2012 - 3 Sa 22/12, Revision zugelassen). Auch wenn angenommen würde, dass trotz der perplexen Rechtslage die Entstehung des Anspruchs und die Fälligkeit zusammenfielen, wäre vorliegend die Verjährungsfrist des § 195 BGB gewahrt. Für die Klageansprüche des Jahres 2007 wäre in diesem Fall gemäß § 199 Abs. 1 mit Ablauf des 31.12.2010 die Verjährung eingetreten. Die Klägerin hat ihre Klage aber bereits am 30.12.2010 eingereicht, die alsbald am 05.01.2011 zugestellt worden ist, so dass die Verjährungsfrist gewahrt worden ist (§§ 167, 261 Abs. 1 ZPO). Die Verjährungsfrist für die Klageansprüche des Jahres 2008 lief am 31.12.2011 ab. Die Verjährungsfrist für die Klageansprüche 2009 läuft erst am 31.12.2012 ab. Die Klageerweiterung vom 18.01.2011 ist bereits am 20.01.2011 zugestellt worden.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.