OLG Hamburg, Beschluss vom 25.07.2012 - 7 WF 77/12
Fundstelle
openJur 2012, 70454
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 551 F 55/12

In einem Hauptsacheverfahren einer Gewaltschutzsache kann es als ein die Aussetzung des Verfahrens nach § 21 Abs. 1 FamFG rechtfertigender wichtiger Grund angesehen werden, wenn der zu beurteilende Sachverhalt auch den Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens bildet, von dessen Ausgang tatsächliche Erkenntnisse zu erwarten sind, die eine sachgerechte Entscheidung des Gewaltschutzverfahrens ermöglichen.

(Leitsätze: die Mitglieder des 7. Zivilsenats)

Tenor

Der als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsbehelf des Antragsgegners vom 16. Juli 2012 gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese - Familiengericht - vom 28. Juni 2012, Az. 551 F 55/12, wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf € 500,00.

Gründe

I. Der Antragsgegner begehrt in einem Hauptsacheverfahren einer Gewaltschutzsache von dem Beschwerdegericht, anstelle des mit der Sache erstinstanzlich befassten Familiengerichts Termin anzuberaumen, nachdem das Familiengericht mit Verfügung vom 28. Juni 2012 den Beteiligten nach Bitte des Antragsgegners um Terminierung mitgeteilt hat, dass es den Ausgang eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft abwarten werde, bevor terminiert werde. Dieser Rechtsbehelf des Antragsgegners ist als sofortige Beschwerde nach § 21 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit §§ 567 ff. ZPO zu behandeln. Als solcher ist er grundsätzlich zulässig; denn als ein zur sofortigen Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens berechtigendes Verhalten des Gerichtes soll es genügen, wenn das Gericht einem Antrag auf Terminierung nicht entspricht und zur Begründung auf einen Umstand hinweist, der als Aussetzungsgrund in Betracht käme (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 252 Rdnr. 1 m.w.N.). Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde dürfte gewahrt sein. Bedenken bestehen allerdings gegen die Fassung des Antrages, da eine Terminierung der Sache vor dem Gericht erster Instanz durch das Beschwerdegericht nicht in Betracht kommt; das aber bedarf keiner Vertiefung, weil die Beschwerde jedenfalls in der Sache nicht begründet ist.

II. Die sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet, denn das Amtsgericht wäre, statt der Bitte um Terminierung nicht zu entsprechen, auch berechtigt gewesen, das Verfahren durch förmlichen Beschluss nach § 21 Abs. 1 FamFG auszusetzen. In dem Verfahren vor dem Familiengericht verfolgt die Antragstellerin Ansprüche aus dem Gewaltschutzgesetz gegen den Antragsgegner. Wegen der tatsächlichen Umstände, auf die sie ihren Antrag stützt, hat sie Strafanzeige gegen den Antragsgegner erstattet, und auf Grundlage dieser Strafanzeige ist ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren anhängig. Die Fallgestaltung ist damit die gleiche wie die in den Fällen des § 149 ZPO, in denen das Gericht die Aussetzung der Verhandlung anordnen kann, wenn der Verdacht einer Straftat besteht, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist. Das Vorliegen eines solchen Umstandes kann dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nach auch im Anwendungsbereich des Familienverfahrensgesetzes als ein "wichtiger Grund" im Sinne von § 21 Abs. 1 FamFG angesehen werden; das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass als wichtiger Grund im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 FamFG der Umstand anerkannt ist, dass bei Abwarten des Ausgangs eines laufenden und noch nicht abgeschlossenen Geschehens eine fundiertere Entscheidungsgrundlage zu erwarten ist (KG, Beschl. v. 2. 9. 2010, NJW-RR 2011, S. 220; Sternal in Keidel, FamFG, 17. Aufl., § 21 Rdnr. 14). Die Entscheidung des Amtsgerichts lässt im Übrigen Ermessensfehler nicht erkennen; es erscheint vielmehr durchaus sinnvoll, zunächst den Ausgang des Ermittlungsverfahrens abzuwarten, weil die berechtigte Erwartung besteht, dass so tatsächliche Erkenntnisse gewonnen werden, die eine sachgerechte Entscheidung ermöglichen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, die Wertfestsetzung beruht auf § 42 Abs. 2 FamGKG.